Schleifspuren (Malta)

Schleifspuren (Malta)
Schleifspuren auf Malta

Karren- oder Schleifspuren auf Malta (englisch cart rut phenomenon) sind Furchen, die aus prähistorischer Zeit in der Geschichte Maltas stammen. Der Hintergrund ihrer Entstehung ist umstritten.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Bei den Schleifspuren handelt es sich um parallele Ausschürfungen im Kalkstein. Ein Beispiel ist die Clapham Junction in der Nähe von Buskett Gardens. Ihren Verlauf kann man im vegetationsarmen Hochland Maltas an 150 Stellen verfolgen, mitunter über Hunderte von Metern.

Alter

Ihr Alter lässt sich nur schwer bestimmen. Da sie auf Malta jedoch durch (vermutlich) punische Grabschächte unterbrochen sind, müssen sie aus der Zeit vor der punischen Besiedlung stammen. Dafür spricht auch, dass sie auch in der Umgebung einiger neolithischer Tempel vorkommen, namentlich Ħaġar Qim, Mnajdra, Tal-Qadi, Tarxien, Skorba und Borg l-Imramma. Somit könnten sie viel älter sein. Da sie sich vor bronzezeitlichen Siedlungen (Qala Hill, Misraħ Ghonoq, Wardija ta'San Ġorġ und Borġ in-Nadur) bündeln bzw. darauf zulaufen, ist ihre Entstehung während der maltesischen Bronzezeit (2300—1000 v. Chr.) wahrscheinlich, der eine Wiederbesiedlung des 2500 v. Chr. verlassenen Archipels von Sizilien aus vorausging.

Hypothesen zur Entstehung

Steinbruch auf Gozo

Transportsystem

Die Routen verlaufen von Tälern über niedrige Pässe in Nachbartäler oder auf Siedlungen zu, als sollten sie Ackerflächen und Speicher miteinander verbinden. Daher besteht die Vermutung, dass sie Teil eines Transportsystems waren, das die Inseln überspannte.

Vorstellbar – und aus weitaus älterer Zeit in West- und Mitteleuropa ebenso nachgewiesen wie Karren und Wagen – sind Stangenschleifen, bestehend aus zwei starr miteinander verbundenen Holzbalken, die von Ochsen gezogen wurden. Am Ende der Balken waren demnach Kufen befestigt (ggf. aus Bronze, denn Holz war auf Malta zu dieser Zeit bereits Mangelware), die die charakteristischen Vertiefungen in den Boden geschürft haben. Die Rillen der Doppelspuren stehen im Durchschnitt 1,1 Meter auseinander, in Biegungen bis zu 1,3 Meter. Sie schneiden bis zu 0,4 Meter tief in den Karst, während die Spuren von Zugtieren nicht vorhanden sind, was ein Problem bei der Karrenspur-Theorie darstellt: Die Hufe der Tiere hätten das Gestein in einer Zeitspanne, während der derart tiefe Ausschürfungen entstanden, gleichfalls nachhaltig austreten müssen.

Völlig auszuschließen ist auch der Gebrauch von Schlitten, die diese Kurven nicht bewältigen konnten. Neben den einfachen und häufigen parallelen Doppelspuren gibt es auch Gabelungen und Knotenpunkte. Mitunter ist der Boden so stark durchfurcht, dass sie wie die Gleisanlagen moderner Rangierbahnhöfe aussehen. Die vielen Rillen, die bei Clapham Junction den Hang hinablaufen und auf halber Höhe von einem Spurenpaar geschnitten werden, sind als Schienen eines Transportsystems kaum vorstellbar, da sie am Meer enden. So scheiden im Moment rationale Beweggründe für die Nutzung der Furchen aus.

Bewässerung

Neuerdings erhält die Hypothese, es handele sich um ein Bewässerungssystem, wieder Unterstützung. Gozo hat vier größere Stellen dieser Furchen. Östlich von Qala bei Tan-Nemes läuft ein Paar auf einem Sporn, der Fliegu ta 's Gawdex überblickt. Bei Ta' Tingi, südlich von Xewkija, liegen mehrere Paare im Olivenhain westlich der Pumpstation. Ein umfangreiches System bedeckt das Ta'-Ċenċ-Plateau, am besten zu sehen zwischen dem Hotel und den Klippen. Diese Furchen laufen in der Nähe von Borg l-Imramma vorbei und setzen sich im Osten noch beinahe einen Kilometer weit fort. Ein Paar von Zickzacks liegt auf der Neigung zu den San-Lawrenz-Steinbrüchen. Sie enden an den Klippen über dem Azure Window bei Dwejra Point.

Steinbruch

Eine weitere Hypothese geht davon aus, dass die Schleifspuren Teil eines Steinbruchs waren. Anhand von Bearbeitungsspuren könne nachgewiesen werden, dass entgegen der verbreiteten, wissenschaftlichen Auffassung Werkzeuge eingesetzt wurden. [1]

Galerie

Weitere Verbreitung von Schleifspuren

Derartige Spuren finden sich nicht nur auf Malta und Gozo, sondern auch auf der Abşeron-Halbinsel in Aserbaidschan, in Griechenland, bei der Anse de St. Croix in Frankreich, in El Padul und El castellar de Meca in Spanien sowie auf Sardinien und Sizilien. Maltesische Fischer und der Historiker D. Bradley wollen sie vor der Zerstörung durch Bombenabwürfe auch auf dem winzigen Felseneiland von Filfla gesehen haben, das vor Malta liegt. Spurrillen anderer Art (kürzer aber bis zu fünf parallel) sind die Queseras auf den Kanaren, die ihre Vorbilder in Marokko haben.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Johannes Horn: Das Rätsel von Malta. Die Cart-Ruts geben ihr Geheimnis preis. Ancient Mail Verlag, 2006, ISBN 3-935-91039-8.

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