Sache (Recht)

Sache (Recht)

Der Begriff einer Sache wird in den Rechtsvorschriften unterschiedlicher Staaten abweichend definiert.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Zu unterscheiden ist zwischen Sachen des bürgerlichen Rechts und Sachen des öffentlichen Rechts.

Sachen des bürgerlichen Rechts

Nach deutschem Recht ist eine Sache ein körperlicher Gegenstand (§ 90 BGB). Damit ist jede im Raum abgrenzbare Materie eine Sache, gleich ob fest, flüssig oder gasförmig (Aggregatzustand); also beispielsweise auch Gas oder Wasser in Flaschen. Entscheidend ist jedoch die Verkehrsanschauung, nicht die Physik.

Keine Sachen sind beispielsweise Licht oder Elektrizität. Keine Sache ist auch der lebende menschliche Körper. Dies aber nicht etwa, weil er nicht aus Materie besteht, sondern weil er als Rechtssubjekt (= Träger von Rechten und Pflichten) nicht gleichzeitig Rechtsobjekt sein kann. An Sachen kann man Besitz und Eigentum erlangen.

Leichnam

Wie der Leichnam sachenrechtlich einzuordnen ist, ist umstritten: Die wohl herrschende Meinung nimmt grundsätzlich eine Sacheigenschaft des Körpers an,[1] die aber im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht umstritten ist. Die Erben erlangen jedenfalls kein Eigentum am Leichnam, weil der Leichnam nicht zum Vermögen des Verstorbenen gehört (s.o.). Hier nimmt die wohl herrschende Meinung an, dass die nächsten Angehörigen ein quasi Sachrecht für die Pflege der Totensorge erhalten.[2] Die im Leichnam enthaltenen künstlichen Teile erhalten Ihre Sacheigenschaft zurück. Da der Leichnam keinem gehört (die Angehörigen haben das Recht zur Totenpflege aber erhalten kein Eigentum), werden diese Sachen nach Trennung vom Leichnam herrenlos. Ein Sonderfall stellt die rechtliche Einordnung von Leichnamen dar, die aufgrund einer Verfügung des Verstorbenen oder weil das Persönlichkeitsrecht erloschen ist, wissenschaftlichen Zwecken dienen sollen. An ihnen kann Eigentum erworben werden.

Dauerhaft abgetrennte Körperteile werden zu Sachen.

Tiere

Durch das TierVerbG wurde 1990 der § 90a BGB eingefügt, nach dem Tiere keine Sachen sind, man sie jedoch rechtlich wie Sachen zu behandeln hat. Das bedeutet, dass man beispielsweise einen Hund ohne weiteres nach den Vorschriften über den Kaufvertrag kaufen und nach den sachenrechtlichen Vorschriften übereignen kann.

Sinn der Regelung ist es, die Tiere als Mitgeschöpfe wenigstens gedanklich von den Sachen zu unterscheiden. Helmut Heinrichs beschrieb den Paragraphen daher als eine „gefühlige Deklamation ohne wirklichen rechtlichen Inhalt“.[3] Auswirkungen hat er immerhin im Falle eines zu leistenden Schadensersatzes: Der Schuldner kann ohne Weiteres eine Wertminderung eines durch ihn verletzten Tieres durch vorherigen längeren Gebrauch geltend machen, wie bei einer durch ihn beschädigten Sache; auch Heilkosten, die über den Verkaufswert des Tieres hinaus gehen, können ihm in Rechnung gestellt werden.

Einteilung im BGB

Art einer Sache

Die Art einer Sache wird im bürgerlichen Recht nach folgenden Kriterien beurteilt: bewegliche und unbewegliche, vertretbare, unvertretbare, verbrauchbare, unverbrauchbare und teilbare, unteilbare Sachen.

