Schiene (Schienenverkehr)

Schiene (Schienenverkehr)
Schiene mit Walzzeichen produziert im Jahr 1979 in der Maxhütte im Standardprofil S54 und in Standardqualität

Schienen sind im Bahnwesen lineare Trag- und Führungselemente, die meist paarig und parallel zueinander im Abstand der Spurweite angeordnet den Fahrweg für Schienenfahrzeuge bilden.

Frühe Schienen in diesem Sinne waren Spurrillen, längs ausgelegte Baumstämme oder Holzbohlen. Moderne Schienen sind standardisierte und genormte Walzstahlerzeugnisse. Sie sind in regelmäßigen, kurzen Abständen zumeist auf quer zur Fahrspur ausgelegten Bahnschwellen aus Beton, Stahl, Kunststoff oder Holz befestigt und bilden als Gleis zusammen mit der Gleisbett-Gründung den Oberbau einer Bahnstrecke.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklungsgeschichte

Um die Fahreigenschaften von Pferdekarren bei schlechtem Untergrund zu verbessern, entwickelte man schon im 17. Jahrhundert „Schienensysteme“ aus Holz. Diese Holzschienen verhinderten das Einsinken der Wagenräder und ermöglichten somit das Befördern von schweren Lasten unabhängig von der Beschaffenheit des Untergrunds. Leider erwiesen sich diese Holzschienen als nicht sehr dauerhaft, worauf man begann, nach anderen geeigneten Materialien zu suchen. In England wurden während der Industrialisierung mit seiner aufstrebenden Eisen- und Stahlherstellung neue Schienensysteme entwickelt. Die ersten eisernen Schienen für Schienenbahnen waren vergleichsweise dünne Blechstreifen, die auf längs zur Fahrtrichtung parallel liegende „Straßbäume“ aufgenagelt wurden und Gleise bildeten.

Infolge von Absatzproblemen goß im Jahre 1767 Richard Reynolds, einer der Besitzer der Coalbrookdale-Eisenhütte, Gusseisenbarren in Plattenform auf Lager. Um diese zwischenzeitlich sinnvoll nutzen zu können, ließ er damit verschlissene Holzbohlenschienen der Hüttenbahn auslegen, wo sie den beabsichtigten Zweck hervorragend erfüllten. Dies wird als Geburtsstunde der Eisenschienen für Fahrzeugräder angesehen.[1] John Curr führte 1776 im Steinkohlenbergbau in den Kohlegruben von Sheffield Winkelschienen ein [2]. Diese ersten Schienen hatten alle den Vorteil, dass Fahrzeuge mit normalen Rädern auf ihnen fahren konnten und nicht allein auf die Schienenführung angewiesen waren.

Ab 1770 wurden gusseiserne Schienen auf Steinblöcken verlegt,so erstmals bei der Derby Canal Railway in England.[3] Der Engländer Ralph Allen erfand in den 1730er-Jahren den einseitigen Spurkranz, der die Wagen sicher auf dem Gleis führt. Nach anderen Angaben wurde der Spurkranz jedoch erst 1789 eingeführt.[4]

Mit Einführung der Spurkranzräder wurden Schienen mit pilzförmigem Querschnitt mit und ohne untere Verstärkung des Steges verwendet. Die kurzen, gusseisernen Schienen konnten nur ein sehr mangelhaftes, für größere Raddrücke (wie sie die in der Entstehung begriffenen Lokomotiven erforderten) ungeeignetes Gleis bilden. 1820 gelang es John Berkinshaw in Durham, Schienen durch Walzen zu erzeugen, sie damit also aus haltbarerem Material und in großem Längen (damals 15 Fuß engl.) herzustellen.[4]

„Die Querschnittform blieb zunächst noch die gleiche Pilzform und die Unterstützung ebenfalls dieselbe mit gusseisernen Schienenstühlen auf Steinwürfeln. Seltsamerweise glaubte man, auch von der Fischbauchform in Längsrichtung nicht abweichen zu dürfen und walzte mit vieler Mühe die Wellenschiene. So sind diese gewalzten Schienen zuerst auf einem Teil der kleinen Bahn Stocton-Darlington [sic!] (1825) und auf der ersten großem Lokomotivbahn, Liverpool-Manchester (1826–30), verlegt worden.“ (Meyers Konversationslexikon, 1905[4])

