Schwingbruch

Schwingbruch
Ermüdungsbruch einer Kurbelwelle
Ermüdungsbruch an einem gegossenen Aluminium-Pedalarm. Hell: der Spröd-, Gewaltbruch. Dunkel: der Ermüdungsbruch mit Rastlinien
Bruchfläche eines Radmutternbolzens (links) eines LKW (rechts die zugehörige Mutter)
In der Bruchfläche sind die Zonen des Bruches zu erkennen: links ein schon länger bestehender Anriss (dunkel); zur Mitte hin der Bereich des unter Wechselbelastung fortschreitenden Ermüdungsbruches mit Rastlinien, von rechts eine weitere Ermüdungsbruchzone, dazwischen die schmale Gewaltbruchzone

Als Schwingbruch[1], umgangssprachlich auch als Dauer- oder Ermüdungsbruch, bezeichnet man den Bruch unter Lastwechselbeanspruchung. Der größte Teil aller Brüche im Maschinenbau lässt sich auf Schwingbruch zurückführen. Die Ermüdung des Bauteils, an dessen Ende das Versagen bzw. der Bruch des Bauteils steht, ist vor allem abhängig von der Belastungsdauer und der Belastungsintensität bedingt durch eine wechselnde Belastung. Der Schwingbruch tritt umso früher ein, je höher die Frequenz der Wechselbelastung und je größer die Schwingungsamplitude ist. Qualitativ lässt sich die Höhe der Belastung aus dem Verhältnis der Schwingbruchfläche im Vergleich zur Restgewaltbruchfläche ableiten. Je größer die Restgewaltbruchfläche ist, desto höher war die auf den Werkstoff einwirkende Nennspannung.

Im Unterschied zum Gewaltbruch wirken auf den Werkstoff Spannungen bedingt durch schwellende oder schwingende Belastung ein, die unterhalb der Streckgrenze, also im elastischen Bereich, liegen. Unter solchen Wechselbeanspruchungen lassen sich z. B. bei einer ausreichenden Zahl von Lastwechseln mikroplastische Vorgänge und Veränderungen in der Mikrostruktur des Werkstoffes feststellen, die ein Indiz für die Ermüdung sind.

Rastlinien sind das sichtbare Kennzeichen für einen Ermüdungsbruch, diese lassen das zyklische Risswachstum auf der Bruchfläche erkennen. Das mikroskopische Gegenstück dazu sind sehr feinstrukturierte Furchen, die als Schwingstreifen bezeichnet werden. Nach der Theorie lässt sich anhand des Abstandes zweier Schwingstreifen ein Lastwechselzyklus bestimmen, dies ist aber in der Praxis nur sehr selten möglich, da z. B. keine vollständig gleiche Schwingungsbelastung vorliegt. Schwingstreifen sind ein fast 100%iges Indiz für eine zyklische Beanspruchung dürfen jedoch nicht mit dem Bruch eines perlitischen Gefüges verwechselt werden. Meist reichen Rastlinien sowie die Art des Bruchverlaufes aus, um einen Schwingbruch nachzuweisen.

Inhaltsverzeichnis

Maßnahmen zur Vermeidung des Schwingbruches

Da die Ursache für den Schwingbruch letztlich die mechanische Wechselspannung ist, gilt es diese durch konstruktive Maßnahmen zu vermindern:

  • ausreichende Dimensionierung des Bauteils auf dynamische Beanspruchung, etwa durch Dimensionierung gegen Bauteilversagen an der schwächsten Stelle unter Zuhilfenahme von Smith- oder Haigh-Diagrammen, Wöhlerlinien-Schaubildern oder durch Betriebsfestigkeitskalkulationen oder maschinendynamische Berechnungen
  • Vermeiden von zusätzlichen wechselnden Spannungen infolge von Eigenschwingungen

Die Eigenschwingungen, die durch den Lastfall oder eine Fremderregung bewirkt werden kann, kann die alleinige Ursache eines Ermüdungsbruches sein. Ein Beispiel sind hochstehende schwere bedrahtete elektronische Bauelemente auf Leiterplatten, die beispielsweise in Kraftfahrzeugen oder an schwingenden Maschinen eingesetzt werden, oder auch Schutzbleche und deren Halterungen an Fahrrädern. In solchen Fällen ist es sinnvoll, die Eigenfrequenz des schwingungsfähigen Systems zu ändern (vorzugsweise durch höhere Steifigkeit), oder die Schwingung zu dämpfen. Auf Leiterplatten werden bedrahtete, hochstehende Bauteile daher oft mit Kleber festgelegt.

