Schlacht um Berlin

Schlacht um Berlin
Schlacht um Berlin
Teil von: Zweiter Weltkrieg
Sowjetische Flugzeuge über Berlin-Lankwitz
Sowjetische Flugzeuge über Berlin-Lankwitz
Datum 16. April2. Mai 1945
Ort Berlin
Ausgang Besetzung Berlins durch die Rote Armee
Konfliktparteien
Flag of the Soviet Union (1923-1955).svg Sowjetunion
Flag of Poland.svg Polen
Flag of the NSDAP (1920–1945).svg Deutsches Reich
Befehlshaber
Georgi Schukow
Iwan Konjew
Konstantin Rokossowski
Gotthard Heinrici
Helmuth Weidling
Wilhelm Mohnke
Truppenstärke
2,5 Millionen Soldaten
6250 Panzer
7500 Flugzeuge
800.000 Soldaten
800 Panzer
>100 Flugzeuge
Verluste
offiziell 352.475 (78.291 Tote, 274.184 Verwundete), plus 8.892 Polen (2.825 Tote, 6.067 Verwundete)[1], 2.156 Panzer, 1.220 - 2000 Geschütze, 527 - 900 Flugzeuge[2][3] geschätzt 92.000 tote Soldaten[4]
mind. 200.000 verwundete Soldaten

479.298 Gefangene[3]
zehntausende Zivilisten

Die Schlacht um Berlin war die letzte bedeutende Schlacht des Zweiten Weltkrieges in Europa. Sie dauerte vom 16. April bis zum 2. Mai 1945 und hatte die Besetzung Berlins, Hauptstadt des Deutschen Reiches, durch die Rote Armee zur Folge. Die Kämpfe forderten Schätzungen zufolge über 170.000 Gefallene und 500.000 verwundete Soldaten sowie den Tod von mehreren zehntausend Zivilisten.

Mit dem Ende dieser Schlacht, die mit dem Selbstmord namhafter Mitglieder der politischen Führung des NS-Regimes, namentlich Adolf Hitlers und Joseph Goebbels, einher ging, war das nationalsozialistische Deutschland nach der bereits weitgehend erfolgten Befreiung der vom Deutschen Reich besetzten Gebiete Europas auch auf eigenem Boden militärisch besiegt.

Knapp eine Woche nach der Einnahme Berlins trat am 8. Mai 1945 die Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht mit der Unterschrift von Generaloberst Alfred Jodl, der vom Nachfolger Hitlers als Reichspräsident, Großadmiral Karl Dönitz, zu deren Unterzeichnung autorisiert worden war, in Kraft. Damit wurde der Zweite Weltkrieg in Europa nach fast sechs Jahren beendet.

Deutschland verlor seine staatliche Souveränität und wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt. 1949 wurde die Teilung Deutschlands vollzogen, wobei zwei deutsche Staaten mit unterschiedlichen ideologischen Konzepten konstituiert wurden: am 23. Mai 1949 die Bundesrepublik Deutschland und am 7. Oktober 1949 die Deutsche Demokratische Republik.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangslage

Nach den Schlachten von Stalingrad (Winter 1942/1943) und am Kursker Bogen (Sommer 1943) befand sich die Wehrmacht an der Ostfront in der Defensive. Im Süden und Westen waren mit der Landung der westlichen Alliierten auf Sizilien am 10. Juli 1943 (vgl. Operation Husky) und der Invasion in der Normandie am 6. Juni 1944 (D-Day) zwei neue Fronten entstanden. Zeitgleich zur Invasion in der Normandie erlitt die Wehrmacht im Osten ihre größte Niederlage durch die Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte. Bedingt durch die für das NS-Regime katastrophalen Verluste dieser Schlacht hatte die Wehrmacht ihre operative Handlungsfähigkeit an der Ostfront bereits im Sommer 1944 vollständig verloren. Die im Westen unter britischem, US-amerikanischem und nach der Befreiung Frankreichs wieder mit unter französischem Kommando stehenden Truppen waren bis April 1945 in ihren Landoffensiven an die Elbe, und einzelne amerikanische Verbände bis in die Nähe Berlins vorgedrungen. Auch ein wichtiger Teil der Donau- und Alpenreichsgaue (Österreich) und Groß-Wien war Mitte April 1945 in die Hand der Anti-Hitler-Koalition gefallen.

