Schloss Kittendorf

Schloss Kittendorf
Schloss Kittendorf

Das Schloss Kittendorf ist ein Herrenhaus in Kittendorf im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern. Erbaut wurde es von 1848 bis 1853. Der Auftraggeber war Hans Friedrich von Oertzen, ein Kammerherr des Großherzogs von Mecklenburg.

Inhaltsverzeichnis

Baubeschreibung

Vorgängerbauten und Nebenanlagen

Nach 1751 wurde ein erstes Herrenhaus auf den Grundmauern eines Vorgängerbaus aus dem 16. Jahrhundert errichtet. Das zweigeschossige Fachwerkgebäude verfügte über ein hohes Walmdach und rückwärtige Flügel. Es blieb nach dem Neubau des heutigen Schlosses westlich des alten Guts stehen und wurde 1999 abgerissen. Bis ins 19. Jahrhundert wuchs die Zahl der Wirtschaftsgebäude auf rund ein Dutzend an. Durch mehrere Abrisse in den 1960er Jahren, 1992 und 1999 verschwanden dieser Gebäude vollständig.[1] Als Vorwerke waren dem Gut die Meiereien Mittelhof und Oevelgünde zugeordnet. Erhalten geblieben ist das so genannte "Schwedenhaus", südöstlich des Schlosses, das 1865 erbaut wurde und als Wohnhaus einer schwedischen Gesellschaftsdame diente. Es wurde im neugotischen Stil mit vier Giebeln, einem steilen Satteldach und hervorgehobenem Schornstein errichtet.

Architektur

Zeichnung der Eingangsseite, um 1850

Das Schloss Kittendorf wurde nach Plänen des Schinkel-Schülers Friedrich Hitzig als Kopie des wenige Jahre früher fertiggestellten Schlosses Babelsberg im Baustil der Tudorgotik nach englischem Vorbild errichtet und reiht sich zeitlich und architektonisch in die Reihe der benachbarten Schlösser ein. 1847 war bereits im benachbarten Varchentin das dortige Schloss im Tudorstil durch den Schweizer Architekten de Meuron erbaut worden. Hitzig errichtete während des Baus von Schloss Kittendorf im ebenfalls benachbarten Bredenfelde noch ein weiteres Schloss.

Der zweigeschossige, rechteckige Haupttrakt des Putzbaus erstreckt sich in Südwest-Nordost-Richtung, ein schmaler Flügel weist nach Südwesten. Die flachen Pultdächer auf allen Trakten treten hinter der zinnenbekrönten Attika stark zurück. Unterhalb der Attika ziert ein Dachgesims mit Kleeblattfries die Fassade. An der Ostecke des Gebäudes dominiert ein fünfgeschossiger, mehreckiger Turm deutlich. Das Hauptportal mit vorgelagertem Altan befindet sich an der Nordostfront des Haupthauses vor einem mächtigen Risalit. Die Fassade des norwestlich daran anschließenden, zweigeschossigen Gebäudeteils wird von einem kleineren Risalit mit zwei Fensterachsen, einem niedrigeren, vierachsigen Mittelbau und einem turmähnlichen einachsigen Risalit als Gebäudeabschluss geprägt. Die Fenster über dem Portal sind mit Tudorbögen gestaltet, die übrigen der Nordostfront als Rechteckfenster mit drüber liegenden Gesimsen.

Grundriss, um 1850
Lithografie der Südostansicht, um 1855

Die Südostfassade zum Park wird von der großen Terrasse dominiert, die sich über die gesamte Front erstreckt. Die ursprünglich ebenfalls diesem gesamten Flügel vorgelagerte Pergola wurde 1930 entfernt. Die Terrasse wird vom Hauptflügel der Anlage aus durch eine kleinere, höher gelegene Terrasse mit Balkongitter und zweiläufiger Treppe erschlossen. Der Gebäudeteil mit dem Terrasseneingang ist wiederum durch einen Risalit hervorgehoben und überragt mit seine Attike auch die übrigen Teile der Südostfassade. Weiter nach Südwesten ist der schmale Flügel zunächst eingeschossig als Wintergarten ausgeführt und trägt eine Dachterrasse, wird aber von einem turmartigen zweigeschossigen Gebäudeteil abgeschlossen. Tudorbögen finden sich im ersten Stock über der Terrasse (dort als schmale Dreifenstergruppe) und am Gewächshaus, ansonsten Rechteckfenster mit Gesimsschmuck wie an der Portalfassade. Die rückwärtigen Fassaden weisen keinen Bauschmuck auf.

Das Gebäudeinnere beherbergte ursprünglich im Südostteil der Anlage, auf den Park ausgerichtet, und im Zentrum des Hauptflügels vor allem repräsentative Räume. Besonders tritt der Speisesaal im Zentrum des Hauptflügels hervor, der als einziger Raum zweigeschossig ausgeführt ist und über ein Oberlicht verfügt. Die Wohnräume waren im nordwestlichen Gebäudeteil untergebracht. Heute sind insbesondere die ehemaligen Wohnräum der Familie neu aufgeteilt worden, um dort Gästezimmer für den Hotelbetrieb zu schaffen.

