Sankt-Johannis-Kirche (Magdeburg)

Sankt-Johannis-Kirche (Magdeburg)
Johanniskirche

Die Sankt-Johannis-Kirche ist ein Kirchengebäude im Magdeburger Stadtteil Altstadt und war dem Evangelist Johannes geweiht. Sie wird als Festsaal und Konzerthalle der Stadt Magdeburg genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bau und erste Zerstörung 1207

Das genaue Datum der Grundsteinlegung ist nicht bekannt. Im Zeitraum von 936 bis 941 fand jedoch die Errichtung einer Pfarrkirche in diesem Bereich statt. Erstmalig erwähnt wurde sie am 23. April 941. König Otto I. schenkte eine als plebeiam ecclesiam (Volkskirche) bezeichnete Kirche den Mönchen des von ihm gestifteten Moritzklosters. Über das Aussehen dieses Kirchenbaus ist nichts bekannt. Mit einer Urkunde vom 29. Juli 946 bestätigte der König nochmals die Schenkung, wobei sie wieder als Volkskirche, popularem ecclesiam, bezeichnet wurde. Thietmar von Merseburg erwähnt die Kirche 1015 als Kaufmannskirche, aecclesia mercatorum.

Möglicherweise erfolgte unter Erzbischof Hartwig 1082 eine Neuerrichtung der Kirche.

Der Name Sankt Johannis wird erstmals 1160 erwähnt, als der Abt Arnold der Kirche Johannes´ des Täufers in Magdeburg eine Urkunde Albrechts des Bären bezeugt. 1170 tauschte Erzbischof Wichmann die Kirche vom Stift Unser Lieben Frauen ein. Die Kirche wird hier als ecclesiam forensem in Magdeborg in honore beati Johannis evangelistae consecratan bezeichnet.

Nachdem die Kirche 1188 bei einem Stadtbrand bereits beschädigt worden war, brannte sie bei einem neuerlichen Stadtbrand 1207 nieder.

Westseite

Wiederaufbau und zweite Zerstörung 1451

Der Wiederaufbau begann jedoch umgehend. 1207 wurde mit der Errichtung des Unterbaus der Turmgeschosse begonnen, die 1213 fertiggestellt wurden. Bis 1218 wurden die oberen Turmgeschosse errichtet, bis 1238 war der Bau, inklusive einer Türmerwohnung, abgeschlossen. Die Kirche war in Form einer Basilika errichtet. Bereits 1239 führte ein neuer Großbrand zu Beschädigungen. Im Jahr 1301 stellte das Makkabäerkloster Köln die Reliquie "der 11000 Jungfrauen" in der Johanniskirche aus.

Am 22. Juli 1451 wurde der Nordturm durch einen Blitz getroffen. Es brach ein Feuer aus, das auch auf den nördlichen Turm und das Kirchenschiff übergriff. Ein Drittel des Kirchenschiffes brannte ab.

Wiederaufbau und dritte Zerstörung 1631

Der Wiederaufbau fand in den Jahren 1452 und 1453 statt, wobei statt einer Basilika eine dreischiffige Hallenkirche entstand. Auf Zierformen wurde verzichtet. Statt Haustein kam überwiegend Bruchstein zum Einsatz. Das Kirchendach wurde mit Kupfer, die Türme mit Blei gedeckt. An der Westfront wurde eine Vorhalle errichtet.

Im Jahr 1468 goss ein Meister Heinrich die Apostelglocke.

Am 26. Juni 1524 predigte der Reformator Martin Luther in der Johanniskirche. Magdeburg wurde daraufhin protestantisch.

Infolge eines Orkans stürzte am 26. November 1630 eine der Turmspitzen auf das Kirchendach. Es entstanden erhebliche Schäden. Am gleichen Tag beschloss der kaiserliche Generalissimus Tilly in Hameln den Angriff auf das protestantische Magdeburg im Dreißigjährigen Krieg. Am 10. Mai 1631 erfolgte nach längerer Belagerung der Angriff. Das Sturmhorn des Türmers von Sankt Johannis erklang. Magdeburg wurde jedoch erstürmt und infolge von ausgebrochenen Bränden fast vollständig vernichtet. Die Türen der Johanniskirche wurden von Tillys Truppen aufgebrochen. Geistliche und Mitglieder der Gemeinde wurden ermordet. Die Johanniskirche brannte nieder.

Wiederaufbau und vierte Zerstörung 1945

Der Pfarrer von Sankt Johannis Petrus Hecht kehrte 1632 aus der Gefangenschaft als erster Pfarrer nach Magdeburg zurück. Er predigte im Magdeburger Dom, da die Stadtkirchen zerstört waren.

Erst im Jahr 1641 begannen die Enttrümmerung der Kirche und eine Reparatur der Türme. 1642 erließ Georg Kühlewein ein Dekret zum Wiederaufbau der Johanniskirche. Der Seidensticker Johann Niesing und der Rektor Christian Wellmann unternahmen 1643 weite Reisen zur Einbringung einer Kollekte zum Wiederaufbau der Kirche, die sie auch nach Hamburg, Lübeck, Livland, Riga, Breslau, Königsberg und Danzig führten. Die Kollekten dauerten bis 1645] an und erbrachten 1311 Thaler, 10 Groschen und 3 Pfennig.

