Schimmelpilze

Schimmelpilze

Als Schimmelpilze fasst man in der Mikrobiologie eine systematisch heterogene Gruppe von filamentösen Pilzen (Fungi) zusammen, die in der Mehrzahl zu den taxonomischen Gruppen der Ascomyceten (Schlauchpilze) und Zygomyceten (Jochpilze) gehören.[1] Die große Mehrzahl der Schimmelpilze führt ein eher unauffälliges Dasein als Saprobiont. Dagegen sind einige Schimmelpilzarten, z. B. Tabakblauschimmel, meldepflichtige Pflanzenkrankheiten oder haben aufgrund ihrer Lebensweise in bestimmten ökologischen Nischen für den Menschen besondere Bedeutung als Human-Parasiten (z. B. Aspergillus fumigatus), Erzeuger von Pilzgiften in verdorbenen Lebensmitteln (z. B. Aflatoxine und Patulin), aber auch als Nahrungsmittel-Veredler (z. B. als charakteristische Zutat von Schimmelkäse und Salami), biologische Quelle für Antibiotika (z. B. Penicillin) und cholesterinsenkende Medikamente (z. B. Lovastatin).[2]

Inhaltsverzeichnis

Kennzeichen und Verbreitung

Schimmelpilze finden sich als faseriger, flockiger oder staubiger, weißlicher, grauer, bläulich-grüner, gelblicher, rötlicher, bräunlicher oder schwärzlicher Belag auf verschiedenen Substraten. Besonders augenfällig ist ihr Vorkommen auf verdorbenen Lebensmitteln (z. B. Brot, Früchte), feuchtem Holz oder Wänden. Feuchtigkeit der befallenen Substanz bzw. der Raumluft ist für Bildung und Ausbreitung eines Schimmelpilzbefalls oft eine Voraussetzung. Oft beginnen Schimmelpilze auf organischen Substanzen zu wachsen und initiieren damit eine Reihe von Fäulnisprozessen. Zuerst bildet sich aus einer auf das Substrat gefallenen Schimmelpilz-Spore eine fädige Struktur, das Myzel. Dieses besteht aus mikroskopisch kleinen, langen, dünnen, vielfach verzweigten Pilzfäden (Hyphen), die sich von einzelnen Punkten aus allseitig kreisförmig ausbreiten. An ihrer Spitze wachsen diese Hyphen mit gelegentlich großer Geschwindigkeit, so dass der Schimmel nicht selten rasch große Flächen überwuchert.

Alle Schimmelpilze ernähren sich von organischen Molekülen (z. B. Kohlenhydrate, Fette, Proteine). Sie zählen daher zu den heterotrophen Organismen. Als Ernährungsgrundlage dienen alle möglichen Materialien, die organische Stoffe enthalten, wie zum Beispiel in verfaulenden Früchten, in Marmeladen, in altem Brot, in Getreide, in Nüssen, im Erdboden, in Holz, in Kot, in Staubkörnern oder sogar in Kunststoffen und Leder.

Arten

Da verbreitet bei Schimmelpilzen (generell bei Fungi imperfecti) wichtige Kriterien zur systematischen Klassifizierung fehlen, ließ sich diesbezüglich ein System, welches auf der Abstammung und Verwandtschaft der Gruppen gründet, in der Vergangenheit nicht umfassend realisieren. Durch molekulargenetische Methoden werden heute allerdings immer mehr Verbindungen zwischen diesen Arten aufgedeckt, so dass die frühere Einteilung der ungeschlechtlichen Stadien in eine eigene Abteilung, die Fungi imperfecti (Deuteromycota) obsolet geworden ist.

