Schulmathematik

Schulmathematik
Mathematikvorlesung an der Technischen Universität Helsinki

Mathematikdidaktik ist Fachdidaktik für das Fach Mathematik, also die Lehre vom Lehren und Lernen mathematischer Inhalte.

Inhaltsverzeichnis

Motivation

Die Aufgaben des Mathematikunterrichts werden im Ansatz von Heymann (siehe Literatur) in nachfolgende Bereiche unterteilt.

Lebensvorbereitung

Schüler sollen mehr Aufmerksamkeit für elementare Anwendungen der Mathematik erlangen und auch die sogenannte „weichere Mathematik“ im Alltag kennenlernen (zum Beispiel Abschätzungen, Umgang mit Größenordnungen, Interpretation von Tabellen und Diagrammen).

Diese Aufgabe erhält weitgehend öffentliche Zustimmung, da sie Schüler auf absehbare Lebenssituationen vorbereitet.

Stiftung kultureller Kohärenz

Es soll eine Verständigung zwischen Generationen möglich bleiben. So möchten Eltern die Mathematik der ersten Schuljahre verstehen und ihren Kindern helfen können. Die von vielen als überstürzt erlebte Einführung der Mengenlehre in den 70er Jahren in der Grundschule kann in dieser Hinsicht als unglücklich angesehen werden.

Zudem sollen sich die Jugendlichen als Teil einer gewachsenen Kultur begreifen. Bezogen auf den Mathematikunterricht bedeutet dies, die Universalität der Mathematik, also die zentralen Ideen der Mathematik zu erfahren. (Idee der Zahl, Idee des Messens, Idee des räumlichen Strukturierens, Idee des funktionalen Zusammenhangs, Idee des Algorithmus, Idee des mathematischen Modellierens).

Anleiten zum kritischen Vernunftgebrauch

Der Umgang mit vernünftigem Argumentieren, Begründen und Anzweifeln soll erfahrbar gemacht werden. Mathematik führt dabei nicht von selbst zu einer Verbesserung der allgemeinen Denkfähigkeit. Aber mithilfe geeigneter mathematischer Inhalte ist eine Förderung der allgemeinen Denkfähigkeit möglich. Solche Inhalte sollten möglichst lebensnützlich sein, exemplarisch für Mathematik als kulturelle Errungenschaft sein und möglichst viel Gelegenheit zur Modellierung und Variation geben. Für den Unterricht kann dies Lebendigkeit bedeuten in Form von kooperativer Arbeit, praktischer Arbeit und spielerischem Problemlösen.

Einübung von Verständigung und Kooperation

Verständigung und Kooperation sind unverzichtbar. Verständigung bedeutet dabei interaktives Verhalten und das Gewinnen von Einsicht in fremde Standpunkte. Kooperation ist die Arbeit auf ein gemeinsames Ziel hin. Beides kann zum Beispiel durch entsprechende projektorientierte Einheiten im Unterricht oder durch gut organisierten Schüleraustausch gelingen.

Stärkung des Schüler-Ichs

Auch (oder gerade) im Mathematikunterricht soll das Selbstbewusstsein der Schüler gestärkt und eine personale Identität entwickelt werden. Denn Mathematik ist das einzige Fach, in dem es nur auf das Einhalten von Vereinbarungen ankommt, so dass jeder Schüler für sich selbst entscheiden kann, ob er eine mathematische Aufgabe richtig oder falsch gelöst hat, je nachdem, ob er die mathematischen Vereinbarungen eingehalten hat oder nicht. Durch diesen Vereinbarungscharakter der Mathematik erweist sich außerdem, dass man sich mit anderen – und gewiss auch mit sich selbst – dann optimal verständigen und verstehen kann, wenn man Vereinbarungen strikt einhält. Mathematik ist darum prinzipiell das einfachste Fach an unseren Schulen. Diese schlichte Einsicht wird jedoch durch den Hochmut vieler Mathematiker verstellt, so dass das Fach Mathematik ungerechtfertigterweise traditionell als besonders schwierig angesehen wird, wodurch der Mathematikunterricht in überwiegendem Maße zur Schwächung des Selbstbewusstseins der Schüler beiträgt.

Diesem Umstand kann durch das Bewusstmachen des Vereinbarungscharakters der Mathematik und der Gewährung von Freiräumen zu persönlicher Entfaltung und der Sicherung des gegenseitigen Respekts begegnet werden. Dazu zählt zum Beispiel die Unterrichtskultur, unfertige Gedanken aussprechen und Fragen stellen zu dürfen, sowie auf unterschiedlichen Niveaus zu reflektieren. Durch den häufigen Einsatz von Aufgaben, deren Lösungsweg noch nicht vorgestellt wurde, kann das Finden von individuellen Lösungsansätzen gefördert werden und mithin die Selbstsicherheit im Umgang mit den Vereinbarungen der Mathematik.