Historische Schienenprofile

Pilzschiene

Eine der ältesten Stahlschienenformen überhaupt bestand nur aus dem verdickten Schienenkopf mit der Lauffläche und einem senkrechten Steg zur Versteifung und Befestigung. Die Befestigung bestand aus einer Einspannung in besonders geformte Steinquader. Es handelt sich hierbei also um eine Unterform der Stuhlschiene. Wegen ihrer Querschnittsform wurden diese Schienen auch Kopf-und-Steg-Schienen oder Pilzschienen genannt. Der senkrechte Steg bot nur wenig Durchbiegungswiderstand, so dass im Laufe der Entwicklung auch an der Unterseite der Schiene eine Verdickung angebracht wurde. Diese Entwicklung führte zunächst zu der unten beschriebenen Doppelkopfschiene und später, nach systematischen Versuchen, zu der noch heute gebräuchlichen Vignolschiene.

Fischbauchschiene

Wegen der relativ leichten Fahrzeuge hatten frühe Eisenbahnschienen wesentlich weniger Auflagepunkte als heute. Üblich waren Stützpunktabstände von ca. einem Meter. Da es andererseits noch nicht möglich war, lange Schienenprofile zu walzen, wurden vielfach gusseiserne Schienen von einem Meter Länge verwendet. Dies bedeutet, dass diese Schienen nur an ihren beiden Enden auflagen. Mit zunehmenden Radsatzlasten führte dies zu immer größeren Durchbiegungen der bis dahin verwendeten Pilzschienen, die zu unruhigem Fahrzeuglauf und erhöhtem Verschleiß führten.

Fischbauchschiene auf Steinblöcken, Cromford and High Peak Railway, England, 1831

In Anlehnung an das beim Brückenbau geläufige Prinzip des Fischbauchträgers wurde gegen 1789 von William Jessop die Fischbauchschiene entwickelt. Es handelt sich dabei um ein jeweils etwa einen Yard (ca. 91 cm) langes Schienenstück, dessen Höhe an der Unterseite von den Enden zur Mitte hin stetig zunimmt, wodurch ein höheres Durchbiege-Widerstandsmoment erreicht wird. Allerdings ist der Materialverbrauch für Fischbauchschienen relativ hoch; auch lassen sie sich nicht durchgehend walzen. Mit der Einführung kürzerer Stützpunktabstände und der Möglichkeit, längere Schienenstücke zu walzen, wurde diese historische Schienenform aufgegeben.

Keilkopfschiene

Keilkopfschienen sind den Vignolschienen sehr ähnlich. Im Gegensatz zu diesen sind die Flanken der Schienenköpfe keil- bzw. trapezförmig abgeschrägt, so dass der Querschnitt des Schienenkopfes nach unten hin abnimmt. Keilkopfschienen kommen vornehmlich bei Bergbahnen zum Einsatz. Als Fahrschienen werden sie beispielsweise bei der Reichenbachfallbahn in Meiringen verwendet, die über eine zusätzliche, auf den Schienenkopf wirkende, Zangenbremse verfügen. Die beiderseits am Schienenkopf angreifende Zangenbremse klammert sich gewissermaßen unverlierbar an der Schiene an. Bei der Pöstlingbergbahn in Linz waren Keilkopfschienen bis zur Erneuerung im Jahr 2009 im Einsatz. Zahnstangen des Systems Strub werden aus Keilkopfschienen mit erhöhtem Kopf gefräst.

