Schülersoldat

Schülersoldat

Als Flakhelfer werden jene Jugendlichen bezeichnet, die in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges (ab 1943) im Deutschen Reichsgebiet zum Einsatz in den Flakstellungen der Luftwaffe und der Kriegsmarine herangezogen wurden. Die weitaus größte Gruppe stellten die amtlich als Luftwaffenhelfer, abgekürzt „LwH“, bezeichneten Oberschüler der Jahrgänge 1926 bis 1928. (Nach der heute weltweit gebräuchlichen Begriffsbestimmung könnten diese im weiteren Sinne nachträglich zu den Kindersoldaten gezählt werden. Der Soziologe Heinz Bude hat die Definition Schülersoldaten für die Luftwaffenhelfer geprägt).

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage für die Einberufung und den Einsatz der Luftwaffen- und Marinehelfer war die Notdienstverordnung des Deutschen Reiches vom 15. Oktober 1938. Danach konnte jeder Bewohner des Reichsgebietes nach Vollendung des 15. Lebensjahres zu militärischen Diensten herangezogen werden. Die gesetzliche Grundlage dieser Verordnung reichte zurück bis zum Wehrgesetz vom 21. Mai 1935.

Vorbereitung des Einsatzes

Am 20. September 1942 hatte Adolf Hitler in einem Führerbefehl die umgehende Freistellung von 120.000 Mann der Luftwaffe für die Front im Osten und der Kriegsmarine für die Verwendung bei der U-Boot-Waffe verlangt. Das bedeutete eine enorme Verminderung des Personalbestandes bei den Flakeinheiten im Reichsgebiet. Zwar gab es schon seit dem April 1942 die Möglichkeit des Einsatzes von Schülern in so genannten Heimatflak-Batterien, doch war dieser freiwillig und außerdem an eine untere Altersgrenze von 17 Jahren gebunden.

Im Oktober 1942 erfolgten erste Kontakte zwischen dem von Hermann Göring geleiteten Reichsluftfahrtministerium und dem von Minister Bernhard Rust geführten Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Görings Ministerium teilte mit, man beabsichtige, die Jahrgänge 1926 und 1927 zu Hilfsdiensten bei der Luftwaffe einzusetzen. Gedacht war dabei an Tätigkeiten als Nachrichtenhelfer, als Bodenpersonal auf Militärflughäfen und ähnliche Dienstleistungen. Einberufen werden sollten Schülerinnen und Schüler der höheren und mittleren Schulen bei völligem Wegfall des Unterrichtes. Gegen diese Pläne machte das Reichserziehungsministerium erhebliche Bedenken geltend, vor allem gegen den vorgesehenen Wegfall des Unterrichtes. Dieser müsse gewährleistet bleiben, am besten dadurch, dass man Schulklassen samt ihren Lehrern heranziehe. Auch andere Ministerien schalteten sich in die Diskussion ein und brachten aus unterschiedlichen Gründen Einwände vor. Der Reichsinnenminister befürchtete eine unzureichende Ausbildung zukünftiger Führungseliten und Wissenschaftler auf allen Gebieten. Der Reichsaußenminister von Ribbentrop wünschte eine möglichst unauffällige Durchführung des Vorhabens. Es müsse, so hieß es, der Eindruck vermieden werden, das Deutsche Reich setze Kinder als letztes Aufgebot, als Kanonenfutter ein.

Die schwersten Bedenken wurden jedoch in einem internen Papier vom obersten Parteiführer nach Hitler, von Reichsleiter Martin Bormann, vorgebracht. In einem Brief an Göring vom 21. Dezember 1942 sah er in erster Linie durch den Kriegsdienst gesundheitliche Gefahren für die Jugendlichen. Auch müsse vor allem die Betreuung durch Schule und Hitler-Jugend sichergestellt werden.

Entscheidung durch Hitler

Die endgültige Entscheidung fiel durch Adolf Hitler persönlich am 7. Januar 1943. Gegenüber den ursprünglichen Plänen gab es erhebliche Einwände und Modifikationen:

  • Es sollten nur Schüler der Höheren und der Mittelschulen aus den Geburtsjahrgängen 1926 und 1927 einberufen werden.
  • Einsätze sollten nur in der Nähe der Heimatorte erfolgen.
  • Ein Einsatz von Mädchen war nicht mehr vorgesehen, er konnte jedoch ab dem 17. Lebensjahr auf freiwilliger Basis erfolgen. Später allerdings gab es Dienstverpflichtungen, vorwiegend im Nachrichtenwesen (Blitzmädel) und an Scheinwerfern. Ab 1944 wurden auch weibliche Angehörige des Reichsarbeitsdienstes (Arbeitsmaiden) in Flakbatterien eingesetzt.

