Schlacht in den Karpaten

Schlacht in den Karpaten
Schlacht in den Karpaten
Schlacht in den Karpaten (zeitgenössische Postkarte)
Schlacht in den Karpaten (zeitgenössische Postkarte)
Datum Dezember 1914–März 1915
Ort Karpaten, Galizien
Ausgang Abwehr des öst.-ung. Vorstoßes nach Galizien, Abwehr des russischen Angriffs auf Ungarn
Konfliktparteien
Austria-Hungary-flag-1869-1914-naval-1786-1869-merchant.svg Österreich-Ungarn
Deutsches ReichDeutsches Reich Deutsches Reich
Russisches Kaiserreich 1914Russisches Kaiserreich Russisches Kaiserreich
Befehlshaber
Franz Frhr. Conrad von Hötzendorf Nikolai Iudowitsch Iwanow
Truppenstärke
4 Armeen 4 Armeen
Verluste
320.000 Tote, Verwundete und Gefangene rund 1 Million Tote, Verwundete und Gefangene

Die Schlacht in den Karpaten war eine der verlustreichsten Schlachten des Ersten Weltkrieges zwischen den Mittelmächten und dem Russischen Reich. Sie wird auch als Winterschlacht in den Karpaten, Karpathenschlacht, Schlacht bei Limanowa-Lapanow oder Schlacht bei Limanowa bezeichnet.

Die Schlacht dauerte von Dezember 1914 bis März 1915. Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich wollten die im Spätsommer 1914 von den Russen besetzten Teile Galiziens zurückerobern und die eminente strategische Gefahr eines russischen Einbruchs in die Front der Donaumonarchie abwenden. Die erste Phase der Schlacht erwies eine mangelhafte Planung der österreichischen Führung. Immer mehr geriet in der Folgezeit die Armee der Donaumonarchie in die Rolle eines Unterstützungsempfängers des deutschen Verbündeten.

Inhaltsverzeichnis

Strategische Voraussetzungen

Russische Infanterie auf dem Weg an die Front, Sommer 1914

Nach den schweren militärischen Niederlagen der ersten Kriegsmonate stand die Doppelmonarchie vor einer ernsten Gefahr. Galizien war weitgehend von den russischen Truppen erobert, diese konnten tief in die Karpaten eindringen. Der Verlust militärischen Prestiges konnte Italien dazu motivieren, seine Spannungen der Irredenta mit der Habsburgermonarchie kriegerisch auszutragen und der Entente beizutreten. Selbst der deutsche Verbündete äußerte sich angesichts des Erfolgs bei Tannenberg unzufrieden über die bisherigen österreichischen Leistungen.

Die Berglandschaft der Karpaten bot zwar im Winter noch einen schlechten Ausgangspunkt für eine russische Offensive. Dieser Umstand würde sich allerdings mit der Schneeschmelze ändern und bei einem Durchbruch der Russen stand diesen der Weg in die ungarische Tiefebene und damit in ein Kerngebiet des fragilen Vielvölkerstaats offen. Außerdem befand sich jenseits des Gebirges noch die preisgegebene österreichische Festung Przemyśl mit knapp 150.000 Soldaten unter russischer Belagerung.

Den Bemühungen der Mittelmächte spielte die Unentschlossenheit der russischen Generalität in die Hände. Einerseits war ein Vorstoß durch die Karpaten möglich. Andererseits kam die vergleichsweise bessere Ausgangsposition in Galizien mit Raum Krakau als Basis für einen möglichen Angriff gegen Schlesien in Betracht. Den Krieg auf deutsches Territorium zu tragen, war eine Hauptforderung der westlichen Verbündeten des Zarenreichs. Man entschloss sich nach einer Beratung im Großen Hauptquartier letztere Option zu verfolgen und die Offensive südlich von Krakau fortzuführen, um eine bessere Ausgangsposition gegen Deutschland zu erlangen.

