Rutin

Rutin
Strukturformel
Strukturformel von Rutin
Allgemeines
Name Rutin
Andere Namen
  • Rutosid
  • Sophorin
  • Quercetin-3-O-rutinosid
  • Quercetin-3-O-glucorhamnosid
  • 3,3′,4′,5,7-Pentahydroxyflavon- 3-O-rutinosid
  • C.I. 75730
  • C.I. Natural Yellow 10
  • Pseudovitamin P
Summenformel C27H30O16
CAS-Nummer
  • 153-18-4
  • 207671-50-9 (Hydrat)
  • 250249-75-3 (Trihydrat)
PubChem 5280805
ATC-Code

C05CA01

Kurzbeschreibung

blaßgelbe bis grünliche Nadeln (Trihydrat)[1]

Eigenschaften
Molare Masse 610,52 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

214–215 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Hydrat

07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
EUH: keine EUH-Sätze
P: keine P-Sätze [2]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
keine Gefahrensymbole
R- und S-Sätze R: keine R-Sätze
S: 24/25
LD50

950 mg·kg−1 (Maus, i.v.)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Rutin ist ein Flavonoid und ein Glycosid des Quercetin mit dem Dissacharid Rutinose, das sich aus Rhamnose und Glucose zusammensetzt. Rutin wird von vielen Pflanzen als Farbstoff zum Schutz gegen UV-Strahlung gebildet. Antioxidative Wirkungen auf den Menschen sind, wie bei vielen Flavonoiden, nachgewiesen; Ansatzpunkte des Rutin sind insbesondere die Blutgefäße und der Darm.

Inhaltsverzeichnis

Chemische Eigenschaften

Rutin ist ein blassgelbes bis gelbes Pulver, das sich schwer in Wasser (< 5 g/l) und gut in heißem Alkohol, allgemein besser in polaren als unpolaren Lösungsmitteln löst. Rutin ist an der Luft stabil und wirkt antioxidativ; es ist in der Lage, gelöstes Vitamin C, z. B. in Fruchtsäften zu stabilisieren. Rutin schmilzt bei einer Temperatur um 200 °C. Durch Abspaltung des Zuckerrests entsteht Quercetin. Rutin bildet mit Metallionen Komplexverbindungen, insbesondere mit Eisen, Kupfer und Aluminium; es sollte daher nicht in solchen Behältern aufbewahrt werden. Allgemein geht Rutin ähnliche Reaktionen ein wie die anderen Flavonoide auch.

Biosynthese und Vorkommen

Rutin wird von vielen Pflanzen in großen Mengen zum Schutz vor UV-Strahlung hergestellt; zusätzlich profitiert die Pflanze von den schwach antimikrobiellen Eigenschaften des Stoffes. Es ist daher nur in den oberirdischen Teilen der Pflanze anzutreffen. Als Flavonoid entsteht es aus dem Phenylpropanoidstoffwechsel und dem Polyketidstoffwechsel. Konkret wird das im Flavonoidstoffwechsel gebildete Naringenin (Flavanon) zu Flavononol hydriert, dieses zu Dihydroquercetin hydroxyliert und dann zu Quercetin dehydriert, welches schließlich glykosyliert wird.

Die Pflanzen mit dem höchsten Rutingehalt (in der Trockenmasse) sind:[5]

Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor, 25 %, Blüte), Japanischer Schnurbaum (Styphnolobium japonicum, 15–20 % Blüte bzw. Blütenknospen, 4 % Blätter), Echter Buchweizen (Fagopyrum esculentum, 2–8 % Blätter, 4–12 % Blüte), Weiße Maulbeere (Morus alba, 6 %, Blätter), Kanadischer Holunder (Sambucus nigra subsp. canadensis, 3,5 %, Blätter), Petersilie (Petroselinum crispum, 3 % Blätter), Wasserpfeffer (Persicaria hydropiper, 3 % Blätter).

Selbst in Buchweizenmehl waren bei einer Analyse immerhin noch 0,27 Prozent Rutin enthalten.[6]

Gewinnung

Reines Rutin wird momentan hauptsächlich aus China und Brasilien exportiert. In China wurde Rutin trotz der großen Anbaufläche für Buchweizen bis vor kurzem noch aus Knospen des japanischen Schnurbaums (Styphnolobium japonicum) extrahiert und hauptsächlich zu Troxerutin weiterverarbeitet. In Brasilien wird eine nur dort beheimatete Urwaldpflanze verwendet.

