Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund

Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund

Der 1904 gegründete Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund (SIG) vertritt die Mehrheit der Juden in der Schweiz. Der Dachorganisation sind heute 17 Mitgliedergemeinden angegliedert. Die Hauptaufgaben des SIG sind die Vertretung jüdischer Interessen gegenüber eidgenössischen Behörden, gesamtschweizerischen Institutionen und den Medien, der Dialog mit anderen Religionsgemeinschaften, die Förderung des Wissens über das Judentum in der Schweiz sowie die Vertretung der Schweizer Interessen in internationalen jüdischen Organisationen. Ziel des SIG ist auch die Prävention jeglicher Form von Antisemitismus und Rassismus. Er setzt sich zudem für religiöse Belange, wie die Koscherfleischversorgung, ein.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des SIG

Bei seiner Gründung 1904 war der Zweck des SIG „die allgemeinen Interessen des Judentums in der Schweiz zu wahren und zu vertreten.“ Wichtigste Programmpunkte waren damals unter anderem der Kampf gegen das in der Schweizer Verfassung verankerte Schächtverbot sowie die Koordination der Friedhofsfrage. Die ersten Jahre des SIG waren verhältnismässig ruhig.

Nach der Machtübernahme Hitlers bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war das dominante Arbeitsfeld des Gemeindebundes und seines Hilfswerks, dem Verband Schweizerischer Israelitischer Armenpflege (VSIA), die Solidarität mit den Zuflucht suchenden Juden. Anfang 1945 betreute der VSJF, wie das Hilfswerk unterdessen hiess, rund 23'000 Personen. Die Flüchtlingshilfe war sehr kostenaufwendig, wodurch der SIG wenig Mittel besass, auch Juden im Ausland beizustehen. Daher konzentrierte er die Hilfe vor allem auf Sendungen von Lebensmitteln, Kleidern und Medikamenten über Le Colis Suisse oder das IKRK. Internationale Bedeutung bei der Auslandshilfe erhielt der Gemeindebund durch den Umstand, dass sein damaliger Präsident Saly Mayer die ehrenamtliche Vertretung des American Jewish Joint Distribution Committee (JDC) in der Schweiz übernahm.

Gegen die defensive Haltung der Schweizer Regierung kämpfte der SIG allerdings mit geringem Erfolg. Ende 1936 gründete der SIG die Jüdische Nachrichtenagentur (JUNA), um seine Abwehr gegen den zunehmenden Antisemitismus zu intensivieren. Generell war die öffentliche Präsenz des SIG jedoch von Vorsicht und Zurückhaltung geprägt. Höhepunkt waren die international beachteten Prozesse um die Protokolle der Weisen von Zion, die 1935 einen grossen Erfolg brachten, als das Gericht die weltweit verbreiteten Verschwörungsschriften als eine Fälschung disqualifizierte.

Die neuen und alten Aufgaben des SIG nach dem Zweiten Weltkrieg bestanden in der „Wachsamkeit gegenüber allfälligen Anfeindungen“ sowie der „Mitarbeit an allen kulturellen und sozialen Bestrebungen“. Der Wirtschaftsboom der "goldenen" 50er Jahre, sowie die Etablierung des interreligiösen Dialogs zwischen Juden und Christen förderte die Akzeptanz des Gemeindebundes nachhaltig.

In den 1990er Jahren vermittelte der SIG zwischen den schweizerischen Behörden und dem World Jewish Congress (WJC) im Fall der nachrichtenlosen Vermögen, den zurückgebliebenen „erbenlose Konten“ aus dem Zweiten Weltkrieg.

Während Jahrzehnten war der VSJF eine Abteilung des SIG. Heute ist er ein eigenständiger Verein und gleichzeitig das Sozialressort des SIG. Das gesamte Archiv des SIG liegt im Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich und steht Interessierten für Forschungszwecke offen.

