SMS Goeben (1911)

SMS Goeben (1911)

SMS Goeben
Baudaten
Bauwerft: Blohm & Voss in Hamburg
Bau-Nr. 201
Auf Kiel gelegt: 7. Dezember 1909
Stapellauf: 28. März 1911
Indienststellung: 2. Juli 1912
Schwesterschiff: SMS Moltke
Schicksal: ab 1914 türkischer Kreuzer Yavuz Sultan Selim
Verbleib: Verschrottung 1973–1976
Allgemeine Daten
Wasserverdrängung: Konstruktion: 22.979 t
Maximal: 25.400 t
Länge: 186,5 m
Breite: 29,5 m
Tiefgang: 9 m
Antrieb: 24 kohlegefeuerte Dampfkessel
2 Satz Parsons-Dampfturbinen
auf 4 Schrauben
mit zusammen 85.661 PSw
Geschwindigkeit: 28 kn (ca. 53 km/h)
Reichweite: 4.120 sm bei 14 kn
Besatzung: Frieden: 1053 Mann
Bewaffnung: 10 x 28 cm L/50 SK
in Zwillingstürmen
12 x 15 cm L/45 SK
in Kasematten,
12 x 8,8 cm L/35 SK
(ab 1916: 4 Flak 8,8 cm)
4 x 50 cm-Torpedorohre
unter Wasser
(1 Heck-, 2 Seiten-, 1 Bug-)
Panzerung:
  • Deck: 50 mm
  • Gürtel: 270 mm
  • Kommandoturm: 350 mm
  • Türme: 230 mm
Baukosten: 41,5 Millionen Mark

Die SMS Goeben war ein Großer Kreuzer (Schlachtkreuzer) der kaiserlichen deutschen Marine der Moltke-Klasse. Benannt wurde sie nach dem preußischen General August von Goeben.

Das Schiff lief am 28. März 1911 bei Blohm & Voss vom Stapel und war dann Flaggschiff der Mittelmeer-Division der Kaiserlichen Marine. Ab August 1914 fuhr der Kreuzer unter türkischer Flagge, erhielt den Namen Yavuz Sultan Selim (später kurz Yavuz), nach Sultan Selim I. Yavuz, und wurde im Schwarzen Meer gegen die russische Flotte und ihre Häfen eingesetzt.

Kommandant der Goeben war vom 4. April 1914 bis zum 2. Januar 1918 Kapitän zur See Richard Ackermann.

Die Goeben gilt bis heute als das Dreadnought-Kriegsschiff mit der längsten aktiven Dienstzeit. Bis zur Außerdienststellung Anfang der 60er Jahre war sie über 50 Jahre im aktiven Einsatz gewesen (zum Vergleich: das dienstälteste Schiff der Iowa-Klasse, die USS New Jersey stand zwischen 1943 und 1991 ganze 21 Jahre im aktiven Dienst).

Inhaltsverzeichnis

Die Mittelmeerkampagne 1914

Seit 1912 bestand die Mittelmeerdivision der kaiserlichen Marine, aus der Goeben und dem kleinen Kreuzer SMS Breslau. Zur Zeit des ersten und zweiten Balkankrieges war die kleine Flotte unter dem Kommando von Admiral Trummler, der wurde jedoch am 23./24. Oktober 1913 durch Konteradmiral Wilhelm Souchon abgelöst.

Zum Zeitpunkt der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914 befand sich das Geschwader in der Adria. Da Souchon sich dort nicht durch eine gegnerische Blockade der Straße von Otranto einschließen lassen wollte, marschierte er sofort ins westliche Mittelmeer. Nachdem am 3. August Krieg zwischen Deutschland und Frankreich ausgebrochen war, beschoss Souchon die Hafenanlagen von Bône und Philippeville in Algerien, um die Einschiffung der französischen Kolonialarmee nach Europa zu verhindern.