Bei der traditionellen Herstellung wird Pflanzenmaterial mit 70 bis 85 prozentigem Isopropanol extrahiert und die Lösung anschließend von Fettbestandteilen befreit. Nach Einengung kristallisiert das Produkt.[7]

Metabolismus

Bei oraler Gabe wird Rutin als solches vom Körper nicht im Blutkreislauf aufgenommen. Vielmehr wird Rutin teilweise durch die Darmflora abgebaut, und diese Abbauprodukte sind es, die außerhalb des Darms wirken. Die maximale Verfügbarkeit wird nach sechs bis neun Stunden nach Einnahme erreicht.

Rutin wird zunächst im Dünndarm in der Mucosa festgehalten und durch die dortige Darmflora in Quercetin-3-glucosid umgewandelt, das teilweise ins Blut übergeht und in den Microsomen der Mucosa, aber auch in der Leber zu Quercetin-3-glucuronid umgebaut wird. Der restliche Teil des Rutins wirkt lokal im Darm und wird ins Ileum transportiert, wo es schließlich von einer bestimmten Art der dortigen Darmflora (Eubacterium ramulus) zu Derivaten der Phenylessigsäure abgebaut und im Urin ausgeschieden wird. Physiologisch bedeutsam ist dabei nur 3,4-Dihydroxyphenylessigsäure (3,4-DHPAA), der krebshemmende Eigenschaften zugeschrieben werden.[8][9][10][11][12][13]

Wirkung

Es gibt eine klinische Studie mit 69 Patienten, die die Wirksamkeit von Rutin bei Schwangerschaftsödemen zu belegen scheint. Mehrere Fälle einer Heilung von Purpura, einer Gefäßkrankheit, mittels oraler Gabe von Rutin und Vitamin C sind bekannt. Im Tierversuch wirkt es entzündungshemmend bei chemisch erzeugter Colitis, und zwar noch in Konzentrationen von 0,01 Prozent im Futter.[14][15][16][17]

Im Jahr 2002 waren jedoch auch fünf Fälle bekannt, die nach Einnahme von Rutin eine Darmvenen-Entzündung (Phlebitis) entwickelten, eine sonst seltene Krankheit.[18]

Rutosid (Rutin) und Troxerutin sind als Wirkstoff in Antihämorrhagika und Venentherapeutika zugelassen.

Anwendung

Rutin wird, meist in Form der sauren Natriumsalze, pharmakologisch ähnlich wie Hesperidin gegen kapillare Blutungen und alle mit gesteigerter Kapillarbrüchigkeit und Membrandurchlässigkeit einhergehenden Zustände (aus diesen Gründen wurde Rutin früher oft als sog. Antipermeabilitätsfaktor oder als Vitamin P bezeichnet) eingesetzt – allerdings wurde in den USA 1970 die Zulassung für Rutin und andere Bioflavonoide wegen Fehlens eines Wirkungsnachweis von der FDA zurückgezogen. Zur Behandlung von Venenerkrankungen und Durchblutungsstörungen werden oft synthetische Rutin-Derivate wie Troxerutin und Monoxerutin eingesetzt.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Thieme Chemistry (Hrsg.): Römpp Online. Version 3.1. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007.
  2. a b Datenblatt Rutin hydrate bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 29. Mai 2011.
  3. Datenblatt Rutin bei Acros, abgerufen am 26. Februar 2010..
  4. Rutin bei ChemIDplus.
  5. Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Databases
  6. I. Kreft et al.: Rutin content in buckwheat (Fagopyrum esculentum Moench) food materials and products. Food Chem. 98/3/2006. S. 508–512. doi:10.1016/j.foodchem.2005.05.081
  7. Y.P.S. Bajaj (Hrsg.): Medicinal and Aromatic Plants V. Vol. 24 in der Reihe Biotechnology in Agriculture and Forestry. Springer 1993. S. 208. ISBN 978-3-540-56008-1
  8. C. Manach et al.: Polyphenols: food sources and bioavailability. Review. Am. J. Clin. Nutr. 79/5/2004. S. 727–747. Online Version
  9. H. Schneider, Anaerobic transformation of quercetin-3-glucoside by bacteria from the human intestinal tract. Arch. Microbiol. 171/2/1999. S. 81–91 doi:10.1007/s002030050682
  10. C. Morand et al.: Respective bioavailability of quercetin aglycone and its glycosides in a rat model. Biofactors. 12/1–4/2000. S. 169–174. PMID 11216481
  11. M.R. Olthof et al.: Chlorogenic acid, quercetin-3-rutinoside and black tea phenols are extensively metabolized in humans. J Nutr. 133/6/2003. S. 1806–1814. PMID 12771321
  12. I. B. Jaganath et al.: The relative contribution of the small and large intestine to the absorption and metabolism of rutin in man. Free Radic Res. 40/10/2006. S. 1035–1046. PMID 17015248
  13. K. Gao et al.: Of the major phenolic acids formed during human microbial fermentation of tea, citrus, and soy flavonoid supplements, only 3,4-dihydroxyphenylacetic acid has antiproliferative activity. J Nutr. 136/1/2006. S. 52–57. PMID 16365058
  14. A.A. Bamigboye und G.J. Hofmeier: Interventions for leg edema and varicosities in pregnancy. What evidence? Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 129/1/2006. S. 3–8. PMID 16678328
  15. U. Reinhold et al.: Treatment of progressive pigmented purpura with oral bioflavonoids and ascorbic acid: an open pilot study in 3 patients. J Am Acad Dermatol. 41/2/1999. S. 207–208. PMID 10426890
  16. F. Laufer: The treatment of progressive pigmented purpura with ascorbic acid and a bioflavonoid rutoside. J Drugs Dermatol. 5/3/2006. S. 290–293. PMID 16573267
  17. K.H. Kwon et al.: Dietary rutin, but not its aglycone quercetin, ameliorates dextran sulfate sodium-induced experimental colitis in mice: attenuation of pro-inflammatory gene expression. Biochem Pharmacol. 69/3/2005. S. 395–406. PMID 15652231. doi:10.1016/j.bcp.2004.10.015
  18. A. Kettaneh et al.: Pseudotumoral enterocolic phlebitis of the cecum and rutoside. A case report (Original in Französisch). Rev Med Interne. 23/5/2002. S. 465–468. PMID 12064219