Faktisch stand die Kriegsniederlage des Deutschen Reichs, das 1939 den Zweiten Weltkrieg als Eroberungsfeldzug zuerst gegen Polen, dann gegen fast ganz Europa begonnen hatte, schon lange vor dem Beginn der Schlacht um Berlin fest. Bereits im Oktober 1944 hatten Landstreitkräfte der Westalliierten die linksrheinischen deutschen Gebiete um Aachen eingenommen. Nach dem Scheitern der Ardennenoffensive im Dezember 1944 war die Wehrmacht nicht mehr zu offensiven Aktionen in der Lage. Bedingt durch die Durchhalteparolen der nationalsozialistischen Führung, für die eine Kapitulation nicht in Frage kam, wurden die für die Deutschen im Grunde aussichtslosen, jedoch noch im letzten Kriegsjahr Millionen von Todesopfern fordernden Kämpfe fortgesetzt.

Im Osten rückte die Rote Armee bis Mitte Februar 1945 in mehreren Offensiven bis zur Oder vor (mit Ausnahme eines Küstenstreifens zwischen Preußisch Stargard und Danzig, sowie der Provinzhauptstadt Breslau, vgl. Schlacht um Breslau) und besetzte auch die westlich der Oder gelegenen Teile Schlesiens (mit Ausnahme der Grafschaft Glatz). Aus dieser Ausgangslage bereitete sie die Eroberung Berlins vor. Parallel dazu beschlossen die Staatschefs der führenden alliierten Mächte, Churchill (Großbritannien), Roosevelt (USA) und Stalin (Sowjetunion), auf der Konferenz von Jalta (4. bis 11. Februar 1945) unter anderem die Art der anschließenden Besetzung Deutschlands in Form seiner Aufteilung in vier Besatzungszonen. Die so genannten Großen Drei versuchten dabei jeweils für sich eine machtpolitisch günstige Ausgangsposition für die Gestaltung der Nachkriegsordnung zu erlangen.

Zur Verstärkung einer Panzersperre am S-Bahnhof Hermannstraße in Neukölln graben Volkssturmsoldaten am 10. März 1945 Stahlträger ein.

Zur Einnahme Berlins konzentrierte die Sowjetunion etwa 2,5 Millionen Soldaten (inklusive nichtkämpfender Einheiten), 6.000 Panzer, 7.500 Flugzeuge und eine nicht näher bestimmbare Anzahl von weit über 10.000 Artilleriegeschützen. Ihnen standen bereits schwer angeschlagene Einheiten der Wehrmacht, der Waffen-SS und der Allgemeinen SS gegenüber, sowie das letzte Aufgebot Deutschlands: Der Volkssturm, der aus militärisch unerfahrenen und schlecht vorbereiteten Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren sowie meist männlichen Personen über 60 Jahren bestand. Diese – bezogen auf Erfahrung und Motivation – äußerst uneinheitlichen Streitkräfte umfassten insgesamt rund eine Million Menschen. Sie waren allerdings mit nur etwa 800 Panzern ausgestattet, mussten faktisch ohne Luftunterstützung kämpfen, und waren aufgrund der schlechten Versorgung mit Treibstoff und Munition in ihrer Flexibilität und Wirkungskraft zusätzlich eingeschränkt.

Brände nach Luftangriff auf Berlin 1944

Die Zivilbevölkerung Berlins wurde von den Militärbehörden zu Beginn der Schlacht um Berlin auf noch etwa 2,7 Millionen Einwohner geschätzt, im Vergleich zu 1939 mit 4,3 Millionen ein Rückgang von fast 40 Prozent. Von den verbliebenen Einwohnern waren etwa zwei Drittel Personen weiblichen Geschlechts jeder Altersstufe. Das Drittel der männlichen Zivilbevölkerung machten vor allem Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 16 Jahren und ältere Männer über 60 Jahre aus. Ein Großteil der vormaligen Einwohner Berlins war, wenn nicht als Soldaten an verschiedenen Frontabschnitten oder in Kriegsgefangenschaft, dann durch Evakuierungen oder Flucht – in der Regel nach Westen – nicht mehr in der Stadt. In den elf Wochen vor der Schlacht waren zudem etwa 200.000 Menschen durch 85 Luftangriffe, zumeist von britischen oder US-amerikanischen Verbänden, zur Flucht aus Berlin veranlasst worden oder ums Leben gekommen. Berlin glich bereits zu Beginn der Landoffensive der Roten Armee auf den Großraum der Stadt Mitte April 1945 einer Trümmerlandschaft.