Das fachlich zuständige Reichsministerium für Erziehung veröffentlichte am 22. Januar 1943 die endgültige Fassung des Erlasses über den „Kriegshilfseinsatz der Jugend bei der Luftwaffe“. Der Reichsminister für Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring regelte in einem „nur für den Dienstgebrauch“ bestimmten Erlass die gesamten Dienstverhältnisse der Luftwaffenhelfer. Dieser reichte in bürokratischer Ausführlichkeit von der Kompetenzverteilung zwischen allen mit der Einberufung der Flakhelfer befassten Dienststellen über den vorgesehenen Schulunterricht bis zu einer Disziplinarordnung nebst Androhung von Arrest bei Verstößen.

Einziehung

Als erster Einziehungstermin war der 15. Februar 1943 vorgesehen. Die Schüler der Jahrgänge 1926 und 1927, damals 15 bis 17 Jahre alt, erhielten einen Heranziehungsbescheid, der vom Landrat, Oberbürgermeister oder Polizeipräsidenten unterschrieben worden war. Die Bescheide sollten am Ende einer Elternversammlung ausgehändigt werden. Vorgesehen war die Teilnahme des jeweiligen Schulleiters für die schulischen und eines Flakoffiziers für die militärischen Aspekte. Ein Hoheitsträger der NSDAP, z. B. der Kreisleiter, sollte die politischen Gründe für die Maßnahme erläutern. Eine Beteiligung der Hitler-Jugend an solchen Veranstaltungen war nicht vorgesehen.

Im Dezember 1942 standen hierfür 68.522 Schüler zur Verfügung, ab Januar 1944 wurden dann auch Schüler des Geburtsjahrgangs 1928 – diesmal ohne eine besondere Veranstaltung wie noch 1943 – eingezogen. Im Sommer 1944 traten noch Schüler aus Berufs- und Handelsschulen hinzu. Die 15- bis 17-Jährigen wurden zunächst überwiegend in Wohnortnähe eingesetzt, später auch in größerer Entfernung vom Wohnort. Sie erhielten Schulunterricht.

Die Flakhelfer wurden mit Nachsprechen einer Verpflichtungserklärung auf ihre Obliegenheiten verpflichtet. Für Fälle von Pflichtverletzungen gab es eine spezielle Disziplinarstrafordnung. Ein „unerlaubtes Entfernen von der Truppe“ konnte mit dem Tode bestraft werden. Von entsprechenden Urteilen ist nichts bekannt.

Einflussversuche der Hitler-Jugend

Es gab einen Entwurf zum HJ-Dienst der Luftwaffenhelfer vom 19. Januar 1943, der das Gemeinschaftsleben der Jungen nach den Grundsätzen und Vorstellungen der HJ-Führung gestalten sollte. Diese betrachtete vor allem den wöchentlichen „Heimabend“ als unverzichtbar für die weltanschauliche Schulung und nationalsozialistische Ausrichtung der Flakhelfer. Offiziell hießen die Flakhelfer ab September 1943 „Luftwaffenhelfer (HJ)“. Der Reichsjugendführung war es gelungen, den Zusatz zur Dienstbezeichnung durchzusetzen. Ein Luftwaffenhelfer-Abzeichen, ein auf der rechten Seite der Uniformbluse aufgestickter Adler mit den Buchstaben LH, sollte die Luftwaffenhelfer von den Soldaten abheben und die Zugehörigkeit zur Hitler-Jugend demonstrieren. Das Tragen von Rangabzeichen der HJ, wie Fangschnüren oder Sternen auf den Schulterklappen, war jedoch bei der Flak nicht erlaubt.

