Schnittentbindung

Schnittentbindung

Bei der Schnittentbindung, Kaiserschnitt oder Sectio caesarea (von lat. sectio „Schnitt“ und caesarea „kaiserlich“) wird der Fetus auf operativem Wege aus der Gebärmutter der Mutter geholt. Dazu wird ein Unterbauch-Querschnitt an der Schamhaargrenze (Pfannenstielschnitt nach Johannes Pfannenstiel) vorgenommen, oder, in deutschsprachigen Ländern seltener, ein Schnitt vom Bauchnabel entlang der Linea alba zur Schambeinfuge (Längslaparotomie).

Wurde diese Operation früher fast ausschließlich aus medizinischen Gründen durchgeführt, so wird der Kaiserschnitt heutzutage oft auch auf Wunsch der werdenden Mutter angewandt („Wunschkaiserschnitt“; siehe dort für Vor- und Nachteile gegenüber einer vaginalen Geburt). Etwa jedes dritte Kind wird in Deutschland per Kaiserschnitt entbunden, anstatt durch den Geburtskanal.[1]

Kaiserschnitt

Inhaltsverzeichnis

Primärer und sekundärer Kaiserschnitt

Generell unterscheidet man zwischen einem primären Kaiserschnitt und einem sekundären Kaiserschnitt. Hierfür gibt es jedoch mehrere Definitionsvarianten: eine medizinische und die durch Kodierrichtlinien vorgegebene Version.

Medizinische Definitionen

  • Ein primärer Kaiserschnitt ist im Rahmen des Geburtsmodus geplant und die Geburt hat noch nicht begonnen, das heißt es gab weder einen Blasensprung noch haben muttermundswirksame Wehen eingesetzt. Er beinhaltet auch den Wunschkaiserschnitt. Es gibt absolute (unbedingt nötig) und relative (situationsabhängig) Indikationen für einen primären Kaiserschnitt; absolute Indikationen sind zum Beispiel: eine regelwidrige Lage des Kindes (z. B. Querlage), Lebensgefahr für Mutter und/oder Kind (z. B. ein Gebärmutterriss), spezielle Vorerkrankungen der Mutter (z. B. schwere Wirbelsäulenverletzungen, HIV) oder des Kindes (z. B. Bauchdeckendefekte); zu den relativen Indikationen zählen unter anderem: Verdacht auf ein Missverhältnis zwischen kindlicher Größe und mütterlichem Becken, der Zustand nach einem Kaiserschnitt und die Beckenendlage (die eine regelrechte Längslage des Kindes ist und ganz normal vaginal geboren werden kann).
Entwickeln des Kindes
  • Von einem sekundären Kaiserschnitt spricht man, wenn die Geburt bereits begonnen hat, das heißt wenn die Fruchtblase gesprungen ist oder es zu muttermundswirksamen Wehen kommt, unabhängig vom Schwangerschaftsalter und davon, ob man die Geburt noch aufhalten will, zum Beispiel um eine zu frühe Frühgeburt zu vermeiden. Der sekundäre Kaiserschnitt beinhaltet deshalb auch die meisten mütterlichen und kindlichen Komplikationen, die unter der Geburt auftreten können und dazu führen, dass die Geburt nicht mehr gefahrlos fortgeführt werden kann. Indikationen für einen sekundären Kaiserschnitt sind zum Beispiel: Geburtsstillstand auf Grund einer mangelnden Drehung des kindlichen Kopfes, kindliche Herztonveränderungen, das Auftreten eines schwangerschaftsinduzierten Hypertonus oder Kindslagen, die die Geburt schwierig bis unmöglich machen, wie beispielsweise die Gesichtslage.

Ein Notkaiserschnitt kann grundsätzlich primär und sekundär erfolgen. Der Ausdruck bezieht sich lediglich auf die Dringlichkeit und damit auf die Gefahr, die für Mutter und/oder Kind bestehen. Gründe für einen Notkaiserschnitt sind zum Beispiel eine vorzeitige Plazentalösung, Gebärmutterriss, Eklampsie, manifestes HELLP-Syndrom, anhaltender kindlicher Herztonabfall.

