Schweizer Bankwesen

Schweizer Bankwesen

Das Schweizer Bankwesen zählt zu den bedeutendsten der Welt. Sein guter Ruf basiert auf der politischen und wirtschaftlichen Stabilität der Schweiz und auf der Hauptaktivität der Vermögensverwaltung (neudeutsch Wealth Management) sowie der vergleichsweise konservativen und nachhaltigen Anlage. [1]

Kritiker werfen dem Bankenplatz Schweiz vor, er begünstige durch das Schweizer Bankgeheimnis die Geldwäscherei und Steuerflucht. Um diesem schlechten Ruf entgegenzuwirken hat die Schweiz 1998 ein Anti-Geldwäscherei-Gesetz erlassen. Bereits 1991 wurden die Banken von der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) verpflichtet, bei allen neuen Kontoeröffnungen sowie für alle bestehenden Konten die wirtschaftlich Berechtigten des Kontos zu ermitteln.[2]

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung der Bankbranche und des Finanzplatzes Schweiz

Schätzung über Herkunft (Wohnsitz) der in der Schweiz angelegten Gelder laut KPMG und Helvea,[3] Angaben in Milliarden CHF

Der gesamte Finanzsektor (inklusive Versicherungen) erbrachte 2009 11 Prozent der Bruttowertschöpfung der Schweiz (CHF 59,1 Mrd.). Davon steuerte der Bankensektor CHF 35,9 Mrd. zur Wertschöpfung bei, was einem Anteil von 6,7 Prozent am Bruttoinlandprodukt entspricht. Der inländische Personalbestand im Bankensektor lag im Jahr 2009 bei 135'900 Personen. Die in der Schweiz verwalteten Vermögen beliefen sich 2009 auf CHF 5'600 Mrd., davon entfallen CHF 3'000 Mrd., etwa 54 Prozent, auf ausländische Kunden. Im grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft ist die Schweiz mit einem Marktanteil von 27 Prozent Weltmarktführer.[4]

Die verschiedenen Bankengruppen

Die Schweizer Banken lassen sich grob in sechs Gruppen einteilen, es handelt sich hierbei um Grossbanken, Raiffeisenbanken, Kantonalbanken, Regionalbanken und Sparkassen, Börsen-, Effekten-, Vermögensverwaltungsbanken und Privatbankiers sowie um ausländisch beherrschte Banken. Daneben gibt es etliche, z. T. auch bekannte Banken, die ihren eigenen Platz in der Branche gefunden haben sowie PostFinance, welche zwar über keine Banklizenz verfügt, als Geschäftsbereich der Schweizerischen Post aber dennoch im Retail Banking eine sehr starke Position hat.

Grossbanken

Die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse sind die grössten Bankkonzerne der Schweiz und gehören zu den grössten der Welt. Sie treten als global tätige Universalbanken auf. Im Unterschied zu vielen ausländischen Instituten sind sie selbst im inländischen Retail Banking landesweit die gewichtigsten, auch wenn regional vor allem die Raiffeisenbanken und die Kantonalbanken einen höheren Marktanteil haben. Im Verlaufe der Zeit haben sowohl UBS wie auch Credit Suisse etliche durchaus traditionsreiche Banken übernommen und in ihren eigenen Konzernen aufgelöst oder zu spezialisierte Einheiten umorganisiert und eingegliedert.

Raiffeisenbanken

Die rund 340 selbstständigen Raiffeisenbanken sind solidarisch in Raiffeisen Schweiz zusammengeschlossen, in deren Rahmen sie gegenseitig haften. Raiffeisen Schweiz koordiniert die Aktivitäten der Gruppe, schafft Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit der örtlichen Raiffeisenbanken (beispielsweise IT, Infrastruktur, Refinanzierung) und berät und unterstützt sie in sämtlichen Belangen. Das Tätigkeitsgebiet der Raiffeisenbanken liegt traditionell im lokalen Retail Banking und in der Kreditvergabe für örtliche kleine und mittlere Unternehmen. Raiffeisen Schweiz ist die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz.

