Schwarzerde

Schwarzerde
Schwarzerdeboden in Westrussland

Die Schwarzerde oder Tschernosem (russ. tschern = schwarz u. semlja = Erde), engl. Schreibweise Chernozem ist ein sehr fruchtbarer Bodentyp mit einem mächtigen humosen Oberboden.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Der Name Schwarzerde resultiert aus einem bis zu 80 cm mächtigen humosen, mineralischen A-Horizont, der stark durchsetzt mit Poren und Wühlgängen und daher gut durchlüftet ist. Mehr als 70 cm mächtige humose Horizonte sind in Mitteleuropa häufig ein Indiz für kolluvialen Auftrag (Aufspülung). Schwarzerden sind in Mitteleuropa in den A-Horizonten häufig mit ca. 25 bis 30 % Tongehalt tonreicher als die darunterfolgenden Horizonte. Dies liegt an einer stärkeren Verwitterung der Lösse.

Eigenschaften und Nutzung

Schwarzerde, ein leistungsfähiger und stabiler Boden, wird intensiv für den Ackerbau genutzt. Die Bodenfruchtbarkeit beruht auf einem stabilen Gefüge und guter Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit. Außerdem hat Schwarzerde einen für Bodennutzung günstigen pH-Bereich und verfügt über ein reiches Bodenleben.

Aufgrund des hohen Alters ist die Schwarzerde ein Archiv der Natur- und Kulturgeschichte.

Verbreitung

weltweite Verbreitung von Schwarzerden

Die Schwarzerde ist der typische Boden der kontinentalen Steppengebiete mit warmem Sommer und kaltem Winter. Die größten Schwarzerdegebiete befinden sich in den ungarischen (Pannonische Tiefebene), rumänischen (Walachische Tiefebene), ukrainischen, russischen und kasachischen Steppen sowie in den nordamerikanischen Prärien. In Deutschland erhielten sich Schwarzerden zum Beispiel in der Magdeburger Börde, der Hildesheimer Börde und im Thüringer Becken. In Österreich findet man sie beispielsweise im Weinviertel oder im nördlichen Burgenland. Aufgrund des nur inselhaften Vorkommens außerhalb der o. g. Verbreitungsgebiete muss die Schwarzerde In Mitteleuropa als seltener Boden gelten.

Gefährdung in Mitteleuropa

Die genannten erhöhten Tongehalte wirken sich bei intensiver Nutzung durch Neigung zur Bodenverdichtung negativ aus. So sind die Schwarzerden der Hildesheimer Börde häufig stark verdichtet. Die Schwarzerden sind bei erhöhter Reliefenergie erosionsgefährdet, z. B. bei Starkregen. In der Magdeburger Börde ist die Pararendzina durch die weitgehende Abtragung (Erosion) der Schwarzerde weit verbreitet. Außerhalb der großen Gebiete ist die Schwarzerde insbesondere durch Überbauung stark gefährdet. Die Schwarzerden der Hildesheimer Börde zeigten in den sechziger bis neunziger Jahren trotz Düngung verbreitet einen Kaliummangel.

Klassifizierung

In der deutschen Bodensystematik bilden Schwarzerden eine eigene Klasse mit den beiden Typen Tschernosem und Kalktschernosem, wobei letzterer bis in den Oberboden sekundär kalkangereichert ist. Die Horizontabfolge ist A(c)xh / Axh+lC(c) / lC(c) - ein biogen gemixter Ah-Horizont über lockerem, evtl. Sekundärcarbonat-haltigem Untergrund mit einem dazwischenliegenden Verzahnungshorizont. Der humusangereicherte Horizont muss mehr als 40 cm mächtig sein, ein Unterboden-Horizont (B-Horizont) ist nicht ausgebildet. In der internationalen Klassifizierung World Reference Base for Soil Resources sind die Chernozeme stärker über ihre tiefdunkle Farbe als die Mächtigkeit des Humusanreicherungshorizonts definiert.

Entstehung

Nach der klassischen Lehrmeinung entwickelt sich im Frühjahr unter günstigen Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen eine üppige Steppenvegetation, die viel organisches Material für die Humusbildung liefert. Im trockenen, warmen Sommer geht die Produktion organischer Substanz zurück, gleichzeitig ist die Mineralisierung des Humus durch die Trockenheit gehemmt. Dem feuchten Herbst folgt ein langer, kalter Winter, in dem die Umsetzung der organischen Substanz ruht. Durch die intensive Wühltätigkeit von Bodentieren, wie z. B. Steppen-Kleinsäugern und dem Regenwurm, werden die Humusstoffe tief in den Boden eingearbeitet (sog. Bioturbation). Der Niederschlagsmangel in den Steppengebieten verhindert eine schnelle Mineralisierung oder eine Auswaschung der Humusbestandteile aus dem Oberboden. Eine hohe Verdunstung führt zur Anreicherung an Kalk und Nährstoffen im A-Horizont.