Einschließung und Eroberung Berlins

Sowjetische Artillerie vor Berlin
Volkssturmmann mit Panzerschreck vor Berlin, April 1945

Die Rote Armee entschloss sich zu einem Zangenangriff auf Berlin, um die Stadt einzukesseln. Entlang der Oder standen die 2. Weißrussische Front unter Marschall Konstantin Rokossowski im Abschnitt Ostseeküste bis Schwedt, ab dort bis Guben die 1. Weißrussische Front unter Schukow und die 1. Ukrainische Front unter Iwan Konew im südlichen Abschnitt bis Görlitz. Am 16. April eröffnete die Rote Armee ihre Offensive mit dem stärksten Artilleriefeuer des Krieges; statistisch kam entlang der Oderfront auf fünf Meter ein Geschütz. Dieser Beschuss ging jedoch zum überwiegenden Teil ins Leere, da die Deutschen ihre Stellungen zurückgenommen hatten.

Sofort darauf eröffnete die Rote Armee die Offensive und im südlichen Abschnitt schaffte es die 1. Ukrainische Front unter dem Sowjetmarschall Konew schon bald, die deutsche Verteidigungslinie an der Lausitzer Neiße zu durchbrechen. Im nördlichen Abschnitt konnte die 1. Weißrussische Front unter dem Sowjetmarschall Georgi Schukow nach dreitägigen verlustreichen Kämpfen in der Schlacht um die Seelower Höhen die deutschen Einheiten auf die Hardenberg-Stellung und die Wotan-Stellung zurückdrängen.

Am 21. April 1945 überschritten die ersten sowjetischen Einheiten bei Marzahn die Stadtgrenze Berlins. Währenddessen war in der gesamten Stadt bereits die Gas- und Wasserversorgung ausgefallen. Der deutsche Befehlshaber, Generalleutnant Hellmuth Reymann, hatte zuvor angeordnet, Berlin „bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone“ zu verteidigen. Am 23. April ernannte Hitler den General der Artillerie Helmuth Weidling zum Kampfkommandanten von Berlin und entschied sich damit gegen einen Ausbruch aus der Hauptstadt. Für die Verteidigung des Regierungsviertels war SS-Brigadeführer Wilhelm Mohnke zuständig.

Die Gefechte gestalteten sich als ein erbitterter Häuserkampf. Oftmals wurde verbissen um nur wenige Quadratmeter Boden gekämpft. Die sowjetischen Einheiten waren im städtischen Gelände stets Hinterhalten durch Scharfschützen und Panzerfäuste ausgesetzt. Bei den Kämpfen im Stadtgebiet verlor die Rote Armee etwa 800 Panzer an die mit einfachen Panzerabwehrwaffen ausgerüsteten Einheiten der Wehrmacht, des Volkssturms und der Hitlerjugend. Auf Grund dieser Verluste ging die sowjetische Armeeführung dazu über, Gebäude im Vorfeld mit Artillerie anzugreifen. Die Übermacht der Roten Armee aber war zu stark, so dass die deutschen Verteidiger ihre Stellungen nicht lange halten konnten und nach und nach zurückweichen mussten.

In diesen letzten Kriegstagen kam es zu ungeheuren Zerstörungen an Bauwerken und an der Infrastruktur. So wurde unter nicht geklärten Umständen der Nord-Süd-Tunnel der Berliner S-Bahn unter dem Landwehrkanal gesprengt, was zu einer weitreichenden Flutung auch der Berliner U-Bahn führte.

Während dieser Apriltage nutzten fanatische Nationalsozialisten und SS-Führer Standgerichte und Exekutionskommandos, um ein Weiterkämpfen bis zum Ende zu erzwingen. Propagandistisch eingepeitscht wurde die aussichtslose Verteidigung Berlins durch Goebbels, der zusammen mit dem Staatssekretär des Propagandaministeriums, Werner Naumann, das Kampfblatt für die Verteidiger von Groß-Berlin mit dem Titel Der Panzerbär herausgab. In diesen Mitteilungen wurde Treue zum „Führer“ gefordert und gleichzeitig Hoffnung auf einen Endsieg gemacht.