Es entstand im Inneren des Kirchengeländes zunächst eine hölzerne Kirche. Am 1. Februar 1644 wurde Richtfest gefeiert, am 10. Mai 1648 wurde ein Taufbecken geweiht. Im Jahr 1649 folgten zwei von Georg Schreiber gegossene Glocken.

Um 1654 hatte sich Magdeburg soweit von den Kriegsfolgen erholt, dass wieder ein geordnetes Gemeindeleben stattfand. Die Behelfswohnung aus Holzbuden wichen wieder richtigen Häusern, die Gemeinde verfügte über eigene Einnahmen. In den Jahren 1656 und 1657 entstand auf dem Johanniskirchhof ein Pfarrhaus, nebst Küsterei. 1658 wurde von Georg Schreiber, unter Verwendung der geschmolzenen Reste der alten Glocken, eine Festglocke gegossen.

Ab 1662 begann der eigentliche Wiederaufbau der Kirche. Zunächst wurden einzelne Pfeiler wieder errichtet. Am 12. September 1663 erfolgte der offizielle Beschluss der Gemeinde. Es wurden umfangreiche Spenden gesammelt. Bereits am 25. November 1669 schloss der Baumeister Heinrich Harder die Bauarbeiten ab.

1670 goss Jacob Wentzell die 1667 bei einem Trauergeläut für die verstorbene Kurfürstin von Brandenburg gesprungene große Glocke neu. Im selben Jahr schuf Tobias Wilhelmi einen neuen Altar, der mit Altarbildern von Christof Fensterer verziert war. Am 1. Advent des Jahres erfolgte die neue Weihe der Johanniskirche. Die Predigt hielt Ernestus Bake, Sohn des bekannten Dompredigers Reinhard Bake.

Es fanden in den folgenden Jahren noch weitere Arbeiten insbesondere an den Türmen statt. 1672 erhielten die Türme welsche Hauben. 1674 wurde der südliche Turm, vollständig aus Holz bestehend, fertiggestellt. 1675 folgte der Nordturm, ebenfalls zu einem großen Teil aus Holz. Im Jahr 1676 übergab schließlich Tobias Wilhelmi die von ihm geschaffene Kanzel.

Mit der Anfertigung einer vierten Glocke für Sankt Johannis und den zwei weiteren Uhrglocken, die schon vorhanden waren, wurde das Geläut zum umfassendsten der Stadt. Im Nordosten der Kirche wurde 1687 noch ein Treppenturm zum Dachstuhl errichtet.

Zwischen 1689 und 1695 entstand durch den Hamburger Orgelbauer Arp Schnitger eine Orgel. Den Orgelprospekt schuf Tobias Wilhelmi. Die Orgel musste 1828 bis 1831 repariert und von 1868 bis 1870 völlig erneuert werden.

Abgesehen von den zwischen 1748 und 1752 erneuerten Emporen, fanden die größeren Bautätigkeiten damit zunächst ein Ende.

Am 2. Dezember 1710 heiratete der Bildhauer Severin Gottlieb Ziegenbalg in der Johanniskirche. Im Jahr 1746 wurde der Komponist Johann Heinrich Rolle hier Organist.

Nach der Besetzung Magdeburgs durch französische Truppen 1806 musste die Johanniskirche zunächst als Pferdestall dienen. Auf einem Kirchturm wehte zeitweise die französische Trikolore. 1814 fand in der Kirche anlässlich des Wiedereinzugs der preußischen Armee ein Gottesdienst statt.

Preußischer optischer Telegraf auf dem Dach der St-Johannis-Kirche

Zwischen 1832 und 1850 wurde das Dach der Kirche von einer amtlichen preußischen Telegrapheneinrichtung genutzt. Im Jahr 1874, der elektrische Feuermelder war eingeführt, wurde der Türmer der Kirche von seiner Feuermeldepflicht entbunden. Er hatte bis dahin etwaiges Feuer und die Richtung des Brandes anzugeben.

1886 wurde westlich der Kirche in Erinnerung an die Predigt Martin Luthers das von Emil Hundrieser erstellte Lutherdenkmal eingeweiht.

1892 wurden für die Fenster Bleiverglasungen und 1900 für den Altarraum Glasmalereien beschafft.

In den folgenden Jahren hielten vor allem technische Modernisierungen Einzug. 1892 wurde eine Heizungsanlage eingebaut, die 1928 durch eine Niederdruckdampfheizung ersetzt wurde. Die 1903/1904 erweiterte Orgel erhielt eine elektrische Luftzuführung. 1923 wurde die elektrische Beleuchtung eingeführt, 1927 folgte ein elektrisches Läutwerk.

1924 wurde das Denkmal die "Trauernde Magdeburg" in der Vorhalle aufgestellt.

