Salman Rushdie

Salman Rushdie
Salman Rushdie in Warschau, 3. Oktober 2006

Sir Ahmed Salman Rushdie (Urdu ‏سلمان رشدی‎; * 19. Juni 1947 in Bombay, Indien) ist ein indisch-britischer Schriftsteller. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen Literatur. Seine Erzählungen reichert er mit fantastischen Elementen aus der Märchenwelt an. Dieses Vermischen von Mythos und Fantasie mit dem realen Leben wird als magischer Realismus bezeichnet. Rushdie schreibt in englischer Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Salman Rushdie wuchs in Bombay (heute Mumbai) in einer muslimischen Familie auf. Sein Vater, ein erfolgreicher Geschäftsmann, schickte ihn im Alter von 14 Jahren nach England. Am King’s College der Universität Cambridge studierte er Geschichte, anschließend arbeitete er am Theater und als freier Journalist.

Mit Grimus veröffentlichte Salman Rushdie 1975 sein erstes Werk, das ihm aber nicht den erhofften Erfolg einbrachte. Sein internationaler Durchbruch gelang ihm 1981 mit dem Buch Mitternachtskinder, für das er mit dem Booker-Preis ausgezeichnet wurde. Sein drittes Buch Scham und Schande erschien 1983.

Einen weiteren Erfolg verzeichnete er 1988 mit seinem Werk Die satanischen Verse. Die in den Albträumen eines Protagonisten widergespiegelte Lebensdarstellung des Propheten Mohammed war der Anlass für den iranischen Staatschef Khomeini, Rushdie mittels einer Fatwa am 14. Februar 1989 zum Tode zu verurteilen. Begründet wurde diese Fatwa damit, das Buch sei „gegen den Islam, den Propheten und den Koran“. Khomeini rief die Moslems in aller Welt zur Vollstreckung auf. Um die Durchführung zu beschleunigen, wurde ein Kopfgeld von drei Millionen US-Dollar ausgesetzt. Rushdie erfuhr von seinem Todesurteil durch eine Reporterin des BBC am Tag der Beisetzung seines langjährigen Freundes und Reisegefährten Bruce Chatwin.[1]

Religiöse Autoritäten in Saudi-Arabien und die Scheiks der berühmten ägyptischen Al-Azhar-Moschee verurteilten die Fatwa als illegal und dem Islam widersprechend.[2][3] Dies begründeten sie anhand der Tatsache, dass die Scharia es nicht gestatte, einen Menschen ohne ein Gerichtsverfahren zum Tode zu verurteilen und es außerdem außerhalb der islamischen Welt (bzw. Staaten, in denen die Scharia angewendet wird) sowieso keine Rechtskraft habe. Auf der Islamischen Konferenz im März 1989 haben alle Mitgliedsstaaten der Organisation der Islamischen Konferenz (Iran ausgeschlossen) der Fatwa widersprochen.[2][3]

Salman Rushdie erklärte gegenüber der islamischen Glaubensgemeinschaft sein Bedauern über „die Besorgnis, die die Veröffentlichung aufrichtigen Anhängern des Islam bereitet hat“. Aber auch nach dem Tode Khomeinis am 3. Juni 1989 wurde das Todesurteil aufrechterhalten. 1991 wurde das Kopfgeld sogar verdoppelt. Der Dichter lebte wegen der erhaltenen Morddrohungen in erzwungener Isolation an ständig wechselnden Wohnorten und unter Polizeischutz. Die zahlreichen Drohungen und Anschläge gegen die Verlage und die Ermordung mehrerer Übersetzer verhinderten den Erfolg des Buches nicht. Es errang eine weite Verbreitung. Die Drohungen werden bis heute vom geistlichen Führer des Irans und Nachfolger Khomeinis, Chamenei, ebenso wie von der Iranischen Revolutionsgarde vertreten.[4][5][6] Der Iran erklärte, die Fatwa könne nicht zurückgenommen werden, dies könne nur der Aussteller, der gestorben sei.[5]