Präsidenten des SIG

Amtszeit Name
1904–1914 Hermann Guggenheim
1914–1936 Jules Dreyfus-Brodsky
1936–1943 Saly Mayer
1943–1946 Saly Braunschweig
1946–1973 Georges Brunschvig
1973–1980 Jean Nordmann
1980–1988 Robert Braunschweig
1988–1992 Michael Kohn
1992–2000 Rolf Bloch
2000–2008 Alfred Donath
seit 2008 Herbert Winter

Siehe auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gemeindebund — ist der Name folgender Einrichtungen: Verbände von Kommunen: Deutscher Städte und Gemeindebund Hessischer Städte und Gemeindebund Städte und Gemeindebund Nordrhein Westfalen Niedersächsischer Städte und Gemeindebund Österreichischer Gemeindebund… …   Deutsch Wikipedia

  • Schweizerischer Rat der Religionen — Der Schweizerische Rat der Religionen (Swiss Council of Religions (SCR)) wurde von den Schweizer Kirchen zur Förderung des interreligiösen Dialogs initiiert. Der SCR wurde am 15. Mai 2006 gegründet, initiiert von Pfarrer Thomas Wipf, Präsident… …   Deutsch Wikipedia

  • Judentum in der Schweiz — In der Schweiz leben heute etwa 18.000 Juden, das entspricht etwa 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung (Stand 2007), fast die Hälfte lebt im Grossraum Zürich, circa 80 Prozent dieser Juden und Jüdinnen sind Schweizer Staatsbürger. In der Alten… …   Deutsch Wikipedia

  • Israelitische Kultusgemeinde Baden — Die Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde Baden Die Israelitische Kultusgemeinde Baden (IKGB) ist eine jüdische Gemeinde mit orthodox aschkenasischem Ritus in Form einer Einheitsgemeinde in Baden in der Schweiz mit gut 100 Mitgliedern… …   Deutsch Wikipedia

  • ZURICH — ZURICH, capital of the canton of the same name, N. Switzerland. Jews first arrived in Zurich in 1273, settling in a street known as the Judengasse (now the Froschaugasse). They also had a cemetery. Their taxes were paid to Emperor Rudolf I of… …   Encyclopedia of Judaism

  • Juden in der Schweiz — In der Schweiz leben heute etwa 18.000 Juden, das entspricht etwa 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung (Stand 2007), fast die Hälfte lebt im Grossraum Zürich, circa 80 Prozent dieser Juden und Jüdinnen sind Schweizer Staatsbürger. In der Alten… …   Deutsch Wikipedia

  • Swiss Council of Religions — Der Schweizerische Rat der Religionen (Swiss Council of Religions (SCR)) wurde von den Schweizer Kirchen zur Förderung des interreligiösen Dialogs initiiert. Der SCR wurde am 15. Mai 2006 gegründet, initiiert von Pfarrer Thomas Wipf, Präsident… …   Deutsch Wikipedia

  • SWITZERLAND — SWITZERLAND, central European republic. The Medieval Community Since the frontiers of Switzerland have undergone a long process of evolution, it is difficult to determine where and when the Jews appeared for the first time. In Kaiseraugst a… …   Encyclopedia of Judaism

  • SIG — Das Wort Sig steht für: Sig (Milchprodukt), ein Milchprodukt Sig (Algerien), eine Stadt in Algerien Die Abkürzung SIG steht für: Special Interest Group, eine „Spezielle Interessengruppe“, siehe z.B. Bluetooth SIG, PCI SIG oder SIGGRAPH. Landkreis …   Deutsch Wikipedia

  • AKdH — Die Aktion Kinder des Holocaust (AKdH) mit Sitz in Basel ist ein Verein (nach Art. 60ff ZGB) von Nachkommen Überlebender der nationalsozialistischen Judenverfolgung und des antifaschistischen Widerstands, sowie deren Angehörigen und Freunden. Sie …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”