Schaltjahr

Schaltjahr

Schaltjahr (lateinisch annus bissextus) bezeichnet ein Jahr im Kalender, das im Unterschied zum Gemeinjahr einen zusätzlichen Schalttag oder/und Schaltmonat enthält, um zumeist die Differenz zwischen einem planmäßigen Kalenderjahr und dem Sonnenjahr auszugleichen. Astronomische Kalender und Lunarkalender können auch andere Zeiträume als Grundlage für ein Schaltjahr haben. Heute gilt in fast allen Teilen der Welt der Gregorianische Kalender.

Die Einschaltung (Interkalation) eines zusätzlichen Tages, Monats oder Jahres in ein Kalendersystem bezeichnet man als Embolismus (altgriechisch ἐμβολή, ἡ ‚das Hineinwerfen, -fügen‘; ‚das Einsetzen‘).

Inhaltsverzeichnis

Sonnenkalender

Ein Sonnenkalender richtet sich im Unterschied zu einen Mondkalender nach dem Lauf der Sonne. Das davon bestimmte Tropische Jahr hat eine Länge von 365,24219 Tagen. Diesem Wert kommen die nachfolgend beschriebenen Sonnenkalender mit Hilfe von Einschaltungen mehr oder weniger nahe.

Julianischer Kalender

Unter Gaius Iulius Caesar wurde der bis dahin geltende römische Kalender gründlich reformiert; zum Ausgleich der im Lauf der Jahre angewachsenen Differenzen zwischen den Kalenderdaten und den ihnen ursprünglich zugeordneten Sonnenständen ging der Kalenderreform für das Jahr 45 v. Chr. das sogenannte „verworrene Jahr“ von 47–45 v. Chr. voraus.

Bei seiner Reform griff Julius Cäsar auf die ägyptische Lösung – das Einfügen eines Schalttages – zurück.[1] Ab 45 v. Chr. galt dann der julianische Kalender. Der Schalttag wurde in jedem vierten Jahr dem Monat Februar hinzugefügt, so dass in jedem vierten Jahr dem 24. Februar (ante diem sextum kalendas martias, das heißt sechster Tag vor den Kalenden des März) ein zweiter 24. Februar (ante diem bis sextum kalendas martias, das heißt zweiter sechster Tag vor den Kalenden des März) vorangestellt wurde. Das Julianische Kalenderjahr hatte danach eine durchschnittliche Länge von 365,25 Tagen, während das astronomische ("tropische") Jahr näherungsweise 365,24219 Tage umfasst. Der Fehler betrug 1 Tag in etwa 128 Jahren.

Gregorianischer Kalender

1582 betrug die aufgelaufene Differenz des Julianischen Kalenders gegenüber dem Sonnenjahr bereits 10 Tage (Festlegung des Frühlingsanfangs auf den 21. März anlässlich des ersten Konzils von Nicäa im Jahr 325). Papst Gregor XIII. ließ deshalb zum Ausgleich im Jahr 1582 auf den 4. Oktober den 15. Oktober folgen, wobei die Abfolge der Wochentage nicht verändert wurde; auf einen Donnerstag folgte ein Freitag.

Außerdem wurde die julianische Schalttagsregelung dahingehend geändert, dass die Säkularjahre, mit Ausnahme der Jahre, deren Jahreszahl durch 400 ohne Rest teilbar ist, keine Schaltjahre mehr sind. Nur noch jedes vierte Säkularjahr (zum Beispiel das Jahr 2000) ist somit ein Schaltjahr geblieben. Das gregorianische Kalenderjahr hat eine durchschnittliche Länge von 365,2425 Tagen. Der Fehler hat sich auf 1 Tag in mehr als 3000 Jahren verringert.

Auch bei der Einführung des Gregorianischen Kalenders war es noch üblich, in einem Schaltjahr den 24. Februar zu verdoppeln.