Wegen der Einordnung vieler Schimmelpilzarten aufgrund vorrangig morphologischer Merkmale ist die Klassifizierung nicht als endgültig anzusehen (siehe dazu auch: Liste der Fusarien). Folgende Gattungen von Schimmelpilzen werden im Wesentlichen unterschieden:

Acremonium Dematiaceae (Schwärzepilze) Phoma
Alternaria Eurotium Rhizopus (Brotschimmel)
Aspergillus (Gießkannenschimmel) Fusarium Scopulariopsis
Aureobasidium Monilia Stachybotrys
Botrytis Mucor (Köpfchenschimmel) Stemphylium
Chaetomium Mycelia sterilia Trichoderma
Cladosporium Neurospora Ulocladium
Claviceps Paecilomyces Wallemia
Curvularia Penicillium (Pinselschimmel)

Bau

Mit dem Mikroskop ist zu erkennen, dass der Schimmelpilz von zahlreichen feinen Fäden gebildet wird, die insgesamt das Myzel aufbauen. Diese Myzelien sind die eigentlichen Schimmelpilze. Sie können weißlich, grünlich, grau oder andersfarbig aussehen. Von den Myzelien zu unterscheiden sind die der Fortpflanzung dienenden Sporenträger, die Sporangien. Diese bilden ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen den einzelnen Arten. Bei den Schimmelpilzen lassen sich nach der Form der Sporenträger zum Beispiel Köpfchenschimmel, Pinselschimmel und Gieskannenschimmel unterscheiden.

Fortpflanzung

Die Vermehrung erfolgt meistens auf ungeschlechtlichem Wege über Sporen, die am Ende von sporentragenden Strukturen erzeugt werden. Die Sporen werden bei schimmelbildenden Schlauchpilzen – wie etwa Aspergillus oder Penicillium – Konidien genannt. Um eine Vielzahl von diesen Konidien entstehen zu lassen, erzeugen die Myzelfäden nach einiger Zeit zahlreiche sich vertikal von der Oberfläche erhebende Sonderhyphen, die Konidienträger. Diese sind bei den einzelnen Arten unterschiedlich gestaltet und bestehen aus oft dicht verzweigten Hyphen, die bei schwacher Vergrößerung wie ein kleiner Wald aussehen. An den äußeren Verästelungen dieses „Waldes“, den Sterigmen, werden reichlich Sporen (Konidien) gebildet, die kettenförmig aneinandergereiht nach außen ragen. Der Schimmel nimmt in diesem Stadium eine eher staubige Beschaffenheit an.

Bei den schimmelbildenden Mucorales, die zu den Zygomyceten gehören, werden die Sporen nicht am Ende von Konidienträgern abgeschnürt, sondern oft zu Tausenden in Sporangien erzeugt, die als kugelige Anschwellungen am Ende von Sporangienträgern ausgebildet werden.

Schimmelpilze benötigen zum Wachstum vor allem Nährstoffe und Feuchtigkeit. Daneben beeinflussen das Sauerstoffangebot, die Temperaturen, der pH-Wert (basisches bzw. recht saures Milieu hemmt) und weitere Faktoren das Wachstum von Schimmelpilzen.

Da Schimmelpilze fast überall vorkommen, sind ihre Sporen in der Regel immer in der Luft vorhanden. Diese sind für die Mehrzahl der Menschen ungefährlich, wenn sie nicht in Massen auftreten, sie können aber in bestimmten Fällen Allergien auslösen oder bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem zu gelegentlich schweren Erkrankungen führen.[3]

Schimmelpilze als Nütz- oder Schädlinge

Schadschimmel auf Frischkäse
Salami mit Schadschimmel
Brot mit Schadschimmel

Beispiele von Nutz- oder Schadpilzen

Schimmel bezeichnet im Zusammenhang von Schimmelpilzen vor allem deren oberflächlich und mit bloßem Auge sichtbaren Strukturen; diese bestehen meistens in (oft pigmentierten) Konidien- oder Sporangienträger und dem Pilzmyzel.

Nutzen und Schaden von Schimmel können eng beieinander liegen:

  • Aspergillus niger kann beim Menschen vielerlei Krankheiten hervorrufen und gedeiht selbst bei extremen pH-Werten, aber wird industriell zur Herstellung von Zitronensäure verwendet.