Auf seiner Flucht verfasste Rushdie für seinen Sohn das Märchen Harun und das Meer der Geschichten, in dem ein Märchenerzähler die Fähigkeit verliert, Geschichten zu erzählen, weil ihm der „Geschichtenhahn“ abgedreht wird und er keinen Zugang mehr zum „Erzählwasser“ hat. Sein Sohn macht sich auf den Weg, seinen Vater zu retten. Diese Geschichte diente als Parabel auf Rushdies eigene Situation, im Untergrund und getrennt von der Familie. Rushdie erhielt unzählige renommierte Preise, der herausragendste ist der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk.

Das nächste Werk, Des Mauren letzter Seufzer, erregte bei seinem Erscheinen 1995 besonders in Indien großes Aufsehen, sehr deutliche Anspielungen auf die Führer der Hindu-nationalistischen Bewegung von Bombay bewirkten, dass das Buch in Bombay auf den Index gesetzt wurde.

1999 entstand das Werk Der Boden unter ihren Füßen und 2001 der Roman Fury. Eine Sammlung skurriler Erzählungen heißt East, West. 2005 veröffentlichte Rushdie den Roman Shalimar the Clown, 2006 unter dem Titel Shalimar der Narr auf Deutsch erschienen. Für sein Lebenswerk wurde Salman Rushdie 1999 von der Freien Universität Berlin sowie der Universität Lüttich[7] mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.

2004 heiratete Rushdie in vierter Ehe das indische Model Padma Lakshmi. Nach drei Jahren zerbrach die Ehe.[8]

Rushdie gehört zu den Unterzeichnern des Manifestes der 12 gegen den Islamismus als neue totalitäre Bedrohung. Seit dem Frühjahr 2007 ist Salman Rushdie für fünf Jahre als sogenannter „Writer in Residence“ an der amerikanischen Emory University tätig.

Am 16. Juni 2007 wurde vom Buckingham Palace mitgeteilt, dass Königin Elisabeth II. beabsichtige, Rushdie zusammen mit 945 Sportlern, Kulturgrößen und Repräsentanten der Wirtschaft[9] als Knight Bachelor in den Ritterstand zu erheben.[10] Die Bekanntgabe hat offizielle diplomatische Proteste im Iran und in Pakistan ausgelöst; in beiden Ländern wurden die britischen Botschafter einbestellt. Das iranische Außenministerium nannte die Entscheidung, den „verhassten Apostaten“ zu ehren, einen eindeutigen Beweis für Islamophobie unter hochrangigen britischen Beamten.[11] In Iran, Pakistan und Malaysia kam es anschließend zu teilweise gewalttätigen Straßenprotesten.[12] In Kaschmir kam die Wirtschaft einen Tag lang zum Erliegen.[13] Der Ritterschlag fand im Juni 2007 statt.

Die satanischen Verse

Hauptartikel: Die satanischen Verse

„Satanische Verse“ ist die Bezeichnung für eine Überlieferungsvariante im Koran. In der 53. Sure „Der Stern“ (al-Nadschm) geht es um drei bei der Kaaba in Mekka verehrte, vorislamische, weibliche Gottheiten: Al-Lat, Al-'Uzza und Al-Manat. In der überlieferten Fassung des islamischen Gelehrten und Historikers Tabari[14] erlaubt Mohammed ihre Verehrung[15], während er sie in der kanonischen Fassung ablehnt. Der Ausdruck „Satanische Verse“ wurde von William Muir gebildet. Die gereinigte oder berichtigte Fassung verdränge diese Göttinnen, da sie auch als (untergeordnet) verehrungswürdige Wesen nicht mit dem Monotheismusgebot in Einklang zu bringen waren.