Im Ersten Weltkrieg musste die Johanniskirche 1918 eine Glocke für Rüstungszwecke abgeben. Ähnliches wiederholte sich im 2. Weltkrieg 1942, als sogar die Festglocke in eine Sammelstelle abtransportiert werden musste.

Am 28. September 1944 erlitt die Johanniskirche bei einem alliierten Luftangriff fünf schwere Treffer, die die Kirche erheblich beschädigten. Beim großen Luftangriff auf die Magdeburger Innenstadt am 16. Januar 1945 wurde die Johanniskirche erneut schwer getroffen. Es blieben lediglich die Außenmauern und Reste der Türme stehen.

Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg

Ruine der Johanniskirche, 1954

In diesem Zustand blieb die Johanniskirche über viele Jahre. Erst 1953 begannen in der westlichen Vorhalle Aufräumarbeiten. Bis 1956 erhielt die westliche Vorhalle statt des ursprünglichen Gewölbes ein Flachdach. Die Türme wurden wieder aufgebaut, wobei der nördliche Turm wieder vollständig entstand, der Südturm lediglich gesichert wurde. Ironischerweise fanden sich in Hettstedt und Wilhelmsburg zwei eigentlich für Kriegszwecke eingezogene Glocken der Johanniskirche wieder, die in den Nordturm ihrer zerstörten Kirche zurückkehrten.

Nachdem 1961 die Vorhalle von der Baupolizei gesperrt worden war, schenkte die evangelische Kirche am 22. August 1968 die Reste der Kirche samt Grund und Boden der Stadt.

Von 1975 bis 1977 wurden die Außenwände restauriert und ein Ringanker aus Beton eingezogen. Am 1. Mai 1980 wurde der Südturm als Aussichtsturm für die Bevölkerung freigegeben.

Das von Heinrich Apel geschaffene plastische Ensemble "Zerstörung und Wiederaufbau der Stadt Magdeburg" wurde 1983 zur Verzierung des Vorhallenportals angebracht. 1989 wurde auch die "Trauernde Magdeburg" wieder in der Vorhalle aufgestellt.

Im Jahr 1987 schloss sich die bis dahin noch bestehende evangelische Johannisgemeinde mit der Luthergemeinde zur Trinitatisgemeinde zusammen.

Nach der Wende des Jahres 1989 und dem Ende der DDR gab es schnell Bestrebungen, die Kirche wiederaufzubauen. Am 16. Januar 1991 gründete sich das "Kuratorium für den Wiederaufbau der Johanniskirche". Noch 1991 erfolgt eine Versiegelung der Türme mit einer Kalkzement-Mörtel-Schicht. In der Ruine fanden diverse Kulturveranstaltungen statt. Der Magdeburger Knabenchor sang unter der Leitung von Frank Satzky 1994 Weihnachtslieder, die Freien Kammerspiele führen 1996 das Luther-Stück "Das Lied wollte meiner Stimme zu hoch werden" auf.

1995 wurde das ursprüngliche Lutherdenkmal wieder vor der Kirche errichtet.

Es folgten umfangreiche Arbeiten zum Wiederaufbau, wobei das Innere des Gebäudes eine Verbindung aus Historie und Moderne bildet. Das Gebäude wird heute als Konzert- und Festsaal der Stadt Magdeburg genutzt. Die Eröffnung erfolgte am 2. Oktober 1999.

Im Jahr 2004 erhielt der Südturm, finanziert durch Spenden und mit erheblicher Unterstützung der Stadt, eine neue Spitze.

Seit dem 31. Oktober 2008 erklingen im Nordturm wieder die beiden Glocken der Kirche. Die Glocken stammen ursprünglich aus dem Jahre 1649, wobei die größere 1670 umgegossen werden musste, nachdem sie gesprungen war. Zur Einschmelzung abtransportiert, überstanden sie den 2. Weltkrieg und wurden 1954 nach Magdeburg zurückgebracht. Seitdem blieb das Geläut stumm.

Die Glocken der Johanniskirche sollen künftig zu folgenden Anlässen läuten:

  • Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs am 16. Januar,
  • Reformationstag am 31. Oktober,
  • Jahreswechsel,
  • Gedenken zum Wiederaufbau der Johanniskirche mit der Errichtung des Südturmes am 12. Mai (alle fünf Jahre)
  • Todestag Otto-von-Guerickes am 11. Mai (alle fünf Jahre)
  • Kirchliche Veranstaltungen und besondere Anlässe

Sehenswertes

  • Martin-Luther-Denkmal vor der Kirche
  • Die Trauernde Magdeburg im Eingangsbereich - Die einzige Skulptur, die nach der Zerstörung Magdeburgs 1945 aus dem Trümmern der Kirche gerettet werden konnte.
  • Gruft Otto von Guerickes
  • Aussichtsplattform auf dem Südturm

Literatur

  • Kirchen und Klöster zu Magdeburg. Stadtplanungsamt, 2000

52.1307911.641237Koordinaten: 52° 7′ 51″ N, 11° 38′ 28″ O


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