Schadensweisen

Ein Schimmelpilz kann durch seine Zellbestandteile, seine Stoffwechselprodukte und seine Sporen Menschen und Haustieren schaden oder ihnen zumindest lästig sein. Unerwünschte Folgen können in erheblicher Geruchsbelästigung, in allergischen Reaktionen und in – eventuell tödlichen – Vergiftungen bestehen. Im Extremfall befallen und zerstören Schimmelpilze (z. B. Aspergillus fumigatus) Körpergewebe mit tödlichem Ausgang.

Gerade Schimmelpilze wie etwa Aspergillus niger, Aspergillus fumigatus und die meisten Jochpilze (Zygomycota), die als Urheber tödlicher (letaler) Erkrankungen bekannt sind, kommen praktisch überall im Erdboden, und auch in der Blumenerde als natürliche saprotrophe („fäulnisfressende“) Organismen vor, ohne merklich zu schaden. Von Schimmel ausgehende Gefahr hängt zum einen von der Wirkstoffkonzentration (von Stoffwechselprodukten, Zellbestandteilen bzw. Sporen) beim Kontakt mit betroffenen Personen oder Haustieren ab. Zu solchen relevanten Konzentrationen kommt es gerade bei Aufnahme von Schimmel befallener Nahrung (Gifte), in befallenen Räumen (Sporen, Gifte) und beim Befall (Infektion) von Menschen bzw. Haustieren selbst (Mykosen; Gifte, allergene Zellproteine). Die Gefahr allergischer Reaktionen bzw. von Mykosen betrifft zum anderen nur entsprechend empfindliche oder immungeschwächte Individuen (hängt vom Immunstatus ab). AIDS, Diabetes mellitus (Typ 1), Leukämie, Neutropenie oder eine Immunreaktionen unterdrückende (Immunsuppression bei Organtransplantation, Autoimmunkrankheit, Allergie) bzw. beeinträchtigende Therapie (Chemotherapie oder Bestrahlung bei Krebs) kann eine solche Immunschwächung bewirken. Die Mykose ist dann eine sog. opportunistische Infektion.

Einzelheiten zu besonders bedeutsamen Stichwörtern:

  • Gifte. Schimmelpilze können auf folgende Weisen toxisch wirken:
  • Eine Aspergillose ist eine Mykose, verursacht durch eine Art der Gattung Aspergillus, die in manchen Fällen innere Organe befallen kann (invasive Aspergillose) – und zum Tode führen kann. Ein Aspergillom ist eine Aspergillose, bei der sich ein „Pilzball“ in einer Körperhöhle (oft der Lunge) ansiedelt. Gefahr geht dabei von den an der Kugeloberfläche gebilden Sporen aus.
  • Allergische Reaktionen: Die Bezeichnung Allergen findet man sowohl in der Bedeutung eine Allergie auslösend als auch in der Bedeutung eine allergische Reaktion aufgrund einer bestehenden Allergie auslösend. (Bei einer Kreuzallergie lösen auch andere Stoffe als diejenigen, die die Allergie ausgelöst haben, allergische Reaktionen wegen ihrer Ähnlichkeit mit den auslösenden Stoffen aus.)
  • Eine Zygomykose ist eine Mykose, die von einer Art der Abteilung Jochpilze (Zygomycota, Klasse Zygomycetes; zumeist Ordnung Mucorales [Köpfchenschimmelartige], daher auch Mucormykose) verursacht wird. Hierzu zählen u. a. die Gattungen Mucor (Köpfchenschimmel) und Rhizopus (Brotschimmel, vor allem der in Nahrungsmitteln und im Erdboden lebende Rhizopus stolonifer). Der Pilz breitet sich über die Blutbahnen aus, schädigt sie, unterbricht so die Versorgung von Geweben (besonders Gesicht) und führt in wenigen Tagen zum Tod (in 4 von 5 Fällen). Eine Zygomykose, besonders mit derart fatalem Verlauf, droht jedoch nur bei stark ausgeprägter Immunschwäche.
  • Wegen der unklaren bzw. unspezifischen Symptome sind Mykosen oft nicht leicht zu erkennen.