Immer wieder gab es erneute Versuche der HJ-Führung, einen stärkeren Einfluss auf die Jungen zu gewinnen. Insbesondere wies die HJ-Führung auf die Pflicht zum Tragen der HJ-Armbinde mit dem Hakenkreuz zur „Ausgehuniform“ der Flakhelfer hin. Dies wurde zu einem andauernden Streit- und Konfliktkomplex. Die Flakhelfer nahmen nach übereinstimmenden Erlebnisberichten der ehemaligen Oberschüler diese Armbinde ab, so oft sie konnten. Das führte in der Praxis häufig zu Reibereien mit höherrangigen HJ-Führern, die in der Regel nicht zum Dienst als Luftwaffenhelfer eingezogen worden waren, oder mit dem HJ-Streifendienst, der gewisse Polizeibefugnisse hatte. In der Theorie sollten die militärischen Vorgesetzten der Flakhelfer solche Verstöße gegen Uniformvorschriften oder gegen die Grußpflicht gegenüber NS-Führern oder höherrangigen HJ-Führern disziplinarisch ahnden, doch zeigte sich in der Praxis, dass die Offiziere und Unteroffiziere in den Flakbatterien darüber hinwegsahen.

Die Flakhelfer selber betrachteten sich primär als Soldaten und Erwachsene und hielten weitere Dienste in der HJ mit Singeabenden und Geländespielen angesichts des von ihnen verlangten Kriegseinsatzes für kindisch.

Schulunterricht der Flakhelfer

Vorgesehen waren 18 Stunden Unterricht pro Woche mit Latein als alleiniger Fremdsprache für die Oberschüler. Im einzelnen verteilte sich der Unterricht auf je drei Stunden Deutsch, Latein, Geschichte, Mathematik und je zwei Stunden Physik, Chemie und Erdkunde. Gegen den Wegfall des Englischunterrichtes gab es vereinzelte Elternproteste, die hin und wieder sogar Erfolg hatten. Der Unterricht sollte entweder in den Stammschulen von den bisherigen Lehrkräften erteilt werden oder, wo dies aus Entfernungsgründen nicht möglich war, in Räumlichkeiten in Nähe der Flakstellungen oder in den Stellungen selbst. Für den Einsatz in größerer Entfernung vom heimatlichen Schulort wurde die Funktion des Betreuungslehrers neu eingeführt. Dieser begleitete die Schüler zum Einsatzort und sollte die schulischen Belange gegenüber den militärischen vertreten und darauf hinwirken, dass nicht unnötig Unterricht ausfiel und ausgefallener Unterricht nachgeholt wurde. Er sollte ferner bei den Flakhelfern das Interesse und das Gefühl für die Notwendigkeit von Schulunterricht wachhalten. Schon zu Beginn des Einsatzes 1943 ließen sich die militärischen Notwendigkeiten mit den schulischen aber oft kaum noch in Einklang bringen.

Ab 1944 erfolgten zunehmend Einsätze in Gebieten, die von den Heimatorten der Flakhelfer weit entfernt waren. So waren z.B. Schüler aus Baden und Württemberg zunächst in Friedrichshafen am Bodensee, dann nacheinander in kurzen Abständen bei Karlsruhe, in der Pfalz, an der Schweizer Grenze und zuletzt bei Pforzheim stationiert. Schüler des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums aus Osterode/Ostpreußen waren als Flakhelfer bei Stade an der Elbmündung und auf Borkum eingesetzt. Schulklassen des Fürst-Otto-Gymnasiums in Wernigerode am Harz wurden als Flakhelfer der Marineflak an der Elbmündung gegenüber der Kanalschleuse von Brunsbüttel und auf Sylt eingesetzt. Flakhelfer aus Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet gelangten im Laufe weniger Monate von Stellungen in unmittelbarer Nachbarschaft ihrer Heimatstadt bis nach Oberschlesien in Sichtweite der Vernichtungslager von Auschwitz. Flakhelfer der Oberschulen in Zwickau wurden in Groß-Berlin eingesetzt, während Berliner Oberschüler an den Leuna-Werken in Sachsen-Anhalt stationiert waren.

Die verstärkten Angriffe der alliierten Luftwaffen bei Tag und Nacht in immer kürzeren Intervallen ab 1944 machten einen geregelten Unterricht zunehmend schwierig. Die Flakhelfer mussten in steigendem Umfang die Aufgaben der regulären Bedienungsmannschaften an den Waffen und Geräten übernehmen. Dadurch und wegen der Zahl und Länge der Waffendienst- und Gefechtszeiten während der Fliegeralarme wurde der Schulunterricht sehr stark reduziert. Ehemalige Flakhelfer berichten, dass sie während ihrer Dienstzeit von 13 Monaten insgesamt etwa einen Monat Unterricht hatten.