Definitionen nach Kodierrichtlinien

Nach den deutschen Kodierrichtlinien (2011) und nach Definition des aktuellen OPS (2011) gelten seit einigen Jahren andere Kriterien zur Definition eines sekundären oder primären Kaiserschnittes. Es ergeben sich hierbei Unterschiede zur medizinischen Definition, die kodierungs- und abrechnungsrelevant sind. (Kodierrichtlinie 1525j Primärer und sekundärer Kaiserschnitt)

  • Ein primärer Kaiserschnitt ist definiert als ein Kaiserschnitt, der als geplante Prozedur vor oder nach dem Einsetzen der Wehen durchgeführt wird; die Entscheidung zur Sectio wird dabei vor Einsetzen der Wehen getroffen.
  • Ein sekundärer Kaiserschnitt (inkl. Notfallkaiserschnitt) wird definiert als ein Kaiserschnitt, der aufgrund einer Notfallsituation oder des Geburtsverlaufs aus mütterlicher oder kindlicher Indikation (z. B. HELLP-Syndrom, Geburtsstillstand, fetaler Disstress) erforderlich war, auch wenn dieser primär geplant war.

Anästhesieverfahren

Der Kaiserschnitt kann unter rückenmarksnaher Regionalanästhesie (Periduralanästhesie oder Spinalanästhesie) oder auch unter Allgemeinanästhesie (Narkose) vorgenommen werden. Die Wahl des Anästhesieverfahrens hängt insbesondere auch von der Planbarkeit des Kaiserschnitts und der psychischen Belastbarkeit der Patientin ab. Rein durch die Anästhesie bedingte mütterliche Todesfälle sind bei Regional- und Allgemeinanästhesie für den Kaiserschnitt heutzutage extrem selten, jedoch nach heute zur Verfügung stehenden Daten bei der Narkose häufiger als bei der Regionalanästhesie[2]. Bestimmte Vorerkrankungen der Patientin können auch eine Regionalanästhesie verbieten (zum Beispiel bestimmte Herzerkrankungen, Gerinnungstörungen, Wirbelsäulendeformationen). Ist der Kaiserschnitt geplant, so erfolgt in den meisten Fällen eine Spinalanästhesie oder Periduralanästhesie; Letztere insbesondere dann, wenn zur geburtshilflichen Schmerztherapie bereits ein Periduralkatheter gelegt worden ist. In diesem Fall kann der Vater in der Regel mit in den Operationssaal; die Mutter kann ihr Kind unmittelbar nach der Entbindung sehen. Fällt die Entscheidung für einen Kaiserschnitt dagegen kurzfristig (Notsectio), etwa in Folge auftretender Komplikationen bei der natürlichen Geburt, so wird häufiger eine Narkose durchgeführt. Häufig wird auch eine Regionalanästhesie durchgeführt.[3]

Risiken, Nebenwirkungen, Spätfolgen

Allgemeine Komplikationen und Nebenwirkungen:

  • Verletzungen und Schädigungen benachbarter Organe oder Strukturen, in den meisten Fällen der Harnblase, aber auch der Harnleiter, des Darms, der Nerven (Folge z. B. Taubheitsgefühl) oder größerer Blutgefäße.
  • Großer Blutverlust durch eine sogenannte Atonie (unzureichende Kontraktion der Gebärmutter), der zu der Gabe von Bluttransfusionen führen kann (minimales Risiko auf eine Hepatitis- und HIV-Infektion) oder sogar zu einer Gebärmutterentfernung.
  • Wundheilungsstörungen; Infektionen; Verwachsungen; Darmlähmung; Darmverschluss; Fistelbildung (Verbindungsgang) zwischen Harnwegen/Darm und Scheide/Gebärmutter.
  • Harnblasenentzündungen und Blasenentleerungsstörungen durch den für die Operation notwendigen Blasenkatheter
  • Narbenbrüche; Narbenwucherungen; Bewegungseinschränkungen durch Narbenschrumpfung
  • Thrombosenbildung; Embolie

Risiken für das Kind:

  • Verletzungen während der Operation und Entwicklung des Kindes, wie Schürfungen, Schnitte und Brüche sind selten aber möglich, ebenso Marken von Saugglocke oder Zange, die manchmal noch zur Entwicklung des Kindes verwendet werden.
  • Anfangs unnatürliche Darmflora (spontan-entbundene Kinder erhalten die Darmflora ihrer Mutter durch das unwillkürliche Schlucken der Vaginalflüssigkeit)[4]
  • Anpassungsstörungen und Schläfrigkeit können eine weitere Behandlung notwendig machen.
  • Stillprobleme und Bindungsstörungen zwischen Mutter und Kind sind häufiger bei Kaiserschnittkindern z. B. im Falle einer ungenügenden Bondingphase nach dem Eingriff

