Schuhcreme

Schuhcreme
Schuhcreme-Dose

Schuhcreme ist ein wachshaltiges, salben-, pasten- oder gelartiges Gemisch zur Pflege von Schuhschäften aus Glattleder. Chemisch handelt es sich, wie bei vielen Cremes, um eine Dispersion beziehungsweise Suspension. Schuhcremes zählen zu den oberflächenwirksamen Schuhpflegemitteln. Vorläufer der Schuhcreme war bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Schuhwichse.

Für die Mainzer Wachswarenfabrik Werner & Mertz entwickelte der Chemiker Philipp Adam Schneider die erste moderne Schuhcreme der Welt (Erdal), für die mit Wirkung ab dem Jahr 1901 ein Patent in Deutschland erteilt wurde. Sie löste die Schuhwichse ab.[1]

Inhaltsverzeichnis

Differenzierungen

Beispiele lösungsmittelfreier Schuhcremes verschiedener Hersteller

Schuhcreme ist der Sammelbegriff für verschiedene cremeartige Schuhpflegemittel. Deren grundlegende Unterschiede sind historisch auf die wirtschaftlichen Erfordernisse der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurückzuführen, als die Hersteller die damals knappen Rohstoffe der verwendeten Lösungsmittel durch Wasser zu ersetzen suchten.

Grundtypen

In erster Linie werden zwei verschiedene Arten von Schuhcreme unterschieden:

  • Hartwachscreme
  • Emulsionscremes

Die Emulsionen differenziert man weiter in

  • Wasseremulsionscreme (Lösungsmittel Wasser)
  • Mischemulsionscreme (enthält sowohl Wasser als auch organische Lösungsmittel).

Praktische Unterscheidungskriterien

Ein äußeres Unterscheidungsmerkmal der beiden Hauptgruppen Hartwachs- und Emulsionscremes ist ihre Konsistenz: Die Hartwachscremes sind wesentlich härter als die weichen Emulsionscremes, die im Fall von so genannter Ledermilch sogar von flüssiger Konsistenz sein können. Die Konsistenz bedingt auch unterschiedliche Verpackungen: Hartwachscremes werden immer in flachen Blechdosen angeboten; Emulsionsware dagegen in Tuben, Tiegeln oder flachen, den Blechdosen ähnlich geformten Kunststoffbehältnissen (Eisenblech würde aufgrund des Wassergehalts der Emulsionen rosten). Ledermilch wird in Kunststoffflaschen angeboten.

Eine Unterscheidung zwischen Mischemulsionen und Wasseremulsionen ist für den Endverbraucher nicht ohne weiteres möglich. Am eindeutigsten ist noch der Hinweis der Lösungsmittelfreiheit auf der Verpackung der Wasseremulsionscremes. Erfahrene Anwender können aufgrund unterschiedlich stark ausgeprägter Wirksamkeit und anderer Anwendungmerkmale (z. B. Dosierbarkeit) die beiden Emulsionscremetypen unterscheiden. Wasseremulsionen dominieren heutzutage in Europa den Markt der Schuhcremes. Da die Mischemulsionscremes im Gesamtangebot der Cremes die seltenen Ausnahmen sind, erkennen Fachleute sie bereits an ihrem Markennamen.

Bestandteile

Hauptwirkbestandteile sind die in den Mitteln enthaltenen Wachskompositionen aus harten und weichen Wachsen. Die Wachse sorgen für die Wasser abstoßende Wirkung der Creme, den Glanz und – im Fall von harten Wachsen (speziell Karnaubawachs, dem härtesten natürlich vorkommenden Wachs) auch für die Schutzwirkung der Creme. Ferner sind Öle beziehungsweise Fette (umgangssprachlich die "Nahrung" des Leders) enthalten. Das gilt für alle Cremetypen. Daneben werden noch geringe Mengen (weniger als 1 Prozent) Farbstoffe bzw. Pigmente (beides zur Farbauffrischung) und als größter Anteil (mehr als die Hälfte) Löse- bzw. Verdünnungsmittel (Testbenzine, Terpentinöl u. a., bei Emulsionscremes grundsätzlich auch Wasser) hinzugefügt, damit die einzelnen Bestandteile sich gleichmäßig in der Creme verteilen, eine gebrauchsfertige Konsistenz der Salbe erreicht wird und diese besser in die Lederoberfläche eindringen kann. Emulsionscremes erfordern zusätzlich Emulgatoren (daher auch die Bezeichnung), damit sich die normalerweise mit Wasser nicht vermischbaren Wachse und Fette in der Creme fein verteilen.