Missale Romanum: Extra Tag(e) im Schaltjahr

Bei der Zählung der Kirchentage in der katholischen Kirche galt diese Praxis uneingeschränkt noch bis 2001. Betroffen waren Feiertage und Namenstage. Seitdem wird in den Ausgaben des Martyrologium Romanum die Durchnummerierung der Kalendertage zugrundegelegt.[2]

Orthodoxer Kirchenkalender

Das gregorianische Kalender-Jahr ist im Durchschnitt etwas länger als das Sonnenjahr. Deshalb schlug die orthodoxe Kirche, nachdem sie jahrhundertelang die gregorianische Kalenderreform verweigert hatte, in jüngster Zeit folgende Schaltregel vor: Abweichend vom gregorianischen Kalender sind die Jahrhunderte nur dann Schaltjahr, wenn sie durch 900 geteilt den Rest 200 oder 600 ergeben. Damit wäre das Jahr 2800 kein Schaltjahr, sondern erst das Jahr 2900. Das Kalenderjahr nach dem orthodoxen Kirchenkalender hat eine durchschnittliche Länge von 365,24222 Tagen.

Französischer Revolutionskalender

Im Französischen Revolutionskalender war auch alle vier Jahre ein Schaltjahr. Man begann mit den Jahren 3, 7 und 11 der neuen Jahreszählung. Im Jahr 15 war der Kalender schon nicht mehr in Anwendung.

Langfristig sollte eine ähnliche Regelung wie im Gregorianischen Kalender angewendet werden. Einziger Unterschied wäre eine bessere Anpassung an das Sonnenjahr gewesen. Man diskutierte, jedes 3600. oder 4000. Jahr zu einem Gemeinjahr zu machen. Bei einem alle 4000 Jahre fehlenden Schalttag wäre das Kalenderjahr 365,24225 Tage lang gewesen (gregorianisch: 365,2425 Tage; tropisches Jahr: 365,242190 Tage).

Azteken-Kalender

Im Azteken-Kalender werden am Ende eines jeden 52-Jahres-Zyklus 13 Schalttage (nemontemi „Nichttage“) eingeschaltet. Das Kalenderjahr hat dadurch eine durchschnittliche Länge von 365,25 Tagen.

Lunarkalender

In Lunarkalendern werden Schaltmonate benötigt, um mit der synodischen Periode des Mondes von 29,5306 Tagen konform zu laufen. Dabei bietet sich ein regelmäßiger Wechsel von „vollen Monaten“ zu 30 und Schaltmonaten („hohler Monat“) zu 29 Tagen an. Mit Sonderregeln werden die fehlenden 0,0306 Tage pro Monat (Metonischer Zyklus, Kallippischer Zyklus und andere) korrigiert.

Daneben gibt es auch Schalttage, um das Lunarjahr mit zwölf Mondmonaten von etwa 354 Tagen durch Einschalten von meist elf „Toten Tagen“, der Zeit zwischen den Jahren, auf einen nicht-interkalierenden Mondkalender zu ergänzen.

Islamischer Kalender

Im Islamischen Kalender, einem synodischen, also reinen Lunarkalender, ist die Bestimmung eines Schaltjahres wie folgt festgelegt: Nach einem gebräuchlichen System sind alle Jahre, die bei einer Division durch 30 einen Rest von 2, 5, 7, 10, 13, 16, 18, 21, 24, 26 oder 29 haben, Schaltjahre. Nach diesem System haben im Islamischen Kalender alle ungeradzahligen Monate 30 Tage und alle geradzahligen Monate 29 Tage. In Schaltjahren wird dem zwölften Monat ein Tag hinzugefügt, so dass er dann 30 Tage hat. Somit besteht ein Jahr des Islamischen Kalenders durchschnittlich aus 354,36667 Tagen (astronomisch: 354,36708 Tage).