Unbewegliche Sachen (Immobilien
sind Grundstücke und den Grundstücken gleichgestellte Sachen. Sie werden auch als Liegenschaften bezeichnet.
Bewegliche Sachen (Mobilien) 
Leiten sich vom alten Begriff der Fahrnis ab.
Vertretbare Sachen 
im Sinne von § 91 BGB sind alle beweglichen Sachen, bei denen es auf eine Individualisierung nicht ankommt, und die im Rechtsverkehr nach Zahl, Maß und Gewicht bestimmt zu werden pflegen. Beispiele hierfür sind Kartoffeln, Getreide, Geld, Wertpapiere oder Zucker.
Unvertretbare Sachen
Unvertretbare Sachen sind alle die Sachen, die als solche individuell bestimmt sind. Dazu gehören beispielsweise Grundstücke und Wohnungen, aber auch ein geschneidertes Kleidungsstück oder ein individuell angepasstes Auto.
Teilbare Sachen
sind die Sachen, die sich ohne Wertminderung in gleichartige Teile zerlegen lassen. Wenn beispielsweise ein großes unbebautes Grundstück in zwei kleinere Grundstücke geteilt werden kann, ohne dass der zusammengerechnete Wert der beiden einzelnen Grundstücke geringer ist, dann ist das Grundstück eine teilbare Sache. Vertretbare Sachen sind stets teilbare Sachen, soweit eine Teilung tatsächlich möglich ist (beispielsweise Geld). Der Begriff der Teilbarkeit hat Bedeutung für die Aufhebung der Gemeinschaft.
Verbrauchbare Sachen 
sind nach § 92 BGB bewegliche Sachen, die nach objektiver Anschauung ihrer Zweckbestimmung zum Verbrauch (z.B. Butter, Heizöl und Schmieröl) oder zur Veräußerung (z.B. Aktien oder Geld) bestimmt sind.
Funktionale Einheiten einer Sache

Zwischen mehreren Sachen können Verbindungen existieren, die eine unterschiedliche Qualität haben. Das Sachenrecht unterscheidet hier zwischen wesentlichen Bestandteilen, einfachen Bestandteilen, Scheinbestandteilen und Zubehör:

Wesentliche Bestandteile bei beweglichen Sachen, § 93 BGB
Ein wesentlicher Bestandteil einer Sache ist dann anzunehmen, wenn zwischen beiden Teilen der Sache eine so erhebliche Verbindung existiert, dass ihre Trennung zu einer Beschädigung oder Unbrauchbarmachung einzelner Teile führen würde. Beispiel für einen wesentlichen Bestandteil ist die Lackierung einer Holzlatte. Gegenbeispiel ist die Matratze eines Bettes. Wichtig ist die Unterscheidung deswegen, weil über wesentliche Bestandteile nicht verfügt werden kann (der Lack des Holzes kann nicht verkauft werden, sondern nur die Holzlatte als ganzes) und man an dem Gegenstand auch keine besonderen dinglichen Rechte erhalten kann.
Wesentlicher Bestandteil bei unbeweglichen Sachen, § 94 BGB
Wesentliche Bestandteile eines Grundstückes sind alle mit diesem fest verbundenen Sachen, z.B. das Gebäude eines Grundstückes. Auch die zur Herstellung eines Gebäudes eingefügten Sachen sind wesentliche Bestandteile des Gebäudes und damit auch des Grundstückes.
Einfache Bestandteile
Einfache Bestandteile sind nicht wesentliche Bestandteile, d.h. sind die Bestandteile, die nicht unter §§ 93, 94 BGB fallen. Beispiele hierfür sind die Reifen eines Autos.
Scheinbestandteile, § 95 BGB
sind diejenigen Teile einer Sache, die nur einem vorübergehendem Zweck dienen. Dieser liegt insbesondere dann vor, wenn später eine Trennung beabsichtigt ist.
Zubehör, § 97 BGB
Zum Zubehör gehören die beweglichen Sachen, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dienen sollen und keine Bestandteile der Hauptsache sind. Für gewerbliches und landwirtschaftliches Inventar finden sich weitere Vorschriften in § 98 BGB.
Nutzungen einer Sache

Das bürgerliche Recht unterscheidet zwischen Vorteilen (Gebrauchsvorteile) und so genannten Früchten § 100 BGB. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen Sach- und Rechtsfrüchten.

