Schwarzer Freitag

Schwarzer Freitag

Schwarzer Freitag ist die Bezeichnung eines Freitags, der wegen eines an diesem Tag vorgefallenen Unglücks als besonders denkwürdig erachtet wird.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft des Begriffs

Diese Bezeichnungsweise, die ähnlich auch für andere Wochentage existiert, leitet sich her aus einer bereits römisch-antiken Tradition, die einen Unglückstag als dies ater („Schwarzen Tag“) bezeichnete und später dann auch unter Einbeziehung der Namen der Wochentage fortgeführt wurde. Speziell der Freitag galt in der christlichen Tradition und im daran anknüpfenden Aberglauben als ein besonderer Unglückstag,[1] weil sich an einem Freitag, dem Karfreitag, die Passion und Kreuzigung Christi ereignet hatte. Im Englischen wurde deshalb im 18. Jahrhundert in einer frühen Phase der Einführung des Ausdrucks Black Friday dieser Ausdruck noch gelegentlich bewusst als Kontrastbegriff gebraucht zu Good Friday,[2] wie der Karfreitag im Englischen in Hinblick auf das mit dem Tod Christi eingeleitete Erlösungswerk unter positivem Vorzeichen heißt.

Schwarze Freitage im Finanzwesen

Dass geschichtlich bedeutsame Unglückstage von den Zeitgenossen als Schwarze Freitage bezeichnet wurden, lässt sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen und ist dort zuerst in England für den Black Friday vom 6. Dezember 1745 belegt, bei dem es sich zugleich um den ersten wirtschaftlichen Schwarzen Freitag handelt, der von den Zeitgenossen so genannt wurde. An diesem Tag erreichte die Nachricht London, dass der Kronprätendent Charles Edward Stuart, der mit zwei Schiffen in Schottland gelandet war, erfolgreich bis Derby hatte vordringen können.[3] In London führte daraufhin die Angst vor einer französischen Invasion und einer Restauration der Herrschaft der Stuarts zu einem vorübergehenden Kollaps des Bankwesens und Wirtschaftslebens.[4]

Dow Jones Industrial Average 1929

Der angelsächsische Usus, wirtschaftlich bedeutsame Unglückstage als Black Friday zu bezeichnen, fand dann im Zusammenhang mit der Internationalisierung der Geldmärkte und des Pressewesens seit dem 19. Jahrhundert auch in anderen Ländern Verbreitung. Als der Bankrott der Londoner Diskontbank Overend, Gurney and Co. Limited am 11. Mai 1866 eine Panik in der Londoner City und eine Krise des britischen Finanzwesens auslöste,[5] beschrieb die Londoner Times diesen Freitag am nächsten Tag als einen Unglückstag, der noch lange als Schwarzer Freitag in Erinnerung bleiben werde.[6] Die ausländische Presse griff diese Bezeichnung auf, so in Frankreich der Nationalökonom Louis Wolowski, der sie am 15. August 1866 im Titel eines Artikel in der Revue des Deux Mondes und in weiteren Schriften jeweils mit Bezug auf den Londoner 11. Mai 1866 verwendete.[7]

Weltweite Verbreitung fand der Begriff im Zusammenhang mit der amerikanischen Finanzkrise vom 24. September 1869, die von Goldspekulationen der Unternehmer Jay Gould und James Fisk und Gegenmaßnahmen der Regierung der Vereinigten Staaten ausgelöst wurde. Der amerikanische Schriftsteller Frederic Stewart Isham machte diesen Skandal zum Gegenstand seines 1904 erschienenen Romans Black Friday,[8] der seinerseits 1916 unter der Regie von Lloyd Carleton als Stummfilm verfilmt wurde.[9]

Als Schwarze Freitage wurden im deutschsprachigen Raum der Wiener Börsenkrach vom 9. Mai 1873 (Gründerkrach) und der Kurssturz der Berliner Börse vom 13. Mai 1927 bezeichnet, als der Aktienindex des Statistischen Reichsamtes um 31,9 Prozent einbrach.[10] Für ihre „schwarzen“ Tage und ihren Schwarzen Freitag vom 25. Oktober ist heute noch besonders der Zusammenbruch der amerikanischen Börse 1929 bekannt, der die Weltwirtschaftskrise auslöste. Im Unterschied zu den vorhergehenden und nachfolgenden Tagen war der 25. Oktober 1929 allerdings kein Tag besonderer Kursverluste: Am Mittwoch, dem 23. Oktober, war der Dow Jones Industrial Average von 326,51 vom Vortag auf 305,85 gefallen, und am „Schwarzen Donnerstag“ (Black Thursday), dem 24. Oktober 1929, nochmals um 6,38 Punkte auf 299,47, während er am Freitag vielmehr wieder um 1,75 Punkte zulegte und seine größten Verluste dann am Montag erlitt, an dem er wieder von 298,97 auf 260,64 fiel. Am „Schwarzen Dienstag“ (Black Tuesday) oder „Tragic Tuesday“ fiel er dann weiter auf 230,07.

