Scève

Scève

Maurice Scève (* um 1500 in Lyon; † um 1560, vermutlich ebenfalls in Lyon) war ein französischer Dichter.

Er gilt als der bedeutendste Vertreter der um 1550 blühenden sog. Lyoneser Dichterschule, deren einigendes geistiges Band die idealistische neoplatonistische Vorstellung von Liebe war, die man aus Italien übernommen hatte.

Über die Biografie Scèves ist relativ wenig bekannt. Er war Sohn eines städtischen Richters aus alter Lyoneser Familie, erhielt eine gute humanistische Bildung und verbrachte sein Leben überwiegend in und nahe Lyon, das zu dieser Zeit dank seiner Nähe zu Italien wirtschaftlich und geistig florierte und ein Paris fast ebenbürtiges intellektuelles Zentrum bildete, weil es nicht von einer Institution wie der Sorbonne kontrolliert und erstickt wurde.

Scèves bekanntere Werke sind die Elegie Arion (1536), die Ekloge La Saulaie, eglogue de la vie solitaire (1547) und vor allem Microcosme, ein 3000 Verse langes enzyklopädisches Gedicht, das den Sündenfall Adams und Evas als Voraussetzung für die Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten und damit allen Fortschritts sieht, den es an Beispielen darstellt (postum 1562 erschienen). Des Weiteren verfasste Scève sog. Blasons, d.h. damals beliebte Gedichte, die (weibliche) Körperteile besingen, sichtbare wie z. B. Le Sourcil (die Augenbraue) oder Le Front (die Stirn), aber gern auch die verhüllten.

Seinen Ruhm verdankte Scève dem Gedichtzyklus Délie, objet de plus haute vertu („D., Gegenstand höchster Tugend“) von 1544, den er 1537 nach der Begegnung mit seiner großen, aber unerfüllten Liebe, der siebzehnjährigen, ebenfalls dichtenden Pernette Du Guillet (ca. 1520–1545), begonnen hatte. Der Zyklus wird eröffnet durch ein achtzeiliges Zueignungsgedicht und umfasst dann 449 zehnzeilige Gedichte, die im Druck durch Embleme in Gruppen unterteilt sind, und zwar nach dem System 5+(9×49)+3. Die in zehnsilbigen Versen verfassten Gedichte sind allesamt sehr kunstvoll, oft hermetisch. Sie sprechen von oder sind gerichtet an eine ideale Geliebte, die als grundsätzlich unerreichbar vorgestellt wird, ähnlich der Beatrice Dantes oder der Laura Francesco Petrarcas (deren Grab Scève 1533 in Avignon gefunden zu haben glaubte). Mit Délie – der Name ist ein Anagramm aus L’-I-D-E-E – steht Scève stilistisch und thematisch in der Tradition der sog. petrarkistischen Lyrik, einer von Petrarca um 1330 inaugurierten Art der Liebesdichtung, die in ganz Mittel- und Westeuropa rezipiert und mehr als zwei Jahrhunderte hindurch imitiert wurde.

Scève kannte sich übrigens nicht nur in der italienischen Literatur aus (sowie selbstverständlich in der lateinischen und griechischen), sondern auch in der spanischen, deren „Siglo de Oro“ (Goldenes Jahrhundert) gerade begann und zu deren ersten französischen Mittlern er zählte mit seiner Übertragung La deplourable fin de Flamecte, élégante invention de Jehan de Flores (=Juan de Flores), espaignol, traduicte en langue françoise (1535).

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