Doppelkopfschiene

Eingebaute Schienen werden nur auf der Innenseite von den Radsätzen angefahren, also einseitig abgenutzt. Zur Erhöhung der Lebensdauer dreht man auf schwach befahrenen Gleisen die Schienen oder tauscht sie gegeneinander aus, so dass die noch intakte Außenkante der Schiene nun innen zu liegen kommt. Mit der Doppelkopfschiene sollte die Lebensdauer der Schiene weiter erhöht werden, indem ein symmetrisches Profil mit je einem Schienenkopf an Ober- und Unterseite verwendet und mittels Schienenstühlen befestigt wurden. Somit erhielt man vier Einbaumöglichkeiten, indem die beiden Schienenköpfe nacheinander als Lauffläche genutzt und zusätzlich die Schienen nach dem beschriebenen Verfahren gegeneinander getauscht wurden. Die Erfahrungen zeig(t)en[5] jedoch, dass die Schienen mit dem damaligen Material schon brüchig wurden, bevor sie zur mehrmaligen Nutzung gedreht werden konnten.

Heutige Schienentypen

Herstellung

Eisenbahn-Schienen werden aus qualitativ hochwertigem Stahl gewalzt, wozu etwa zehn Walz-Durchgänge erforderlich sind. Die Schienen werden dann gegebenenfalls noch einer Kopfhärtung unterzogen. Diese besteht in einem Abschrecken aus der Walzhitze durch Tauchen in ein Härtebad oder induktives Aufheizen und anschließendes Pressluftkühlen des Schienenkopfes. Nach dem Auskühlen folgt kaltes Richten auf einer Rollenrichtmaschine.

Bahnschienen werden entweder gleich als 120-m-Abschnitte gefertigt oder im Werk zu Langschienen verschweißt (typischerweise jeweils vier Teilstücke zu 30 m). Üblicher ist aber Walzlängen à 60 Meter zu verschweißen. International möglich sind mittlerweile 120 Meter Walzlänge und bis zu 500 Meter lange verschweißte Schienen.

Schienen können lange Standzeiten haben. Foto aus dem Jahr 2005.

Weitere Schweißungen bis hin zu 360-m-Stücken sind möglich. Die Langschienenlogistik erfordert lange Spezialwagengespanne sowie mehrere parallel arbeitende Kräne und ist damit anspruchsvoller als die für Kurzschienen, spart jedoch teure Schweißarbeiten im Baugleis. Schienen für enge Bogenradien (deutlich unter 300 m), die nicht vor Ort in die Krümmung gelegt werden können, werden evtl. ab Werk auf einer Dreirollenmaschine vorgebogen.

War früher die Bahnschiene das Brotprodukt fast aller Walzwerke, sind die Qualitätsanforderungen heutzutage so hoch, dass es nur noch wenige spezialisierte Schienenwerke gibt. Hohe Stahlqualität, geringe Walztoleranzen und Wirbelstrom-Oberflächenprüfung aller Schienen sind selbstverständlich geworden. Das größte Schienenwalzwerk Europas (in Donawitz, Österreich) und das einzige verbliebene Schienenwalzwerk Deutschlands (TSTG Schienen Technik GmbH & Co. KG[6]) gehören zur Division Bahnsysteme der voestalpine AG.

Qualitative Unterscheidung

Zur genaueren Bezeichnung wird in Deutschland die Metermasse des Profils verwendet. Die Bayerische Ludwigs-Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth (1835) verwendete ein Profil von 12 kg/m. Nach 1920 begann der Einbau von Schienenprofilen mit 49 kg/m (S 49). Die aktuell bei der Deutschen Bahn AG verwendeten Profile werden im weiteren Verlauf dieses Artikels näher beschrieben. Im Bereich der OSShD (Osteuropäischer Eisenbahnverband) waren auch Profile mit 65 kg/m (R 65) üblich.

Straßenbahn-Betriebe bauen auf eigenem Gleiskörper aufgrund geringer Belastung meist ein S-41-Profil ein, die Bahnbetriebe in Tagebauen aufgrund der hohen Belastung das Profil S 64. Besonders bei Schmalspurbahnen kommen aber auch heute noch neben dem Profil S 49 das leichtere Profil S 33 mit 33,5 kg/m oder teilweise sogar noch Profile aus der Länderbahnzeit (z. B. Va in Sachsen) zum Einsatz.