Schimmel auf Lebensmitteln

Übersprungverhalten von Schimmel auf Nektarinen

In der Regel sind von schädlichem Schimmelpilz befallene Lebensmittel als Ganzes zu entsorgen. Es genügt i. A. nicht, die sichtbar betroffenen Stellen wegzuschneiden oder obere Schichten von Lebensmitteln abzutragen. Fürs bloße Auge unsichtbar hat sich in der Regel das Myzel des Pilzes bereits in der gesamten Portion ausgebreitet und eventuell dort Mykotoxine erzeugt. Andernfalls haben sich die Mykotoxine umso weiter verteilt (Diffusion), je höher der Wassergehalt des Lebensmittels ist.

Folgende Ausnahmen findet man angegeben:

  • Marmelade mit einem Zuckergehalt über 60 Prozent. Zucker in diesen Konzentrationen wirkt konservierend; die verschimmelten Stellen können großzügig abgehoben werden.
  • Auch in Hartkäse kann sich Schimmel wenig ausbreiten – man kann den Schimmel großzügig abschneiden und den Rest des Käses verzehren.
  • Schimmel auf knusprig-trockener Kruste eines nicht angeschnittenen Brotlaibs kann nicht ins weiche Innere des Laibs eindringen; es genügt, die befallene Kruste großzügig zu entfernen. Ist auf Schnittbrot nur das Äußere der Kruste befallen, so sind die betroffenen und einige benachbarte Scheiben zu entfernen.

(Vgl. etwa Verbraucherzentrale Berlin, quarks.de/Buchwalsky und Gesundheits-Kompass/Word@rt.)

Schimmel in Gebäuden

Ursachen

Verschimmelte Decke

Feuchtigkeit ist die Hauptursache für Schimmelbildung in Gebäuden. Schimmelpilze finden hier ein reiches Nahrungsangebot: Zellulose (Tapeten, Kleister, Holz und Holzwerkstoffe, Gipskartonplatten) oder auch Kunststoffe (Wandbeschichtungen, Teppichböden, Bodenbeläge usw.). Darüber hinaus können Staub, Kleidung, Bücher (Bibliotheken) etc. befallen werden. Die Feuchtigkeit kann folgende Ursachen haben (vgl. Feuchtigkeit):

