Schaben

Schaben
Schaben
Madagaskar-Fauchschabe(Gromphadorrhina portentosa)

Madagaskar-Fauchschabe
(Gromphadorrhina portentosa)

Systematik
Unterstamm: Tracheentiere (Tracheata)
Überklasse: Sechsfüßer (Hexapoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Unterklasse: Fluginsekten (Pterygota)
Überordnung: Neuflügler (Neoptera)
Ordnung: Schaben
Wissenschaftlicher Name
Blattodea
Großaufnahme der Amerikanischen Großschabe (Periplaneta americana)

Die Schaben (Blattodea) sind eine Ordnung hemimetaboler Insekten.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Körperlänge der Tiere beträgt zwischen 5 und über 100 Millimetern. Als größte rezente Art galt lange Zeit Megaloblatta blaberoides mit 95 Millimetern Körperlänge und einer Flügelspannweite von maximal 170 Millimetern. Im Jahr 2005 wurde auf Borneo jedoch eine noch größere Art entdeckt, die eine Körperlänge von über 100 Millimetern aufweist.

Der Körper der Tiere ist abgeplattet. Auffällig ist ein großer Halsschild (Pronotum), der den gesamten Kopf bedeckt. Die Mundwerkzeuge sind beißend-kauend und die Antennen meist lang und fadenförmig. Bei beiden Geschlechtern kommen so genannte Stinkdrüsen im Hinterleib vor, außerdem auffällig sind die gegliederten Hinterleibsanhänge (Cerci). Wie alle Insekten, besitzen Schaben Tracheen zum Atmen und für den Sauerstofftransport. Bei Schaben sind diese mit bis zu 17 kontraktilen Bereichen (durch Muskelaktion zusammenziehbare Bereiche) ausgestattet, welche verschiedene Körperteile wie z. B. die Fühler, Beine usw. versorgen.

Schaben verfügen wie die meisten Insekten über zwei Paar häutige Flügel, wobei die vorderen, etwas derberen und lederartigen Deckflügel (Tegmina) die zarteren Hinterflügel bedecken. Häufig sind nur bei männlichen Tieren die Flügel ausgebildet, während diese bei den Weibchen verkümmert sind, doch auch Arten ganz ohne Flügel sind nicht selten. Das Flugvermögen der Schaben ist daher überwiegend gering, dafür sind jedoch ihre Laufbeine sehr gut entwickelt.

Vorkommen

Derzeit sind etwa 4560 Schabenarten bekannt.[1] Davon leben in Mitteleuropa nur 15 Arten, die meisten anderen findet man in den Tropen und Subtropen.

Die Schaben sind meist nachtaktiv oder leben in dunklen Lebensräumen, einige Arten leben auch in Ameisenbauten (Ameisengäste). Die bekanntesten Arten in Mitteleuropa wie die Gemeine Küchenschabe (Blatta orientalis), auch Kakerlake genannt, und die Deutsche Schabe (Blattella germanica) stammen ursprünglich aus den Tropen. In menschlichen Behausungen finden sie oft ideale Lebensbedingungen und wurden daher in die ganze Welt verschleppt. Vor allem in Wäldern sind auch in Mitteleuropa einige frei lebende Arten anzutreffen, beispielsweise die Gemeine Waldschabe (Ectobius lapponicus), die im Gegensatz zu den eingeschleppten Arten keine Schädlinge, sondern relativ unauffällige Bodenbewohner sind.

Ernährung

Schaben ernähren sich von unterschiedlichsten Stoffen pflanzlicher und tierischer Herkunft. Einige Arten können bis zu drei Monate ohne Nahrung und einen Monat ohne Wasser überleben.

Fortpflanzung und Entwicklung

Zwei Eikapseln der Amerikanischen Großschabe (Periplaneta americana)

Die Weibchen der Schaben locken die Männchen durch einen Duftstoff (Pheromon) an, diese besitzen ebenfalls "Duftdrüsen", aus denen sie einen paarungsstimulierenden Duftstoff abgeben. Danach kommt es bei vielen Arten zu einem komplizierten Paarungsspiel, bei dem die männlichen Geschlechtsorgane regelrecht in die weiblichen Entsprechungen eingeklinkt werden.

Die Eier werden in artspezifischen Eipaketen (Ootheken) abgelegt oder bei einigen Arten, wie bei der Argentinischen Schabe (Blaptica dubia), über den gesamten Zeitraum bis zum Schlüpfen von den Weibchen in einer speziell ausgebildeten Genitaltasche getragen. Die Entwicklung der Nymphen verläuft über maximal 13 Stadien und kann bis zu einem Jahr dauern.

Das Weibchen der Gemeinen Küchenschabe (Blatta orientalis) produziert ca. 12 mm lange dunkelbraune, glattwandige Eikapseln, an denen eine Naht auffällt. Sie legt 16 Eier in jeder Eikapsel, die sie nicht ganz zwei Tage am Körper trägt. Die Entwicklung vom Ei über die Larve zum Vollinsekt dauert insgesamt 600 Tage.