Der Vorteil leichter Schienenprofile liegt zum einen in der Materialersparnis, zum anderen jedoch darin, dass bei starken Schwankungen der Temperatur die Kräfte infolge Wärmeausdehnung geringer sind. Dies wirkt sich insbesondere in engen Gleisbögen aus, wo es bei starken Temperaturschwankungen zu Gleislagefehlern kommen kann. Ihre Nachteile sind die geringere Tragfähigkeit und das geringere Widerstandsmoment.

Schienen werden generell auch nach ihrer Güte klassifiziert, die als Zugfestigkeit in N/mm2 gemessen und mit dem Hersteller, der Profilbezeichnung und dem Walzjahr in die Schiene eingewalzt wird. Üblich sind Güten von 700, 800 oder 900. In Einzelfällen wurden auch Schienen mit 1000er, 1100er oder sogar 1400er Güte hergestellt. Mit höherer Zugfestigkeit nimmt allerdings nicht nur die Verschleißfestigkeit zu, sondern die Bruchgefahr steigt ebenfalls an.

Standardprofile

Standard-Schienenprofile mit Maßen

Im Bereich der Deutschen Bahn AG werden heute drei Profiltypen verwendet. Mit 49 kg/m ist das S-49-Profil das leichteste und war das Regelprofil der Deutschen Reichsbahn und ihrer Nachfolger von 1922 bis 1963. Es ist noch auf vielen Strecken vorhanden, wird aber nur noch für weniger belastete Gleise eingebaut. Für Schmalspurbahnen, in Straßen- und U-Bahn-Netzen wird dieses Profil ebenfalls verwendet. Das Standardprofil S 54 mit 54 kg/m findet man auf Hauptstrecken und Bahnhofsgleisen. Es war ab 1963 das Regelprofil der Deutschen Bundesbahn. Das UIC-60-Profil wiegt 60 kg/m und wird seit 1970 in der Regel für hochbelastete Strecken verwendet, sowohl für hohe Achs- und Zuglasten als auch für hohe Geschwindigkeiten. Ein weiteres, von der UIC genormtes Profil, UIC 54, ist dem deutschen Profil S 54 vergleichbar und wird vor allem im europäischen Ausland eingesetzt.

Im Netz der Deutschen Reichsbahn der DDR wurde für hohe Lasten das aus der UdSSR importierte Profil R 65 mit 65kg/m eingebaut. Das der deutschen S 49 vergleichbare Profil R 50 wurde vor allem in Straßenbahnnetzen, aber beispielsweise auch bei der Windbergbahn nach Dresden-Gittersee benutzt. Für Schmalspurstrecken wurde in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts letztmalig das Profil S 33 mit 33kg/m gewalzt. In U-Bahn-Netzen ist weiterhin das Profil S 41 üblich, das einer Schiene S 49 mit verringerter Kopfhöhe entspricht.

In den USA wird das 140-RE-Profil (70 kg/m) für stark belastete Strecken eingebaut.

Für Weichen wird möglichst dasselbe Schienenprofil wie für die anschließenden Gleise verwendet, bei unterschiedlicher Belastung beider Stränge das des höher belasteten. Die Weichenzungen bei Weichen deutscher Bauart werden aus besonderen, asymmetrischen und in der Höhe verringerten Zungenschienenprofilen hergestellt.

Vignolschiene oder Breitfußschiene

Von links nach rechts: Vignolschiene, Rillenschiene, Kranschiene
Gleis mit Vignolschienen
Profil einer Vignolschiene mit Rippenplatte (Oberbau Ks)
Straßenbahngleis mit Rillenschienen während Erneuerungsarbeiten.
Schienenhalter mit Vossloh-Klemme (Oberbau W)

Letztlich hat sich die um 1830 von dem US-Amerikaner Robert L. Stevens entwickelte Breitfußschiene durchgesetzt, die später Verbesserungen durch den Engländer Charles Vignoles erfuhr, der auch ihren Namen prägte. Sie besteht aus einem breiten, flachen Fuß, mit dem sie meist auf Schwellen befestigt wird. Darauf steht senkrecht ein schmaler Steg, der an seinem oberen Ende den Schienenkopf trägt, der wiederum die Laufbahn für die Räder bildet. Im Bereich der Deutschen Bahn wird heute vorwiegend das Schienenprofil UIC 60 eingesetzt. Es unterscheidet sich von älteren Bauformen durch eine stärker gewölbte Lauffläche und einen höheren Steg.