  • defekte Wasserleitungen (Heizung, Dachentwässerung, etc.);
  • Eindringen von Schmelz- oder Regenwasser wegen schadhafter Dachabdichtung, undichtem Mauerwerk etc.;
  • Unglücksfälle: Waschmaschinenablauf, Löschwasser (WTC Deutsche Bank), Hochwasser Katrina, etc.,
  • Kondenswasser (oder Tauwasser) – tatsächlich das Hauptproblem, das besonders in den jüngeren Zeiten des Energiesparens viel (juristischen) Streit zwischen Mietern und Vermietern ausgelöst hat:
    • Raumluftfeuchtigkeit schlägt sich auf kühlen Bereichen von Zimmerwänden (oder an Fenstern etc.) nieder – dort (oder an anderer Stelle, wohin das Wasser eventuell abfließt) entsteht bei vorhandenem Nahrungsangebot Schimmel. Die Luftfeuchtigkeit rührt nicht nur vom Baden und Kochen her, sondern schon vom Atem der Bewohner. Einzelne Bauschimmelarten treten ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 % auf, ab 80 % fast alle übrigen (Sedlbauer/Krus 2003, S. 5).
    • Früher waren Fugen an Fensterrahmen derart undicht, dass sie unbemerkt ein Entfeuchten der Raumluft gewährleisteten und so Schimmelbildung vermieden.[4] Zum Energiesparen wurden derart undichte Fensterrahmen inzwischen so durch dichtere ersetzt, dass der Austausch zwischen (relativ) feuchter Raumluft und (relativ) trockener Außenluft nunmehr gezielt durch Lüften herbeigeführt werden muss. Wetterabhängig (besonders im Sommer) kann jedoch Lüften auch die Feuchtigkeit der Raumluft erhöhen,[5] (besonders bei Kellerräumen)[6]; dann ist eher Heizen (oder sogar ein technisches Entfeuchtungsverfahren[7]) angebracht.
    • Niederschlag von Raumluftfeuchtigkeit (also Kondenswasser) nimmt mit der relativen Feuchtigkeit der Raumluft zu. Bei gleichem Wassergehalt (absolute Luftfeuchtigkeit, H2O etwa in g/m3) ist diese umso höher, je geringer die (Innen-)Temperatur ist. Daher wird stets geraten, einerseits auch bei Abwesenheit zu heizen und andererseits das Lüften rechtzeitig so zu beenden, dass Raumwände und Mobiliar nicht auskühlen (Stoßlüften statt Fensterkippen). – Die Temperatur der Raumluft differiert i. a. zwischen verschiedenen Stellen eines Raums, insbesondere mit der Nähe zu einer Wärmebrücke (unzureichende Wärmedämmung) oder einer Kaltwasserleitung, auch zwischen verschiedenen Bereichen einer Wohnung oder eines Hauses abhängig von Nutzung/Heizung. Damit schwankt die relative Luftfeuchtigkeit innerhalb eines Raums oder – bei offenen Durchgängen (Türen) – zwischen Bereichen der Wohnung/des Hauses. Relevant für Schimmelwachstum ist die relative Luftfeuchtigkeit an der Oberfläche der bedrohten Nährsubstanz. Die Schwankung der relativen Feuchtigkeit an Zimmerwänden veranschaulicht Bild 3 auf S. 20 in Sedlbauer/Kießl 2002.
    • Undichte Dampfsperrfolien an Innendämmungen oder in Dachkonstruktionen lassen feuchte Raumluft in die Dämmmaterialschichten eindringen und kondensieren (vgl. Wärmedämmung).
    • An der Wand stehendes Mobiliar kann eine ähnliche Wirkung wie eine Innendämmung ohne Dampfsperre haben. Es behindert die Erwärmung der Wandinnenseite und sorgt so für eine Verschiebung des Taupunkts zur Raumseite hin. Ohne eine ausreichende Absperrung des Wasserdampfs kommt es vermehrt zu Kondensation.
    • Die Temperatur der Raumluft nahe einer Wärmebrücke, also einer kühlen Stelle einer Wand, nähert sich der Temperatur der Wand an dieser Stelle umso mehr an, je weniger die Luft über diese Stelle hinwegstreift, statt an ihr zu stehen[8]. Hiervon hängt die relative Luftfeuchtigkeit an der kühlen Wandstelle tatsächlich ab. Auch daher kondensiert Feuchte mit folgender Schimmelbildung besonders dort, wo geschlossenes Mobiliar zu dicht an Außenwänden steht und eine Hinterlüftung nicht gewährleistet ist. Dies illustriert ebenfalls Sedlbauer/Kießl 2002, S. 20.
    • Neben Unterbinden des Luftaustauschs durch dichtere Fugen (s. o.) bestehen (nachträgliche) Wärmedämmungsmaßnahmen gewöhnlich darin, ältere Fenster durch solche mit besser dämmendem Rahmen und Glas einzusetzen. Dies kann dazu führen, dass Raumluft vermehrt an verbleibenden Wärmebrücken (etwa Fensterlaibung) niederschlägt und dort Schimmel hervorruft – vgl. Lüften und Wärmedämmung. Allgemein fällt auf, dass Schimmel in Innenräumen gerade erst nach nachträglichen Wärmedämmungsmaßnahmen auftritt.[9] Vermieter/Bauherren können danach Streit mit Bewohnern zu vermeiden versuchen, indem sie auf das veränderte erforderliche Lüftungsverhalten hinweisen (z. B. Merkblatt). Verantwortung bleibt noch bei Vermietern/Bauherren in Bezug auf die Dämmung aller Wärmebrücken (s. o.). Aus der Rechtspraxis: Einbau isolierverglaster Fenster in auch sonst schlecht gedämmtem Mietshaus. Vermieter händigt besagtes Merkblatt den Mietern aus. Feuchtigkeitsschäden nehmen zu, im Erdgeschoss wächst Schimmel. Klage des Vermieters gegen entsprechende Mietminderung wird abgewiesen. In der Begründung: Wenn eine Wohnung derartige Mängel aufweise, dass diese nur noch durch übersteigertes Heizen und Lüften zu bekämpfen seien, sei das Maß des Zumutbaren überschritten.[10] (Man beachte hier die Gewährablehnung zu Rechtsthemen!)
    • Präzisere Angaben finden sich schon im Wikipedia-Artikel über Luftfeuchtigkeit, weit mehr noch in Sedlbauer/Krus (2003). Biologisch ist eigentlich die Wasseraktivität – der aw-Wert – relevant; im wesentlichen ist jedoch bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von N Prozent der aw-Wert gerade N/100 (Sedlbauer/Krus (2003), S. 1–3).