Flakhelfer wurden vor ihrer Einberufung zum Reichsarbeitsdienst bzw. zum regulären Wehrdienst aus dem Dienst als Flakhelfer entlassen und beendeten damit auch den Schulbesuch. Sie erhielten dann in der Regel von der Schule ein Abgangszeugnis, versehen mit dem „Reifevermerk“, der als Abitur-Ersatz galt (Notabitur), nach dem Krieg meistens aber nicht anerkannt wurde.

Die Flakhelfer im militärischen Einsatz

Waffen und Geräte

Die Flakhelfer wurden praktisch an allen Waffen und Geräten ausgebildet und eingesetzt, die zur Ausrüstung der deutschen Fliegerabwehr gehörten. Im Einzelnen handelte es sich dabei um Folgende:

Leichte Flakwaffen:

  • 2-cm-Flak (deutsche Konstruktion);
  • 2-cm-Flak (Oerlikon/Schweiz);
  • 2-cm-Vierlingsflak
  • 2-cm-Flugzeug-Bordkanonen auf Sockel montiert

Mittlere Flakwaffen:

Schwere Flakwaffen:

  • 8,8-cm-Flak (Versionen 18, 36, 37, 41);
  • 8,5/8,8-cm-Flak (aufgebohrte sowjetische Beutegeschütze);
  • 10,5-cm-Flak & als Zwilling
  • 12,8-cm-Flak 40 & als Zwilling auf den Flaktürmen
  • 15-cm-Flak

Die 8,5/8,8 cm-Kanone wurde von den LwH häufig „Russenspritze“ genannt, weil es sich um Beutegut von der Ostfront handelte. Die Kanonen waren allerdings deutschen Ursprungs, d.h. Anfang der 30er Jahre von Krupp an die Sowjetunion geliefert.

Scheinwerfer:

  • 60, 150 und 200 cm Durchmesser

Kommandogeräte:

  • Typ 35 (Kommando-Hilfsgerät);
  • Typ 40 (mechanischer Analogrechner zur Ermittlung der Schusswerte)

Funkmessgeräte (Radar):

  • FuMG 39 „Würzburg“; FuMG 40 „Mainz“; FuMG 41 „Mannheim“; ???? „Dora“ (war das mit dem kleinsten Durchmesser.)

Flakumwertegerät:

  • „Malsi“, eingesetzt bei Ausfall eigener Ortungsgeräte

Ausbildung der Flakhelfer

Ausbildungsplan für Marinehelfer

Die Ausbildung an den Geräten und Waffen erfolgte entweder in Kasernen oder direkt in den Flakstellungen. Dabei konnte man davon ausgehen, dass militärische Grundkenntnisse wie Marschieren, Exerzieren, Bewegen im Gelände und Grüßen durch den Dienst in Jungvolk und Hitlerjugend bei allen Flakhelfern vorhanden waren. Auch die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften war den Jungen durch HJ-Lager u. ä. vertraut. Somit konnte die Ausbildung weitgehend funktionsbezogen erfolgen und dauerte je nach Gerät oder Waffe vier bis acht Wochen. Dazu gehörten Flugzeugerkennung, Mitarbeit am Kartentisch beim Einsatz von Planfeuer, Kennenlernen der Geräte einschließlich ihrer Einzelteile und Funktionen sowie praktische Übungen unter Einschluss von Schießübungen auf Schleppziele. Zu den theoretischen Grundlagen des Einsatzes gehörten Lehreinheiten in Ballistik und Funktechnik. Waren die Flakhelfer erst einmal einer Batterie fest zugeteilt, gab es in den Flakstellungen ständiges Waffentraining, gelegentlich auch Schießübungen auf Schleppziele, z. B. an der Nordsee- und Ostseeküste und am Bodensee.

Uniformierung der Flakhelfer

Luftwaffenhelfer und Marinehelfer wurden für ihren Dienst als Flakhelfer mit speziellen, unterschiedlichen Uniformen ausgestattet.

Die Uniform der Luftwaffenhelfer

Die vorwiegend getragenen „Dienstuniformen“ und „Arbeitsuniformen“ (Drillich) der Luftwaffenhelfer glichen den Uniformen der Luftwaffe. Sie wiesen jedoch keine soldatischen Abzeichen wie Kragenspiegel, Biesen und Litzen auf. Die „Ausgehuniform“, die bei Fahrten vom Dienstort zu auswärtigen Orten (Dienststellen, Schulen), während der spärlichen Urlaube und bei Fahrten anlässlich Versetzungen getragen wurde, war hingegen identisch mit der entsprechenden Uniform der Flieger-HJ. Lediglich die Bann-Nummer fehlte auf den hellblau paspelierten Schulterklappen, ebenso das Gebietsdreieck auf dem Ärmel.

