Schutzumschlag

Schutzumschlag
Ein Schutzumschlag

Der Schutzumschlag (oder Buchumschlag) bezeichnet in der Buchherstellung einen losen Umschlag, der um ein Buch herumgelegt und an den vorderen Deckelkanten eingeschlagen wird. Anders als der Name suggeriert, ist der Schutz des umgebenen Buches heute nicht mehr die vordringliche Funktion eines Schutzumschlags.

Inhaltsverzeichnis

Elemente des Schutzumschlags

Der Schutzumschlag besteht aus Vorder- und Rückseite, Rücken, einer vorderen und einer hinteren Klappe (Innen- und Rückenklappe) sowie den meist unbedruckten Innenseiten. Die Gestaltung beschränkt sich in der Regel auf die Vorderseite, in einigen Fällen wird jedoch auch der Rücken einbezogen. Die Rückseite ist hingegen meist Träger einer kurzen Inhaltsinformation oder werbender Zitate. Der vordere Klappentext enthält häufig den sogenannten Waschzettel, einen kurzen, sprachlich ansprechenden Text, der das Interesse für das Buch wecken soll, wohingegen die Rückenklappe oft für Informationen über den Autor genutzt wird.

Manchmal tritt zum Schutzumschlag auch eine Buchbinde (oder Bauchbinde). Sie kommt meist nachträglich hinzu, wenn aktuelle Ereignisse als Werbung dienen sollen, wie zum Beispiel gewonnene Preise.[1]

Geschichte

Die Geschichte des Schutzumschlags ist eng verknüpft mit der Entstehung des Verlegereinbands. Zwar sind schon aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert einige Fälle von verzierten Buchumschlägen dokumentiert, blieben aber die Ausnahme. Erst im 19. Jahrhundert entwickelte sich die heutige Form.

Der erste neuzeitliche Buchumschlag stammt nach derzeitiger Kenntnislage aus dem England von 1833.[2] Bevor eine feste Bindung durch den Verlag üblich wurde, bekamen Bücher in der Regel einen Interimseinband. Dieser meist aus Papier oder dünnem Karton bestehende, an den Rücken des Buchblocks angeklebte Umschlag wurde beschriftet und teils auch schon gefärbt.[3] An der weiteren Entwicklung hat möglicherweise der Ende der vierziger Jahre entstehende Bahnhofsbuchhandel einen entscheidenden Anteil gehabt. Der in Eile entscheidende Reisende sollte mit knalligen Farben und werbender Aufschrift auf das Produkt aufmerksam gemacht werden.[4] Als sich dann der Verlegereinband durchsetzte, war es naheliegend, sich diese Verkaufsvorteile ebenfalls nutzbar zu machen. Fritz Helmuth Ehmcke geht daher davon aus, dass sich der Einband quasi zwischen Buchblock und Umschlag geschoben hat.[5]

Dennoch dauerte es noch einige Zeit bis sich der Schutzumschlag als Werbeträger wirklich durchsetzte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts legte man zunächst Transparentpapier, das den Einband durchscheinen ließ, oder wenig bedrucktes Packpapier um das Buch. Die Schutzfunktion spielte hier die entscheidende Rolle.

Um 1890 war der werbende Schutzumschlag aber allgemein etabliert. Er wurde nun mehrfarbig auf weiße Papiere gedruckt. Bekannte Künstler und Grafiker wurden mit der Gestaltung betraut, wie beispielsweise Henri Toulouse-Lautrec in Frankreich oder Thomas Theodor Heine in Deutschland. Inhalt und Darstellung standen hier allerdings noch in keinerlei Beziehung. Die Buchkunstbewegung hingegen, die um 1900 zu großer Bedeutung gelangte, propagierte die Einheitlichkeit des Buches, was die bestimmende Beziehung zwischen Inhalt und äußerer Gestalt einbezog. 1921 führte John Heartfield die Fotomontage als Gestaltungselement auf dem Buchumschlag ein.[6]

War es zunächst eher die neuere Literatur die mit einem Schutzumschlag beworben wurde, etablierte er sich in der Folge auch für Gattungen, die bisher darauf verzichtet hatten, wie Klassikerausgaben oder wissenschaftliche Literatur.[7]

Der Schutzumschlag heute und seine Funktionen

Werbung

Auch heute gehört die werbende Funktion mit zu den wichtigsten Argumenten für einen Schutzumschlag. Besonders im Bereich der Unterhaltungsliteratur und der Kinder- und Jugendbücher spielt er eine große Rolle als Kaufanreiz. Die meisten Verlage betrachten ihn daher auch als das wichtigste Werbemittel und Grundlage jeder weiteren Werbeaktion.[8]