Neben der Dimensionierung des Bauteiles vermindert man die Gefahr des Schwingbruches im Maschinenbau durch verschiedene Maßnahmen, deren gemeinsames Ziel es ist, einen Ausgangspunkt für den Bruch zu vermeiden. Solch ein Ausgangspunkt ist dort, wo eine hohe örtliche Spannung herrscht, daher lohnen sich die Maßnahmen vornehmlich an solchen Stellen:

  • Schaffen von gerundeten Übergängen bei Querschnittsänderungen, Vermeiden von abrupten Querschnittsänderungen
  • Vermeidung von Kerben, z. B. infolge von
    • Beschädigungen
    • konstruktiven Elementen wie Gewinden und Nuten
    • fertigungstechnischen Besonderheiten wie unbearbeiteten Schweißnähten
  • Schaffen glatter Oberflächen
  • Einbringung von Druckeigenspannungen in die Werkstoffoberfläche, gebräuchlich ist hier das Kugelstrahlen, was wissenschaftlich nachweisbar Druckeigenspannungen in der Werkstoff einbringt und die Lebensdauer bei zyklischer Beanspruchung verlängert
  • Vermeiden von Herstellungsfehlern wie Doppelungen und Einschlüsse
  • Verwenden geeigneter Werkstoffe – so nimmt man an, dass z. B. Gusseisen mit Kugelgraphit gegenüber Lamellenguss einen günstigeren Spannungsverlauf im Mikrogefüge bewirkt
  • Korrosionsschutz, unter anderem um Spannungsrisskorrosion zu vermeiden

Einzelnachweise

  1. gemäß VDI-Richtlinie 3822

Weblinks

Siehe auch

Beanspruchung, Betriebsfestigkeit, Bruchmechanik, Materialermüdung, Ermüdungsversuch, Schwingfestigkeit, Instabile Rissausbreitung, Risswachstum, Rissfortschrittsgeschwindigkeit, Rastlinien


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Dauerbruch — Unter Ermüdungsbruch versteht man in der Werkstoffkunde umgangssprachlich den Schwingbruch in der Medizin eine Stressfraktur …   Deutsch Wikipedia

  • Beanspruchung — Als Beanspruchung wird in der Technik, insbesondere in der Technischen Mechanik, die Auswirkung einer äußeren Belastung auf das Innere eines Körpers bzw. eines Werkstoffes bezeichnet. Mechanische Beanspruchung ist durch die Ausbildung von… …   Deutsch Wikipedia

  • Duktiler Bruch — Der Verformungsbruch (auch „duktiler Bruch“) wird wegen seinem mikroskopischen Aussehen auch als Wabenbruch bezeichnet. Dieser Bruch tritt erst nach einer größeren plastischen Deformation auf. Eine starke Einschnürung im Bereich der Bruchzone ist …   Deutsch Wikipedia

  • E173 — Eigenschaften …   Deutsch Wikipedia

  • E 173 — Eigenschaften …   Deutsch Wikipedia

  • El-Al-Absturz in Amsterdam — El Al Flug 1862 Die Absturzstelle in Amsterdam …   Deutsch Wikipedia

  • El Al - Absturz in Amsterdam — El Al Flug 1862 Die Absturzstelle in Amsterdam …   Deutsch Wikipedia

  • Ermüdungsbruch — Unter Ermüdungsbruch versteht man in der Werkstoffkunde umgangssprachlich den Schwingbruch in der Medizin eine Stressfraktur Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit demselben Wort bezeichneter Begriffe …   Deutsch Wikipedia

  • ICE-Unglück Eschede — Unglücksstelle in Eschede Das ICE Unglück von Eschede war ein Zugunglück, das sich am 3. Juni 1998 auf der Bahnstrecke Hannover–Hamburg am Strecken Kilometer 61 in der Gemeinde Eschede (Niedersachsen) ereignete. Bei der Entgleisung des ICE 884… …   Deutsch Wikipedia

  • ICE-Unglück von Eschede — Unglücksstelle in Eschede Das ICE Unglück von Eschede war ein Zugunglück, das sich am 3. Juni 1998 auf der Bahnstrecke Hannover–Hamburg am Strecken Kilometer 61 in der Gemeinde Eschede (Niedersachsen) ereignete. Bei der Entgleisung des ICE 884… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”