Spätfolgen:

  • Narbenendometriose - Durch Verschleppung von Gebärmutterschleimhaut in den operativen Zugangsweg kann es zur Narbenendometriose in der Bauchwand kommen. Die dabei auftretenden chronischen zyklusabhängigen Schmerzen sind oft schwer zu diagnostizieren. Die Therapie kann eine aufwendige operative Sanierung notwendig machen. [5] Die Häufigkeit nach einem Kaiserschnitt wird mit 0,03 bis 0,1 % angegeben.[6]
  • Risiko eines Gebärmutterrisses bei einer Folgeschwangerschaft, besonders an der Narbe ist erhöht.
  • Fehllage oder Verwachsungen des Mutterkuchens bei einer Folgeschwangerschaft (mit Risiko einer erhöhten Blutungsneigung)
  • Risiko einer Totgeburt bei der folgenden Schwangerschaft ist erhöht.
  • Psychische Probleme - auch auf die Paarbeziehung [7]

Stillen

Stillen ist nach einem Kaiserschnitt genauso möglich wie nach einer natürlichen Geburt; meist dauert es allerdings etwa einen Tag länger, bis die Milch kommt. Das gesunde Kind hat für diese Zeit normalerweise genügend eigene Reserven, muss also nicht zugefüttert werden. Ein frühes Bonding (durch möglichst frühen Hautkontakt zwischen Mutter und Kind) fördert eine gute Stillbeziehung. Nach einem Kaiserschnitt braucht man oft viel mehr Stillhilfe. Jede Frau in Deutschland hat nach der Geburt ihres Kindes acht Wochen Recht auf den anfangs täglichen Besuch einer Hebamme bei sich zu Hause. Bei Stillproblemen kann die Hebamme auch darüber hinaus Hilfe leisten. Stillfreundliche Schmerzmittel sind in den Tagen nach der Geburt oft unerlässlich wegen der Bauchwunde. Gynäkologen dürfen Haushaltshilfe für die schwierigere Anfangszeit verschreiben.

„Sanfter“ Kaiserschnitt

Moderne, schonendere Operationsverfahren wie die Misgav-Ladach-Methode haben die Liegezeit im Krankenhaus auf wenige Tage verkürzt. Bei dieser Methode wird das Schneiden des Muskelgewebes stark reduziert. Stattdessen werden die Bauchdecke und die Gebärmutter durch Dehnen und Reißen des Gewebes so weit geöffnet, dass das Kind entnommen werden kann. Es hat sich gezeigt, dass die so entstandene Operationswunde schneller und komplikationsärmer heilt als die aus der herkömmlichen Operationstechnik resultierende Wunde.[8]

Statistische Entwicklung und Gründe

Die Häufigkeit von Kaiserschnittgeburten hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Im Jahr 2005 gab es in Deutschland 183.346 Kaiserschnittentbindungen, das entspricht 28 % aller 664.597 Entbindungen. Zum Vergleich: 1995 gab es 131.921 Kaiserschnittentbindungen und damit ein Anteil von 18 %.[9] Es steht zu vermuten, dass dies nicht nur auf medizinische Notwendigkeiten zurückzuführen ist, sondern dass insbesondere die Zahl der Wunschkaiserschnitte stark angestiegen ist. Das erhöhte Risiko von Geburtsschäden lässt Ärzte bei problematischen Schwangerschaften (zum Beispiel großer Kopfumfang, Querlage, Frühgeburtlichkeit, oft auch wegen Beckenendlage) im Zweifelsfall aus haftungsrechtlichen Gründen zunehmend zum Kaiserschnitt tendieren. Als weitere Gründe für die zunehmende Kaiserschnittquote gelten das immer höhere durchschnittliche Geburtsgewicht in den Industriestaaten, das offenbar vorwiegend auf die veränderten Ernährungsgewohnheiten zurückzuführen ist, organisatorische Vorteile (Planbarkeit) und finanzielle Auswirkungen (Arzthonorar). Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit unerkanntem Gestationsdiabetes. Bei einem absehbaren Geburtsgewicht von deutlich über vier Kilogramm wird vorerst versucht die Geburt mit Hormonen einzuleiten, wenn dies nicht gelingt, wird meist ein Kaiserschnitt durchgeführt. Ab einem absehbaren Geburtsgewicht von vier Kilogramm ist der Arzt zur Vermeidung einer Haftung wegen Aufklärungsmangels nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zumindest dann, wenn weitere Risikofaktoren vorliegen, verpflichtet, auf die Möglichkeit der Kaiserschnittgeburt hinzuweisen. Es gibt Hinweise, dass der Kaiserschnitt ein Risikofaktor für das Auftreten von Nahrungsmittelallergien[10] oder Asthma[11] beim Neugeborenen sein könnte.

