Rückstoßlader

Rückstoßlader

Rückstoßlader sind automatische oder halbautomatische Schusswaffen, welche die Energie, die sie für das Auswerfen der Hülse und das Nachladen der neuen Patrone benötigen, direkt aus der Rückstoßenergie des Schusses beziehen, während bei Gasdruckladern diese dem Lauf entnommen wird.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Masseverschluss

Die einfachste Variante dieses Systems ist der unverriegelte Masseverschluss. Hierbei sind Lauf und Verschluss nicht mechanisch miteinander verbunden, der Verschluss wirkt einzig durch seine Massenträgheit und geringfügig auch durch den Druck der Schliessfeder. Da der Rücklauf des Verschlusses unmittelbar nach der Schussauslösung beginnt, besteht bei Patronen hoher Leistung die Gefahr von Hülsenreissern. Bewährt hat sich der Masseverschluss deshalb vor allem bei Kleinkaliberwaffen, bei Pistolen bis Kaliber 9 mm Browning kurz (.380 ACP) und bei zuschiessenden Maschinenpistolen wie die Uzi, die MP40 und die Sten in Kalibern wie 9 × 19 mm und .45 ACP. Die nahezu zylindrische Form dieser Patronenhülsen verhindert auch das Entweichen der Pulvergase. Auch Pistolenpatronen mit vorne sich verjüngenden Hülsen wie die russische 7,62 × 25 mm TT in der Maschinenpistole PPSch-41 funktionieren einwandfrei in MP mit Masseverschluss.

Ein Sonderfall ist die aus der 20 mm Becker-Kanone entwickelte Oerlikon-Bührle 20 mm Fliegerabwehr- und Bordkanone Oerlikon FF, die im Zweiten Weltkrieg auf allen Kriegsschauplätzen verwendet wurde. Diese Waffe verschoss gefettete Munition und zur Verringerung der Verschlussmasse wurde der Zündstift über eine Wippe so gesteuert dass die Patrone noch im Vorlauf gezündet wurde.

Da sich bei Gewehrpatronen der Hülsendurchmesser im vorderen Bereich verjüngt, wirkt der Gasdruck auch auf die projizierte Ringfläche und presst diese nach vorn. Zudem arbeiten Gewehrpatronen mit wesentlich höheren Drücken als Pistolenpatronen, was zu einer Erweiterung der Hülse führt. Beides führt zum Zerreißen der Hülse, wenn der Verschluss zurückläuft, bevor der Gasdruck abgesunken ist. Rückstosslader mit Masseverschluss eignen sich deshalb nicht für Waffen mit hoher Schussleistung.

Rückstoßlader mit verzögertem Masseverschluss

Bei diesen Waffen sitzt der Lauf fest im Gehäuse und ist mit dem Verschluss halbstarr verriegelt. Der Verschluss ist zweiteilig, vorne ist der Verschlusskopf, beweglich verbunden mit dem Steuerstück. Der beim Schuss entstehende Druck auf die Stirnseite des Verschlusskopfes bewirkt ein minimales Zurückweichen desselben. Diese Bewegung wird über einen geeigneten Mechanismus auf das Steuerstück übertragen und beschleunigt dieses stark. Im Rücklauf löst dieses die Verriegelung des Verschlusskopfes und läuft mit diesem nach hinten, was den Nachladevorgang auslöst.

Bei modernen Rückstossladern mit verzögertem Masseverschluss werden zwischen Lauf und Patronenlager kurze Längsrillen eingefräst. Ihr Zweck ist, einen Druckausgleich zwischen der vorderen Aussenfläche der Hülse und ihrem Innern zu schaffen und so das Ausziehen ohne Hülsenreisser auch bei Gewehrpatronen mit vorne verjüngtem Hülsendurchmesser zu gewährleisten.

Eine der ersten Waffen mit verzögertem Masseverschluss ist das Maschinengewehr Schwarzlose, bei diesem ist der Verschlusskopf über ein am Gehäuse angelenktes Kniegelenk mit dem Steuerstück verbunden. Bei der Thompson Maschinenpistole Mod. 21 und Mod 28 liegt zwischen dem Verschlusskopf und dem Steuerstück ein H-förmiges Verriegelungselement aus Bronze, das den Rückstoss über Gleitflächen ans Gehäuse und das Steuerstück überträgt und letzteres beschleunigt. Die modernste Anwendung, der Rollenverschluss findet sich beim Heckler & Koch-Gewehr HK G3, hier ist der Verschlusskopf mit Stützrollen seitlich verriegelt. Beim Schuss werden diese nach innen auf einen vorne am Steuerstück liegenden Keil gepresst. Dieses wird durch die dadurch entstehende senkrechte Kraft-Komponente nach hinten beschleunigt was den Nachladevorgang auslöst.

Verriegelte Rückstosslader

Bei diesen sind Lauf und Verschluss starr verriegelt. Beim Schuss laufen beide gemeinsam kurz zurück bis der Verschluss mechanisch entriegelt wird und allein weiter zurückläuft, um nachzuladen. Bei einigen älteren Systemen, dem Chauchat-Maschinengewehr und bei der Browning Auto 5 erfolgt die Trennung von Lauf und Verschluss erst in der hintersten Stellung, worauf der Lauf in die Schussposition vorläuft und durch einen Mechanismus den Vorlauf des Verschlusses zum Nachladen auslöst.

Die ersten verriegelten Rückstosslader, das von Hiram Maxim erfundene Maxim-Maschinengewehr von 1885 und seine Nachfolger, die im Ersten Weltkrieg von Deutschland als MG 08 und von England als Vickers-Maschinengewehr Mark 1 eingesetzten schweren MG's, die Borchardt C93-Pistole, die Luger Pistole 08 und die schweizerischen Furrer-Automaten Lmg 25 hatten einen Kniegelenkverschluss. Das deutsche MG 34 hatte einen Zylinderverschluss dessen Verschlusskopf sich durch eine Viertelsdrehung entriegelte und sein Nachfolger, das MG 42 einen Rollenverschluss. Beim Browning M1917-Maschinengewehr erfolgt die Verriegelung durch einen Keil, während bei den nach dem Browning-System konstruierten Pistolen der Lauf abkippt, um den Verschluss freizugeben.

Weitere Beispiele von Rückstossladern

Typische unverriegelte Rückstoßlader sind:

halbstarr:

sowie verriegelt, rücklaufend:

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