Zusatzstoffe oder einzelne Bestandteile, die von der Werbung häufig hervorgehoben werden, sind für eine Feinanpassung der Creme gedacht, und sagen nichts über die Qualität der Creme aus. Bienenwachs beispielsweise sorgt für einen als angenehm empfundenen Geruch und als weiches Wachs für eine gute Elastizität des Wachsfilms. Paraffin hilft bei der Einstellung der Konsistenz und Silikonöle erleichtern die Phase des Anpolierens.

Speziell Wasseremulsionscremes erfordern eine Vielzahl weiterer Inhaltsstoffe, die für die lederpflegende Wirkung überflüssig sind. So unterbinden beispielsweise die darin enthaltenen Konservierungsmittel ein Schimmeln der Creme und andere Zusatzstoffe verstärken die Kälteresistenz (wichtig für den Transport) etc.

Funktionsweise und Wirkung

Beim Aufbringen einer Schuhcreme geschieht folgendes:

  1. An der Oberfläche haften die Wachsteilchen schuppenartig an und rufen ein mattes Aussehen hervor. Die Wachse sorgen für den wasserabstoßenden Effekt (Imprägnierwirkung) und die Schutzwirkung (siehe unten).
  2. Wenn man einmal von den Wasseremulsionscremes absieht, sorgen die Lösemittel beim Cremeauftrag mittels Tuch für eine zusätzliche Reinigung, indem sie die – nach der unerlässlichen Vorreinigung – noch verbliebenen Verschmutzungen entfernen können, und dabei die verbrauchten, mit mikroskopischen Schmutzteilchen durchsetzten Cremereste des vorausgegangenen Cremeauftrags, lösen. Des Weiteren transportieren die Lösemittel die in der Creme enthaltenen Öle und Fette etwas in die oberste Lederschicht hinein und bei Emulsionscremes auch die öllöslichen Farbstoffe (die Farbpigmente der Hartwachscremes bleiben auf der Lederoberfläche).
  3. Nach dem Verdunsten der Lösemittel sind die Öle und Fette ein paar zehntel Millimeter tief in das Leder eingezogen und ersetzen zuvor eventuell aus der obersten Lederschicht ausgewaschene Fettungsstoffe. Die Lipidmoleküle legen sich zwischen die einzelnen Lederfasern sodass diese gegeneinander verschiebbar bleiben und erhalten so die Geschmeidigkeit des Leders. Die Farbstoffe haben für eine Auffrischung des Farbeindrucks gesorgt und an der Oberfläche verbleiben die noch stumpf aussehenden Wachse.
  4. Wird die Wachsschicht poliert, schmelzen die einzelnen Wachsplättchen durch die bei der Politur punktuell entstehende Hitze und es entsteht eine stärker geschlossene und vor allem sehr glatte Oberfläche. An dieser haftet neuerlicher Schmutz nicht so leicht an und das auftreffende Licht wird in einer Weise reflektiert, dass ein Glanzeindruck hervorgerufen wird. Zugleich entsteht dabei ein hauchdünner, mit dem bloßen Auge nicht sichtbarer Schutzfilm auf der Lederoberfläche.

