Schulsilvester

Schulsilvester

Beim Schulsilvester handelt es sich um einen Zürcher Altjahresbrauch. Ursprünglich wurde er am Morgen des 31. Dezembers, um 1900 – nach Einführung von Weihnachtsferien – am Morgen des 23. Dezembers und heute am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien von den Schulkindern des Kantons Zürich in der Schweiz gefeiert.

Inhaltsverzeichnis

Ursprüngliche Bedeutung

Am frühen Morgen schwärmten die Kinder durch die Gassen der Stadt, später auch durch die Strassen der Dörfer. Wer als letzter aufstand oder zur Schule kam, wurde als Silvester verlacht und mit einem weissen Nachthemd und einer Schlafmütze bekleidet in einem Handwagen lärmend durch die Strassen, respektive Schule gezogen. An gewissen Orten musste er auch den Kalender für das neue Jahr bezahlen. Mit der Zeit zogen die Kinder vor dem auf 7 Uhr vorverlegten Schulbeginn lärmend durch die Strassen, um das alte Jahr zu vertreiben.

Geschichtliche Entwicklung

Während um 1920 das Treiben bereits um Mitternacht begann, wurde später der Beginn auf frühestens 5 Uhr festgelegt. Ab den 1930er-Jahren bürgerte es sich ein, dass Gruppen, welche besonders laut waren oder mit einem Ständchen aufwarteten, von Bürgern, die dadurch geweckt wurden, Geschäftsleuten und insbesondere den Bäckern mit einem essbaren Obolus (Prochnigs, alemannisch für: Bruchstücke von Konfekt) belohnt wurden. Die Grosszügigkeit der Geschäftsleute ging im Laufe der 1970er-Jahre merklich zurück und die Neue Zürcher Zeitung beklagte sich 1974: „Das alte Gewohnheitsrecht, dass namentlich die Bäcker verpflichtet sind, einen essbaren Obolus zu entrichten, wenn man ihnen ein Ständchen bringt, scheint vergessen.“[1] An Stelle des Heischens trat immer mehr die Sitte des gemeinsamen Frühstücks im Klassenzimmer in der Schule. Ebenso klar zurückgegangen ist in den letzten Jahren die Lärmkraft der Kinder und das Lärmen mit selbstgebastelten Lärminstrumenten, Rätschen, Glocken, Küchenutensilien. Der bereits für das 19. Jahrhundert belegte Ruf: Silväschter stand uuf, streck d Bäi zum Bett uus! scheint Ende des 20. Jahrhunderts vergessen gegangen zu sein.

Ebenfalls ein Geschenk war das Silvesterbüchlein. Ab 1840 auf privater Initiative entstanden, veröffentlichte ab 1872 der Verein Zürcher Lehrer drei Versionen für die drei Schulstufen. Jahrelang wurden sie von bekannten Schriftstellern redaktionell betreut und bis 1966 herausgegeben. Anschliessend wurden in manchen Schulgemeinden anstelle des Silvesterbüchleins ein SJW-Heft verschenkt. Redaktoren waren etwa der Mundartdichter Eduar Schönenberger, Ernst Eschmann, Rudolf Hägni und Otto Schaufelberger.

Neben dem Radau gehören auch harmlose Streiche zum Schulsilvester, welche im Schutze der Dunkelheit ausgeführt werden. Als Beispiele aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seien zu erwähnen: Autos mit Toilettenpapier einwickeln, an fremden Türen klingeln oder Türglocken mit Zahnstochern blockieren, Gartentörchen aushängen, Türfallen mit Zahnpaste bestreichen. Diese Streiche arteten jedoch im Laufe der Zeit aus, insbesondere von "Nachtbuben", welche nicht mehr im Schulalter sind, was mancherorts die Behörden dazu bewogen hat, den Schulsilvester zu verbieten, um die zum Teil immensen Sachschäden zu verhindern. Leidtragende sind die Schulkinder. Die "Nachtbuben" hingegen lassen sich offensichtlich von Verboten wenig beeindrucken.

Literatur

  • Bachmann-Geiser, Brigitte: Der Zürcher Schulsilvester. Zürich: Hug, 1984.(=Neujahrsblatt der Allgemeinen Musikgesellschaft Zürich)
  • Weil, Lis: Bitzli und der grosse Wolf. Zürich: Schweizer Spiegel, 1960.
  • Ziegler, Peter: Kinder in Zürich. Zürich: Schulamt, 1986.

Quellen

  1. NZZ, 24. Dezember 1974

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