Schienenzeppelin

Schienenzeppelin
„Schienenzeppelin“
Der Schienenzeppelin auf der Steilrampe Erkrath-Hochdahl
Anzahl: 1
Hersteller: Kruckenberg
Baujahr(e): 1930
Ausmusterung: 1939
Achsformel: 1'1a'
Gattung: Triebwagen
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge: 25.850 mm
Gesamtradstand: 19.600 mm
Leermasse: 20,3 t
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
Indizierte Leistung: 324 kW
Raddurchmesser: 1.000 mm

Der Schienenzeppelin war ein von Franz Kruckenberg 1929 konstruierter Eisenbahntriebwagen, angetrieben von einem hölzernen Flugzeugpropeller am Heck. Der Schienenzeppelin, den Kruckenberg als „Flugbahn-Wagen“ bezeichnete, wurde nur in einem Exemplar gebaut. Er stellte mit 230,2 km/h einen Geschwindigkeitsweltrekord auf, der 24 Jahre lang Bestand hatte.

Im Rahmen der von Mai 1942 bis in die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges 1945 auf Adolf Hitlers persönlichen Auftrag hin konzipierten Breitspurbahn legte die Firma Luftschiffbau Zeppelin 1942 Pläne für vierstöckige sogenannte Schienenzeppeline.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schienenzeppelin im Juni 1931 am Spandauer Hauptbahnhof
Schienenzeppelin im Oktober 1930 auf der Versuchsstrecke
Heckansicht des Schienenzeppelins mit dem Propeller

Der von Franz Kruckenberg konstruierte Schienenzeppelin wurde 1930 im Reichsbahn-Ausbesserungswerk Hannover-Leinhausen gebaut. Der zweiachsige Wagen war 25,85 m lang und hatte einen Achsabstand von 19,6 m. Eine Zwei- oder Vier-Blatt-Luftschraube aus Eschenholz wurde von einem im Heck sitzenden 12-Zylinder-Flugmotor des Typs BMW VI mit einer Leistung von 600 PS angetrieben. Die Antriebswelle war um 7 Grad nach oben geneigt, um das Fahrzeug auf die Schienen zu drücken. Die Zweiblatt-Luftschraube wurde verwendet, da diese bei Schnellfahrten für höhere Drehzahlen besser geeignet schien.[1]

Am 10. Mai 1931 fuhr der Flugbahn-Wagen zwischen Plockhorst und Lehrte erstmals schneller als 200 km/h. Anschließend wurde der Wagen in ganz Deutschland gezeigt.

Am 21. Juni 1931 befuhr das Fahrzeug in 98 Minuten (zwischen 3:27 und 5:05 Uhr) die 257 km lange Strecke zwischen Hamburg-Bergedorf und dem Lehrter Bahnhof in Berlin. Das von Kruckenberg selbst gesteuerte Fahrzeug stellte dabei zwischen Karstädt und Wittenberge mit einer Spitzengeschwindigkeit von 230,2 km/h einen Geschwindigkeitsweltrekord auf, der 24 Jahre lang Bestand hatte.[2] Ermöglicht wurde dies auch durch seine geringe Leermasse, die nur 18,6 t betrug, sie wurde durch die Verwendung von Spanten aus Aluminium, die mit Segeltuch als Fahrzeugaußenhaut überspannt wurden, erreicht.

Das Fahrzeug war bis 25. Juni 1931 zur Besichtigung am späteren S-Bahnhof Olympiastadion ausgestellt.[3]

1932 wurde der Triebwagen für Kruckenbergs neues Projekt umgebaut: Er wurde kurz hinter dem vorderen Laufwerk durchgeschnitten und bekam einen neuen, an den späteren Triebwagen 137 155 angelehnten Kopf mit einem zweiachsigen Drehgestell; die hintere Laufachse blieb erhalten. Im November 1932 war der Umbau abgeschlossen. Der Flugmotor wurde weiterverwendet, die Antriebskraft aber nunmehr hydraulisch über je zwei Föttinger-Flüssigkeitsgetriebe je Fahrtrichtung auf die Achsen des vorderen Drehgestells übertragen. Anstelle des Propellers wurde eine Spitze aufgesetzt. Anfang 1933 erreichte der Wagen 180 km/h.