Von Bauschimmel zu unterscheiden sind etwa der Hausschwamm und der Fogging-Effekt (Schwarzstaub).

Nachweis

Ein deutlicher Hinweis auf einen Schimmelbefall in Gebäuden ist das Auftreten der typischen dunklen Flecken und/oder ein muffeliger (erdiger) Geruch. Ein analytischer Nachweis kann entweder über Luftanalysen (Untersuchung auf bestimmte Stoffwechselprodukte der Pilze) oder über Hausstaubuntersuchungen erfolgen.[11] Eine im Jahr 2009 veröffentlichte Untersuchung[12] deutet darauf hin, dass der Ergosteringehalt im Hausstaub als Schnellmethode für eine Schimmelpilzbelastung in Innenräumen verwendet werden kann.

Behandlung (Sanierung)

Ungenau wird von „Entfernen“ des Schimmelbefalls gesprochen. Besser sollten folgende Ziele von Maßnahmen gegen vorhandenen Bauschimmel unterschieden werden; Kombinationen müssen fallspezifisch erwogen werden:

  • biologisches „unschädlich“ machen („Abtöten“); hierbei geht es um Unterbindung
    • weiteren Stoffwechsels (also auch weiterer Bildung von Giftstoffen),
    • weiterer Ausbreitung des Befalls (des Myzels),
    • weiterer Bildung von Sporen
    • – oder gar der besonders aufwändigen Zerstörung der Sporen so weit, dass diese nicht mehr biologisch aktiv werden können (sporozide Wirkung, Sporizide);
  • „optisches unschädlich“ machen (Bleichmittel);
  • tatsächliches (d. h. physikalisches) „Entfernen“ des Schimmelbelags bzw. seiner Rückstände nach anderer Behandlung. Dies bedeutet typischerweise Abtragen des befallenen Substrats, also auch etwa von Putz oder weiterer Baumaterialien.
  • Unterbinden neuerlichen Schimmelpilzbefalls.

Zu beachten ist dabei, dass grundsätzlich auch ein „abgetöteter“ nicht vollständig entfernter Schimmelbefall Gifte bzw. Allergene in die Raumluft abgeben kann (vgl. „Schadensweisen“).

Chemikalien können Schimmelpilz kurzfristig und i. a. nur an der Oberfläche entfernen. Sie werden in der Regel nur von Fachleuten im Rahmen einer ursächlichen und umfassenden Sanierung verwendet. Pilztötend oder -hemmend – fungizid bzw. fungistatisch – wirken u. a. folgende Chemikalien und Methoden:

Wasserstoffperoxid, Natriumhypochlorit und Peressigsäure sind (als Oxidationsmittel) auch sporozid und entfärben als Bleichmittel den Belag, so dass er unter Umständen nicht vollständig abgetragen werden muss (poröse Oberflächen). Alkohol ist nicht sporozid, wird eher zum Lösen und Abwischen des gesamten Schimmelbelags auf glatten Oberflächen verwendet.