Am 25. April 1945 gelang es den sowjetischen und polnischen Truppen, Berlin vollständig einzukesseln, als die 1. Weißrussische Front und die 1. Ukrainische Front in Ketzin aufeinander trafen und so den Ring um Berlin schlossen. Auf Grund der flächenmäßig großen Ausdehnung Berlins gelang es ihnen aber nicht, den Kessel so zu schließen, dass ein Ausbrechen vollständig verhindert werden konnte. So gelang es mehreren vereinzelten Truppen der Wehrmacht gegen Ende der Schlacht, sich vor allem im Spandauer Raum aus dem Kessel und somit der Gefangennahme durch die Rote Armee zu entziehen. Viele deutsche Einheiten kämpften jedoch teilweise weiter, obwohl ein Entsatz von außen nicht möglich war. Im Süden konnte die deutsche 12. Armee unter General Walther Wenck nochmals bis in den Raum Ferch vordringen und nahm dann Ende April die Reste der aus dem Kessel von Halbe ausgebrochenen deutschen 9. Armee und 15.000–20.000 Soldaten aus dem eingeschlossenen Potsdam auf.

Den Befehl Hitlers zum Durchbruch nach Berlin, der ihm am 23. April persönlich im Forsthaus „Alte Hölle“ bei Wiesenburg/Mark im Fläming durch Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, überbracht wurde, konnte und wollte Wenck jedoch niemals ausführen. Die Kämpfe Wencks zielten vielmehr darauf ab, den zunächst bei Halbe eingekesselten und sich dann in Richtung Beelitz kämpfenden deutschen Verbänden den Weg in die amerikanische Kriegsgefangenschaft offen zu halten.

Am 29. April stießen Einheiten der Roten Armee bis in das Regierungsviertel, in dem sich Hitlers Befehlsstand befand, vor.

An der Umzingelung Berlins nahmen 200.000 polnische Soldaten der I. und II. Armee teil.

Im Norden schirmte die 1. Polnische Armee den äußeren Flügel der 1. Weißrussischen Front gegen die Armeegruppe Steiner ab. Die 2. Polnische Armee kämpfte im Süden gegen Reste der Heeresgruppe Mitte unter Generalfeldmarschall Schörner.

Als einzige Formation, die außer der Roten Armee in der deutschen Hauptstadt kämpfte, nahm an der Erstürmung des Zentrums von Berlin die 1. Kościuszko-Division teil. Die im Mai 1943 in Lenino aufgestellte 1. Infanterie-Division Tadeusz Kościuszko unter General Bewziuk griff mit General Spychalski in die Straßenkämpfe Berlins ein. Sie verfügte noch von Kämpfen in Warschau bzw. Praga über besondere Erfahrungen im Straßenkampf und rückte im Verband mit der sowjetischen 2. Garde-Panzerarmee des Generals Bogdanow vor.

Die polnischen Streitkräfte hatten am 1. Mai 1945 400.000 Soldaten, 3.000 Geschütze, 508 Panzer und 320 Flugzeuge.

Der 1. Kościuszko-Division gelang es entlang der Neuen Kant- und Pestalozzistraße, am Karl-August-Platz, vorzurücken und die Technische Hochschule, den S-Bahnhof Tiergarten sowie vier weitere U-Bahnhöfe zu besetzen. Weitere Kämpfe wurden entlang der Franklinstraße, der Englischen Straße, bei den Mercedes-Werken sowie in Tiergarten selbst und am hinteren Teil der Reichskanzlei geführt.

Kämpfe um den Reichstag

Eines der letzten heftigen Gefechte entwickelte sich um das Reichstagsgebäude, das von Wilhelm Mohnke mit SS-Männern bis zum 30. April gehalten wurde. Dann war auch dieser Kampf entschieden, als um 14:25 Uhr zwei Rotarmisten erstmals die sowjetische Flagge aus einem Fenster des deutschen Reichstags hissten. Um 22 Uhr desselben Tages wehte die rote Fahne auf der Kuppel des Gebäudes. Der sowjetische Soldat Michail Petrowitsch Minin (1922–2008) hat als erster Rotarmist die sowjetische Fahne auf den Reichstag gehisst.[5] Das berühmte Photo von Jewgeni Ananjewitsch Chaldej entstand erst wenige Tage später.

Über den Ruinen der Stadt wurde am 2. Mai 1945 um 6.55 Uhr früh (Moskauer Zeit) auf dem Brandenburger Tor neben der sowjetischen auch die weiß-rote polnische Flagge gehisst. Am 1. Mai kämpfte die Rote Armee noch gegen zahlreiche deutsche Widerstandsnester, und in den Morgenstunden des 2. Mai kapitulierte General Helmuth Weidling im Divisionsgefechtsstand General Tschuikows in einem Gebäude am Schulenburgring 2 in Berlin-Tempelhof. Bis 15 Uhr waren schließlich alle Kampfhandlungen eingestellt und die meisten der überlebenden rund 130.000 deutschen Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft.

