Schelm von Bergen

Schelm von Bergen

Der Schelm von Bergen ist eine Ballade Heinrich Heines (*1797; †1856). Sie ist veröffentlicht in den Historien, dem ersten Buch im Romanzero. Zum ersten Mal gedruckt wurde die Ballade unter dem Titel Herr Schelm von Bergen in der Kölnischen Zeitung am 30. Mai 1846.

Inhaltsverzeichnis

Tradition

Es gibt eine Sage, die die Herkunft des merkwürdigen Namens des Adelsgeschlechts der Schelme von Bergen erklären soll. Dieses Geschlecht ist seit dem Ende des 12. Jahrhunderts belegt, doch in dieser Zeit bis hin zum 17. Jahrhundert war Schelm ein Schimpfwort und bedeutete so viel wie "Bösewicht". Wilhelm Smets hat diese Sage bearbeitet. In seinem Gedicht wird eine Königin entehrt, weil sie auf einem Maskenball unwissentlich mit einem Scharfrichter getanzt hat. Der Henker jedoch hat eine Lösung für das Problem: Man solle ihn zum Ritter schlagen, was dann auch geschieht. In einer älteren Bearbeitung der Sage durch Isaac von Sinclair ist es ein Kaiserpaar, das den Henker zum Ritter macht. Hier wird die Güte der Herrscher ins Blickfeld gerückt.

Ganz anders bei Heine. Bei ihm ist der aktive Part die Herzogin, die dem sich sträubenden Henker die Maske gleichsam mit Gewalt vom Gesicht reißt, obwohl er den Ball verlassen wollte, um seine unehrenhafte Identität geheim zu halten. Es ist dann auch nicht der Scharfrichter, sondern der schlaue Herzog, der die Lösung für das Problem findet und die Entehrung der Gemahlin durch den Ritterschlag wegnimmt. Er sagt:

"Mit diesem Schwertschlag mach ich dich
Jetzt ehrlich und ritterzünftig" (Vs. 45f.)

Damit erhält die Ballade politische Aussagekraft. Denn sie rückt die Willkür der Standesunterschiede und den Opportunismus des Adels ins Zentrum. Gerade um die Exklusivität des Adelsstandes zu wahren, nimmt der Herzog einen unehrlichen Mann in ihn auf.[1]

Inhalt

Im Schloss zu Düsseldorf gibt es einen Maskenball. Das Fest ist ausgelassen und fröhlich, die lachende Herzogin tanzt mit einem Mann, der eine schwarze Samtmaske trägt. Als die Musik aufhört zu spielen und der Tanz zu Ende ist, bittet der Maskierte die Herzogin, ihn gehen zu lassen, doch sie möchte unbedingt sein Gesicht sehen. Immer dringender fleht er sie an, ihn gehen zu lassen und macht schließlich sogar eine Anspielung auf seinen unehrenhaften Beruf: "Der Nacht und dem Tod gehör ich" (V. 30). Da reißt die Dame ihm die Maske vom Gesicht und die Menge im Saal erkennt sofort den "Scharfrichter von Bergen" (V. 37). Das entehrt die zurückweichende Herzogin, doch ihr Gemahl findet sofort eine Lösung und schlägt den Henker zum Ritter. Mit dem Ritterschlag schlägt die Geburtsstunde des Geschlechts derer von Bergen. So schlussfolgert die letzte Strophe:

"So ward der Henker ein Edelmann
Und Ahnherr der Schelme von Bergen.
Ein stolzes Geschlecht! es blühte am Rhein.
Jetzt schläft es in steinernen Särgen." (Vs. 49ff.)

Ausgabe und Literatur

  • Heinrich Heine: Romanzero. Mit einem Nachwort, einer Zeittafel zu Heinrich Heine, Erläuterungen und bibliographischen Hinweisen von Joachim Bark, München 1988.
  • Laufhütte, Hartmut: Zu einigen Gedichten aus Heinrich Heines Romanzero, in: Aufsätze, Rezensionen und Berichte aus der germanistischen Forschung 2, hrsg. v. Ralf Schuster Verlag, Passau 2008.

Einzelnachweise

  1. Laufhütte, Hartmut: Zu einigen Gedichten aus Heinrich Heines Romanzero, in: Aufsätze, Rezensionen und Berichte aus der germanistischen Forschung 2, hrsg. v. Ralf Schuster Verlag, Passau 2008, S. 18.

Weblink

 Wikisource: Schelm von Bergen – Quellen und Volltexte

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schelme von Bergen — Wappen der Schelme von Bergen (Siebmacher Wappenbuch, 1605) …   Deutsch Wikipedia

  • Schelm — ist heutzutage eine Bezeichnung für einen Witzbold oder Spaßvogel, der auf scherzhafte Art das unmöglich Scheinende zu vollbringen vorgibt und daraus seinen Vorteil zieht. Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte 1.1 Ursprüngliche Bedeutung 1.2… …   Deutsch Wikipedia

  • Schelm — Du sollst mich einen Schelm heißen, wenn ich das nicht tue. Diese Beteuerungsformel ist ein Rest der mittelalterlichen Sitte, treubrüchigen, meineidigen Leuten ehrenrührige Scheltbriefe zu senden oder öffentlich anschlagen zu lassen. Die… …   Das Wörterbuch der Idiome

  • Bergen-Enkheim — Stadtteil von Frankfurt am Main …   Deutsch Wikipedia

  • Schelm — (aus mittelhochd. schelme, »Pest, Seuche, Aas«, wie es noch heute in Bayern und Tirol gebraucht wird, wo Viehschelm eine dem Pestmann ähnliche Personifikation der Viehseuchen heißt), aber schon früh für den Abdecker (»S. von Bergen«) und als… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Frankfurt-Bergen-Enkheim — Bergen Enkheim …   Deutsch Wikipedia

  • Rudolf von Sachsenhausen — (1318 Ersterwähnung als miles de Prumheim; † 26. Juli 1370 in Frankfurt am Main) war ein Ritter, Ministerialer und Burggraf der Burggrafschaft Friedberg auf der Burg Friedberg in Friedberg (Hessen). Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Karriere …   Deutsch Wikipedia

  • Heimatmuseum Bergen-Enkheim — Eingangsseite des Museums Das Wahrzeichen des Ortes: Das Historische Rathaus …   Deutsch Wikipedia

  • Gruckau — Schelmenburg Ansicht des heute einzigen erhaltenen Teils der Schelmenburg von Süden Alternativname(n) …   Deutsch Wikipedia

  • Schelmenburg — Ansicht des heute einzigen erhaltenen Teils der Schelmenburg von Süden Alternativnam …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”