Römertor (Wiesbaden)

Römertor (Wiesbaden)
Die Abbruchkante der Heidenmauer mit dem Verbindungsbogen zum Kaiser-Friedrich-Bad. Der Holzaufsatz stammt von 1903 und ist heute Teil der Fußgängerquerung, die vom Schulberg herunterführt.
Freilegung und Durchbruch der Heidenmauer 1901/1902 und das „Römertor“ heute - aus gleicher Blickrichtung.

Das Römertor in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ist ein auf römischen Mauerresten basierender Bau aus dem Jahre 1903.

Die als Heidenmauer bezeichnete Mauer, bestehend aus Bruchsteinen und römischem Mörtel, ist an der Basis 2,30 m stark, bis zu 10,00 m hoch, und ca. 80 m lang. Sie wurde um 370 n. Chr. unter Kaiser Valentinian I. errichtet und ist damit das älteste erhaltene Bauwerk der Stadt aus der Römerzeit.[1] Sie befindet sich im Zentrum Wiesbadens und beginnt auf dem „Schulberg“, von wo sie in östlicher Richtung talwärts verläuft und in der Straße „Am Römertor“ endet. Insgesamt ist sie auf einer Strecke von 520 m nachweisbar. Die Tatsache, dass die Mauer an beiden Seiten abbricht, hat zu verschiedenen Deutungen geführt:

  • Die Mauer könnte noch während dem Bau aufgegeben und niemals fertiggestellt worden sein.[2]
  • Die Abschnitte, die nicht von der Mauer geschützt wurden, waren durch Feuchtigkeit oder Hanglage für einen Angriff weniger geeignet und könnten nur durch einen Graben oder Palisade geschützt worden sein.[3]
  • Weitere Befestigungen könnten durch Bodenerosion aufgrund der Hanglage nicht mehr nachweisbar sein.[4]

Alle bisherigen Deutungen konnten aber nicht nachgewiesen werden, ebenso wie weitere Theorien, die bisher nicht wissenschaftlich untersucht wurden. Beim Bau der Taunus-Eisenbahn um 1839 fand man im Salzbachtal südlich von Wiesbaden Reste von Pfeilern, die auf ein Aquädukt schließen lassen. Es ist bisher aber nicht klar, woher das Wasser kam und wohin es geleitet wurde. Von der Topographie her muss die Leitung aber aus der Gegend der Heidenmauer gekommen sein.

Die Mauer bestand aus einem Gussmauerwerk, für das kein einheitliches Steinmaterial verwendet wurde. So finden sich auch Ziegel, kleinere Steine und Spolien mittelkaiserzeitlicher Steindenkmäler darin. Einen Hinweis auf den Wehrgang gibt ein bei der neuzeitlichen Aufmauerung verbauter Zinnendeckstein. Aus seinen Maßen meinte Emil Ritterling eine Breite des Wehrgangs zwischen 1,52 und 1,57 m errechnen zu können.[5]

Im Mittelalter wurde die Heidenmauer in die Wiesbadener Stadtbefestigung einbezogen und ist heute das einzig verbliebene Teilstück davon. Gesicherte Nachweise, ob an der Heidenmauer in diesem Zusammenhang bauliche Änderungen stattfanden, bestehen bisher nicht.

1902 wurden die Reste der Heidenmauer wegen des Baus der Coulinstraße durchbrochen. Der damalige Wiesbadener Stadtbaumeister Felix August Helfgott Genzmer ließ das so genannte Römertor errichten, eine überdachte Holzkonstruktion in romanisierendem Stil. Anfang der 1980er Jahre wurde die bis dahin für die Öffentlichkeit nicht erreichbare Überquerung der Coulinstraße durch einen angefügten Treppenaufgang auf der Talseite und einen neuen Steg auf der Bergseite als Fußgängerquerung erschlossen.

Unterhalb des Römertores wurden Kopien von in Wiesbaden gefundenen Grab- und Gedenksteinen sowie Schrifttafeln aus der Römerzeit aufgestellt und so ein Freilichtmuseum geschaffen.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Heidenmauer mit Römertor im Internetangebot der Stadt Wiesbaden
  2. H.-G. Simon in Baatz/ Herrmann 1989, S. 491.
  3. W. Czysz 1994 S. 221; J. Lindenthal: Kulturelle Entdeckungen. Archäologische Denkmäler in Hessen. Jenior, Kassel 2004, S. 200; wurde bereits in den 1870er Jahren von Karl August von Cohausen vermutet: A. v. Cohausen: Miscellen. Nassauische Annalen 12, 1873 S. 317 und ders.:Die Heidenmauer. Nass. Ann. 14, 1877 S. 410f.
  4. W. Czysz 1994 S. 221
  5. Walter Czysz: Wiesbaden in der Römerzeit. Theiss, Stuttgart 1994, S. 224, mit weiteren Quellen.
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