Selbstvornahme

Selbstvornahme

Unter einer Selbstvornahme versteht man im Kaufrecht die Beseitigung eines Sachmangels der Kaufsache durch den Käufer oder durch einen, durch den Käufer beauftragten, Dritten. Das gleiche gilt für die die Beseitigung des Werkmangels durch den Besteller. Die Selbstvornahme ist ein Deckungsgeschäft.

Inhaltsverzeichnis

Zulässigkeit

Nach Übergabe der Kaufsache oder Abnahme des Werkes hat der Käufer das Recht mit der Sache nach Belieben zu verfahren. Weil er im Rahmen der Gesetze nach Willkür mit der Sache schalten darf, darf er unstreitig auch einen Fehler der Sache selbst beheben.

Ersatz der Kosten des Käufers/Bestellers

Betreffend den Ersatz der Kosten für eine Selbstvornahme des Käufers bzw. Bestellers muss zwischen dem Zeitpunkt vor Ablauf einer angemessenen Nachfrist gegenüber dem Verkäufer/Unternehmer und nach Ablauf einer solchen Nachfrist unterschieden werden.

Nach Ablauf einer angemessenen Nachfrist

Nach dem fruchtlosen Ablauf einer angemessenen Nachfrist sind die Kosten für eine Selbstvornahme unstreitig als Schadensersatz statt der Leistung ersatzfähig. Schadensersatz statt der Leistung kann nur verlangt werden, wenn der Verkäufer/der Unternehmer die Nichtvornahme der Nacherfüllung zum Zeitpunkt des fruchtlosen Ablaufs der Nachfrist zu vertreten hat. Ist der geschuldete Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so hat der Verkäufer, solange die Leistung aus der Gattung noch möglich ist, in der Regel sein Unvermögen oder Unwillen zur Nacherfüllung stets zu vertreten. Sie gilt selbst dann, wenn eine Stückschuld im Falle eines Mangels nach dem hypothetischen Parteiwillen durch eine gleichartige und gleichwertige Sache ersetztbar sein soll.[1]

Anders sieht es häufig bei Werkverträgen aus, da hier der Unternehmer zu Herstellung des Werkes verpflichtet ist. Deswegen wird im Werkvertragsrecht der Schadensersatzanspruch statt der Leistung durch einen verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruch des Bestellers nach § 637 Abs.1 BGB ergänzt.

Vor Ablauf einer angemessenen Nachfrist

Vor Ablauf einer angemessenen Nachfrist sind die Kosten einer Selbstvornahme nur dann ersatzfähig, wenn der Käufer oder der Unternehmer infolge einer Schadensminderungsobliegenheit zur sofortigen Instandsetzung gehalten ist. Das ist dann der Fall, wenn dem Verkäufer oder dem Unternehmer durch eine Nachfristsetzung ein hoher Verzugsschaden, etwa Mietzinsen für eine Ersatzmaschine, entstünden.

Herausgabe der ersparten Kosten des Verkäufers/Unternehmers

Nach anderen Gesichtspunkten ist die Frage zu beurteilen, ob der Verkäufer/Unternehmer die Kosten herauszugeben hat, welche ihm bei einer Nacherfüllung entstanden wären, die er sich aber infolge der Mangelbeseitigung durch den Käufer/Besteller erspart hat. Die Kosten, die sich der Verkäufer/Unternehmer erspart, liegen in der Regel niedriger, als die Kosten, die der Käufer/Besteller für die Mangelbeseitigung aufgewendet hat.

Der Bundesgerichtshof (BGH) lehnt einen Anspruch auf Herausgabe der ersparten Kosten ab[2]. § 326 Abs.2 Satz 2 BGB sei wegen § 326 Abs.1 Satz 2 BGB nicht anwendbar. Dem BGH zufolge werde der Vorrang der Nacherfüllung durch den Verkäufer/Unternehmer verletzt.

Ein Großteil des Schrifttums befürwortet hingegen einen Anspruch auf Herausgabe der ersparten Kosten nach §326 Abs.2 Satz 2 BGB analog.[3] Die Lage nach einer Selbstvornahme entspreche der des §326 Abs.2 Satz 2 BGB. §326 Abs.1 Satz 2 BGB wolle dem Käufer/Besteller nur das Wahlrecht zwischen Rücktritt und Minderung erhalten, nicht aber die Herausgabe ersparter Kosten verhindern. Dass der Käufer/Besteller dem Verkäufer/Unternehmer die Nacherfüllung durch die Selbstvornahme aus der Hand geschlagen hat, greife nicht in den Rechtskreis des Verkäufers/Unternehmers ein. Die Chance des Verkäufers/Unternehmers auf eine zweite Naturalandienung sei das Spiegelbild der Fristsetzungsobliegenheit des Käufers/Bestellers. Setzt der Käufer keine Nachfrist habe er als eigenen Rechtsnachteil nur den Wegfall des Rücktritts- und Minderungsrechts zu tragen.

Rücktritt und Minderung

Hat der Käufer oder der Besteller den Sachmangel selbst beseitigt, so kann er wegen des Sachmangels nicht mehr vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis bzw. den Werklohn mindern. Dieser Ausschluss des Rücktritts und der Minderung ist darin begründet, dass der Käufer bzw. der Besteller die Nacherfüllung durch die Beseitigung des Mangels infolge Zweckerreichung unmöglich gemacht hat und diese Unmöglichkeit auch zu verantworten hat.

Fußnoten

  1. Urteil des BGH vom 7. Juni 2006 VIII ZR 209/05
  2. Urteil des BGH vom 23. Februar 2005 VIII ZR 100/04
  3. vgl. statt vieler Heinrichts in Palandt §326 Rdnr.13, Faust in Bamberger/Roth §437 Rdnr.33, Lorenz in NJW 2003, 1417
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