Sonstige Schwarze Freitage

Der Ausdruck ist überdies bei Unglückstagen für einzelne Regionen, Unternehmen, Mannschaften im Sport und Politiker oder sonstige Personen des öffentlichen Lebens, aber auch in der Beziehung auf rein private Angelegenheiten verbreitet. Als Schwarze Freitage wurden außerdem zahlreiche Krisentage nicht nur des Börsen- und Finanzwesens, sondern auch der politischen Geschichte bezeichnet.

So gilt der 14. Oktober 1881 als schwarzer Freitag in der Geschichte der schottischen Fischerei, da an diesem Tag beim Unglück von Eyemouth insgesamt 189 Fischer ihr Leben durch eine Sturmkatastrophe verloren. Am Freitag, dem 8. September 1978, kam es auf dem Jaleh-Platz in Teheran im Iran zu einem Schusswechsel zwischen Armee und Demonstranten gegen die Regierung von Schah Mohammad Reza Pahlavi, an dessen Ende 64 Tote zu beklagen waren. Seit diesem Vorfall wird dieser Tag im Iran als Schwarzer Freitag bezeichnet.

Weil die Leitung des Straßenbauunternehmens Australian Tramway Emplyees Association am 18. Januar 1912 seinen Mitarbeitern das Tragen von Abzeichen der Straßenbahner-Gewerkschaft untersagte, riefen diese am selben Tag zum Generalstreik auf. Das Streikkomitee stellte den Antrag, am 2. Februar 1912 einen weiteren Marsch in Brisbane (Queensland/Australien) durchführen zu dürfen, was vom Polizeikommissar William Geoffrey Cahill abgelehnt wurde. Gegen diese Ablehnung demonstrierten rund 15'000 Streikende auf dem Market Square. Unter der Führung Cahills ging die teils berittene Polizei mit Knüppeln und Bajonetten gegen die Gewerkschafter und deren Unterstützer vor, darunter rund 600 Frauen (darunter viele Suffragetten) sowie Kinder. Der Tag ging als sogenannter Knüppel-Freitag (Baton Friday), später als Schwarzer Freitag bezeichnet, in die Geschichte ein.[11]

Einzelnachweise

  1. Gustav Jungbauer: Artikel Freitag, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 3 [1932], Nachdruck: Walter de Gruyter, Berlin / New York, 2000, Sp. 45-73
  2. Im Prozess gegen einen William Smith aus Ingleby Manor in Yorkshire, der der Anklage zufolge am Karfreitag des Jahres 1753 mehrere Verwandte durch Beimischung von Arsen in einen Karfreitagskuchen (Good-Friday Cake) ermordet hatte, erklärte die Dienerin eines der Mordopfer im Hinblick auf den qualvollen Tod ihrer Herrschaften: "God rest their Souls! But never saw I such Mortality in all my Life; instead of Good Friday, it was black Friday (...)." In: The trial, conviction, condemnation, confession and execution of William Smith, printed for M. Cooper, W. Reeve, and C. Sympson, London 1753, S. 11
  3. Zeitgenössisch z. B. A letter to a Member of Parliament, concerning the free British fisheries, printed for R. Spavan, London 1750, S. 16: "Every body remembers during the Course of the late unnatural Rebellion, that when the News of the Rebels being at Derby reached London, which happened upon a Friday, (...) their Approach occasioned no small Confusion and Consternation in the City, of which I was an Eyer-witness; insomuch, that after his Royal Highness the Duke had obliged them to retreat, that day was called the Black Friday."
  4. Andreas Michael Andreades: History of the Bank of England, 1640 to 1903, 4. Ausgabe, Cass, London 1966, S. 21
  5. Andreas Michael Andreades: History of the Bank of England, 1640 to 1903, 4. Ausgabe, Cass, London 1966, S. 353ff.
  6. The Times, Nr. 25496, 12. Mai 1866, S. 12, Spalte C (The Panic): „Altogether, for many reasons, the occasion and the day will probably be long remembered in the City of London as the ‚Black Friday‘“, vgl. auch Nr. 25535, 27. Juni 1866, S. 11, Spalte B (The Imperial Mercantile Credit Association)
  7. Vgl. The Times, Nr. 25580, 18. August 1866, S. 10, Spalte B; Louis Wolowski: Réponse de M. Wolowski (...) à la lettre de M. Michel Chevalier (...) sur la question des banques, Guillaumin, 1867, S. 15 (Auszug aus der Märznummer des Journal des Économistes); ders.: Le change et la circulation, Guillaumin, Paris 1869, S. 309, Anm. 1
  8. Frederic Stewart Isham: Black Friday, Bobbs-Merrill Co., Indianapolis 1904; dazu David Andrew Zimmerman: Panic! Markets, Crises, & Crowds in American Fiction, University of California Press, Chapel Hill 2006, S. 40 ff.
  9. Internet Movie Database
  10. Die Zeit: Der Schwarze Freitag, vom 7. April 1967
  11. Pam Young, The Hatpin - A Weapon: Women and the 1912 Brisbane General Strike, veröffentlicht im Hecate, (1988)

Weblinks


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