Luftwaffen-Helfer-Abzeichen

Abzeichen: Die Luftwaffenhelfer trugen ein in hellblauer Garnstickerei auf schwarzem Grund gefertigtes Stoffabzeichen mit den Buchstaben „LH“. Das Abzeichen entsprach in der Form dem Hoheitsabzeichen der Luftwaffe. Es wurde auf der rechten Brustseite der Bluse und des Mantels aufgenäht getragen. Sitz und Trageweise entsprachen denen des Hoheitsabzeichens der Luftwaffe. An der Mütze wurde das HJ-Abzeichen, am Koppel das HJ-Koppelschloß oder das der Luftwaffe getragen. Teilweise wurde als Kopfbedeckung auch das Schiffchen der Luftwaffe getragen, dann mit dem Lufwaffenadler an der Vorderseite.

Dienstgradabzeichen: Die Dienstgrade der Luftwaffenhelfer unterschieden sich von denen der HJ, waren aber entsprechend:

  • Der Mannschaftsführer entsprach dem Scharführer der HJ.
  • Der Luftwaffenoberhelfer entsprach dem Kameradschaftsführer der HJ.

Der Mannschaftsführer trug je einen Stern aus Aluminium auf den Schulterklappen. Der Luftwaffenoberhelfer trug um beide Schulterklappen eine 0,5 cm breite, gemusterte Tresse aus Aluminiumgespinst (ähnlich den Abzeichen der Uffz.-Anwärter der Luftwaffe).

Die Uniform der Marinehelfer

Die Marinehelfer trugen im normalen Dienstbetrieb klimatisch bedingt im Westen das einfache Drillichzeug, im Osten das typische Grauzeug der Soldaten mit der geflügelten Granate auf den Schulterklappen. Als „Ausgehuniform“ diente das traditionelle „Blauzeug“ der Marine mit Bluse, Exerzierkragen, Halstuch-Knoten, Klapphose und Colani, als Kopfbedeckung aber nur die Bordmütze (Schiffchen). Der attraktive Colaniärmelstreifen (linker Unterarm) in Hellblau mit "Marinehelfer" als Aufschrift in Gelb, beim "Oberhelfer" von zwei Goldlitzen (je 5 mm) flankiert. Die für den Ausgehanzug vorgeschriebene HJ-Armbinde mit dem Hakenkreuz wurde lediglich beim Passieren der UVD-Stube verlangt und verschwand nach dem Verlassen des Batterie-Geländes wie selbstverständlich in der Hosentasche.

Aufgaben der Flakhelfer

Die Bezeichnung „Flakhelfer“ erweckt den Eindruck, sie seien Hilfskräfte für die Soldaten gewesen. Das war aber größtenteils nicht der Fall, sondern sie ersetzten Soldaten und übernahmen deren Aufgaben. Zum Beispiel wurden sie an Kanonen als Richt-, Lade- und Munitionskanoniere eingesetzt. An leichten Flaks war nur der Geschützführer ein Soldat, die übrige Geschützmannschaft bestand aus Flakhelfern. An auf Sockeln montierten Bordkanonen wurde jeweils ein Flakhelfer allein eingesetzt. An Scheinwerfern bestand die gesamte Mannschaft aus Flakhelfern. In den letzten Kriegstagen ist es sogar vorgekommen, dass Luftwaffenhelfer als Geschützführer eingesetzt wurden. Über die genannten Aufgaben hinaus gehörten auch Wachdienst, Telefondienst, Waffenpflege, Geschosspflege und Schanzarbeiten zu den Aufgaben der Flakhelfer.

Auszeichnungen der Flakhelfer

Als Auszeichnungen konnte den Flakhelfern für die Beteiligung an Abschüssen feindlicher Flugzeuge nach einem Punktesystem das Flakkampfabzeichen und das Kriegsverdienstkreuz verliehen werden. Im Gefecht verletzte Flakhelfer bekamen das Verwundetenabzeichen in entsprechender Abstufung.

