Sendeanlage Berlin-Britz

Sendeanlage Berlin-Britz
Höhendiagramm der Sendemasten der Lang- und Mittelwellensender von Deutschlandradio

Die Sendeanlage Berlin-Britz war die wichtigste Sendeeinrichtung des einstigen RIAS. Sie wurde 1946 auf dem Areal einer ehemaligen Baumschule gegründet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bis 1947 wurde ein 800-Watt-Sender, der auf der Ladefläche eines amerikanischen Militärlastwagens aufgestellt war, verwendet. Die Sendeantenne war eine zwischen 2,30 Meter hohen Holzmasten gespannte T-Antenne. Im März 1947 wurde diese T-Antenne durch einen selbststrahlenden 60 Meter hohen Gittermast ersetzt, der im Juni 1947 auf 100 Meter Höhe aufgestockt wurde, nachdem der „Lili-Marleen-Sender“ – ein fahrbarer Soldatensender aus dem Zweiten Weltkrieg – zur Verfügung stand. Im Jahr 1949 wurde während der Berlin-Blockade für den Sender Britz der erste 100-Kilowatt-Sender installiert und kurz danach der Sendemast durch einen neuen Sendemast gleicher Höhe ersetzt. Der demontierte Sendemast wurde in Hof wiedererrichtet.

1961 wurde durch die Inbetriebnahme eines zweiten Mittelwellensenders der heutige Nordwestmast demontiert und ein wenig weiter westlich, im Abstand von 88 Meter zum Südostmast wiedererrichtet. Dies geschah seinerzeit, da für die zweite Frequenz eine Richtstrahlung mit Minimum zum Balkan nötig war, um nicht dort befindliche Sender zu stören. Im Jahr 1954 wurde auf dem Stationsgelände die erste Sendeantenne für Kurzwelle in Form eines horizontalen Faltdipols errichtet. Da diese Antenne später den Ansprüchen nicht mehr genügte, wurde 1983 eine geknickte Ganzwellendipolantenne gebaut.

Die Sendetürme vom Britzer Damm aus gesehen

Die Empfangsleistung des RIAS wurde bis 1978 massiv von Störsendern der damaligen DDR negativ beeinflusst. Um diesem Umstand entgegenzuwirken, wurde im Jahr 1978 eine Steilstrahlantenne für die Frequenz 990 Kilohertz (kHz) in Form eines Kreuzdipols errichtet, der an fünf geerdeten, seilverankerten Stahlrohrmasten von je 30,5 Meter Höhe befestigt war, über die nachts mit Zirkularpolarisation ein Signal steil in die Ionosphäre mit einer Leistung von 300 Kilowatt (kW) abgestrahlt wurde, während tagsüber der 160 Meter hohe Mast als Antenne diente.

1953 erhielt die Anlage den ersten 300-Kilowatt-Sender in Deutschland, der von Telefunken gebaut wurde. 1978 wurde der erste Sender, dessen Endstufe nach dem Prinzip der dynamischen Amplitudenmodulation angepasst wurde, in Betrieb genommen. 1988 ging der erste volltransistorisierte Großsender mit einer Leistung von 100 kW für die Frequenz 855 kHz in Betrieb.

1995 musste nicht nur die Steilstrahlantenne stillgelegt werden, auch mussten die Leistungen der beiden Mittelwellensender, die nach der Auflösung des RIAS Ende 1993 das Programm des Deutschlandradios verbreiteten, auf 100 kW für 990 kHz und 25 kW für 855 kHz reduziert werden. Wenig später wurde der Sender für 855 kHz zu DRM-Versuchssendungen und ab 2001 für den DRM-Planbetrieb – von Ausnahmen für die Übertragung wichtiger Sportereignisse abgesehen – herangezogen.

1983 wurden die Pardunen, die bis dato durch Isolatoren unterteilt waren, mittels durchgehender Pardunen ersetzt, die über Drosseln an den Abspannfundamenten geerdet sind. 2004 wurden die Pardunen erneut ausgetauscht.

Am 22. Dezember 2004 riss eine der neuen Pardunen in der untersten Ebene des 160-Meter-Mastes, was zu einem mehrtägigen Senderausfall auf 990 kHz führte.

Heute

Der 1949 installierte 100-Kilowatt-Sender war bis Mitte der 1980er Jahre in Betrieb und befindet sich seit 1993 im Museum für Verkehr und Technik.

Die beiden Sendemaste, welche beide gegen Erde isoliert sind und als selbststrahlende Sendemasten betrieben werden, existieren noch heute. Sie wurden allerdings mehrfach aufgestockt und messen 146 Meter (Südostmast) beziehungsweise 160 Meter (Nordwestmast).

Die Kreuzdipol-Antenne des RIAS war bis 1995 in Betrieb. Danach musste sie aus EMVU-Gründen stillgelegt werden. Allerdings verblieb sie bis 2004 auf dem Stationsgelände.

Nachdem der Kurzwellensender (6005 kHz) durch einen Brand im Spätsommer 2007 schwer beschädigt worden war, wurde beschlossen, ihn nicht mehr in Betrieb zu nehmen, weil die Reparaturkosten zu hoch erschienen.

Die Frequenz 6190 kHz ist – seit dem die Deutsche Welle Ende Oktober 2011 ihr deutsches RadioProgramm eingestellt hat – die letzte Kurzwellenfrequenz aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die mit dem Deutschlandfunk rund um die Uhr ein deutschsprachiges Programm ausstrahlt.[1]

Sendefrequenzen

Sendername Band Frequenz ERP
Simulcast zweier digitaler Audiostreams:
Deutschlandradio Wissen (in UKW-artiger Tonqualität),
Nachrichten-Endlosschleife (in telefonartiger Tonqualität)
Mittelwelle im digitalen Betrieb (DRM) 855 kHz 25 kW
Deutschlandradio Kultur Mittelwelle 990 kHz 100 kW
Deutschlandradio Kultur Kurzwelle 6005 kHz 100 kW (seit September 2007 inaktiv)
Deutschlandfunk Kurzwelle 6190 kHz 17 kW
Deutschlandradio Kultur Ultrakurzwelle 89,6 MHz 100 kW

Literatur

  • Harald Lutz: Rundfunk-Sendeanlagen. Funktürme, Masten, Antennen. vth-Verlag, Baden-Baden 2005, ISBN 3-88180-645-8, S. 26–31.
  • Gerd Klawitter: 100 Jahre Funktechnik in Deutschland. Verlag für Wissenschaft und Technik, Berlin 1997, S. 185–192.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Adieu, DW: Ein Rundfunkriese schaltet ab. Bei: DXaktuell.de, 28. Oktober 2011
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