Kantonalbanken

Hauptartikel: Kantonalbank

Zusammengenommen würden die Kantonalbanken die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz bilden. Doch im Gegensatz zu den Raiffeisenbanken bilden die Kantonalbanken keine Bankengruppe, sondern sind rechtlich und wirtschaftlich absolut selbständige und z. T. konkurrierende (konkurrenzierende) Banken. Ihr Tätigkeitsgebiet liegt traditionell im Retail Banking und Bankgeschäft für kleine und mittlere Unternehmen innerhalb des eigenen Kantonsgebietes. Einzelne Kantonalbanken, wie die Zürcher Kantonalbank und die Banque Cantonale Vaudoise haben ihr Tätigkeitsgebiet auf die Vermögensverwaltung und auf das Investmentbanking ausgedehnt und sich so wichtige zusätzliche Ertragspfeiler geschaffen. Die Zürcher Kantonalbank ist die mit Abstand grösste Kantonalbank und macht rund ein Viertel der Bilanzsumme bzw. des Personalbestandes sämtlicher Kantonalbanken aus. Die Zürcher Kantonalbank ist damit die viertgrösste Bank der Schweiz.

Regionalbanken und Sparkassen

Hauptartikel: Regionalbanken und Sparkassen (Schweiz)

Ähnlich wie die Raiffeisenbanken haben sich auch etliche Regionalbanken und Sparkassen als selbständige Banken zu einer Gruppe zusammengeschlossen, die RBA-Gruppe. Die 51 angeschlossenen Regionalbanken sind zwar juristisch selbständig, als Aktionäre der RBA-Holding AG bilden sie wirtschaftlich allerdings eine Gruppe. Das Tätigkeitsgebiet der Regionalbanken liegt traditionell ebenfalls im lokalen Retail Banking. Neben den in der RBA-Gruppe zusammengeschlossene Regionalbanken und Sparkassen gibt es auch einige unabhängige, die grösste unter ihnen ist die regional stark verankerte Hypothekarbank Lenzburg.

Börsen-, Effekten-, Vermögensverwaltungsbanken

Die Schweizer Börsen-, Effekten-, Vermögensverwaltungsbanken und Privatbankiers haben eine bis über 250-jährige Tradition und gelten als die eigentlichen Väter des Schweizer Finanzplatzes. Diese lassen sich heute in zwei Gruppen aufteilen. Auf der einen Seite die eigentlichen Privatbankiers, welche keine Gesellschaft bilden sondern heute noch als private Bankiers tätig sind und mit ihrem guten Ruf und ihrem gesamten privaten Vermögen haften. Die beiden mit Abstand grössten unter ihnen sind Pictet & Cie sowie Lombard Odier Darier Hentsch & Cie, welche, gemessen an den verwalteten Vermögen von CHF 420 Mrd. bzw. CHF 180 Mrd., hinter UBS und Credit Suisse die dritt- bzw. hinter Julius Bär die fünftgrösste Vermögensverwalterinnen der Schweiz sind. Auf der anderen Seite sind die Privatbanken, die ursprünglich ebenfalls Privatbankiers waren, im Verlaufe der Zeit in eine Gesellschaft umgewandelt wurden. Die mit Abstand grösste unter ihnen ist die traditionsreiche Julius Bär, welche, gemessen an den verwalteten Vermögen von CHF 406 Mrd., die viertgrösste Vermögensverwalterin und gemessen an der Bilanzsumme die achtgrösste Bank der Schweiz ist.

Ausländische Banken

Auf dem Bankenplatz Schweiz haben sich auch etliche ausländische Banken niedergelassen, oft durch Eröffnung einer eigenen Filiale, durch Übernahme einer bereits bestehenden Bank oder durch Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft. Die Filialen ausländischer Banken sind wirtschaftlich und rechtlich keine eigene Rechtspersönlichkeiten in der Schweiz, sondern sind ihren Muttergesellschaften unterstellt. Die ausländisch beherrschten Banken sind mehrheitlich in der Vermögensverwaltung sowie im Investmentbanking tätig und haben ihre Sitze vor allem in Zürich oder Genf, von wo sie eine wichtige Rolle auf dem Finanzplatz Schweiz spielen. Die beiden grössten in der Gruppe der Übrigen Banken, zu welchen die ausländisch beherrschten Banken gehören, die HSBC Private Bank (Suisse) SA und die BNP Paribas (Suisse) SA, sind, gemessen an der Bilanzsumme von CHF 58,3 Mrd. bzw. 38,5 Mrd. die fünft- bzw. sechstgrösste Bank der Schweiz. Mit einem Anteil von 17 Prozent sind die ausländischen Banken hinter den Grossbanken aber vor den Kantonalbanken die zweitwichtigsten Arbeitgeber der Bankbranche.