Urlaub und Taschengeld der Flakhelfer

Flakhelfer erhielten Urlaub (außer Freistellungen zum Schulunterricht) nur spärlich. Es gab gelegentlich Urlaub für einen halben Tag, bei Stationierung in der Nähe der elterlichen Wohnung auch gelegentlich über eine Nacht oder gar über ein Wochenende. Zweimal im Jahr wurde ein 14-tägiger Urlaub gewährt. Die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln waren unentgeltlich (Wehrmachtsfahrschein für die Eisenbahn). Die Flakhelfer mussten außerhalb ihres Dienstortes einen Urlaubsschein oder bei dienstlicher Abwesenheit einen Marschbefehl bei sich führen, damit sie die Berechtigung ihres Aufenthalts außerhalb des Dienstortes nachweisen konnten. Die Flakhelfer erhielten je Tag 0,50 Reichsmark. (Angeblich 1,00 Reichsmark, die nicht ausbezahlten 0,50 RM sollten angelegt und nach dem „Endsieg“ mit Verzinsung ausbezahlt werden.)

Zahlenmäßiger Einsatz der Flakhelfer

Die von Hitler 1942 geforderte Abstellung von 120.000 Mann regulären Personals zum Fronteinsatz wurde durch die Einberufung der Flakhelfer ermöglicht. Insgesamt taten etwa 200.000 Jungen der Jahrgänge 1926 bis 1928 Dienst als Luftwaffenhelfer, im Anfang nur im frontfernen Reichsgebiet. Zu Beginn des Einsatzes 1943 waren ausschließlich Schüler der höheren und mittleren Schulen betroffen, doch ab Herbst 1944 wurden auch Lehrlinge eingezogen, vorwiegend aus Österreich und aus den im Osten eingegliederten bzw. besetzten Gebieten. Sie ersetzten zum Teil die Luftwaffenhelfer der Jahrgänge 1926, 1927 und, soweit fronttauglich, 1928, die 1944 zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht abgingen. Durch das schnelle Vorrücken der Alliierten gegen Ende des Krieges wurden viele Jungen in Einsätze gegen Erdtruppen verwickelt, sowohl im Osten gegen die Sowjetarmee als auch im Westen gegen britische und amerikanische Einheiten. Die Flakhelfer hatten rechtlich einen Nichtkombattanten-Status im Sinne der Haager Landkriegsordnung. Bei Feindannäherung wurden manche zu regulären Flaksoldaten erklärt und erhielten entsprechende Vermerke in ihre Dienstausweise.

Flakhelfer und sonstiges Personal

In den Flakbatterien gab es häufig neben den wenigen noch verbliebenen regulären Soldaten - oft nur noch ein Mann pro Geschütz - als Hilfspersonal Nachrichtenhelferinnen (Luftwaffen- und Marinehelferinnen) in den Schreibstuben und Telefonzentralen der Stabsbatterien und Flakhelferinnen an den Scheinwerfern.

Dazu kamen kriegsgefangene und hilfswillige (Hiwis) Russen und Ukrainer, meistens Angehörige der Wlassow-Armee, die zu Schanzarbeiten, bei Munitionstransporten und ähnlichen Tätigkeiten eingesetzt wurden. In zahlreichen Batterien wurden die Hiwis auch als Munitionskanoniere an den Flakgeschützen eingesetzt. Offiziell waren den Flakhelfern alle über den Dienstbetrieb hinausgehenden Kontakte mit den Russen und Ukrainern strikt untersagt, doch wurde dieses Verbot weitgehend übertreten, ohne dass es zu gravierenden Bestrafungen kam. Sehr häufig erhielten die Gefangenen von den Jungen zusätzliche Lebensmittel und Tabakwaren. Nicht selten entwickelte sich ein Tauschhandel, wobei die Russen und Ukrainer meist von ihnen aus Holzresten, Munitionskisten und ähnlichem Material äußerst geschickt hergestelltes Spielzeug gegen Brot oder Kartoffeln eintauschten. Viele Flakhelfer konnten sich durch eigenen Umgang mit den Hilfswilligen von der Verlogenheit und Haltlosigkeit der Nazipropaganda überzeugen, die immer nur von „bolschewistischen Untermenschen“ gesprochen und geschrieben hatte. Viele dieser Hiwis waren Studenten, die recht gut deutsch sprachen, z.T. sogar Dialekt. Bei der Flak kamen 1944 viele kroatische Soldaten zum Einsatz. Auch aus den deutschen Sprachinseln in Slowenien wurden „Flak-Verwendungsfähige“ herangezogen. Sie trugen ganz normale deutsche Uniformen und besetzten auch die Dienstränge bis zum Oberfeldwebel.