2009 kamen bundesweit 30,2 Prozent aller Kinder per Kaiserschnitt zur Welt. In Sachsen kommt nur jedes fünfte Kind per Kaiserschnitt zur Welt, in NRW 34,1 % (Aachen 36 %; in Mönchengladbach, Rhein-Kreis Neuss und Kreis Euskirchen nur 22 - 23 %).[12]

Natürliche Geburt nach Kaiserschnitt

Die Auffassungen über die Frage, ob nach einem Kaiserschnitt noch eine natürliche Geburt möglich ist, haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. Dies liegt vor allem daran, dass zum Herausholen des Kindes (in der Fachsprache „Kindsentwicklung“) die Gebärmutter nicht mehr durch einen vertikalen, sondern durch einen horizontalen Schnitt eröffnet wird (quere Uterotomie), was das Risiko eines Gebärmutterrisses bei einer Folgeschwangerschaft und insbesondere bei den mechanischen Belastungen einer natürlichen Geburt deutlich verringert hat, wenn auch das Risiko immer noch deutlich höher ist als bei einer vorangegangenen natürlichen Geburt. Galt vor einigen Jahren noch die Regel „einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt“, so wird es werdenden Müttern nach einem vorangegangenen Kaiserschnitt bei ansonsten unproblematischen Schwangerschaften und Fehlen von Zusatzkriterien wie Narbenschmerzen heute meist freigestellt, ob sie sich einem erneuten Kaiserschnitt unterziehen möchten. In diesem Fall wird meist die alte Narbe wieder eröffnet. Eine derbe, unschön verheilte alte Kaiserschnitt-Narbe wird spindelförmig ausgeschnitten, so dass nur eine Narbe zurückbleibt. Ein wiederholter Kaiserschnitt (sogenannte Re-Sectio) ist für den Operateur meist etwas schwieriger, da wie nach jeder Bauchoperation mit Verwachsungen gerechnet werden muss.

Geschichtliches

Schnittentbindungen sind Operationen, die keinen hohen technologischen Entwicklungsgrad voraussetzen, sie konnten daher prinzipiell auch bereits in frühgeschichtlicher Zeit praktiziert werden. Vereinzelt konnten Ethnologen der Gegenwart solche Operationen auch bei indigenen Völker miterleben. Dessen ungeachtet ist der Kaiserschnitt in der Antike vermutlich nicht praktiziert worden, weder Soranos von Ephesos (um 100 n. Chr.) noch Galen (2. Jh.) oder Mustio (6. Jh.) verzeichnen diese Methode in ihren Lehrbüchern. [13]

Laut dem römischen Schriftsteller Plinius (Naturalis historia 7, 47) leitet sich der Name „Caesar“ daraus her, dass der erste Träger dieses Namens aus dem Mutterleib geschnitten wurde (von lat. „caedere“ = aufschneiden, herausschneiden). Da aus „Caesar“ der Begriff Kaiser entstand, wurde analog aus der sectio caesarea („cäsarischer Schnitt“) der Kaiserschnitt. Im englischen Sprachraum heißt der Eingriff noch heute „Caesarean section“. Dass Julius Caesar selbst durch Kaiserschnitt entbunden worden sei, ist hingegen mit Sicherheit eine Legende, da seine Mutter die Geburt überlebte. Dies kam zur damaligen Zeit praktisch nicht vor und hätte daher Eingang in die Geschichte gefunden.

