Schloss Glatt

Schloss Glatt
Wasserschloss in Glatt

Das Wasserschloss Glatt liegt im Dorf Glatt, einem Stadtteil von Sulz am Neckar im Tal der Glatt, Landkreis Rottweil, Baden-Württemberg.

Das Wasserschloss Glatt ist eines der wenigen erhaltenen Wasserschlösser des Landes, wobei der Zustand als Wasserschloss wiederhergestellt wurde. Es ist eines der ältesten Renaissance-Schlösser Süddeutschlands.


Inhaltsverzeichnis

Geschichte

  • vom 13. Jahrhundert bis 1671 - Herrschaft derer von Neuneck.

1286 Heinrich von Neuneck [genannt 1282 - 1290] ist Vogt im zwei Jahre zuvor von den Herren von Geroldseck gegründeten Sulz 1296 ist sein Sohn Ulrich von Neuneck mit regelmäßigem Sitz in Glatt nachgewiesen. Er dürfte dort aber schon länger wohnen, da sechs Jahre zuvor die Pfarrkirche in Glatt auf seine Bitte hin geweiht wurde. 1496 Hans von Neuneck (genannt 1454 - 1508) kauft dem aus einer Nebenlinie stammenden Anton von Neuneck seinen Teil an der Wasserburg ab. Anton baut sich einen neuen Sitz auf der anderen Seite der Glatt, dem Haus im Gießen.

Heutige Nutzung

Zu besichtigen ist eine Schlosskapelle mit Stuckornamenten. Im Schloss selbst sind Museen eingerichtet zu den folgenden Themen:

  • Geschichte des Dorfes und der Herrschaft Glatt
  • ein Bauernmuseum
  • Leben des Adels am oberen Neckar, Rüstsammlung
  • Kunstmuseum mit wechselnden Ausstellungen

Anlage

Das dreiflügelige Schloss mit vier Ecktürmen und einem in die Schildmauer eingefügten Torturm steht vollständig in einem wiederhergestellten Weiher.[1] Davor befindet sich an der Nordseite ein Hof, der an drei Seiten von Wirtschaftsgebäuden umschlossen wird. Der Fachwerkbau im Westen von 1768 mit der Tordurchfahrt orientiert sich an den alten Außenmauern der Vorburg. Die Schlosscheuer von 1815 wurde mittig über die alte Vorburgmauer gesetzt. Auch hier befand sich früher ein Zugang zur Burg. Die Nordseite des Vorhofs - zum Mühlgraben hin - wird flankiert von zwei Rundtürmen. Die um 22° abgewinkelte Außenmauer besitzt in ihrem Knickpunkt einen vorragenden Schießstand, von dem aus die Flanken bestrichen werden konnten.

Teile der am Ende des 13. Jahrhunderts entstanden Burg sind im Inneren des Burghofes noch an dem aus Buckelquadern errichteten gotischen Tor zu erkennen. Der noch heute bestehende Torturm wurde 1513 vor diesen Tordurchgang gesetzt. Bis ins Jahr 1705 befand sich hier eine Zugbrücke. Die mittelalterliche Burg bestand wohl aus einem Wohnturm, dessen Außenmauern mit denen des heutigen Westflügels identisch sind, und einem Haus, dessen Grundriss dem heutigen Südflügel entspricht. Im Bereich des heutigen Ostflügels befanden sich vermutlich nur kleinere Gebäude. Die mittelalterliche Burg war von einem Palisadenzaun geschützt. Die beiden Tore zum Vorhof schlossen unmittelbar an die Wasserfläche an. Die Außenseite dieser Wasserfläche war hufeisenförmig von einem Palisadenzaun umgeben. An der im Innenhof gelegenen Seite fehlte die Palisade, da sie dort einem eingedrungenen Gegner Deckung gewährt hätte. Ein zweiter hufeisenförmiger Zaun umschloss im Norden, von Tor zu Tor, den Vorhof. Die Gesamtlänge der Palisade betrug ca, 175 Meter, wozu circa 1750 Pfähle benötit wurden. Noch 1503 geht aus einem Neuneckischen Zinsbuch hervor, dass die Hofbauern von Rodt eine Gesamtzahl von 1800 Pfählen zu liefern hätten.

Reinhard von Neuneck gestaltete zwischen 1533/34 und 1540 das mittelalterliche Wasserschloss im Renaissance-Stil um. Anhaltspunkte für den Beginn der Arbeiten bieten Materialüberschläge für den geplanten Bau vom 28. Dezember 1533 und dem Hinweis auf einen neuen Steinbruch in einem Urbar vom Februar 1534. Auf das Ende der Bauarbeiten im Jahr 1540 deutet die Erstellung eines Schlossinventars vom 28. April 1540 hin.

Eine baugeschichtliche Besonderheit des Schlosses stellen die beiden Treppenhäuser dar. Besonders das östliche Treppenhaus verfügt noch über ein Kreuzgratgewölbe als gemauerter Unterbau für steinerne Treppen. Auch das unterschiedliche Stockwerkniveau des Südflügels und der beiden Seitenflügel blieb durch spätere Umbauten unverändert. Es handelt sich also noch um die Originalausführung. Die Neuerung bestand darin, dass sich die Treppen nicht in einem separaten Anbau befinden und dort nicht an den Außenmauern entlang geführt werden, sondern als zweiarmige, geradläufige, gewendete Treppe mit Zwischenpodest ausgeführt sind. Reinhard von Neuneck hatte diese Neuerung 1521 bei seiner Reise mit Ottheinrich von der Pfalz ins Heilige Land beim Zwischenaufenthalt der Gruppe in Venedig im gerade neu errichteten Fondaco dei Tedeschi kennen gelernt.