Um bei späteren Gleisbauarbeiten Verwechslungen auszuschließen, wird auch heute noch die Schienenform und das Herstellungsjahr in den Steg eingewalzt. Vignolprofile werden meist mit einem Buchstabenkürzel, gefolgt von einer Zahl, benannt. Die erste Zahl steht für das Gewicht des Profils pro Meter, in kg. Ein Gleis der DB samt Kleinteilen enthält etwa 132 Tonnen Stahl pro Kilometer.

Die Befestigung der Vignolschiene auf den einzelnen Schwellen erfolgt meist unter Zwischenlage einer Unterlags- oder Rippenplatte, die einerseits den Schienenfuß aufnimmt und seitlich führt sowie zur Schwelle hin die Bohrungen und Aussparungen für die Befestigungsschrauben bzw. Federelemente bereitstellt. In der Vergangenheit und bei einfachen Verhältnissen wurden die Auflager auch einfach in die Oberfläche von Holzschwellen eingehobelt und die Schienen mit Schwellenschrauben befestigt. Fortschritte bei der Betonherstellung ermöglichten bei der Oberbauform W wieder den Verzicht auf Unterlagsplatten.

Rillenschiene

Die Rillenschiene ist zumeist ein gewalztes Stahlprofil, das insbesondere zum Bau von Gleisen für Straßenbahnen verwendet wird. Sie hat im Vergleich zur Vignolschiene in den Kopf eine Rille eingewalzt. Die Rille gewährleistet, dass der Fahrbahnbelag beziehungsweise das verlegte Pflaster immer den Spurkanal freihalten, in dem der Spurkranz rollt. Das Säubern des Spurkanals von anderem Schmutz oder Sand wurde früher von Hilfsarbeitern, den sogenannten Ritzenschiebern, erledigt, heute erfolgt dies jedoch maschinell mit Schienenreinigungsfahrzeugen.

Die Führung des Schienenfahrzeuges geschieht weiterhin durch den Kontakt zwischen Spurkranz und Schienenkopf, die Außenkante der Rille dient im Wesentlichen nur dem Schutz gegen unbeabsichtigte Verengung. Das ist vor allem dann wichtig, wenn das eingedeckte Rillengleis durch Straßenfahrzeuge befahren wird. In engen Bögen stellt sich durch den Verschleiß nach einiger Zeit zusätzlich eine Rückflächenführung auf der bogeninneren Seite ein. Zur Erhöhung der Liegedauer werden deshalb in derartigen Bögen Schienen mit verstärkter Rille verlegt. Grundsätzlich werden Rillenschienen dem Einsatzfall entsprechend ausgewählt. In den meisten Straßenbahnnetzen werden aufgrund der historischen Entwicklung schmalere Spurkränze und Radreifen benutzt, darauf angepasste Straßenbahn-Rillenschienen weisen eine Rillenweite von ca. 40 mm auf. In Eisenbahnnetzen verwendet man breitere Spurkränze und Radreifen, Eisenbahn-Rillenschienen weisen eine ca. 60 mm breite Rille auf.

Vor der Erfindung der Rillenschiene als Einzelprofil wurden häufig zwei Vignolschienen mit Futterstücken nebeneinander verschraubt (Haarmann-Schiene, vergleichbar mit der noch für Überwege genutzten Bauart Lindau), oder ein spezielles Winkelprofil (Spurrillenschiene) wurde seitlich an einer Vignolschiene angeschraubt. Auch heute kommt diese Verfahrensweise teilweise zur Anwendung. Für Schienen S 49 und S 54 werden solche Profile noch gewalzt.

