Schäferroman

Schäferroman

Der Schäferroman ist, neben dem höfisch galanten- und Schelmenroman, eine Romanform des Barock.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Schäferroman ist eine Prosaform der Schäferdichtung. Wie diese steht sie in der Tradition der antiken Bukolik Vergils und ihrer utopisch-idealistischen Inhalte. Ebenso finden sich Einflüsse der spätmittelalterlichen Amadisromane, wie die Verherrlichung der höfischen Gesellschaftsform.

Der Schäferroman stammt ursprünglich aus dem romanischen Sprachraum. Als Begründer kann Jacopo Sannazaro mit seinem Roman Arcadia (1502) gelten. Einen Höhepunkt und gleichzeitigen vorläufigen Endpunkt seiner Entwicklung bildet Honoré d’Urfés L’Astrée (1607–27). Auch in Deutschland fand der Schäferroman einige Verbreitung, zuerst jedoch nur durch Übersetzungen. Aufgrund der mangelnden höfischen Zentren kam es zu einer weniger starken Ausbreitung als in Frankreich.

Die Schäfferey von der Nimfen Hercinie von Martin Opitz wird fälschlicherweise immer wieder der Gattung des Schäferromans zugeordnet. Der Text ist aber vielmehr der Tradition der Prosaekloge zuzuordnen, deren Merkmale sie aufweist. Trotzdem nimmt Opitz auch unterschiedliche Elemente des europäischen Schäferromans auf. Deutsche Schäferdichtungen spielen meist nicht in einem mythologischen Arkadien, sondern stets in einer erkennbaren deutschen Landschaft.

Merkmale

Der Inhalt folgt meist ähnlichen normierten Mustern: Schäfer und Schäferinnen treten auf, sie verlieben sich und bestehen Abenteuer. Die blind machende jugendliche Liebe wird aber schließlich durch die Vernunft bezähmt und die jungen Menschen erlangen das seelische Gleichgewicht zurück. Meist kommt es daraufhin zu einer einvernehmlichen Trennung.

Der Schäferroman stellt ein idealisiertes Landleben in der Natur dar, wo alles gut und schön ist. Zum Beispiel regnet es nie, doch das Gras ist immer saftig grün. In der Regel herrscht eine männlich geprägte restriktive Werteordnung, die eindeutig festgelegte Forderungen an das Individuum stellt. Zum Beispiel wird von der Frau erwartet, dass sie heiratet und sich ganz ihrem Mann widmet. Tut sie das nicht, wird sie von der Gemeinschaft geächtet. Charakteristisch für die passive Rolle der Frau ist, dass Frauen nie aktiv auftauchen, sondern nur in den Reden der Männer beschrieben werden.

Formal charakterisiert sich der Schäferroman durch die gehäufte Aufnahme lyrischer Elemente, wie Lieder oder Gedichte. Oft finden sich allegorische Beschreibungen und Verschlüsselungen.

Der Schäferroman wird im Barock für den höfischen Adel geschrieben und bietet eine fiktive Flucht aus der sozialen Realität, bestätigt aber gleichzeitig die gesellschaftlichen Normen und Werte der herrschenden Klassen.

Auswahl wichtiger Schäferromane in zeitlicher Reihenfolge

Literatur

  • Marieluise Bauer: Studien zum deutschen Schäferroman des 17. Jahrhunderts. Diss. München 1979.
  • Gerhart Hoffmeister: Die spanische Diana in Deutschland: Vergleichende Untersuchungen zu Stilwandel und Weltbild des Schäferromans im 17. Jahrhundert. Berlin 1972.
  • Heinrich Meyer: Der deutsche Schäferroman des 17. Jahrhunderts. 2. Aufl., Hannover 1978 (urspr. Diss. Freiburg/B. 1927).

Siehe auch

Schäferdichtung

Weblinks


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