Derweil hatte die britische Marineleitung, unter dem Ersten Lord der Admiralität Winston Churchill, schon am 1. August der britischen Mittelmeerflotte unter Admiral Sir Berkley Milne den Auftrag erteilt, das deutsche Geschwader zu beschatten und daran zu hindern, französische Truppentransporte von Algerien nach Frankreich zu stören. Souchon gelang es aber, nach Messina auf Sizilien auszuweichen, um dort Kohlen zu bunkern. Von dort marschierte er zur Überraschung seiner Verfolger nach Osten, denn die Franzosen hatten Souchon zu weiterer Hafenbeschiessung vor Afrika erwartet, die Briten einen Durchbruch in die Adria zum befreundetet k.u.k. Hafen Pola. Nun stand Souchon nur der leichte Kreuzer HMS Gloucester gegenüber. Dieser unternahm am 7. August einen beherzten Versuch, die deutschen Schiffe aufzuhalten, brach diesen aber wegen offensichtlicher Unterlegenheit ab, als die Goeben das Feuer erwiderte.

Goeben und Breslau marschierten ohne Schwierigkeiten um Griechenland und durch die Ägäis und ankerten am 10. August vor den Dardanellen. Nach einigen Tagen diplomatischer Verhandlungen zwischen Berlin und Konstantinopel passierten die beiden Schiffe die Minensperren in den Dardanellen und erreichten Konstantinopel. Dort wurden sie am 16. August in die osmanische Marine übernommen, ein Akt, der bald darauf den türkischen Kriegseintritt auf Seite der Mittelmächte mit herbeiführte. Die Goeben erhielt - nicht ohne nationalistische Akzentuierung seitens der Osmanen - den Namen Yavuz Sultan Selim (Sultan Selim der Gestrenge), aus der Breslau wurde die Midilli (Mytilini, nach der 1913 an Griechenland verloren gegangenen Insel).[1] Die Schiffe fuhren weiterhin mit ihren deutschen Besatzungen, die nun aber den Fes als offizielle Kopfbedeckung trugen.

Strategische Bedeutung

Die Ankunft der Goeben und der Breslau in Konstantinopel und ihre Übergabe an die türkische Marine waren mitentscheidend für den Eintritt der Türkei in den Krieg. Die wichtigste Konsequenz daraus war das Abschneiden des besten Seetransportwegs, auf dem Frankreich und Großbritannien Kriegsmaterialien nach Russland und Russland seinen Weizen ins Ausland hätten bringen können. Da auch die Ostsee von der Hochseeflotte blockiert war, war Russland somit weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten – abgesehen von der schwierigen Eismeerroute nach Archangelsk, der Route durch den Iran, die eine sehr geringe Kapazität hatte, und dem langen Weg über Wladiwostok.

Operationen im Schwarzen Meer

Am 28. Oktober 1914 führte Souchon sein Geschwader in das Schwarze Meer und beschoss am nächsten Tag den Hafen von Sewastopol und danach den Hafen von Odessa, wobei der russische Minensucher Prut versenkt wurde. Daraufhin erklärte Russland am 2. November 1914 der Türkei den Krieg.

Die Goeben/Yavuz Sultan Selim spielte bei den Kämpfen um die Dardanellen keine Rolle, abgesehen davon, dass die britische Marine sich gezwungen sah, immer zumindest einen modernen Schlachtkreuzer im östlichen Mittelmeer zu stationieren, um gegen einen eventuellen Ausbruch der Goeben gewappnet zu sein.

Stattdessen operierte die Goeben bis 1918 im Schwarzen Meer. Am 18. November 1914 lieferte sie sich ein Gefecht mit mehreren russischen Vor-Dreadnought-Linienschiffen, wobei ein 30,5 cm Treffer 13 Mann ihrer Besatzung tötete. Am 26. Dezember 1914 lief die Goeben am Eingang zum Bosporus auf zwei Minen, was sie etwa zwei Monate außer Gefecht setzte. Im April 1915 versenkte sie zwei russische Frachter. Am 10. Mai lieferte sie sich ein erneutes Gefecht mit russischen Linienschiffen, und am 14. November überstand sie unbeschädigt einen Angriff des russischen U-Boots Morz.