Die ersten Vignol-Rillenschienen wurden im Jahr 1880 bei der Phönix AG in Ruhrort für die Straßenbahn der Stadt Plymouth gewalzt. Durch die ungeschickte Formulierung des Phönix-Patentes nahmen nach und nach auch andere deutsche Stahlwerke wie die Gesellschaft für Stahlindustrie in Bochum 1884 und der Hörder Verein 1887 nach leicht abgewandelten Walzverfahren die Fertigung auf. Erst nach 1900 gelang es auch ausländischen Walzwerken Rillenschienen herzustellen.[7]

Schienenneigung

Zur Anpassung an die zur Selbstzentrierung im Gleis konischen Laufflächen der Räder stehen die Schienen im Gleis in der Regel zur Gleismitte hin geneigt. Diese Neigung wird entweder in die Unterlagsplatten oder in die Schwellen eingearbeitet. In der Vergangenheit betrug das europäische Regelmaß dieser Neigung, angepasst an langachsständige Zwei- und Dreiachser, 1:20. Bei Drehgestellfahrzeugen hat sich eine geringere Konizität der Radlaufflächen als günstiger für Verschleiß und Laufruhe erwiesen. Aufgrund ihres zunehmenden Anteils am Fahrzeugbestand wurde die Regelneigung der Schienen etwa seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, gleichzeitig mit der Einführung schwerer Schienenprofile, auf 1:40 verringert. Gleise mit 1:20 geneigten Schienen finden sich in Deutschland nur noch in Nebengleisen und auf Nebenbahnen mit geringer Belastung und langer Liegedauer des Oberbaues.

Senkrecht stehende Schienen und zylindrische Radreifen gibt es bei einigen Straßenbahnnetzen. Zur Bauzeit war man der Meinung, dass die Selbstzentrierung durch den Sinuslauf aufgrund des geringen Spurspiels und der engen Bogenradien ohnehin kaum wirkt. Ein bekanntes Beispiel für senkrecht stehende Schienen und zylindrische Radreifen ist das Netz der U-Bahn Berlin. Im Betrieb stellt sich allerdings ein konisches Verschleißprofil ein.

In Weichen und Kreuzungen und bei kurzen Gleisstücken bis 40 Meter zwischen Weichen stehen die Schienen insbesondere zur Vereinfachung der Konstruktion senkrecht. Bei einigen neueren Weichenkonstruktionen ist die Neigung in die Fahrfläche der Schienen eingearbeitet. Zwischen Gleisen mit senkrecht stehenden und 1:20 geneigten Schienen baut man Übergangsschwellen mit der Neigung von 1:40 ein.

Kranschiene

Eine zweite Variante der Vignolschiene ist die Kranschiene. Es gibt unterschiedliche Arten von Kranschienen:

Form A und F nach DIN 536: diese sind im Vergleich zu den bei der Eisenbahn eingesetzten Schienen niedriger und haben einen dickeren Steg, um der stärkeren Belastung standzuhalten. Sie werden üblicherweise auf einem durchgehenden weiteren Träger, speziell einer Stahlunterlage, montiert, was als „kontinuierliche Lagerung“ bezeichnet wird.

Vignolschienen werden in Ausnahmefällen auch als Kranschienen verwendet und dabei oft auf Schienenstühlen oder Schwellen montiert, was als „diskontinuerliche Lagerung“ bezeichnet wird. Die diskontinuierliche Lagerung wird hier als sehr schadensanfällig betrachtet.

Schwere Sonderprofile überwiegend mit der Bezeichnung MRS sind nicht genormt, werden bei hohen Belastungen eingesetzt. Hier gibt es mittlerweile eine „moderne Variante“: die Schiene AS 86. Sie wurde aus einem Profil MRS 87a (mit ebener Radlauffläche) so weiterentwickelt, dass durch die Kopfausrundung, analog Form A, die Krafteinleitung möglichst weit zur Kopfmitte verlagert wird.