Literatur

  • P. Schopfer, A. Brennicke: Pflanzenphysiologie. 6. Aufl., Elsevier 2006.
Gesundheitshinweis Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Rutin — Ru tin (r[udd] t[i^]n), n. (Chem.) A glucoside resembling, but distinct from, quercitrin. Rutin is found in the leaves of the rue ({Ruta graveolens}) and other plants, and obtained as a bitter yellow crystalline substance which yields quercitin… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Rutīn — C42H50O25+3H2O findet sich in der Gartenraute, in Kapern, chinesischen Gelbbeeren und vielleicht weitverbreitet im Pflanzenreich. Es bildet gelbe Nadeln, ist geruchlos, bitter, löslich in kochendem Wasser und Alkohol, nicht flüchtig, zersetzt… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • rutin — [ro͞ot′ n] n. a yellowish, powdery bioflavonoid, C27H30O16, found in many plants, esp. buckwheat and tobacco …   English World dictionary

  • Rutin — Chembox new Name = Rutin ImageFile = Rutin.png ImageSize = 275px ImageName = Rutin IUPACName = 2 (3,4 dihydroxyphenyl) 4,5 dihydroxy 3 [3,4,5 trihydroxy 6 [(3,4,5 trihydroxy 6 methyl oxan 2 yl)oxymethyl] oxan 2 yl] oxy chromen 7 one Section1 =… …   Wikipedia

  • Rutin — Ru|tin 〈n.; s; unz.〉 in zahlreichen Pflanzen vorkommender Naturstoff, der zur Behandlung von Venenerkrankungen u. Durchblutungsstörungen eingesetzt wird; Sy Rutosid, Sophorin [nach der Gartenraute, Ruta graveolens, aus der der Stoff erstmals… …   Universal-Lexikon

  • rutin — /rooht n/, n. Pharm. a bright yellow or greenish yellow substance, C27H30O16, obtained chiefly from buckwheat, and used in the treatment of capillary fragility. [ < G Rutin (1842) < NL Rut(a) rue, a source of the substance (see RUTACEOUS) + G in… …   Universalium

  • rutin — rutinas statusas T sritis chemija apibrėžtis Vienas iš P grupės vitaminų, flavanoidas, rutinozės glikozidas. atitikmenys: angl. rutin rus. рутин …   Chemijos terminų aiškinamasis žodynas

  • rutin — noun Etymology: German, from New Latin Ruta, genus that includes rue + German in 1 in Date: 1857 a yellow crystalline flavonol glycoside C27H30O16 that occurs in various plants (as buckwheat and tobacco) and is used in medicine chiefly for… …   New Collegiate Dictionary

  • rutin — noun A flavonoid, found in many plants, that is a glycoside of quercetin and rutinose …   Wiktionary

  • rutin — A flavonoid obtained from buckwheat, which causes decreased capillary fragility. SYN: rutoside. * * * ru·tin rüt ən n a yellow crystalline flavonol glycoside C27H30O16 that occurs in various plants (as rue, tobacco, and buckwheat), that yields… …   Medical dictionary

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”