Folgen des Einsatzes

Als die ersten Flakhelfer eingezogen wurden, ging man davon aus, dass 100 Jugendliche einen Ersatz für 70 reguläre Flaksoldaten darstellen würden. In der Realität erwies sich jedoch oft, dass die Flakhelfer, die im weiteren Verlauf des Krieges schließlich ganze Flakbatterien eigenverantwortlich führten, die zermürbten und resignierenden Männer an Einsatzbereitschaft weit übertrafen. Wie viele der Flakhelfer gefallen sind, ist unbekannt, da sie statistisch nicht erfasst wurden. Aufgrund der zahlreichen Berichte über Volltreffer in Flakstellungen ist mit hohen Opferzahlen zu rechnen. Allein bei einem Luftangriff auf eine Flakstellung in Köln-Brück am 28. Januar 1945 kamen 17 Luftwaffenhelfer ums Leben. Am 3. Oktober 1943 erhielt eine Flakstellung bei Sandershausen in der Nähe von Kassel einen Bombenvolltreffer. Unter den Opfern befanden sich 23 Oberschüler. An der Stelle des Geschehens erinnert heute ein Gedenkstein an die Opfer. In der Flakstellung Langenhagen bei Hannover wurden am 27. September 1943 13 Schüler der hannoverschen Gymnasien Lutherschule und Bismarckschule durch einen Volltreffer in die Umwertung (eine mechanische Rechenanlage zur Ermittlung der ballistischen Werte für die Geschütze) getötet. Auch für sie wurde ein Gedenkstein angelegt. Er steht noch immer nahe der Pferderennbahn Neue Bult in Langenhagen.

Prominente Flakhelfer

Einer der bekanntesten ehemaligen Luftwaffenhelfer ist Papst Benedikt XVI., Joseph Alois Ratzinger (Jahrgang 1927). Er war mit seiner Klasse zum Schutz eines BMW-Werkes in einer Flakstellung in der Nähe von München eingesetzt. Auch der Nobelpreisträger für Literatur Günter Grass, die Schriftsteller Martin Walser und Günter de Bruyn, der Journalist und Schriftsteller Jost Nolte, der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der Kabarettist Dieter Hildebrandt, der Schauspieler Walter Giller, der Mainzer Professor für Medizinische Mikrobiologie Dietrich Falke (alle Jahrgang 1927), der SPD-Politiker Erhard Eppler (Jahrgang 1926), der Soziologe Niklas Luhmann (1927-1998) und die Publizisten und Journalisten Matthias Walden (1927-1984), Joachim Fest (1926-2006) und Peter Boenisch (1927-2005) sowie der Historiker Wilhelm Volkert (*1928) zählen zur sogenannten „Flakhelfer-Generation“. In Wien war 1944 der spätere Showstar Peter Alexander (Jahrgang 1926) als Luftwaffenhelfer eingesetzt. Der spätere Prinzgemahl der niederländischen Königin Beatrix, der deutsche Diplomat Claus von Amsberg (1926-2002) gehörte von 1942 bis 1944 der Flak als Marinehelfer an, desgleichen der Direktor des Hallenser Händelhauses Prof. Dr. Konrad Sasse (1926-1981). Der bekannte Verleger Wolf Jobst Siedler (Jahrgang 1926) ist als Marinehelfer zusammen mit Ernst Jünger jr., Sohn des Schriftstellers, wegen Wehrkraftzersetzung verurteilt worden. In den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit rückten die deutschen Flakhelfer, als der Sohn des von Adolf Hitler in den Selbstmord getriebenen legendären Generalfeldmarschalls Erwin Rommel, der spätere langjährige Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel (Jahrgang 1928), bei der Trauerfeier mit Staatsakt für seinen Vater am 18. Oktober 1944 im Ulmer Rathaus in Luftwaffenhelferuniform hinter dem Sarg schritt. Manfred Rommel, der bereits als 15-Jähriger zur Flak einberufen worden war, bekannte in einem Interview mit der „Zeit“ im Jahr 2002: „Ich habe noch heute einen Albtraum aus meiner Zeit als Luftwaffenhelfer!“ Der Kölner Satiriker Helmar Meinel (Jahrgang 1928), Luftwaffenhelfer in Berlin, definierte die Zwangsrekrutierung der Oberschüler in der „Konfirmanden-Flak“ als „Hitlers Rache am humanistischen Bildungssystem“.