Aus dem oben erwähnten Inventar geht hervor, dass das Schloss über zwei übereinanderliegende Laubengänge verfügte. Eine bei Renovierungsarbeiten 1988 entdeckte zugemauerte Nische deutet darauf hin, dass sich diese gegenüber dem Eingangstor am Südflügel befanden, wo sie ihre repräsentative Wirkung am besten entfalten konnten.

Auch das Renaissanceschloss war noch bedingt wehrtauglich, wobei das Augenmerk nicht auf der Abwehr großer Belagerungheere lag, sondern, wie die Erfahrung aus dem Bauernkrieg zeigte, in der Abwehr herumziehender, plündernder Truppen und Aufständischer. Die heutige Fenstergliederung zeigt neben den bestehenden Fensteröffnungen noch verschiedene Maulscharten. Zu Reinhards Zeiten sind zumindest die mit Maulscharten kombinierten Fensteröffnungen wegzudenken. Sie wurden erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, vom 1618 verstorbenen Hans Caspar von Neuneck hinzugefügt. Das Inventar zählt folgende Bewaffnung auf: Im inneren Burghof eine Schlange, das heißt ein Feldgeschütz mit einer Rohrlänge von 18 Fuß (= 5,40 Meter). In einem der vier Ecktürme zwei Falkonetten auf Rädern und ein bock bichslin auf Rädern. In der Büchsenkammer lagerten 63 Bleikugeln für die Falkonette, sowie Gusssmodel für solche Kugeln. Darüber hinaus 20 Hakenbüchsen und ein landsknechtisch Doppel hagken, 23 Büchsen in dreierlei Ausführungen, zwei Böller, Armbrüste und Pfeile und 12 Hellebarden, aber auch ettlich altt harnisch und durnier zeug. Verteilt im Schloss, vor und in den Räumen lagerten 17 Schweinsspieße, 7 Wurfspieße, 5 Rayß spies (wohl für Fußknechte) und 5 geraißig spies ( wohl für Reiter). Diese Verteilung und auch der Hinweis, dass in Reinhards pesönlichem Zimmer ein schlacht schwert und ein schwein spies neben dem Bett aufbewahrt wurden, deutet darauf hin, dass man sich also auch gegen Überraschungsangriffe und Verrat, wie im Bauernkrieg geschehen, schützen wollte.

Der Vorhof wurde mit einer Steinmauer gesichert, flankiert mit den bereits oben erwähnten und noch heute erhaltenen Rundtürmen und dem zur Flankensicherung dienenden Schießstand.

Das Verdienst Reinhards für die Architekturgeschichte Südwestdeutschlands bestand in der direkten Übernahme von Bauelementen der italienischen Renaissance ohne den Umweg über Frankreich, insbesondere die Symmetrie der Anlage und das neuartige Treppenhaus. Gestalterische Elemente, wie zum Beispiel die Laubengänge, blieben auf den Innenbereich beschränkt. Die endgültige Abwendung vom Verteidigungsbau zum Repräsentationsbau erfolgte eine Generation später mit den Schlossbauten der Meßkircher Gruppe.

Das Schloss wurde im Jahre 1688 von der Familie Landsee aufgestockt und, wie dendrochonologische Untersuchungen belegen, auch großräumig entkernt. Den gewichtigsten Eingriff stellt dabei die Aufstockung um ein weiteres Wohngeschoss dar, was zwar die Außenwirkung des Schlosses erhöhte, aber dem Innenhof eine schachtartige Wirkung bescherte. Verstärkt wurde diese Wirkung durch das Zumauern der beiden Laubengänge. Die Kapelle wurde um 1700 erweitert, indem der Chor über die Mauerflucht hinaus erweitert wurde.

Siehe auch

Neben dem Wasserschloss gab es noch zwei weitere Sitze der Familie Neuneck in Glatt:

  • Das heutige Pfarrhaus mit Rundturm und Kegeldach ist ein Relikt eines Adelssitzes von 1560. (Ecke Muristrasse/Am Hochgericht)
  • Das Haus am Gießen wurde von Anton von Neuneck 1496 erworben, als Hans von Neuneck ihm seine verbleibenden Anteile am Wasserschloss Glatt abkaufte um dieses in alleinigen Besitz zu nehmen. Die heutige Bezeichnung Schafstall spiegelt den Abstieg dieses Anwesens wieder. (Oberamtstrasse/Im Giessen)

Literatur

  • Johann Ottmar: Reinhard von Neuneck, Ritter zu Glatt (1474 - 1551). Markstein Verlag, Filderstadt, 2005. ISBN 3-935129-22-X

Weblinks

Anmerkungen

  1. Die folgenden Ausführungen zur Anlage, soweit nicht anderweitig bezeichnet, beziehen sich auf: Johann Ottmar: Reinhard von Neuneck, Ritter zu Glatt (1474 - 1551). Markstein Verlag, Filderstadt, 2005. ISBN 3-935129-22-X, Kapitel VIII Die Erbauuung und Ausstattung des Schlosses Glatt (ca 1533 - ca. 1540) durch Reinhard, S. 239 - 276.


48.3866666666678.6257Koordinaten: 48° 23′ 12″ N, 8° 37′ 30″ O


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