Verlauf der Offensiven

Bereits im Dezember 1914 unternahm Conrad von Hötzendorf einen Versuch, die drohende Katastrophe des österreichischen Heeres abzuhalten. Südlich von Krakau, das man bereits in den Anfangsmonaten des Krieges an die Russen verloren hatte, befanden sich die Nahtstellen der 3. russischen Armee unter Russki und der 8. Armee unter Brussilow. Zwischen Limanowa und Łapanów befand sich ein dreißig Kilometer breiter Streifen, der von den Russen nur schwach gesichert war. Hier setzte am 3. Dezember die erste Offensive an. Dem österreichischen Oberbefehlshaber gelang es, eine deutsche Division und ein Korps unbemerkt an den Schwachpunkt in der gegnerischen Front heranzubringen. Das Überraschungsmoment wurde genutzt und es folgte eine konventionelle Durchbruchsschlacht. Die Mittelmächte drängten die russische Front etwa sechzig Kilometer nach Nordosten zurück, allerdings konnten die Russen rasch Reserven zuführen und die Front binnen einer Woche wieder konsolidieren. Am 10. Dezember war der Vormarsch von Conrad von Hötzendorf beendet.

Winterschlacht in den Karpaten

Die Schlacht in Galizien war zwar überraschend erfolgreich, doch stellte sie nur einen Teilsieg dar. Die Hauptbedrohung für die Doppelmonarchie aus der Richtung Karpaten-Ungarn war noch immer nicht beseitigt. Das Oberkommando plante darum noch im Winter eine umfassendere Offensivoperation. In den umkämpften Bergen konnten die Österreicher während der vorhergehenden Schlacht kleinere taktische Erfolge und Stellungsverbesserungen erringen. Das war darauf zurückzuführen, dass die russischen Reserven in Galizien zeitweise gebunden wurden. Conrad von Hötzendorf entschloss sich für eine Offensive auf breiter Front in der gesamten Berglandschaft. Den Stoßkeil durch die westlichen Karpaten sollten zwei deutsche Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision bilden. Dieser Hauptangriff sollte durch vier österreichische Armeen an der Gebirgsfront unterstützt werden.

Die Offensive begann am 27. Februar 1915, doch verlief die Operation von Anfang an nicht plangemäß. Die deutschen Truppen konnten keine nennenswerten Erfolge erzielen und erlitten trotz geringer Geländegewinne hohe Verluste. Ebenso erging es dem Großteil der Österreicher. Der einzige Erfolg zeigte sich bei der östlichsten Gruppe, obwohl die Offensive im Westen ihre Schwerpunkt haben sollte. Der 2. k.u.k. Armee unter Böhm-Ermolli gelang ein Stoß durch den östlichen Gebirgsrand und die Rückeroberung des im August 1914 verlorenen Czernowitz.

Dieser Geländegewinn war allerdings wenig hilfreich und die Versorgung der vorgerückten Truppen verschlang mehr Ressourcen, als es die geringe strategische Bedeutung der Stadt rechtfertigte.

Am 27. Februar (?) wurde die Offensive nach einer Verstärkung der Mittelmächte wiederaufgenommen. Die Russen gingen ihrerseits zu Gegenangriffen über und brachten die Operation bereits Anfang März zum Stillstand.

Unterschiede zu Ostpreußen

Im Gegensatz zu den erfolgreichen deutschen Gegenoffensiven des Jahres 1914 bei Tannenberg und an den Masurischen Seen entwickelte sich die Front der Doppelmonarchie aus folgenden Gründen zu einem Problem für die Mittelmächte:

Terrain

Der größte Unterschied zu den von Seengebieten durchschnittenen Ebene in Ostpreußen war die Beschaffenheit des Landes. Während die österreichisch-ungarische Armee in der Ebene von Galizien einen Bewegungskrieg, wenn auch nach antiquierten Taktiken durchaus mit ausreichendem Erfolg führen konnte, erwies sich die Fortsetzung der Operationen in den Karpaten als strategischer Fehler. Jedes Gebirgsgelände kommt naturgemäß den Kräften der Verteidigung entgegen, doch spielten zwei weitere Faktoren den Russen in die Hände. Die Westkarpaten, durch die deutsche Leihtruppen marschieren sollten, waren der für eine militärische Operation wohl ungeeignetste Teil der Gebirgskette mit bis zu 2.000 Meter hohen Gipfeln. Das Gelände war nach logistischen Gesichtspunkten eigentlich unpassierbar.

Gegen den Angriff der Mittelmächte sprachen überhaupt die klimatischen Bedingungen. In den Karpaten herrschte ein für Berg- und Höhenlagen typischer harter Winter. Der Generalstab unter Conrad von Hötzendorf verabsäumte es, die Soldaten überhaupt mit Winterausrüstung zu versorgen. So gingen vier Armeen ohne zweckmäßige Kleidung und Winterkampfausbildung an die Front. Nach einigen Wochen war jede militärische Operation, die logistische Versorgung und die Organisation des Verwundetentransports am Ende. Der unerträgliche Frost forderte den Armeen der Mittelmächte höhere Verluste ab als Kampfhandlungen.