Folgen

Verwüstete Straße in Berlin
Deutsche Kriegsgefangene in den Straßen Berlins

Die Schlacht um Berlin steht sinnbildlich für die Brutalität des gesamten Krieges. Obwohl der Krieg für Deutschland schon lange verloren war, hatte Hitler noch am Ende befohlen, Widerstand bis zum letzten Mann zu leisten. Mit dem Volkssturm wurden tausende Jugendliche und alte Männer in den letzten Wochen des Krieges geopfert. Deserteure oder Zivilisten, die sich kritisch äußerten, wurden auch noch in den letzten Tagen des Krieges von der SS und der Feldgendarmerie erschossen. Auch Stalin opferte Tausende sowjetische Soldaten, indem er die Eroberung Berlins so bald wie möglich forderte, um den Amerikanern zuvorzukommen, und so auch einen propagandistischen Sieg für die Sowjetunion zu verzeichnen. So verlor die Rote Armee allein in den Anfangstagen der Offensive ca. 80.000 Mann und viele beim Häuserkampf in Berlin. Im Überblick betrachtet existieren jedoch über die Verluste beider Seiten, sowohl unter den Soldaten als auch den Zivilisten, keine genauen Zahlen. In unterschiedlichen Quellen variieren die geschätzten Angaben über die Anzahl der in unmittelbarer Folge der Schlacht um Berlin ums Leben gekommen Menschen erheblich; nach neuesten seriösen Forschungen verlor die Wehrmacht insgesamt über 100.000 Mann an Gefallenen in und um Berlin (einschließlich der Schlacht um die Seelower Höhen und im Kessel von Halbe).[4] Noch Jahrzehnte nach der Schlacht wurden oft durch Zufall bei Bauarbeiten noch verschollene Tote gefunden, die teilweise in Massengräbern verscharrt worden waren[6]. Die in diesem Artikel angegebenen Zahlen spiegeln lediglich einen Mittelwert der Schätzungen wider.

Die militärische Moral der noch andernorts verbliebenen deutschen Truppen sank weiter. Zudem konnte das Deutsche Reich in den letzten Kriegstagen nicht mehr von Berlin aus regiert und verwaltet werden. Hitlers Nachfolger, Großadmiral Dönitz, trat sein Amt, das im Grunde nur noch die Abwicklung des NS-Staates bis zur Kapitulation wenige Tage später beinhaltete, in der Nähe von Flensburg an.

Aus Angst vor der Roten Armee und aus Verzweiflung vor allem bei überzeugten Nationalsozialisten kam es in den letzten Tagen zu vielen Selbstmorden, so verzeichnete alleine der Bezirk Pankow 215 Selbsttötungen.[7]

Sowjetische Medaille „Für die Eroberung Berlins“

Die Führung der Roten Armee befürchtete, dass es in der Euphorie des Sieges, gefördert durch Alkohol, zu Gewalttaten an der deutschen Zivilbevölkerung kommen würde. Deshalb gab Marschall Rokossowski einen Tagesbefehl heraus, nach dem Plünderern und Vergewaltigern das Kriegsgericht oder die unverzügliche Erschießung drohte. Obwohl sich auch andere Offiziere der Roten Armee darum bemühten, Racheakte der Soldaten zu verhindern, entluden sich nach der Einnahme von Berlin der Schmerz über die zahlreichen sowjetischen Verluste, den Opfern des ideologisch motivierten Vernichtungskriegs seitens des Deutschen Reiches, die allgemeine Abstumpfung und die Verrohung der Soldaten durch die Kriegsumstände in zahlreichen Plünderungen und Vergewaltigungen. Hierzu schreibt Karl Bahm, der an der Universität von Wisconsin Geschichte lehrt: „[…] natürlich führten sich nicht alle so auf, aber eine nicht zu kleine Minderheit tat es.“[8] In verschiedenen Quellen, die hauptsächlich auf den vieldiskutierten, teilweise umstrittenen Dokumentarfilm der Feministinnen Helke Sander und Barbara Johr und deren nachfolgendem Buch BeFreier und Befreite zurückgehen, wird von mindestens 100.000 (teils mehrfach) vergewaltigten Berliner Frauen ausgegangen, wobei es allerdings eine hohe Dunkelziffer gibt.[9] Cornelius Ryan schreibt in seinem Buch Der letzte Kampf, dass nach Schätzungen der Ärzte, mit denen er sprach, zwischen 20.000 und 100.000 Frauen vergewaltigt worden seien.[6]