Spätestens ab dem 6. Jahrhundert aber findet sich im Römischen Recht die Verpflichtung, an einer im Sterben liegenden oder soeben verstorbenen Schwangeren einen Kaiserschnitt vorzunehmen, um möglicherweise das Kind zu retten oder es zumindest getrennt beerdigen zu können [13]:

Dig. XI.8.2: negat lex regia mulierem, quae praegna mortua sit, humari, antequam partus ei excidatur. Qui contra fecerit, spem animantis cum gravida peremisse videtur.
Ein königliches Gesetz verbietet, dass eine Frau, die schwanger verstorben ist, beerdigt werde, bevor die Leibesfrucht aus ihr herausgeschnitten wurde. Wer dem zuwiderhandelt, setzt sich dem Vorwurf aus, ihre Hoffnung auf Überleben mit der Schwangeren getötet zu haben.

Dieses Gesetz wird in den Digesten als „lex regia“, also als Gesetz aus der Königszeit (753–510 v. Chr) bezeichnet und könnte demnach sehr alt sein. Einige Autoren widersprechen dem aber und verstehen es als Gesetz christlicher Herkunft, das – angesichts mangelnder Erwähnung in medizinischen Quellen – auch nur selten angewandt worden sein dürfte. [13]

Fast 700 Jahre später, 1236, findet sich als nächste juristische Erwähnung in einem kirchlichen Statut aus Canterbury die Aufforderung, ein für lebend gehaltenes Kind aus dem Leib der Mutter zu schneiden, wenn diese während des Gebärens sterbe. 1310 auf der Synode in Trier wird dies ausformuliert, zugleich aber explizit befohlen: „Kann man annehmen, dass das Kind im Mutterleib schon gestorben sei, so ist letzterer nicht zu öffnen, […]“. [13]

Im Mittelalter wird der Kaiserschnitt sodann zu einem festen Bestandteil von Helden- und Heiligenviten [13]. Der Heilige Raimund Nonnatus, Patron der Schwangeren, Ammen und Kinder; für eine glückliche Entbindung und gegen Wochenbettfieber, trug seinen Beinamen (lat. non natus = nicht geboren), weil er durch einen Kaiserschnitt zur Welt gekommen sein soll.

Bis in die Neuzeit war der Kaiserschnitt fast immer mit dem Tod der Mutter verbunden. Normalerweise wurde er daher nur an Toten vorgenommen, zum Beispiel um das Kind ordnungsgemäß bestatten zu können. Der erste bekannte erfolgreiche Kaiserschnitt an einer Lebenden wurde im Jahre 1500 in Siegershausen in der Schweiz vom Schweinekastrierer Jacob Nufer vorgenommen. Seine Frau überlebte die Prozedur nicht nur, sondern brachte im nächsten Jahr auf natürlichem Wege Zwillinge zur Welt. In Deutschland erfolgte der erste Kaiserschnitt am 21. April 1610 in Wittenberg durch Jeremias Trautmann. 1769 wurde von Joachim Friedrich Henckel der erste Kaiserschnitt im Verlauf der Linea alba durchgeführt.

Operationsnarbe eines Pfannenstielschnittes, mit chirurgischen Klammern

Am 25. September 1881 wurde von Ferdinand Adolf Kehrer in Meckesheim der erste konservative klassische Kaiserschnitt durchgeführt. Diese Kaiserschnittmethode, bei der die Bauchdecke und die Gebärmutter nicht wie bisher üblich von oben nach unten, sondern quer aufgeschnitten werden und danach die Gebärmutter fest mit dem Bauchfellüberzug vernäht wird, war bahnbrechend und wird in der Modifikation nach Hermann Johannes Pfannenstiel, nach dem diese Technik auch benannt ist, auch heute noch überall angewendet.[14][15] Im Jahre 1895 führte Alfred Dührssen den vaginalen Kaiserschnitt ein.[16]

Dank verbesserter Operationstechniken, der Einführung der Asepsis, Fortschritten in der Anästhesie, Bluttransfusionen und Antibiotika konnte die Müttersterblichkeit beim Kaiserschnitt, die in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts noch bei über 80 % lag, auf 0,04 ‰ (Deutschland 2000 lt. BZgA) gesenkt werden. In den letzten Jahren „konkurriert“ der Kaiserschnitt als Geburtsmodus daher zunehmend mit der natürlichen Geburt (vgl. die Diskussion unter dem Stichwort Wunschkaiserschnitt). In einigen Privatkliniken in Brasilien beispielsweise liegt die Kaiserschnittquote heute bei über 70 %.