Einspur-Schienen

Einschienenbahnen benutzen als Schiene Betonbalken mit seitlicher und mittiger Spurführung. Für die seitliche Spurführung genügen senkrecht montierte Flachstahlbänder, die die Spurführungskräfte auf seitlich am Fahrzeug angebrachte waagerechte Führungsrollen übertragen. Sofern die seitliche Spurführung nicht auch für die Energiezufuhr herangezogen wird, können hierfür auch Holz- und Betonbalken verwendet werden.
Das seltenere System der mittigen Spurführung wird bei Fahrzeugen verwendet, die auch am allgemeinen Straßenverkehr teilnehmen (z.B. Tramway de Nancy). In diesem Fall wird in den Fahrbahnbelag eine Rille gefräst, in die besonders geformte (meistens U-förmige) Schienen eingelassen werden, in die der Führungszapfen des Fahrzeuges eingreift.

Hängend geführte Kabinenbahnen und Schwebebahnen haben meist stählerne Schienen, auf denen die Räder laufen, die Schienen ihrerseits sind wieder an Traggestellen oder Betonbalken aufgehängt.

Stromschienen

Im Gegensatz zu den vorgenannten Schienenformen dienen Stromschienen weder dem Tragen noch der Führung eines Fahrzeugs, sondern dessen Versorgung mit elektrischer Energie. Hierfür werden ausrangierte Gleisschienen oder andere Bauformen verwendet. Aufgrund des niedrigeren Widerstandes kommen des öfteren auch Stromschienen aus Aluminium zum Einsatz.

Schäden

Schäden bei Schienen können verschiedene Ursachen haben. Man unterscheidet grob folgende Schäden:

  • Herstellungsfehler (Walzfehler, Materialfehler)
  • Korrosion
  • Rissbildung (Head-Check)
  • Verschleiß (u.a. in Bögen mit Radien unter 700 m)
  • Fahrflächenfehler (Riffel, Wellen, Radschleuderstellen)
  • Grübchenbildung (Pitting)
  • Verformung durch Temperaturspannungen
  • Schienenbruch

Siehe auch

Literatur

  • Bundesbahndirektion Hannover: 1843–1983. 140 Jahre Eisenbahndirektion Hannover. Hannover o. J. (1983). Seite 61ff.
  • Karl-Otto Edel: Untersuchung des Bruchverhaltens von Eisenbahnschienen und -vollrädern, Magdeburg 1987
  • Karl-Otto Edel (Hrsg.): Tagungsbericht, Internationales Symposium „Schienenfehler“, Brandenburg an der Havel, 16. und 17. November 2000, Interdisziplinärer Forschungsverbund Bahntechnik, Brandenburg 2000, Verlag FH Brandenburg
  • Fritz Fastenrath (Hrsg.): Die Eisenbahnschiene. Ernst&Sohn, Berlin 1977, ISBN 3-433-00783-7, 437 S., m. zahlr. Abb.
  • Köstermann, Meißner, Sladek (Hrsg.): Handbuch der Schienentechnik. DVS Media, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-87155-218-2, 250 S., m. zahlr. Abb.

Einzelnachweise

  1. Ralf Roman Rossberg: Geschichte der Eisenbahn. Sigloch Edition, Künzelsau 1999, ISBN 3-89393-174-0, Seiten 14 und 424
  2. John Curr, The Coal Viewer, and the Engine Builder's Practical Companion, (John Northall,1797).
  3. Ralf Roman Rossberg: Geschichte der Eisenbahn. Sigloch Edition, Künzelsau 1999, ISBN 3-89393-174-0, S. 10ff.
  4. a b c http://www.zeno.org/Meyers-1905/B/Eisenbahnbau Meyers Großes Konversations-Lexikon 6. Auflage 1905–1909
  5. ERA: Unfallbericht (S. 33, engl.)
  6. [1]
  7. Philip Fischer: „Die Rillenschine, Ihre Entstehung und Entwicklung“ in „Stahl und Eisen“ 29/1909 S.1217–1221, 1262–1267, Verlag Stahleisen Düsseldorf, 1909

Weblinks


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