Rückzüchtung

Rückzüchtung
Heckrind in den Niederlanden (Oostvaardersplassen)

Unter Dedomestikation versteht man die Umkehrung der Haustierwerdung (Domestikation), also das Entstehen einer Wildart aus einem Haustier. Dabei kann aber kaum die genetische Ursprungsform entstehen, schon gar nicht in ihrer ursprünglichen Vielfalt. Im Deutschen wird zumeist der Begriff "Rückzüchtung" verwendet, der allerdings leicht falsche Assoziationen weckt. Weniger problematisch ist der Begriff "Abbildzüchtung".

Inhaltsverzeichnis

Fokus

Ziel der vom Menschen durchgeführten Dedomestikation ist es, phänotypisch die ausgestorbene Stammart eines Haustiers züchterisch wiederherzustellen. Dazu müssen einzelne ursprüngliche Eigenschaften, die sich bei verschiedenen Rassen dieses Haustiers noch finden, wieder in der Art und Weise zusammengefügt werden, wie sie bei der ausgestorbenen Stammart vermutet werden. Voraussetzung dafür ist, dass diese gesuchten Einzeleigenschaften noch bei verschiedenen domestizierten Rassen oder Einzeltieren vorhanden sind. Tiere mit solchen Eigenschaften werden dann ausgewählt und gezielt gekreuzt, um diese Eigenschaften wieder in einer der Stammart ähnlichen Weise zu kombinieren (Rückzüchtung).

Ähnlich funktioniert die Rückzüchtung von Wildtierformen aus verwandten, nicht domestizierten Wildtieren. Auch hier werden die ähnlichsten noch lebenden Tiere ausgewählt und gekreuzt, um durch gezielte Selektion wieder ein der ausgestorbenen Tierform ähnliches Tier zu erhalten (siehe Quagga).

Während in der Natur üblicherweise die Tiere überleben und sich fortpflanzen, die an die dort herrschenden Umweltbedingungen gut angepasst sind, wählt der Mensch im Zuge der Domestizierung oft gezielt besonders umgängliche, besonders auffällige oder besonders ertragreiche Tiere zur Zucht. Daher unterscheiden sich die Selektionsbedingungen in der Natur und in der Obhut des Menschen, und daher verändern sich Tiere, unter der Domestikation in Bezug auf Erscheinungsbild, Verhalten und Genetik.

Relativ einfach ist die Rückzüchtung der äußerlichen Erscheinung. Schwieriger sind Verhaltensmerkmale wie Intelligenz und natürliche Instinkte oder Robustheit wiederherzustellen. Da nur geringe Kenntnisse über den Genpool ausgestorbener Haustierstammformen vorliegen, und eventuell auch nicht mehr alle Allele dieser Stammformen in den heutigen Haustieren vorhanden sind, beschränkt sich die Rückzüchtung bislang auf die Erscheinungs- und Verhaltensmerkmale. Die ausgestorbenen Populationen sind aus genetischer Sicht nicht wiederherstellbar. Eine Rückzüchtung von Tieren kann daher zwar unter Umständen wieder Tiere hervorbringen, die ausgestorbenen Formen ähneln, dennoch ist klarzustellen, dass ausreichend große Wildtierpopulationen, ähnlich wie alte Haustierrassen, einen unersetzlichen Genpool beinhalten, der mit ihrem Aussterben verloren geht.

Funktion

Bei der Auswilderung von Rückkreuzungen geraten die Tiere wieder unter ähnliche - weniger von Menschen beeinflusste - Umweltbedingungen wie ihre Vorfahren. Darum hat die Dedomestikation oder die Rückkreuzung einen wichtigen Anteil an der Wiederherstellung variabler Genpools. Auch ist es wahrscheinlich, dass die Rückzuchten wieder eine ähnliche ökologische Funktion im Naturhaushalt übernehmen können wie ihr Vorbild. Die Rückkreuzung ist daher ein wichtiges Mittel zur Restauration von anders nicht mehr herstellbaren Ökosystemen.

Beispiele

Dedomestikation wird bei Rindern (Heckrind) und Pferden (Tarpan) versucht. Auch das Quagga, eine Unterart des Steppenzebras, versucht man in Südafrika zurück zu züchten (dies ist eine Rückzüchtung keine Dedomestikation, da die Zebras nicht domestiziert worden waren).

Der Dingo ist das Ergebnis einer natürlichen, nicht vom Menschen gesteuerten Dedomestikation. Er stammt von Hunden ab, die von Menschen nach Australien gebracht wurden und verwilderte dort. Wie stark die Hunde, von denen er abstammt, allerdings domestiziert waren, ist umstritten.

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