Für kleine Flächen und bis ca. 2 cm Materialtiefe:

Für größere Flächen und größere Materialtiefen (auch dicke Balken u. Ä.):

  • Spezielle Mikrowellengeneratoren, welche eine Temperaturerhöhung auch im Holzinneren herbei führen. Dadurch lassen sich allgemein holzzerstörende Organismen abtöten. Zeit- und Energieaufwand sind allerdings dem entsprechend hoch.

Fungizide Chemikalien werden auch in der Hoffnung eingesetzt, künftigen Schimmelbefall zu vermeiden. Beim Kontakt mit Mikroorganismen u. ä, aber auch schon unter Einwirkung von Licht und Wärme, zersetzen sie sich bzw. zerfallen, d. h. sie sind nur für begrenzte Zeit vorhanden, ab dann wirkungslos. Daher hat die ursächliche Behandlung Vorrang, vor allem muss eben Feuchtigkeit unterbunden werden. – Quartäre Ammoniumverbindungen (Quaternäre Ammoniumverbindungen, „Quats“, QAVs) wirken i. a. nur fungistatisch; dies genügt jedoch, um das Auskeimen von Sporen und Neubildung von Schimmelbelag zu verhindern. Sie sind viel stabiler als die aggressiveren und sporoziden Oxidationsmittel Natriumhypochlorit und Wasserstoffperoxid. Daher werden sie z. B. als Beimengung zum Farbanstrich zur (zusätzlichen) Vorbeugung gegen Schimmel eingesetzt.

Literatur

Allgemein

  • Jürgen Reiß: Schimmelpilze. Lebensweise, Nutzen, Schaden, Bekämpfung. 2. Auflage. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-63019-8.

Bauschimmel

  • Frank Frössel: Schimmelpilze in Wohnungen – Wenn der Pilz zur Untermiete wohnt. baulino Verlag, 2006. (Mikrobiologische, bauphysikalische, technische, baubiologische, umweltmedizinische, diagnostische, rechtliche Aspekte.)
  • Isenmann,Wolfgang; Adam, Ralf; Dr. Mersson, Günter: Feuchtigkeitserscheinungen in bewohnten Gebäuden, Ursachen – Folgen – Sanierung – Gutachten – Mietminderung. 4. vollständig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage 2008, 293 Seiten. Verlag für Wirtschaft und Verwaltung H. Wingen, Essen. ISBN 978-3-8028-0560-8. wingenverlag.de
  • Volkhard Möcker, Heinz-Jörn Moriske, Regine Szewzyk: Hilfe! Schimmel im Haus. Ursachen – Wirkungen – Abhilfe. Umweltbundesamt, Berlin 2004. (PDF-Datei, 1,94 MB).
  • Heinz-Jörn Moriske, Regine Szewzyk: Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen („Schimmelpilz-Leitfaden“). Umweltbundesamt, Berlin 2002. (PDF-Datei, 504 KB.)
  • Klaus Sedlbauer, Kurt Kießl, 2002: Neue Erkenntnisse zur Beurteilung von Schimmelpilzen und Stand der Normenbearbeitung. Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Holzkirchen; Bauhaus-Universität Weimar. (PDF-Datei, 237 KB.)
  • Klaus Sedlbauer, Martin Krus, 2003: Schimmelpilz aus bauphysikalischer Sicht. Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Holzkirchen. (PDF-Datei, 392 KB. Quantitative Analyse physikalischer Voraussetzungen für Schimmelbildung; mit Tabellen und graphischen Darstellungen.)
  • LandesGesundheitsAmt Baden-Württemberg: Schimmelpilze in Innenräumen - Nachweis, Bewertung, Qualitätsmanagement, Dezember 2004.