Orientierung

Damit gekoppelt ist die Orientierungsfunktion. Ein Schutzumschlag soll nicht nur werben, sondern auch informieren. Er kann sowohl Inhalt und Charakter eines Buches vermitteln, als auch über die Zugehörigkeit zu einem Verlag oder einer Reihe Aufschluss geben.[9] Je nach Buchtyp kann man daher zwischen typischen und buchindividuellen Einbänden unterscheiden. Während erstere nach dem Markenprinzip den Wiedererkennungswert steigern sollen, hebt der zweite die Besonderheit hervor. Um diese beiden Punkte zu kombinieren, engagieren einige Verlage Hauskünstler, die meist für viele Jahre die Gestaltung eines Unternehmens prägen.[10]

Ästhetik

Oft ist daher auch der ästhetische Wert des Schutzumschlages nicht zu unterschätzen. Lediglich 12% der Buchkäufer entfernen ihn nach dem Kauf, die meisten anderen stellen das Buch mitsamt dem Umschlag ins Regal. Einige schätzen den Schutzumschlag sogar so sehr, dass sie wiederum ihn schützen wollen und vor dem Lesen zur Seite legen.[11]

Schutz

Die Schutzfunktion für den Einband wird damit natürlich zunichte gemacht. Denn obwohl die anderen Faktoren heute vielleicht dominieren, spielt der Schutz vor Abnutzung und Verschmutzung immer noch eine nicht zu vernachlässigende Rolle. So ist der Schutzumschlag meist durch Lackierung oder Kaschierung mit Glanzfolien unempfindlicher gegen Hautfette oder andere Verunreinigungen, als die eigentlichen Bucheinbandstoffe wie z. B. Leinen oder andere offenporige Materialien. Zusätzlich verhindert er das Ausbleichen der Einbandfarbe durch Lichteinstrahlung. Trotzdem ist diese Funktion im Bewusstsein stark in den Hintergrund gerückt.

Quellennachweis

  1. Mazal, Otto: Einbandkunde. Wiesbaden:Ludwig Reichert Verlag, 1997. S. 328
  2. Mazal. Einbandkunde. S.325
  3. Hiller/Füssel: Wörterbuch des Buches. Frankfurt a.M.: Vittorio Klostermann, 2002. S. 322
  4. Janzin, Marion und Joachim Güntner: Das Buch vom Buch. 5000 Jahre Buchgeschichte. Hannover: Schlütersche, 1997. S. 327
  5. Ehmcke, Fritz Helmuth: Broschur und Schutzumschlag am deutschen Buch der neueren Zeit. Mainz: Gutenberg-Gesellschaft, 1951.
  6. Mazal. Einbandkunde. S.325
  7. Mazal. Einbandkunde. S.326
  8. Kroehl, Heinz: Der Buchumschlag als Gegenstand kommunikationswissenschaftlicher Untersuchungen. Mainz: Univ., Diss. 1980. S.73
  9. Kroehl. Der Buchumschlag als Gegenstand kommunikationswissenschaftlicher Untersuchungen. S.73
  10. Buchumschläge 1900-1950: aus der Sammlung Curt Tillmann. Eine Ausstellung des dt. Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach a. N. Hg. von Walter Scheffler u. Gertrud Fiege. Marbach: Dt. Schillergesellschaft, 1971. Darin: Fiege, Gertrud: Zur Ausstellung. S.11-15.
  11. Kroehl. Der Buchumschlag als Gegenstand kommunikationswissenschaftlicher Untersuchungen. S.85

Literatur

  • Fritz H. Ehmcke: Broschur und Schutzumschlag am deutschen Buch der neueren Zeit. In: Kleiner Druck der Gutenberg-Gesellschaft Nr. 47. Gutenberg-Gesellschaft, Mainz 1951. ISBN 978-3-7755-0062-3.
  • Jürgen Holstein: Georg Salter, Bucheinbände und Schutzumschläge aus der Berliner Zeit 1922-1934. [Mit einem Beitrag zur Typographie bei Georg Salter von Peter Nils Dorén]. Selbstverlag Jürgen Holstein, (Wildpfad 8) Berlin 2003. ISBN 3-00-010772-X.
  • Jürgen Lässig (Hrsg.): Bucheinband und Schutzumschlag. Georg Salter und andere Buchgestalter, mit farbig illustrierten Beispielen aus Literatur, Kunst, Geschichte, Kultur, Psychoanalyse, Wissenschaft, Antiquariat Jürgen Lässig, Berlin 2008 (ohne ISBN).
  • Anke Lohmüller: Der Buchumschlag als Kommunikationsmittel. Semiotische und marktpsychologische Aspekte der Covergestaltung. VDM [Verlag Dr. Müller], Saarbrücken 2008. ISBN 978-3-639-04996-1.

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