Die beschriebene Entstehung ist in jüngerer Zeit angezweifelt worden, weil die C14-Alter von Schwarzerden mit 3000 bis 7000 Jahren vor heute (BP) hoch sind, die Umsatzrate der organischen Substanz nach ökologischen Untersuchungen in der Steppe mit 30 bis 100 Jahren dagegen kurz ist. Damit zeigt die heutige Bindung der Schwarzerden an die Steppen die Erhaltungs-, aber nicht die Bildungsbedingungen. Auch in der Taiga finden sich Böden mit Schwarzerdevergangenheit. Damit wäre die Bioturbation, sichtbar in Form von Wühlgängen (Krotowinen), zwar ein deutliches Profilmerkmal, es kann aber bezweifelt werden, dass eine vollständige Durchmischung der Humushorizonte damit aber erreicht wurde. Die Einwaschung und Verlagerung der organischen Substanz wäre demnach wichtiger als die Durchmischung. Nach heutigem Kenntnisstand sind Schwarzerden schwarz, da sie deutliche Anteile (10-40 % der organischen Substanz) an pyrogenem Kohlenstoff enthalten. Dieser entsteht bei unvollständiger Verbrennung oder Verschwelung und wird auch als black carbon bezeichnet. Allerdings scheint black carbon nicht inert im Boden zu sein; innerhalb von Aggregaten ist er stabiler als außerhalb, so dass eine Einarbeitung die Aggregate erfolgen muss, was durch reine Einwaschungsprozesse nicht anzunehmen ist.

In Mitteleuropa ist eine enge Beziehung zu den neolithischen Siedlungsgebieten vorhanden. So ist in Seesedimenten und Mooren insbesondere in der mittleren und späten Jungsteinzeit viel Holzkohle nachgewiesen. Die C14-Datierungen ergeben vielfach ein alt- bis mittelneolithisches Alter. Die Verbreitung der Schwarzerden ist eng an die neolithischen Siedlungskammern gebunden. In Detailkartierung ist hier eine auf wenige Dekameter genaue Bindung nachzuweisen. Diese Nähe zu den Siedlungen ist jedoch leicht zu erklären, da beim Übergang zum Ackerbau Böden mit guten Wachstumsbedingungen für Pflanzen bevorzugt wurden.

Boden des Jahres 2005

Anlässlich des Weltbodentages am 5. Dezember wurde 2004 die Schwarzerde zum Boden des Jahres 2005 ausgerufen.

Literatur

  • Kossowitsch, P. (1911): Die Schwarzerde (Tschernosiom). - Internationale Mitteilungen für Bodenkunde, 1, 3/4: 199–354.
  • Gehrt, E., Geschwinde, M. & Schmidt, M.W.I. (2002): Neolithikum, Feuer und Tschernosem - oder: Was haben die Linienbandkeramiker mit der Schwarzerde zu tun? Archäologisches Korrespondenzblatt 32, 21-30.
  • Eckmeier, Eileen (2003): Gibt es Schwarzerden im Rheinland? Eine Spurensuche im Labor. In: Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.): Archäologie im Rheinland 2002. Theiss-Verlag, Stuttgart, 204-206.
  • Roeschmann, G. (1968): Pseudogley-Tschernoseme und deren Übergangsbildungen zu Parabraunerden im Lößgebiet der Hildesheimer Börde.- Geologisches Jahrbuch 85: 841-860; Hannover.
  • Schmidt, M.W.I., Skjemstad, J.O., Gehrt, E. & Kögel-Knabner, I. (1999): Charred organic carbon in German chernozemic soils. - European Journal of Soil Science, 50: 351-365.
  • Brodowski, S.; John, B.; Flessa, H. & Amelung, W. (2006): Aggregate-occluded black carbon in soil. - European Journal of Soil Science, 57: 539–546.
  • Altermann, Manfred; Rinklebe, Jörg; Merbach, Ines; Körschens, Martin; Langer, Uwe & Hofmann, Bodo (2005): Chernozem - Soil of the Year 2005. - Journal of Plant Nutrition and Soil Science, 168: 725–740.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Schwarzerde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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