Samoswein

Samoswein
Grand Cru Lagen im Norden der Insel

Samos ist neben der Bezeichnung der ostägäischen Insel Samos auch der Markenname verschiedener süßer, meist leicht gespriteter Dessertweine, die ausschließlich von Reben dieser Insel stammen und neben Retsina und Mavrodaphne zu den bekanntesten Weinen Griechenlands zählen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Samos war von jeher eine Wein produzierende und Wein exportierende Insel. Weißweine, insbesondere Süßweine, spielten aber lange Zeit keine bevorzugte Rolle; vor allem wurden aus autochthonen roten Rebsorten Rot- und Roséweine produziert und vermarktet. Mit der Reblauskatastrophe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die alten Rebbestände weitgehend vernichtet. Auch die alten Rebsorten verschwanden fast auf der ganzen Insel oder blieben nur in sehr geringen Beständen erhalten. In den letzten Jahrzehnten wird den autochthonen Reben jedoch wieder verstärkt Beachtung geschenkt. Die Neubestockung erfolgte mit einer zuvor auf Samos nur vereinzelt anzutreffenden Rebe, der Gelben Muskateller, von der sich bald herausstellte, dass sie in den kargen, zum Teil auf steilen, nur zweizeiligen Terrassen angelegten Rieden, ideale Wachstums- und Reifebedingungen vorfinden würde. Entsprechend der besonderen Eignung dieser Rebe, aber auch dem Zeitgeschmack folgend wurden vor allem schwere Südweine produziert, die sehr bald den Ruf des Samos als exzellenten Dessert- beziehungsweise Likörweines international etablierten. Besonders in Mitteleuropa und den angelsächsischen Ländern erfreute und erfreut sich dieser Wein anhaltender Beliebtheit, ein Umstand, der allerdings auch zur Produktion bestenfalls durchschnittlicher Massenware führte.

Reben und Rieden

Die Rieden der 1982 definierten Appellation (O.P.E. = Onomasia Proelefseos Eleghomeni; Ονομασία προελευσέως ελεγχομένη) erstrecken sich über die gesamte, 470 Quadratkilometer umfassende Insel, bedecken von ihr jedoch nur insgesamt etwa 2000 Hektar mit leicht steigender Tendenz. Zugelassen ist nur die Muskateller-Traube und nur die aus dieser Traube gewonnenen Süßweine genügen den Appellationskriterien. Die trocken ausgebauten Weine aus dieser Rebe sowie die oft bemerkenswerten Rosé-Weine aus autochthonen Reben sind nicht O.P.E. zertifiziert.

Die Rieden liegen meist im steilen Gelände auf kargem, kalkhaltigem Untergrund. Oft sind sie terrassenförmig angelegt. Kultivierung und Lese erfordern also sehr viel aufwändige Handarbeit. Die besten Lagen befinden sich in Höhen zwischen 600 und 800 Metern über NN, dort, wo die Reben gut durch den häufig wehenden Meltemi durchlüftet werden und die Steigungsregen auch ausreichend für Befeuchtung sorgen, so zum Beispiel an den Hängen des Ambelos (auch Ampelos – benannt nach dem mythologischen Satyr Ampelos, aus dessen Körper der erste Weinstock spross) im Norden der Insel. Die Bestimmungen zur Ertragsbegrenzung sind noch relativ locker; qualitätsbewusst erzeugende Kooperativen und Winzer begrenzen die Hektarerträge jedoch auf unter 50 Hektoliter pro Hektar.

Weine

Alle unter der Markenbezeichnung Samos in den Handel kommenden Weine werden reinsortig aus der Gelben Muskateller-Traube gekeltert. Zwischen den einzelnen Sorten bestehen jedoch erhebliche Unterschiede in Bezug auf Lesezeitpunkt, Verstärkung, Ausbau und Alterung. Bekanntestes Produkt ist der