Taktik der Russen

Während in Ostpreußen jeweils der Angriff russischer Armeen abgewartet wurde, um ihnen in schnellen, durch Eisenbahnverlegung unterstützten Bewegungsgefechten entgegenzutreten, hatten sich die Russen an der Grenze zu Österreich generell auf die Defensive eingestellt. Die angreifenden Armeen trafen nicht auf provisorische, sondern gut ausgebaute russische Verteidigungsstellungen. Artillerieunterstützung konnte kaum geleistet werden. Einerseits zwangen die spärlichen Nachschubwege zu sparsamer Verwendung der Munition. Andererseits war die österreichische Armee generell unzureichend gerüstet und hatte mit den für einen multiethnischen Staat typischen Schwierigkeiten fertigzuwerden. Bei Angriffen wendeten die russischen Generale ein Verfahren an, das den deutschen und österreichischen Offizieren in dieser Form unbekannt war und von ihnen verurteilt wurde. Ohne Rücksicht auf vernichtendes Maschinengewehrfeuer, das die Reihen der angreifenden Infanterie innerhalb kürzester Zeit stark lichtete, wurden immer neue Wellen gegen den Gegner geführt. Vor allem diese Praxis war Ursache der extrem hohen russischen Verluste während dieser Gefechte. Da das Verfahren hier erstmals beobachtet wurde, erhielt es von den deutschen Offizieren die Bezeichnung Karpathentaktik.

Folgen

Als schwere militärische Schlappe schlug für die Österreicher die Kapitulation ihrer Festung Przemyśl zu Buche. Nach der gescheiterten Karpaten-Offensive, die unter anderem deren Entsetzung zum Ziel hatte, gab die österreichische Garnison im März 1915 auf. 120.000 Mann gingen in russische Gefangenschaft. Die Offensive selbst hatte das österreichisch-ungarische Heer weitere 100.000 Soldaten gekostet. Diese Zahlen mögen zwar im Vergleich zu den Schlachten der Westfront als relativ akzeptabel erscheinen, doch trafen sie die Donaumonarchie doppelt schwer. Ein Staat wie das Deutsche Reich war national weitgehend homogen und verfügte über einen im Wesentlichen gleichwertigen Personalersatz. Am Beginn des Krieges waren dagegen in Österreich-Ungarn bei den Verbänden der ersten Linie Deutsch-Österreicher und Ungarn, zumal im Offizierkorps, überrepräsentiert. Man rechnete mit einem kurzen Krieg und wollte natürlich die besten Truppenteile in die Schlacht werfen. Dementsprechend wurden die Kernländer der Monarchie bereits von Anfang an stark in Mitleidenschaft gezogen. Dies machte erforderlich, dass in den Folgejahren in stärkerem Ausmaß auf Ersatz aus den geringer motivierten slawischen, rumänischen und anderen Bevölkerungsgruppen zurückgegriffen werden musste. Die Armee des Vielvölkerstaates verlor immer mehr an Kampfkraft und die Winteroffensiven sollten die letzten Operationen des gesamten Krieges sein, welche ohne maßgebliche Mithilfe des deutschen Verbündeten durchgeführt wurden.

Strategisch gesehen vereitelte die siegreiche Schlacht bei Limanowa-Łapanów zwar eine mögliche russische Offensive gegen das preußische Schlesien, doch die Gefahr für Ungarn selbst war noch nicht gebannt. Der signifikante Misserfolg des k.u.k. Heeres bestärkte zudem die Interventionisten in Italien in ihrem Bemühen, ihr Land in den Krieg zu verwickeln. Somit war an der Front gegen Russland eine weitere Kraftanstrengung der Mittelmächte notwendig. Nun mussten in großem Umfang deutsche Truppen von der Westfront abgezogen werden. Eine neue deutsche Armee, die 11., wurde für die Operation gebildet. Die Offensive begann im Frühjahr 1915 unter August von Mackensen mit der Schlacht von Gorlice-Tarnów, die vollkommen unter deutscher Regie ablief.

Literatur


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