Unterschiedliche Pflegeergebnisse verschiedener Cremetypen

Dieser Schutzfilm ist entscheidend für die Pflegewirksamkeit einer Schuhcreme: Er muss gut am Leder haften (= Dauerhaftigkeit der Pflege, kein Abfärben) und sehr elastisch sein (wirksame Imprägnierung; kein Graubruch in den Gehfalten), gleichzeitig aber möglichst oberflächenhart sein, um als chemische und mechanische Barriere das Leder bestmöglich gegen Auswaschung von Fetten und Gerbstoffen (= Veränderung und Schwächung) und Verletzungen (= Oberflächenbeschädigung) zu schützen.

Im Gegensatz zu den weicheren Wachsen der Emulsionscreme sorgt der Carnaubawachsanteil einer Hartwachscreme für einen länger andauernden Schutz: Der Film widersteht Reibung und Stößen besonders gut und schützt somit das Leder besser vor mechanischen Beschädigungen. Auch hält die Glanzwirkung länger an und kann – ohne zwingenden Neuauftrag der Creme – mehrfach aufpoliert werden (Sparsamkeit, Schnellpflege). Im Zusammenspiel mit den in Hartwachscremes verwendeten rein organischen Lösungsmitteln, bewirkt dies zugleich eine länger anhaltende Wasser abweisende Wirkung.

Emulsionscremes bieten im Vergleich zu den Hartwachscremes aufgrund der neben den Pigmentfarben zusätzlich vorhandenen öllöslichen Farbstoffe eine größere Auswahl unterschiedlicher Farben und eine etwas stärkere Farbwirkung. Die Glanzwirkung von Emulsionscremes wirkt seidiger, die von Hartwachscremes spiegelnder.

Wasseremulsionen sind merkbar eingeschränkter in ihren positiven Wirkungen im Vergleich zu Mischemulsionen und Hartwachscremes. Die Schutzwirkungen einer Wasseremulsionscreme sind insgesamt weniger ausgeprägt und von kürzerer Dauer. Von Lederfachleuten wird immer wieder betont, dass eine Wassercreme keine empfehlenswerte Lederpflege darstellt. Sie erzeugt vielmehr nur kurzfristige und rein optische Effekte, jedoch keine nachhaltige Pflegewirkung.

Grenzen der Anwendung

Als oberflächenwirksames Pflegemittel ist die Schutzwirkung das wichtigste Qualitätsmerkmal einer Schuhcreme. Die im täglichen Gebrauch von Schuhen unvermeidlichen ständigen mechanischen Belastungen der Lederoberfläche durch Gehbewegungen, Zug, Druck und Reibung greifen diese Oberfläche dauernd an. Ist der durch die Creme bewirkte Schutzfilm beschädigt, ist das darunter liegende, ungeschützte Leder betroffen. Deshalb sind regelmäßige Pflegeintervalle erforderlich, um den Schutzfilm zu erneuern und chemische oder mechanische Schäden des Leders zu verhindern. Hartwachscremes bieten die effektivste Schutzwirkung und ermöglichen die längsten Pflegeintervalle.

Die beschriebene Wirkungsweise der Cremes und die Belastungen im Alltagsgebrauch erklären, weshalb eine zu dick aufgetragene Cremeschicht lediglich Nachteile, aber keine Vorteile bietet. Auch behindert ein zu starker Cremeauftrag die Wasserdampfdurchlässigkeit („Atmungsaktivität“) des Leders und hat negative Auswirkungen auf das Schuhklima. Schuhcreme – regelmäßig und sehr dünn aufgetragen – schützt hingegen die werksseitige Zurichtung der Lederoberfläche und sorgt für den Erhalt der Eigenschaften des Schuhoberleders, die für den Tragekomfort und die Haltbarkeit der Schuhe wichtig sind. Insofern werden sowohl die Optik, als auch Faktoren wie die Atmungsaktivität, Elastizität, Dehnbarkeit und Flexibilität des Leders, durch qualitativ gute Schuhcreme erhalten und positiv beeinflusst.