Werke

Romane

Sonstige Schriften

  • Das Lächeln des Jaguars. Eine Reise durch Nicaragua, (The Jaguar Smile. A Nicaraguan Journey) München 1998, ISBN 3-426-60772-7
  • Osten, Westen, Kurzgeschichten, (East, West) München 1996, ISBN 3-426-60571-6
  • Der Zauberer von Oz (The wizard of Oz), Bellheim 1999, ISBN 3-924959-53-6
  • Heimatländer der Phantasie: Essays und Kritiken 1981–1991 (Imaginary homelands), ISBN 3-463-40155-X
  • Überschreiten Sie diese Grenze! Schriften 1992–2002. (Step across this line), Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-498-05773-1

Sonstiges

  • Salman Rushdie stellte sich selbst in einer Gastrolle in dem Spielfilm Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück (2001) dar.
  • In dem Roman Gottes kleiner Krieger von Kiran Nagarkar wird die Reaktion eines radikalen Islamisten auf Die satanischen Verse thematisiert, die bis zu einem versuchten Anschlag auf Rushdie führt.


Dieser Artikel existiert auch als Audiodatei.

Referenzen

Literatur

  • Gereon Vogel: Blasphemie – Die Affäre Rushdie in religionswissenschaftlicher Sicht. Peter Lang, ISBN 3-631-32892-3
  • Raphaël Aubert: L'Affaire Rushdie. Le Cerf, ISBN 2-204-04193-9
  • Bernd Hirsch: Geschichte und Geschichten - Zum Verhältnis von Historizität, Historiographie und Narrativität in den Romanen Salman Rushdies. C. Winter, ISBN 3-8253-1248-8

Einzelnachweise

  1. Nicholas Shakespeare, Bruce Chatwin. Eine Biographie. S. 801
  2. a b Karen Armstrong, Muhammad. Religionsstifter und Staatsmann, S. 11-12
  3. a b Karen Armstrong, Kleine Geschichte des Islam, S. 219
  4. Can Iran Be Trusted?, Michael Rubin, AEI Middle Eastern Outlook, 1. September, 2006 (englisch)
  5. a b Ayatollah revives the death fatwa on Salman Rushdie by Philip Webster, Ben Hoyle and Ramita Navai, The Times, 20. Januar, 2005 (englisch)
  6. Iran adamant over Rushdie fatwa, BBC NEWS, 12. Januar, 2005 (englisch)
  7. [1] Remise des insignes de Docteur Honoris Causa à M. Salman RUSHDIE
  8. 20 Minuten: Salman und Padma - Scheidung3. Juli 2007
  9. NZZ: Aufruhr um Ritterwürde für Salman Rushdie 21. Juni 2007
  10. Die Zeit: Ein Himmel ohne Jungfrauen 19. Juni 2007
  11. IRNA: „British knighthood for Rushdie, clear sign of Islamophobia“, 17. Juni 2007 (engl.)
  12. Der Spiegel: Islamisten wütend über Ritterschlag für Rushdie 20. Juni 2007
  13. Rushdie - Opfer des Zorns, der Tagesspiegel, 23. Juni 2007, S. 1
  14. Tabari Annalen I, S. 1192-1196, u. a., vgl. Rudi Parets Koranausgabe, Kommentarband, S. 461
  15. Annemarie Schimmel kommentiert in der deutschen Koranübersetzung von Max Henning (Reclam Stuttgart 1961, S. 510 f.): „Dies sind drei Göttinnen der heidnischen Araber. Bei der ersten Verlesung der Sure soll Mohammed fortgefahren sein:
    «Dies sind die zwei hochfliegenden Schwäne,
    Und ihre Fürsprache werde erhofft.»
    Er tat dies, da ihm die Quraišiten unter diesem Kompromiss die Prophetenwürde zuerkennen wollten. Am nächsten Tag jedoch schon erklärte er die beiden Verse als Eingebung des Satans, an ihre Stelle traten V. 21-23.“

Weblinks

 Commons: Salman Rushdie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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