Weiterführende Information

Mathematik-Didaktiker

Lehrpläne

Fachdidaktik-Lehrbücher

  • Heinz Jörg Claus: Einführung in die Didaktik der Mathematik. Wiss. Buchges. Darmstadt.
  • Lutz Führer: Pädagogik des Mathematikunterrichts. Vieweg 1997.
  • Gaidoschik, Michael: Rechenschwäche – Dyskalkulie. Eine unterrichtspraktische Einführung für LehrerInnen und Eltern. Wien 2002, öbv&hpt VerlagsgmbH&Co.KG, ISBN 3-209-03858-9.
  • Hans-Dieter Gerster, Rita Schultz: Schwierigkeiten beim Erwerb mathematischer Konzepte im Anfangsunterricht. Bericht zum Forschungsprojekt: Rechenschwäche – Erkennen, Beheben, Vorbeugen. PH-Freiburg, Freiburg im Breisgau 2000 Pädagogische Hochschule Freiburg: Abstract und kostenloser Volltext-Download.
  • Herbert P. Ginsburg, Susan F. Jacobs, Luz Stella Lopez: The Teacher’s Guide to Flexible Interviewing in the Classroom. Learning what Children know about Math. Allyn&Bacon, Needham Heights 1998, ISBN 0-205-26567-7.
  • Hans Werner Heymann: Allgemeinbildung und Mathematik. Belz-Verlag, Weinheim, 1996.
  • Krauthausen, G. und Scherer, P.(2003): Einführung in die Mathematikdidaktik. Heidelberg und Berlin: Spektrum Akademischer Verlag
  • Timo Leuders (Hrsg.): Mathematik-Didaktik. Cornelsen Scriptor, Berlin 2003.
  • Walther Lietzmann (1880–1959), Methodik des mathematischen Unterrichts, 2 Auflagen zwischen ca. 1916 und 1926, Neubearbeitung mit neuer Auflagenzählung 1951, posthum fortgeführt von Richard Stender (3. Auflage 1961), Horst Jahner (1968), H. Jahner und Dietrich Pohlmann (5. Auflage 1978). Zuletzt unverändert nachgedruckt (6. Auflage 1985).
  • Jens Holger Lorenz: Lernschwache Rechner fördern. Ursachen der Rechenschwäche. Frühhinweise auf Rechenschwäche. Diagnostisches Vorgehen. Lehrer-Bücherei: Grundschule, Cornelsen-Scriptor Berlin 2003, ISBN 3-589-05072-1 Rezension
  • Uwe-Peter Tietze, Manfred Klika, Hans Wolpers (Hrsg.): Mathematikunterricht in der Sekundarstufe II. 3 Bände (2000–2002).
  • Hans-Joachim Vollrath: Grundlagen des Mathematikunterrichts in der Sekundarstufe (2001)
  • Erich C. Wittmann: Grundfragen des Mathematikunterrichts. Vieweg immerfort
  • Friedrich Zech, Grundkurs Mathematikdidaktik. Theoretische und praktische Anleitungen für das Lehren und Lernen von Mathematik. Weinheim und Basel: Beltz (1977). 10. Auflage (2002).
  • Hans-Joachim Vollrath, Hans-Georg Weigand: Algebra in der Sekundarstufe 3.A., Elsevier – Spektrum Akademischer Verlag (2006), ISBN 3-8274-1803-8. Sehr interessante Website: http://www.schulalgebra.de/.
  • H. Schinköthe: Mengen und Längen, Volxheim (RESI) 2000, ISBN 3-8311-0701-7, (altbewährtes didaktisches Lehrbuch, ursprünglich für KindergärtnerInnen konzipiert)
  • Friedhelm Padberg: Didaktik der Arithmetik für Lehrerausbildung und Fortbildung (2007³).

Fachzeitschriften

Eher forschungsorientiert:

Eher lehrerorientiert:

Übersicht über Fachzeitschriften zur Mathematikdidaktik mit weiterführenden Links

Fachverbände

Im deutschen Sprachraum:

Anderswo:

Fortbildungsangebote für Lehrer

Neben den staatlichen Fortbildungsangeboten der Lehrerfortbildung zu Fachfragen bzw. methodisch-didaktischen Fragen des Mathematikunterrichts werden Fortbildungen durch sogenannte freie Träger der Lehrerfortbildung angeboten.

Als freier Träger ist bundesweit das Projekt „Teachers Teaching with Technology Deutschland“ (kurz: T³ Deutschland) tätig (siehe www.t3deutschland.de)

Weblinks


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