Schuhcremes eignen sich nicht zur Pflege von Rauleder (Velours, Nubuk), weil dessen Oberfläche durch das Wachs der Creme optisch und haptisch verändert (speckig und fleckig) wird. Stark belastete Schuhschäfte, wie beispielsweise die von Arbeitsstiefeln oder Bergschuhen, werden durch Schuhcreme unter Umständen nicht ausreichend geschützt und gepflegt. Für diese häufig stärkeren und pflanzlich gegerbten Oberleder gibt es deshalb spezielle Pflegemittel.

Ein verhärtetes, sprödes Leder lässt sich mittels Schuhcreme, egal welchen Typs, nur ungenügend wieder geschmeidig bekommen. Vorausgesetzt es mangelt dem Leder nicht an Feuchte (zu trockenes Leder ist hart und spröde), vermag nur der Einsatz von tiefenwirksamen Pflegemitteln (Lederöl, Lederfett) die verloren gegangene Geschmeidigkeit wieder herzustellen. Deren Einsatz ist in solchen Fällen dem Fachmann vorbehalten, wenn unerwünschte Nebenwirkungen (dauermatte Oberflächen, lappiges Leder, mangelhafte Passform, auf die Strümpfe durchschlagendes Fett usw.) ausgeschlossen werden sollen.

Die Haltbarkeit von Schuhcreme beträgt mehrere Jahre. Flüchtige Lösemittel führen im Laufe der Zeit – besonders bei den Hartwachscremes mit ihrer vergleichsweise großen Verdunstungsoberfläche – zu einem langsam fortschreitenden Verhärten der Creme und zu einem Schrumpfen ihres Volumens (Klappern in der Dose). Wird die Creme härter, gestaltet sich ihre Anwendung zunehmend schwierig. Die optimale Aufbewahrungstemperatur liegt etwa bei 15–20  °C.

Begriffsverwirrungen

Die für Schuhcreme verwendeten Bezeichnungen sind oft mehrdeutig. Allein der Begriff Schuhcreme sagt nichts darüber aus, ob damit im Einzelfall eine Hartwachscreme oder eine Emulsionscreme gemeint ist. Emulsionscreme ist ebenfalls ungenau, weil damit keine Aussage über deren grundsätzliche Zusammensetzung getroffen wird. Zwischen Wasseremulsionscremes und Mischemulsionscremes liegen sowohl hinsichtlich der Inhaltsstoffe, als auch für die praktische Anwendung große Unterschiede.

Hinzu kommen viele handelsübliche und synonym gebrauchte Bezeichnungen:

  • Hartwachscreme = Dosencreme, Wachspaste, Hartwachspaste, Glanzwachs, Terpentinölcreme, Wachs-Terpentin-Paste, Dosenware, Ölware
  • Emulsionscreme = Tubencreme, Tubenware, Emulsion
    • Wasseremulsionscreme = Wassercreme, Wasserware, lösemittelfreie Creme
    • Mischemulsionscreme = Mischcreme, Mischware

Oft mit dem gesundheitsschädlichen Terpentin verwechselt, wird das in Dosen- und Mischcremes einiger Hersteller als Lösemittel eingesetzte Terpentinöl. Die Verwendung von Terpentinöl als Bestandteil einer Schuhcreme ist sogar ein Qualitätsmerkmal; es ist vornehmlich in den höherpreisigen Dosencremes enthalten. Dem entgegen steht Terpentin, das stark fettlösend ist und sich für Lederpflegemittel nicht eignet.

Literatur

Helge Sternke: Alles über Herrenschuhe. Nicolai Verlag, Berlin, 2006, 560 S., 450 Abb., ISBN 3-89479-252-3 (Mit ausführlicher Darstellung der Zusammensetzung und Wirkweise verschiedener Schuhcremetypen, sowie deren historische Entwicklung.)

Weblinks

 Commons: Schuhcreme – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. ABC der Deutschen Erfindungen. Reportage von Dorothee Ott und Kristine von Soden. Hessischer Rundfunk, 23. Dezember 2010

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