Sein-Passiv

Sein-Passiv

Das Zustandspassiv, oder auch der Stativ, bezeichnet in der deutschen Grammatik einen Zustand als Resultat eines Prozesses. Dabei wird von Zustandsverben gesprochen, die ein statives (oder statisches, gleichbleibendes) Ereignis beschreiben. Der Stativ ist semantisch und formal verwandt mit dem Vorgangspassiv.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Das Zustandspassiv wird zum einen als Sonderform des Passivs eingestuft, auf der anderen Seite stellt es eine vom Vorgangspassiv unabhängige und nicht ableitbare Konstruktion dar. Es handelt sich um eine Zwischenstufe zwischen Vorgangspassiv und Kopulasätzen, welche sich durch ein adjektivisch benutztes Prädikatsnomen auszeichnen, welche wiederum die vollendete Gegenwart mit geworden ausbilden.

  • Beispiel: Er ist krank (geworden).

Formal gesehen ähnelt das Zustandspassiv den Formen der Vorgegenwart Aktiv: Die Birne ist gereift., aber Die Birne wird gereift. Glinz führte das Zustandspassiv 1952 als eigenständige Form neben den Vorgangspassiv ein. Leiss bewertet die Klassifikation „Zustandspassiv“ als unnötige Generalisierung und schlägt eine homogene Analyse aller Konstruktionen mit konjugiertem sein und Partizip Perfekt als Resultativum vor[1]:

  • „Sie ist angekommen.” (traditionell: sein-Perfekt)
  • „Die Vorführung ist eröffnet.“ (traditionell: sein-Passiv, Zustandspassiv)

Das erste Beispiel ist dann als Zustandspräsens („Sie ist eine Angekommene“), als aktivisches Resultativum, das zweite als passivisches Resultativum zu analysieren. Resultativum ist hier nicht als Tempusform, sondern als Aspekt-Passiv-Übergangskategorie definiert. Die Bildung ist bei terminativen und perfektiven Verben möglich.

Die Einteilung in statische, prozessuale und agentive Verben ist semantisch, wobei prozessuale und agentive als dynamisch zusammengefasst werden. Deshalb wird sie oft unter Aktionsart behandelt. Aber da eine solche Klassifikation etwas grundsätzlich anderes ist, spricht man von V(endlerschen)-Aktionsarten und bei den aus der slawistischen Grammatikschreibung bekannten Aktionsarten von S(lawistik)-Aktionsarten.

Gebrauch und Bildung

Intransitive und transitive Verben, welche die Dauer der Handlung bezeichnen, bilden keinen Stativ. Nur Verben, die das Ergebnis der Handlung angeben, sind Stative. Im Unterschied zum Vorgangspassiv drückt der Stativ keine Handlung aus:

  • Vorgangspassiv: Das Fenster wird geöffnet. Der Brief wird geschrieben.
  • Zustandspassiv: Das Fenster ist geöffnet. Der Brief ist geschrieben.

Der Stativ entsteht aus Zeitformen des Hilfsverbs sein und dem Partizip Perfekt (oder Partizip II) eines transitiven Verbs. Der Stativ besitzt dieselben Zeitformen wie das Passiv, jedoch sind nur Präsens, Präteritum und Futur I gebräuchlich:

  • Präsens: Der Teppich ist sauber.
  • Präteritum: Der Teppich war sauber.
  • Futur I: Der Teppich wird sauber sein.

Einzelnachweise

  1. Claudia Maienborn: Das Zustandspassiv

Quellen

  • J. Bobillon et al.: Das Passiv im Deutschen, 1976.
  • H. Glinz: Die innere Form des Deutschen, Bern 1952.
  • E. Leiss: Die Verbalkategorien des Deutschen, 1992.
  • Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache, 2000.
  • Lexikon der Sprachwissenschaft (Herausgeber:Hadumod Bußmann)
  • WAHRIG. Grammatik der dt. Gegenwartssprache. Sprachsystem und Sprachgebrauch, 1997

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