Nach dem Krieg hatten die von der NS-Zeit weitgehend unbelasteten und im Gegensatz zur Vätergeneration kaum dezimierten Jahrgänge als „Flak-Demokraten“ maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau Deutschlands. So waren im engsten Beraterstab von Bundeskanzler Willy Brandt die ehemaligen Luftwaffenhelfer Horst Ehmke (Jahrgang 1927, Chef des Kanzleramtes), Klaus Schütz (Jahrgang 1926, Staatssekretär, später Regierender Bürgermeister von Berlin) und Klaus Harpprecht (Jahrgang 1927, Redenschreiber des Kanzlers) tätig. Auch der DDR-Spion im Bundeskanzleramt, Günter Guillaume (1927-1995), war ein früherer Flakhelfer.

Der DDR-Schriftsteller Dieter Noll (1927-2008) verarbeitete im ersten Band seines autobiografisch geprägten Romans Die Abenteuer des Werner Holt zu einem großen Teil seine Erlebnisse als Flakhelfer im Ruhrgebiet.

Siehe auch

Literatur

Sachbücher

  • Walter L. Frank: Luftwaffenhelfer zwischen Schule, Luftkrieg und HJ. Schwabach 2006
  • Heinz Bude: Deutsche Karrieren. Frankfurt am Main 1987-1999
  • Paul Emunds: Mit 15 an die Kanonen. Aachen 1975
  • Werner Baumeister: Castrop-Rauxel im Luftkrieg 1939-1945. Castrop-Rauxel 1988
  • Fricke-Funklenberg: Nationalsozialismus und Schule. Amtliche Erlasse und Richtlinien 1933-1945. Opladen 1989
  • Hans-Dietrich Nicolaisen: Die Flakhelfer - Luftwaffen- und Marinehelfer im Zweiten Weltkrieg. Berlin 1981
  • derselbe: Gruppenfeuer und Salventakt. 2 Bände, Büsum 1993
  • Ludwig Schätz: Luftwaffenhelfer - ein Kapitel zur Geschichte des deutschen Wehrmachtsgefolges im zweiten Weltkrieg. (Dissertation), München 1970
  • derselbe: Schüler - Soldaten, Darmstadt 1974
  • Franz-Josef Schmeling: Vom Krieg ein Leben lang geprägt. Osnabrück 1997
  • Rolf Schörken: Luftwaffenhelfer und Drittes Reich. Stuttgart 1985
  • derselbe: Die Niederlage als Generationserfahrung. Jugendliche nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft. Weinheim und München 2004
  • Ludger Tewes: Jugend im Krieg. Essen 1989
  • Fritz Helberg-Oldenburg, Rainer Hendricks (Bearb.): Eine Nacht ohne Alarm - Tagebuch eines Flakhelfers 1944-1945, Walsrode 2005. ISBN 3-00-017621-7
  • Wolfgang Waldhauer: Als Luftwaffenhelfer 1944 in Berlin und bei Leuna. Internetberichte in Kollektives Gedächtnis und Berliner Unterwelten e.V., Leverkusen 2001

Belletristik

  • Dieter Borkowski: Wer weiß, ob wir uns wiedersehen: Erinnerungen an eine Berliner Jugend. Fischer-Taschenbuch 3479. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1983. ISBN 3-596-23479-4.
  • Günter de Bruyn: Zwischenbilanz: eine Jugend in Berlin. 5. Auflage. S. Fischer, Frankfurt am Main 1992. ISBN 3-10-009609-6. (Autobiographie, Seiten 140 - 172).
  • Harry Käpernick: Luftwaffenhelfer - verführt - verheizt - vergessen. R. G. Fischer, Frankfurt/Main 2000. ISBN 3-8301-0014-0
  • Dieter Noll: Die Abenteuer des Werner Holt: Roman einer Jugend. Aufbau-Taschenbücher 1583. Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-7466-1583-6.
  • Günter Grass: Beim Häuten der Zwiebel. Steidl Verlag, Göttingen 2006

Unterrichts-Baustein

  • Manuel Werner: Macht und Ohnmacht jugendlicher Luftwaffenhelfer – Ein Beispiel vom Fliegerhorst und KZ Echterdingen/Filder, in: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg/Erzieherausschuss der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Stuttgart (Hrsg.): Durch Faszination zur Macht – die Faszination der Macht. Bausteine zum Verhältnis von Macht und Manipulation. Handreichungen für den Unterricht, Stuttgart 2003.

Multimedia

Verfilmungen


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