Inneneinrichtung und Bauschmuck sind weitgehend erhelten geblieben. Stuckarbeiten prägen Schloss Kittendorf im Inneren. So herrschen im Vestibül landwirtschaftliche Motive vor, der Festsaal wird von figürlichen Darstellungen geziert, der Gartensaal von Fruchtmotiven und der Südostturm von einem Sternmotiv nach neogotischer Art. Der Intarsienfußboden des Festsaals, ein Buntgalsfenster mit Jagdmotiven im Haupttreppenhaus, die erhaltenen Bücherschränke der Bibliothek und ein Kamin aus grünem Marmor, ebenfalls in der Bibliothek, sind weitere bedeutende Details.

Park

Blick vom Schloss in den Landschaftspark

Der vermutlich vom Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné zur Zeit der Errichtung des Herrenhauses entworfene englische Landschaftspark des Schlosses Kittendorf zählte seinerzeit mit seinen 110 Hektar zu den größten Anlagen Mecklenburgs. Ihm ging vermutlich schon ab 1750 ein barocker Garten voraus.

Wichtige Bestandteile der Gartenanlage war die noch heute erhaltene, vierreihige Lindenallee, die von Nordwesten auf das Schloss zuführt. Südlich des Schlosses ist die Peene zu einem Teich mit zwei Inseln angestaut. Der heutige Park umfasst noch rund 13 Hektar.

Geschichte

Ein Landgut gab es in Kittendorf spätestens am Anfang des 16. Jahrhunderts. Die Familie von Oertzen erwarb den Besitz in der Mitte der 18. Jahrhunderts unter Georg Ludwig von Oertzen (1716-1786) und verlegte kurz darauf ihren Hauptsitz von Lübbersdorf dorthin. 1766 ließ das Adelsgeschlecht auf dem Gelände des alten Gutshofs neue Wohn- und Wirtschaftsgebäude errichten. Unter Gustav Dietrich von Oertzen (1772-1838) wurde 1836 ein neuer Park fertiggestellt, vermutlich bereits im Stil eines Landschaftsparks.

Gustav Dietrichs Sohn Hans Friedrich von Oertzen (1816-1902) war von 1841 an ständig in Kittendorf ansässig. Er war ein wichtiger Politiker im damaligen Herzogtum Mecklenburg-Schwerin und deshalb der Mecklenburger Herzog ein oft gesehener Gast im Schloss. Dort wuchsen der spätere hohe Kolonialbeamte Gustav von Oertzen und Paula von Oertzen, die spätere Ehefrau des britischen Biologen George Henry Falkiner Nuttall, auf. Um 1850 wurden das fast 1600 Hektar umfassende Gut und das Schloss in ein Familienfideikommiss eingebracht. 1875 wurde ein weiterer Wohnflügel mit drei Räumen pro Stockwerk im Nordwesten der Anlage angebaut. Unter Fritz von Oertzen wurden 1930 die Pergola an der Südterrasse des Schlosses und zwei Treppenaufgänge entfernt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Kupferdach für die Kriegsproduktion verwendet und das Schloss mit einem Teerpappedach versehen. Nach dem Krieg wurde die Familie von Oertzen enteignet. Zu DDR-Zeiten waren ein Internat und eine landwirtschaftliche Berufsfachschule in dem Gebäude untergebracht. Das Schloss verfiel allerdings immer mehr. Das Internat wurde 1986 geschlossen. Schloss Kittendorf ging in den Besitz des Bezirks Neubrandenburg über, der den Umbau zu einem „Schulungszentrum Wilhelm Pieck“ plante. Dazu wurde 1988 eine denkmalpflegerische Zielsetzung für den Bau und den Park erstellt. Im gleichen Jahr begannen erste Arbeiten, die jedoch kurz nach der Wende eingestellt wurden.

Rekonstruktion/Jetzige Nutzung

Das Schloss Kittendorf wurde 1992 vom Berliner Unternehmer Johann Trettler erworben und nach Originalunterlagen des Denkmalschutzes rekonstruiert. Da die gesamte Inneneinrichtung nicht mehr vorhanden war, sammelte Trettler in ganz Europa Exponate aus dem Zeitraum des Baus. Damit ist das Schloss auch ein kleines Museum mit einer großen Kronleuchter-Sammlung und einer historischen Bibliothek. 1995 wurde das Schloss als Hotel auch der Öffentlichkeit zugänglich. Aufgrund des Todes von Johann Trettler 2004 wurde sein Sohn mit 25 Jahren zu einem der jüngsten Schlossherrn in Europa.

Literatur

Deutsche Gesellschaft (Hg.): Schlösser und Gärten in Mecklenburg-Vorpommern. Heft 10, Kittendorf, 2004.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kittendorfer Appell an die Landesregierung unter Ministerpräsident Harald Ringstorff
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