Siehe auch

Literatur

  • R. Hartge: Geschichte des Kaiserschnitts. In: Extracta Gynaecologica 8 (1984), S. 431-443
  • Volker Lehmann: Der kayserliche Schnitt : die Geschichte einer Operation, Stuttgart [u.a] : Schattauer, 2006, ISBN 3-7945-2494-2
  • C. Oblasser, U. Ebner, G. Wesp: Der Kaiserschnitt hat kein Gesicht : Fotobuch, Wegweiser und Erfahrungsschatz aus Sicht von Müttern und geburtshilflichen ExpertInnen, Salzburg : edition riedenburg, 2007, ISBN 978-3950235708
  • Mändle/Opitz-Kreuter/Wehling: Das Hebammenbuch, Schattauer 3.Auflage

Weblinks

 Commons: Kaiserschnitt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Der Irrglaube Kaiserschnitt - news.de vom 26. August 2010
  2. Anesthesiology:Volume 86(2)February 1997pp 277-284
  3. Kinsella SM.; A prospective audit of regional anaesthesia failure in 5080 Caesarean sections.; Anaesthesia. 2008 Aug;63(8):822-32. Epub 2008 Jun 28.
  4. Dominguez-Bello MG, Costello EK, Contreras M, et al.: Delivery mode shapes the acquisition and structure of the initial microbiota across multiple body habitats in newborns. In: Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A.. 107, Nr. 26, Juni 2010, S. 11971–5. doi:10.1073/pnas.1002601107. PMID 20566857.
  5. U. Pöhls, A. M. Gassel, T. Steck: Rezidivierende Narbenendometriose nach Sectio. In: gynäkologie + geburtshilfe. Nr. 2, Urban & Vogel, München 2000, S. 42f..
  6. F. Nawroth, D. Foth, T. Schmidt, R. Sudik, Th. Römer: Differenzialdiagnostische Probleme und Therapie der Narbenendometriose Geburtsh Frauenheilk 60 (2000), 496-498, doi:10.1055/s-2000-8031
  7. Thomas Spies; Eine Untersuchung zu den psychologischen Auswirkungen der vaginalen Entbindung versus Sectio Caesarea auf die postpartale Paarbeziehung Dissertation, Philipps-Universität Marburg 1997
  8. Michael Stark: Misgav-Ladach-Sectio - Operationsmethode im Detail. Gynakologie & Geburtshilfe 5 (2010), 27-30, online
  9. Statistisches Bundesamt: Anteil der Entbindungen durch Kaiserschnitt steigt auf fast 30%, Pressemitteilung vom 7. Februar 2007
  10. Eggesbo M., Botten G., Stigum H., Nafstad P. und Magnus P. (2003): Is delivery by cesarean section a risk factor for food allergy? Siehe Abstract online
  11. Tollånes MC et al. Cesarean section and risk of severe childhood asthma: a population-based cohort study. J Pediatr 2008; 153:112–6
  12. rp-online vom 5. Juni 2010
  13. a b c d e Sybilla Flügge:Zur Geschichte des Kaiserschnitts In: Terz, 2000, ISBN 3878770308
  14. Uber die Vortheile des suprasymphysaren Fascienquerschnitts fur die gynakologischen Koliotomien, zugleich ein Beitrag zu der Indikationsstellung der Operationswege. Sammlung Klinischer Vorträge, Gynäkologie (Leipzig), vol.97 pp. 1735-1756, 1900. PMID 4589293
  15. A. Jensen: „Hermann Johannes Pfannenstiel (1862-1909) Zum 80. Todestag. Biographie eines großen deutschen Gynäkologen [On the 80th anniversary of his death. A biography of a famous German gynecologist]“. Geburtshilfe und Frauenheilkunde 50, 326-334, 1990. PMID 2192940
  16. Dührssen, J. A. (1896). Der vaginale Kaiserschnitt. (Nebst Bericht über eine erfolgreiche vaginale Exstirpation des rupturirten Uterus unmittelbar post partum). Berlin: S. Karger.
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