Gesundheitliche Aspekte

  • Jürgen Bünger: Gesundheitsrisiken durch eine inhalative Exposition gegenüber mykotoxinbildenden Schimmelpilzen. In: Gefahrstoffe – Reinhaltung Luft 65(9)/2005, S. 341–343. ISSN 0949-8036
  • Guido Fischer, Nadine Hollbach, Claudia Schmitz, Wofgang Dott: Luftgetragene Schimmelpilze in der Umwelt des Menschen – gesundheitliche Relevanz und Möglichkeiten der Risikobewertung. In: Gefahrstoffe – Reinhaltung Luft 65(9)/2005, S. 335–340. ISSN 0949-8036
  • L. Roth, H. Frank, K. Kormann: Giftpilze. Pilzgifte. Schimmelpilze. Mykotoxine. Vorkommen, Inhaltsstoffe, Pilzallergien. ecomed, Landsberg, 1990. ISBN 3-609-64730-2
  • Reinhard Keller, Klaus Senkpiel, Werner Butte: Schimmelpilze und deren Sekundärmetabolite (MVOC) in Luftproben unbelasteter Wohnungen. Gefahrstoffe, Reinhaltung Luft 67(3), S. 77 – 84 (2007), ISSN 0949-8036
  • Verbraucherzentrale Berlin, Merkblatt Schimmel und Lebensmittel (PDF, 38,6 KB)
  • Allgemein biologische und medizinische im vorliegenden Wikipedia-Artikel angedeutete Aspekte werden auch im Leitfaden und (kürzer) in der Broschüre des Berliner Umweltbundesamts allgemein verständlich behandelt bzw. weiter ausgeführt.

Weblinks

Allgemein

Gesundheit in Räume

Einzelnachweise

  1. P. Sitte, H. Ziegler, F. Ehrendorfer: Strasburger Lehrbuch der Botanik, 33 ed, Urban & Fischer 1991, ISBN 3437204475
  2. Meredith Blackwell: Eumycota: mushrooms, sac fungi, yeast, molds, rusts, smuts, etc.. 2005-02-14. Abgerufen am 2007-04-06. (english)
  3. Brakhage AA: Systemic fungal infections caused by Aspergillus species: epidemiology, infection process and virulence determinants.. In: Curr. Drug Targets. 6, 2005, S. 875-886. PMID 16375671
  4. Z. B. UBA-Leitfaden S. 3, 19, 21.
  5. UBA-Broschüre, S. 14, 16; bzw. UBA-Leitfaden, S. 19, 21. Sedlbauer/Kießl 2002,Tabelle 2, S. 16 demonstriert zumindest, wie sich der Trocknungseffekt des Lüftens bei steigender Außentemperatur verringert.
  6. UBA-Broschüre, S. 16 unten, bzw. UBA-Leitfaden, S. 19 linke Spalte.
  7. Siehe wieder UBA-Broschüre S. 14, UBA-Leitfaden, S. 21, 23, sowie maschinelle Lüftung und Schachtlüftung
  8. So z. B. Gießen-Schimmel (PDF, 59,4 KB).
  9. So etwa auch UBA-Leitfaden, S. 50
  10. Landgericht Hamburg, Urteil vom 26. September 1997, 311 S 88/96; Süddeutsche Zeitung vom 02.06.2000, S. V2, Verfasser F. Gritschneder.
  11. Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen. Hrsg.: Umweltbundesamt, Berlin 2002; [1]
  12. Ilka Toepfer, Werner Butte: Chemische Indikatoren für Schimmelpilze im Hausstaub. Gefahrstoffe – Reinhaltung Luft 69(3), S. 91–95 (2009), ISSN 0949-8036
  13. Jörg Dressler (j.dressler[at]pmt-ag.com), Peter Koger: Sporen und Sporizide – der besondere Zweikampf im Sterilbereich. Steriltechnik 1/2003, GIT Verlag (www.gitverlag.com), Darmstadt; S. 29–32.
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