Zu Anfang des Jahres 1934 wurde der Wagen letztmals umgebaut und erhielt einen Motor vom Typ Maybach GO 5. Dies diente der Erprobung des Antriebs des in Vorbereitung befindlichen Triebwagentyps 137 155. Im Juli 1934 war der Wagen letztmalig von Berlin nach Hamburg unterwegs und wurde im November desselben Jahres für weitere Versuchsfahrten für 10.000 Reichsmark an die Deutsche Reichsbahn verkauft. Die geplanten Fahrten fanden jedoch nicht statt und der Schienenzeppelin wurde im Reichsbahn-Ausbesserungswerk Berlin-Tempelhof abgestellt. Am 21. März 1939 verfügten die Eisenbahnabteilungen des Reichsbahnverkehrsministeriums, dass der Flugbahn-Wagen umgehend zu verschrotten sei, da der Platz in der Halle für Kohlewagen und Reisezug-Lokomotiven benötigt würde.[1] Da dieser so verrottet war, dass eine museale Erhaltung nicht mehr in Frage kam, wurde er kurz danach verschrottet.

Nachteile

Ein Nachteil des Schienenzeppelins bestand darin, dass das Anhängen von zusätzlichen Wagen oder das Bilden von Triebzügen nicht möglich war. Damit waren Anpassungen an unterschiedliche Passagierzahlen nicht möglich. Seine wesentlich höhere Geschwindigkeit machte es zudem schwierig, den Zeppelin sinnvoll auf Strecken einzusetzen, die gleichzeitig von anderen Zügen benutzt wurden. Für Rangierfahrten war ein von Batterien gespeister Hilfsantrieb notwendig. Rückwärtsfahrten waren mit dem Festpropeller gar nicht möglich, der Schienenzeppelin war somit ein Ein-Richtungs-Fahrzeug und benötigte entsprechende Infrastruktur zum Wenden, darunter beispielsweise Drehscheiben oder Gleisdreiecke. Standen diese nicht zur Verfügung, waren teilweise lange und umständliche Drehfahrten nötig. Diese Nachteile führten mit dazu, dass das Projekt nicht über das Versuchsstadium hinaus kam.

Spielzeugmodelle

Mehrere Hersteller fertigten Modelle des Schienenzeppelins. Aufnahmen des echten Schienenzeppelins in Fahrt und des Märklin-Modells wurden in dem Musikvideo Trans Europa Express der deutschen Band Kraftwerk verwendet. Auf der Single war das Modell des Schienenzeppelins ebenfalls abgebildet.

Modell in Nenngröße N

Maßstäbliche Modelle des Schienenzeppelins könnten allerdings nicht durch die bei Modellbahnen typischen engen Radien fahren, da er zumindest in der Urversion keine Drehgestelle hatte und die einfachen Achsen sich verkanten würden. Selbst das Vorbild litt bereits unter diesem Problem und hatte eine lenkbare Vorderachse. Fahrfähige Modelle sind daher meist entweder deutlich verkürzt oder vorbildwidrig mit zwei Drehgestellen versehen.

Siehe auch

Literatur

  • Alfred Gottwaldt: Der Schienenzeppelin – Franz Kruckenberg und die Reichsbahn-Schnelltriebwagen der Vorkriegszeit 1929–1939 EK-Verlag, Freiburg 2006, ISBN 978-3-88255-134-1

Weblinks

 Commons: Schienenzeppelin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Alfred Gottwaldt: Der Schienenzeppelin – Franz Kruckenberg und die Reichsbahn-Schnelltriebwagen der Vorkriegszeit 1929–1939 EK-Verlag, Freiburg 2006, ISBN 978-3-88255-134-1
  2. Horst Weigelt: Zur Geschichte des Schnellverkehrs auf deutschen Eisenbahnen. In: Theo Rahn, Hubert Hochbruck, Friedrich W. Möller (Hrsg.): ICE – Zug der Zukunft. Hestra-Verlag, Darmstadt 1991, S. 16–34.
  3. Der Lückenschluß: Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr.2: Abschnitt Spandau - Falkensee. Berlin, Mai 1995, S. 11.

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