Zitate

„Am 30. April 45 hat sich der Führer selbst entleibt und damit uns, die wir ihm Treue geschworen hatten, im Stich gelassen […] Jede Stunde, die ihr weiterkämpft, verlängert die entsetzlichen Leiden der Zivilbevölkerung Berlins und unserer Verwundeten. Jeder, der jetzt noch im Kampf um Berlin fällt, bringt seine Opfer umsonst […]“

Kapitulationsbefehl von General Helmuth Weidling am 2. Mai 1945

„Hat der Lump verspielt. Schade, dass wir ihn nicht lebend erwischt haben.“

Stalins Reaktion, als Schukow ihm am 1. Mai telefonisch die Aussagen deutscher Gefangener zu Hitlers Selbstmord mitteilte

„Die Hitler kommen und gehen, aber das deutsche Volk wird es immer geben. Josef Stalin“

Spruch von Propagandaplakaten, die in Berlin aufgehängt wurden, um zu verdeutlichen, dass die Sowjetunion keine Rachegefühle gegenüber dem deutschen Volk hege[10]

Literatur

  • Karl Bahm: Berlin 1945. Die letzte Schlacht des Dritten Reichs, Kaiser Verlag, Klagenfurt 2002, ISBN 3-7043-5032-X
  • Antony Beevor: Berlin 1945. Das Ende, Goldmann, 2005, ISBN 3-442-15313-1
  • Joachim Fest: Der Untergang. Hitler und des Ende des Dritten Reiches, Berlin 2003, ISBN 3-8286-0172-3
  • Guido Knopp: Der verdammte Krieg, Das Ende 1945, C. Bertelsmann Verlag, München, 1995, ISBN 3-570-12153-4
  • Tony LeTissier: "Der Kampf um Berlin 1945. Von den Seelower Höhen zur Reichskanzlei" Bechtermünz Verlag (Lizenz Ullstein) 1997
  • Rolf-Dieter Müller: Kriegsende 1945. Die Zerstörung des Deutschen Reiches, Fischer, Frankfurt 1994, ISBN 3-596-10837-3
  • Cornelius Ryan: Der letzte Kampf, Droemersche Verlagsanstalt München/Zürich 1966
  • Helke Sander und Barbara Johr (Hrsg.): BeFreier und Befreite, Fischer, Frankfurt a.M. 2005, ISBN 3-596-16305-6
  • Wilhelm Tieke: Das Ende zwischen Oder und Elbe – Der Kampf um Berlin 1945, Stuttgart 1992, ISBN 3-87943-734-3
  • Earl F. Ziemke: Die Schlacht um Berlin, Pabel/Moewig, Rastatt, 1982, ISBN 3-8118-4318-4

Filme

Weblinks

 Commons: Schlacht um Berlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. G. F. Krivosheev (1997): Soviet Casualties and Combat Losses in the Twentieth Century, 2007, S.219f.
  2. http://www.hrono.ru/sobyt/1900sob/1945berlin.html
  3. a b http://wwii-soldat.narod.ru/OPER/ARTICLES/039-berlin.htm
  4. a b Müller, R.-D. u.a. (Hg.): Das deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 10/1, 2008, S.673
  5. weltwoche.ch Sowjetfahne auf dem Reichstag in Berlin, aus Ausgabe 03/08 (Deutsch)
  6. a b Cornelius Ryan: Der letzte Kampf, Seite 419; Lizenzausgabe der Büchergilde Gutenberg 1968
  7. Karl Bahm: Berlin 1945. Die letzte Schlacht des Dritten Reichs. Klagenfurt 2002, S. 160.
  8. Karl Bahm: Berlin 1945. Die letzte Schlacht des Dritten Reichs. Klagenfurt 2002, S. 159f.
  9. Helke Sander und Barbara Johr (Hrsg.): BeFreier und Befreite, Fischer, ISBN 3-596-16305-6.
  10. Am 22. Februar 1942 hatte Stalin anlässlich des Gründungsjubiläums der Roten Armee erklärt, dass „die ‚Hitler‘ kommen und gehen, aber das deutsche Volk, der deutsche Staat bleibt“. DHM Chronik 1942

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