Gebrauchsvorteile 
Bei den Gebrauchsvorteilen ist auf den für den Nutzer günstigen Erfolg einer Sache oder eines Rechts abzustellen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass durch die Benutzung ein beachtlicher Gewinn erzielt wird.[4] Beispiel eines Gebrauchsvorteils ist die Nutzung eines Fahrrades oder die einer Uhr. Ein Gegenbeispiel wäre der Erlös der Verkauf des Fahrrades, da dieser Erlös aus der Verwertung der Sache herrührt.
Früchte 
Eine Beschreibung des Rechtsbegriffs Früchte, findet sich in § 99 BGB. Der Gesetzgeber unterscheidet hier zwischen Sach- und Rechtsfrüchten. Dabei sind Sachfrüchte die Ausbeute, die aus der Sache bei bestimmungsgemäßer Nutzung gewonnen wird. Beispiel: Tierprodukte wie Milch, Eier. Gegenbeispiel: Das Fleisch des Tieres selbst (Verwertung). Aber auch die Ausbeute, die durch ein Rechtsverhältnis entsteht, nennt man Sachfrüchte (§ 99 Abs. 3 BGB). Das ist zum Beispiel bei der Miete für einen Mietwagen der Fall. Rechtsfrüchte sind die Einnahmen, die ein Recht seiner Bestimmung nach gewährt. Rechtsfrüchte sind zum Beispiel die Sachfrüchte, die der Pächter einer Obstplantage aufgrund seines Pachtrechtes erwirbt.

Der Rechtsverkehr mit Sachen wird im Bürgerlichen Recht vom Sachenrecht geregelt.

Sachen des öffentlichen Rechts

Sachen des öffentlichen Rechts sind körperliche Gegenstände, aber auch Elektrizität oder Luft. Die Vorschriften über die Sachen des bürgerlichen Rechts gelten für sie nicht. Siehe unter Recht der öffentlichen Sachen.

Abweichende Begriffsverwendung

Die § 90 und § 90a BGB regeln den Begriff der Sache unmittelbar nur für das Bürgerliche Gesetzbuch. Die unabhängigen Definitionen der anderen Rechtsgebiete kommen jedoch meist zu dem gleichen Ergebnis. Der Begriff der Sache im Strafrecht weicht insoweit davon ab, dass Tiere ebenfalls Sachen sind.

Der in § 265 ZPO verwendete Sachbegriff schließt auch Rechte – die als solche unkörperlich sind – ein. Gemeint ist in dieser Vorschrift daher eher der Oberbegriff für Sachen und Rechte, der Gegenstand. Das gleiche gilt für den Sachbegriff in § 119 Abs. 2 BGB.

Österreich

Alles, was keine Person ist und zum Gebrauch durch den Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne in Österreich eine Sache genannt.

Tiere sind keine Sachen und werden durch eigene Rechte geschützt. Die Regelungen, die auf Sachen zutreffen, sind nur dann auf Tiere anzuwenden, falls sie nicht von den Rechten für die Tiere abweichen.

Körperliche Sachen

Körperliche Sachen sind Sachen, die man mit den Sinnen wahrnehmen kann, auch wenn man technische Hilfsmittel (z. B. Messwerkzeug) benötigt, um sie wahrnehmbar zu machen.

Unkörperliche Sachen

Unkörperliche Sachen sind alle nicht wahrnehmbaren Sachen. Darunter fällt z. B. das Gewährleistungsrecht oder alle anderen Rechte.

Bewegliche Sachen – unbewegliche Sachen

Sachen, die ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden können, sind bewegliche Sachen (veraltet: Fahrnis); andere Sachen sind unbeweglich. Sachen, die eigentlich beweglich sind, aber im rechtlichen Sinn als unbeweglich gelten, sind auch Sachen, die laut einem Gesetz oder dem Eigentümer zu einer unbeweglichen Sache dazugehören.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Münchener Kommentar zum BGB, § 90 Rn. 30 m.w.N.
  2. Palandt, Kommentar zum BGB, § 90 Rn. 11
  3. Palandt-Heinrichs, BGB, § 90a, Rn. 1
  4. BGH DB 1966, 738, 739

Weblinks

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