Sonstige Banken

Neben in diesen Gruppen eingeteilte Banken gibt es noch etliche weitere, manche davon haben sich eine eigene Nische geschaffen. Als Beispiele die im Retail Banking tätige Migros Bank, Tochtergesellschaft des grössten Detailhandelskonzerns Migros, die ebenfalls im Retail Banking tätige Bank Coop, bei der heute die Basler Kantonalbank Mehrheitsaktionär ist, die aber zuvor Tochtergesellschaft des zweitgrössten Detailhandelskonzerns Coop war, die in der Vermögensverwaltung und im Kreditkartengeschäft tätige Cornèr, die genossenschaftlich organisierte WIR Bank oder auch die nach ökologisch und sozialen Grundsätzen tätigen Banken Alternative Bank Schweiz und Freie Gemeinschaftsbank.

PostFinance als Spezialfall

Im Gegensatz zur deutschen Postbank ist PostFinance keine Bank sondern lediglich ein Geschäftsbereich der Schweizerischen Post. Durch das Fehlen einer Banklizenz beschränkt sich das Tätigkeitsgebiet von PostFinance auf sein traditionelles Hauptgebiet, dem nationalen und internationalen Zahlungsverkehr und den dazugehörigen Dienstleistungen, sowie auf den Vertrieb von einzelnen in Kooperation mit Banken geschaffenen Finanzdienstleistungen bzw. -produkten. Dennoch positioniert sich PostFinance als Nummer fünf unter den Retailfinanzinstituten.

Die grössten Banken der Schweiz

Die Tabelle zeigt die grössten Banken der Schweiz gemessen jeweils nach verschiedenen Kennzahlen per Ende 2008. Nebst den acht grössten Instituten nach Bilanzsumme enthält die Tabelle auch die Banken, die jeweils gemessen an den verwalteten Vermögen, dem Eigenkapital oder der Mitarbeiterzahl unter den grössten acht rangieren.


Bank (auf Konzernebene) 1 Hauptsitz Bilanzsumme
(Mrd. CHF)
verwaltete
Vermögen
(Mrd. CHF)
Eigenkapital
(Mrd. CHF)
Reingewinn
(Mio. CHF)
Mitarbeiter
UBS Zürich und Basel 2015,098 2174 40,802 -20887 77783
Credit Suisse Zürich 1170,350 1106 32,302 -8218 46800
Raiffeisen Schweiz St. Gallen 131,575 125 7,979 564 9133
Zürcher Kantonalbank Zürich 113,131 122 7,436 503 4685
HSBC Private Bank (Suisse) SA Genf 73,670 146 3,684 672 2669
PostFinance 3 Bern 67,156 49 0,616 235 2889
BNP Paribas (Suisse) SA Genf 52,332 37 3,766 510 1756
Julius Bär Zürich 46,240 338 6,573 852 4335
Pictet & Cie 2 Genf n/b 312 n/b n/b 2900
Lombard Odier Darier Hentsch & Cie 2 Genf n/b 127 n/b n/b 1800
Banque Cantonale Vaudoise Lausanne 35,239 67 3,177 358 1914

1 sämtliche Zahlen 2008 auf Konzernebene, inklusive Tochtergesellschaften
2 Privatbankiers veröffentlichen grundsätzlich keine Geschäftszahlen, daher Bilanzsumme, Eigenkapital und Nettogewinn nicht bekannt
3 PostFinance gilt nicht als Bank, nur zu Vergleichszwecken aufgelistet

Einzelnachweise

  1. http://www.weltwoche.ch/weiche/artikel-fuer-abonnenten.html?hidID=514222 Der damalige CEO der Bank Bär, Alex Widmer, in der Weltwoche 31/2008 über seine Erfahrungen in den USA
  2. Montebourg-Bericht: Weitgehend ungerechtfertigter Rundumschlag gegen den Finanzplatz Schweiz. Eidgenössisches Finanzdepartement, 21. Februar 2001 (Seite abgerufen am 15. April 2008)
  3. Schweizer Fernsehen: „880 Milliarden Schwarzgeld in der Schweiz“ vom 8. Februar 2010
  4. Der Finanzplatz Schweiz und seine Bedeutung (PDF) in: Schweizerische Bankiervereinigung vom September 2010, abgerufen am 20. Dezember 2010

Siehe auch


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