Die Kräfteverhältnisse im Schwarzen Meer änderten sich gegen Ende 1915, als die russische Schwarzmeerflotte zwei neue Schlachtschiffe der Imperatriza-Marija-Klasse in Dienst stellte. Die Schiffe hatten 12 x 30,5 cm Geschütze und waren damit der Goeben mit ihren 10 x 28 cm Geschützen überlegen. Andererseits besaß die Goeben einen Geschwindigkeitsvorteil. Die russischen Schiffe hatten eine Höchstgeschwindigkeit von 21 Knoten, während die Goeben trotz mangelnder Wartungsmöglichkeiten noch immer 24 Knoten schaffte. Im Jahr 1916 kam es zu zwei kurzen Gefechten zwischen der Goeben und den neuen Gegnern. Am 7. Januar lieferten sich die Goeben und die Imperatriza Jekaterina Welikaja ein elfminütiges Artillerieduell, welches die Goeben dank ihrer Geschwindigkeit ohne Schaden zu nehmen beendete. Anfang Juli 1916, bei einem erneuten Versuch, russische Häfen zu beschießen, kam es zu einer zweiten Begegnung mit überlegenen russischen Kräften, einschließlich der Imperatriza Jekaterina Welikaja, aber wiederum gelang es Souchon zu entkommen. Dennoch zwang das veränderte Kräfteverhältnis Souchon, die Einsätze seines einzigen modernen Großkampfschiffes sehr vorsichtig zu planen und durchzuführen.

Gefecht bei Imbros

Nach dem Ausscheiden Russlands aus dem Krieg gab es im Schwarzen Meer keine Aufgaben mehr für die beiden Kreuzer. Am 20. Januar 1918 unternahmen Goeben und Breslau einen Ausfall aus den Dardanellen und trafen dabei auf britische Einheiten in der Nähe der Insel Imbros. Nicht dabei waren allerdings die beiden alten Linienschiffe HMS Agamemnon und HMS Lord Nelson, ohne die die britischen Zerstörer und Monitore hoffnungslos unterlegen waren. Die Monitore M28 und HMS Raglan wurden versenkt, aber die türkische Flottille geriet in ein Minenfeld. Die Breslau sank sofort, während die Goeben trotz dreier Minentreffer in die Dardanellen zurückkehrte und dort auf Grund gesetzt werden konnte. Dort überstand sie mehrere englische Versuche, sie zu bombardieren, und wurde am 26. Januar nach Konstantinopel gebracht.

Verbleib nach dem Ersten Weltkrieg

Bedingt durch die Kriegsschäden blieb das Schiff fahruntüchtig und verwendungslos bis 1926 im Hafen liegen. Dann wurde es von einem eigens dafür aus der französischen Werft Penhoet bei St. Nazaire in die Türkei verbrachten Schwimmdock bis 1930 vor Ort generalüberholt und als Jawus Selim wieder in Dienst gestellt. Im Jahr 1936 überführte die Yavuz Sultan Selim die sterblichen Reste von Mustafa Kemal Atatürk von Haydarpaşa nach İzmit. Unter verkürztem Namen Yavuz war die ehemalige Goeben ab 1948 nur noch stationär als Traditionsschiff eingesetzt.

1963 wurde ein Rückerwerbsangebot der Bundesrepublik Deutschland von der Türkei ausgeschlagen. Als die türkische Regierung drei Jahre später doch auf dieses Angebot zurückkam, stieß sie bei der neuen deutschen Regierungskoalition nicht mehr auf Interesse, da diese die Goeben als ein revisionistisches Symbol der imperialistisch-kaiserlichen Vergangenheit interpretierte. Das Schiff wurde 1971 verkauft, am 7. Juni 1973 endgültig ausgemustert und bis Februar 1976 abgewrackt.

Ein Propeller der Goeben/Yavuz in der Innenstadt von Gölcük

Kommandanten

Kommandanten
Kapitän zur See Richard Ackermann April 1914 - Januar 1918
Kapitän zur See Albert Stoelzel Januar 1918 - November 1918

Literatur

  • Bernd Langensiepen, Dirk Nottelmann, Jochen Krüsmann: Halbmond und Kaiseradler, Breslau und Goeben am Bosporus 1914–1918, Mittler & Sohn Verlag, ISBN 3-8132-0588-6
  • Dan Van Der Vat: The Ship That Changed the World: The Escape of the Goeben to the Dardanelles in 1914. – London: Hodder & Stoughton, 1985

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Josef Matuz, Das Osmanische Reich - Grundlinien seiner Geschichte, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1985, pp. I-XIII & 1-354, ISBN 3-534-05845-3, S. 264, Fußnote 3

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