Schöner Stil

Schöner Stil

Der weiche Stil ist eine Stilrichtung in der spätgotischen Malerei und Plastik um 1400. Sie stellt das letzte Kapitel in der Geschichte der mittelalterlichen Skulptur und Plastik dar. Wichtige Träger des weichen Stils sind stehende Madonnenplastiken, die auch „schöne Madonnen“ genannt werden.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung zum Weichen Stil

„Horber Madonna“, um 1400

In der Zeit der Entwicklung zum Weichen Stil besaß für die Kultur vor allem die Achse PragParis Bedeutung, was auf die besonders engen Beziehungen der Luxemburger mit den französischen Königen zurückzuführen ist. Der aus dem Geschlecht der Luxemburger stammende römisch-deutsche Kaiser Karl IV. (1346–1378) hatte sich zum Ziel gesetzt, Prag zum künstlerischen Zentrum Mitteleuropas zu machen, was ihm auch gelang.

Der wichtigste und bedeutendste Architekt und Künstler im Dienst Karls IV. war Peter Parler.

Für den Bau des Veitsdomes in Prag holte Karl IV. Matthias von Arras. Nachdem dieser 1352 verstarb, führte Peter Parler die Arbeiten am Chor des Veitsdoms weiter. Aus der Grabinschrift Peter Parlers geht hervor, dass er auch noch für die Allerheiligenkirche im Hradschin, den Chor der Kirche von Kollin an der Elbe und die Prager Karlsbrücke verantwortlich war. Auch führte er das Grabmal Ottokars I. Přemysl aus, wofür er 900 Silbergroschen nahm.

In dem Bestreben, aus Prag eine der größten Städte Europas zu machen, richtete Karl IV. seine besondere Aufmerksamkeit auf zwei Gebäude: den Veitsdom und die Burg Karlstein. Dafür ließ er aus Avignon, vielleicht mit päpstlicher Empfehlung, den Architekten Matthias von Arras holen. Dieser führte die Arbeiten am Domchor bis zu seinem Tod 1352. Mit diesem Architekten entschied man sich also für den südfranzösischen Einfluss; die Einflüsse aus Narbonne schlugen sich tatsächlich nieder.

Merkmale

Der weiche Stil war insofern neuartig, als er sich von der starren, schweren, körperbetonten Figurensprache abwandte. Charakteristisch ist die Betonung des in runden, fließenden Mulden herabfallenden, zunehmend dreidimensional wirkenden Gewandes. Ebenfalls charakteristisch sind der zarte, verträumte Ausdruck und die zierliche Gestalt, gepaart mit Detailschilderungen.

Der weiche Stil war bereits um 1380 ausgebildet (siehe André Beauneveu) und ein Jahrzehnt später weit verbreitet. Schöne Madonnen entstanden fast während des gesamten 15. Jahrhunderts.

Um 1400 wurden in einigen Kunstzentren Ton und Kunststein zu den allgemein verwendeten Werkstoffen, da diese weniger kostspielig und leichter zu verarbeiten waren als die anderen gewöhnlichen Werkstoffe wie Naturstein, Marmor und Holz.

Madonna aus den Très Belles Heures de Notre-Dame eines unbekannten Künstlers (um 1402)
„Frauen unter dem Kreuz“ aus dem Thomasaltar von Frater Francke (um 1424)

Die „schönen Madonnen“ zeichnen sich durch eine gelöste Beweglichkeit und eine teils bis zum Erotismus gehende Versinnlichung aus. Die innige Beziehung der Muttergottes zum Jesuskind ist hierbei besonders auffallend.

Begriffe

Der Begriff „weicher Stil“ wurde 1907 von H. Börger geschaffen und erfuhr in den 1920er bis 30er Jahren durch Wilhelm Pinder weite Verbreitung. Da er fast nur von der deutschen Kunstwissenschaft verwendet wird, gibt es umstrittene Versuche, die Ersatzbezeichnung „Internationale Gotik“ einzuführen. Sie entspringt der Feststellung, dass der weiche Stil einem regen internationalen Austausch von Formen und Idee und einer in der Geschichte Europas bis dahin einmaligen Einheitlichkeit unterworfen war. Die von der tschechischen Kunstforschung ausgehende Bezeichnung „schöner Stil“ ist ein weiteres Synonym für den weichen Stil.

Der Begriff „schöne Madonna“ wird sowohl Pinder (1923) als auch A. Stix zugeschrieben. Letzterer führte einen – heute angezweifelten – „Meister der Schönen Madonna“ ein.

Literatur

  • Weicher Stil und Schöne Madonnen. In: Lexikon der Kunst. Hrsg. von Harald Olbrich. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1991, ISBN 3-423-05906-0
  • Weicher Stil und Schöne Madonna. In: Das grosse Kunstlexikon von P.W. Hartmann. Hartmann, Sersheim 1997, ISBN 3-9500612-0-7

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