  • SAMOS, der als Vinifizierungshinweis die Bezeichnung Vin doux trägt. Bei diesen Weinen erfolgt die Spritung sehr früh, meist schon in der Angärung im Most oder nach einer kurzen Gärung. Diese Weine können sich je nach weitem Ausbau unterschiedlich entwickeln. Die meisten kommen jedoch als süße, oft ziemlich undifferenziert fette Produkte in den Handel, wie sie in den Supermärkten zu billigen Preisen in den Regalen stehen. Ein einfacher Samos kann aber auch ein durchaus differenzierter, gut strukturierter Wein sein, dessen Süße nicht erschlägt und der vielfältige, oft überraschend frische Orangen-, manchmal auch Limettenaromen aufweist.
  • ANTHEMIS (nach dem antiken Namen der Insel) ist ein Vin doux, dessen Moste aber aus bevorzugteren Lagen stammen und der zumindest drei Jahre, meist aber fünf Jahre im Eichenfass lagert. Diese Weine sind süßer und wuchtiger, gelungene bieten ein vielfältiges Aromenorchester, in dem neben den Dörrobst und Gewürznuancen vor allem ein Orangenschalenton dominierend werden kann.
  • Eine weitere qualitative Steigerung finden diese gespriteten Likörweine in den beiden Sorten VIN DOUX NATUREL und VIN DOUX NATUREL GRAND CRU. Bei ihnen kommen nur Trauben aus besten Lagen und nur Vorlaufmoste, also Moste, die fast ohne Pressdruck gewonnen werden, zur Verarbeitung. Beim Grand Cru werden außerdem nur sehr spät gelesene, überreife Trauben verwendet. Sie lagern mindestens fünf Jahre, meist aber länger in Eicherfässern. Beide Weine können von bemerkenswerter Qualität sein, besonders, wenn es den Weinmachern gelingt, neben der dominanten Süße eine gewisse feine Säure zu erhalten. Dann wirken diese Weine trotz ihrer fast cremigen, schweren Struktur durchaus frisch und lebendig. Gelungenen Weinen sind neben dem arttypischen Muskatton vor allem intensive Fruchtnoten, vor allem Orangenaromen eigen. Alle Likörweine werden auf etwa 15 Volumenprozent Alkohol aufgespritet, um die Gärung zu beenden und um Restzucker zu erhalten. Ein Samos ist gut lagerfähig, die besseren Produkte reifen auch in der Flasche noch beträchtlich und erreichen erst nach fünf bis zehn Jahren ihren Höhepunkt. Je nach Verwendung sollten sie gut gekühlt (um die 10 Grad Celsius), oder leicht temperiert (14°–16 °C) getrunken werden. Üblicherweise wird zu einem Samos ein Glas Wasser getrunken.
  • Kein Likörwein, sondern ein ungespriteter Passito ist das beste Produkt, das die Insel an Süßweinen zu bieten hat, der VIN NATURALLEMENT DOUX, der im Allgemeinen unter dem Markennamen SAMOS NECTAR oder nur NECTAR in den Handel kommt. Wie bei einem Grand Cru stammt das Lesegut ausschließlich von den besten Lagen; die überreifen Trauben werden sorgfältig gelesen und anschließend für etwa eine Woche auf Strohmatten getrocknet. Während der langsamen Gärung entwickelt sich ein Alkoholgrad von etwa 14 Volumenprozent bei gleichzeitig hohem Restzuckergehalt. Nach der Gärung reift er für mindestens drei Jahre in Eichenfässern und altert danach noch zwei Jahre auf Flasche, bevor er in den Handel kommt. Er ist von goldbrauner Farbe, häufig weist er leichte Rottöne auf. Ein Samos Nectar kann ein bemerkenswerter, frischer, gut strukturierter Süßwein sein, dessen Qualität vor allem auch von seiner delikaten, fein nuancierten Säure bestimmt wird.

Nicht O.P.E. zertifiziert, aber dennoch bei sorgfältiger Produktion erwähnenswert sind zwei trocken ausgebaute Weine:

  • Der reinsortig aus nicht ganz ausgereiften Muskattrauben gewonnene SAMENA, der bei etwa 12 Volumenprozent ein erfreulicher Begleiter zu Fischgerichten sein kann, aber auch als Wein für zwischendurch durchaus seine Reize hat. Die Variante GOLDEN SAMENA wird aus vollreifen Muskattrauben gewonnen und ebenfalls trocken ausgebaut; bei diesem Wein ist die Restsüße allerdings schon spürbar, was wiederum dem arttypischen Muskatgeschmack sehr zugute kommt.
  • Ein eigenwilliger, knochentrockener, herber Rosé von manchmal fast oranger Farbe – besonders im Norden der Insel als Haustrunk verbreitet, und dort auch als Schoppenwein in den Tavernen angeboten, wird aus früh geernteten Trauben der fast nur auf Samos in Resten verbreiteten roten Reben Fokianos und Ritinos erzeugt. Zuweilen kommt dieser Cuvée als SELANA in den Handel; diesen Flaschenabfüllungen fehlt aber die rustikale Ursprünglichkeit, die dieser Rosé in der Erzeugerregion, vor allem im Norden der Insel aufzuweisen vermag.

Literatur

  • Roger Voss: Pocket Guide to Fortified and Dessert Wines.Mitchel Beazley 1989. ISBN 978-0-85533-698-1
  • F. Paul Pacult: Kindred Spirits: The Spirit Journal Guide to the World's Distilled Spirits and Fortified Wines. Hyperion Books 1997. ISBN 978-0-7868-8172-7
  • Stephen Brook: Liquid Gold: Dessert Wines of the World. Constable 1987. ISBN 978-0-09-466920-8
  • Horst Dippel (Hrsg.): Das Weinlexikon. Fischer-Taschenbuch-Verl., Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-596-24501-X

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