Scholastische Methode

Scholastische Methode

Als scholastische Methode bezeichnet man eine im Schulbetrieb der Scholastik praktizierte Lehrform sowie die ihr entsprechende Form der schriftlichen Klärung wissenschaftlicher Fragen. In ihren Grundzügen wurde die scholastische Methode von Pierre Abaelard ausgearbeitet.

Die Grundelemente der Methode als Lehrform sind

  • die "Lesung" (lectio) eines Textes und seine Kommentierung anhand von Texten der Autoritäten (bei theologischen Fragen insbesondere der Bibel und der Kirchenväter)
  • das Streitgespräch zur Klärung strittiger Fragen, insbesondere unter Anwendung des syllogistischen Schlussverfahrens (siehe Syllogismus)

Die Vorgehensweise ist gekennzeichnet durch Gegenüberstellung der Argumente für und wider eine bestimmte These nach der Art des pro et contra (Für und Wider) und sic et non (Ja und Nein). Eine Darstellung nach der Art der scholastischen Methode gliedert sich in

  1. die Fragen (quaestiones) als Ausgangspunkt
  2. die Ausführung der Meinungen der Autoritäten (sententiae auctorum)
  3. die Aufzählung der Einwände und gegebenenfalls der ihnen widersprechenden Äußerungen von Autoritäten
  4. die Beantwortung der Fragen auf Grund logischer Schlüsse sowie gegebenenfalls der Meinungen der Autoritäten, d.h. die "Lösung" des Problems (solutio)

Da in der Regel versucht wurde, scheinbare oder tatsächliche Widersprüche zwischen den Autoritäten durch nähere Bestimmung des jeweils Gemeinten zu klären und aufzulösen, wurde die scholastische Vorgehensweise auch als Konkordanz (concordantia catholica) bezeichnet, d.h. eine Methode des Ausgleichs bzw. der Versöhnung von scheinbar Gegensätzlichem.

In ihren Grundzügen wurde die scholastische Methode nicht nur im Mittelalter, sondern auch in der neuzeitlichen Neuscholastik angewandt.

In der Scholastik wurde angestrebt, das gesamte überlieferte und neu hinzugekommene Wissen möglichst widerspruchsfrei in ein allumfassendes System (summa) einzubauen, dessen Grundlage, soweit es um theologische oder die Theologie berührende Fragen ging, die kirchlichen Dogmen waren.

Kritik

Dass diese Methode kein Verfahren der vorurteilslosen Wahrheitsfindung gewesen sei, sondern der bloßen Bestätigung bereits vorhandener Überzeugungen gedient habe, wird kritisch gegen die scholastische Methode eingewandt.

Literatur

  • Martin Grabmann: Die Geschichte der scholastischen Methode. Teil 1: Die scholastische Methode von ihren ersten Anfängen in der Väterliteratur bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts, Berlin: Akad.-Verl. 1988, ISBN 3-05-000593-9
  • Martin Grabmann: Die Geschichte der scholastischen Methode. Teil 2: Die scholastische Methode im 12. und beginnenden 13. Jahrhundert, Berlin: Akad.-Verl. 1988, ISBN 3-05-000594-7

Siehe auch

Thomas von Aquin, Philosophie des Mittelalters


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