Jüdischer Kalender

Der Jüdische Kalender, ist ein Lunisolarkalender beziehungsweise ein gebundener Lunarkalender. Seine Bindung an das Sonnenjahr wird mit Hilfe des Meton-Zyklus vorgenommen. Das Kalenderjahr besteht aus 12 Mond-Monaten mit insgesamt 353, 354, oder 355 Tagen oder aus 13 Mond-Monaten mit insgesamt 383, 384, oder 385 Tagen. Die Schwankungen um ±1 Tag sind durch religiöse Bräuche bestimmt, sie haben keine astronomische Ursache. In allen Jahren, die bei einer Division durch 19 einen Rest von 0, 3, 6, 8, 11, 14, oder 17 haben, wird vor dem Monat Adar ein Schaltmonat mit 30 Tagen eingefügt. Dieser heißt dann Adar aleph oder Adar rischon (erster Adar), der "normale" Adar wird zum Adar beth bzw. Adar scheni (zweiten Adar). Alle Feste finden erst im Adar beth statt.

Das ist eine Analogie zum Schalttag im Julianischen und im Gregorianischen Kalender Kalender, wo im Schaltjahr der 24. Februar verdoppelt wurde. Die Verdopplung ist nicht mehr zu erkennen, seit der Einfachheit halber im üblichen Rhythmus weitergezählt wird. Heute wird der 29. Februar als Schalttag bezeichnet.

Das langjährige Mittel aus den 6 verschiedenen Jahreslängen beträgt 365,2468 Tage. Der Lauf der Sonne wird mit einem kleineren Fehler als im Julianischen Kalender nachgebildet. Die Abweichung beträgt 1 Tag in etwa 219 Jahren (julianisch: in etwa 128 Jahren).

Chinesischer Kalender

Schaltjahre im traditionellen, lunisolaren chinesischen Kalender haben 13 Monate mit 383, 384 oder 385 Tagen statt der zwölf des Gemeinjahres mit 353, 354 oder 355 Tagen.

Zur Berechnung zählt man die Anzahl der Neumonde zwischen dem elften Monat eines Jahres (dem Monat der Wintersonnenwende) und dem elften Monat des folgenden Jahres. Fallen in diesen Zeitraum 13 Neumonde, so wird ein Schaltmonat eingefügt. Der erste Monat, der keinen zhong qì enthält, erhält dieselbe Nummer wie der Vormonat mit einem Zusatz als Schaltmonat. Wenn der Schaltmonat beispielsweise dem zweiten Monat (二月) folgt, dann heißt er einfach "Geschalteter Zweiter Monat" (chinesisch 閏二月 / 闰二月 rùn'èryuè).

Astronomische Kalender

Ägyptischer Kalender

Der im Altertum gebräuchliche altägyptische Verwaltungskalender, auch Wandeljahrkalender genannt, verwendete Jahre, die regulär 365 Tage dauerten und in 12 Monate a 30 Tage aufgeteilt waren. Die fehlenden fünf Tage wurden als Heriu-renpet eingeschaltet. Im Jahr 238 v. Chr. ordnete Ptolemaios III. an, alle vier Jahre einen Tag einzufügen, um die Verschiebung der Jahreszeiten zu verhindern.[1]

Maya-Kalender

Auch der Haab-Kalender des Maya-Kalenders verwendet Schalttage: Hier wird nach dem Standardjahr von 360 Tagen (18 Perioden mit je 20 Tagen) ein 5-tägiger Schaltmonat (Uayeb „namenlos“) eingefügt.

Siehe auch

Literatur

  • Elias J. Bickerman: Chronology Of The Ancient World. 2. Auflage. Cornell University Press, New York 1980, ISBN 0-8014-1282-X.
  • Hermann Grotefend: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. 1891. Nachdruck Scientia, Aalen 1970, ISBN 3-511-04560-6; Taschenbuch 13. Auflage. Hahn, Hannover 1991, ISBN 3-7752-5177-4.
  • Hans Lietzmann: Zeitrechnung der römischen Kaiserzeit, des Mittelalters und der Neuzeit für die Jahre 1–2000 nach Christus. 4. Auflage. de Gruyter, Berlin 1984, ISBN 3-11-010049-5.

Einzelnachweise

  1. a b Märkische Oderzeitung, Journal, 5./6. Januar 2008, Seite 4
  2. Nikolaus A. Bär: Der Schalttag

Weblinks

 Commons: Perpetual calendars – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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