Natürliche Feinde

Schaben stehen (wie die meisten Insekten) am unteren Ende der Nahrungskette und haben demnach eine Vielzahl natürlicher Feinde wie Spinnentiere, andere Insekten (z. B. Fangheuschrecken, Ameisen), Wirbeltiere (z. B. Vögel oder Echsen) sowie eine Vielzahl von Bakterien und Pilzen.

Besonders nennenswert ist ein natürlicher Feind der amerikanischen Großschaben, die Juwelwespe. Diese verwandelt die Schabe durch eine gezielte Giftinjektion ins Gehirn der Schabe in einen zombieähnlichen Zustand ohne Fluchtreflex. Anschließend baut sie das bewegungsunfähige und anscheinend verwirrte Tier in eine Bruthöhle ein und legt zum Schluss ein Ei auf dem Körper des Wirtes ab. Die geschlüpfte Larve ernährt sich vom Gewebe der Schabe und dringt schließlich in den Wirt ein. Dort angekommen ernährt sie sich von den inneren Organen des Wirtes bis dieser verendet. Nach der Verpuppung schlüpft schließlich eine neue Juwelwespe aus dem leeren Chitinpanzer der Schabe und der Kreislauf beginnt von Neuem.

Systematik

Äußere Systematik

Sowohl ihre Einordnung in die klassische Systematik als auch der wissenschaftliche Name der Schaben variieren je nach Quelle. Neben Blattodea finden sich auch immer noch die Namen Blattaria oder Blattariae. Die Merkmale, die den Schaben gemeinsam sind, gelten als ursprüngliche Merkmale vieler Insektengruppen, worauf auch Fossilienfunde hindeuten. Es fehlen dagegen abgeleitete Merkmale (Autapomorphien), die das Taxon Schaben begründen könnten. Daher geht man heute davon aus, dass es sich bei ihnen nicht um eine natürliche Gruppe (Monophylie) handelt. Wahrscheinlich stellen sie stattdessen eine Zusammenfassung mehrerer Entwicklungslinien dar, die sich nacheinander abgespalten haben und von denen sich schließlich auch die Termiten und/oder die Fangschrecken abgespalten haben. Dies kann als Kladogramm wie folgt dargestellt werden, wobei sowohl die Anzahl der Entwicklungslinien der Schaben als auch die dichotome Ab- bzw. Aufspaltung der Termiten und Fangschrecken diskutiert wird:

N.N. 
 N.N. 

 Schaben 1


 N.N. 

 Schaben 2


 N.N. 

 Schaben 3


     

 Termiten (Isoptera)





     

 Fangschrecken (Mantodea)



Manche Systematiker fassen die Schaben und die Fangschrecken in dem Taxon Oothecaria[2] oder in der Überordnung Dictyoptera zusammen.[1] Andere ordnen diese gemeinsam mit den Termiten (und den Bodenläusen) in die Oothecariformia ein:[3]

Oothecariformia 
 N.N. 

 Schaben (Blattodea)


 N.N. 

 Termiten (Isoptera)


     

 Bodenläuse (Zoraptera)




     

 Fangschrecken (Mantodea)




Alternativ ist auch die folgende Systematik zu finden, welche die Schaben auch in die nähere Verwandtschaft der Ohrwürmer stellt. Das Fragezeichen, „?“, kennzeichnen die aktuell diskutierte und umstrittene Position der Grillenschaben:

Blattoptriaformes 
 N.N. 

 Ohrwürmer (Dermaptera)


 Blattopteroida 

 Fangschrecken (Mantodea)


 Blattodea 

 Schaben (Blattariae)


     

 Termiten (Isoptera)





     

 ? Grillenschaben (Notoptera o. Grylloblattodea)




Innere Systematik

Totenkopfschabe
(Blaberus craniifer)
Unterfamilie Blaberinae
Deutsche Schabe,
(Blattella germanica)
Unterfamilie Blattellinae
Gemeine Waldschabe
(Ectobius lapponicus)
Unterfamilie Ectobiinae
Bernstein-Waldschabe
(Ectobius vittiventris)
Unterfamilie Ectobiinae
Gemeine Küchenschabe (Blatta orientalis)
Unterfamilie Blattinae

In der klassischen Systematik werden die Schaben in eine Reihe von Familien innerhalb von mindestens drei Überfamilien aufgespalten. Die meisten dieser Familien beinhalten neben den hier aufgeführten Unterfamilien auch noch eine erhebliche Anzahl Gattungen die derzeit in keine dieser Unterfamilien eingeordnet werden (Stand Mai 2008). Die folgende bis auf die Ebene der Unterfamilien dargestellte Übersicht folgt der Taxonomischen Datenbank der Schaben. Außerdem werden noch einige bekanntere Arten eingeordnet oder im Bild gezeigt:[1]


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