Russland: Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Russland: Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Russlands nach der Auflösung der Sowjetunion war zunächst von einem drastischen Einbruch der Produktion geprägt. Dazu trug der Wegfall eingespielter Handelsbeziehungen im Verbund der Sowjetunion bei. Der Übergang von der Planwirtschaft zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung war schwierig und gelang nur in Teilbereichen.

Seit Überwindung der Finanzkrise des Jahres 1998 wuchs die russische Wirtschaft bis einschließlich 2008 wieder mit Raten zwischen 5 und 10 %.

Allerdings ist sie dabei in hohem Maße von der Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise auf den Weltmärkten abhängig geblieben. Energie- und Rohstoffpreise bestimmen insbesondere die Entwicklung der Exporterlöse und der Staatseinnahmen. Die angestrebte Diversifizierung der Produktion ist bisher nicht weit vorangekommen. Auf internationalen Märkten wettbewerbsfähige Fertigerzeugnisse stellt die russische Wirtschaft nur in wenigen Bereichen wie der Rüstungswirtschaft her.

Zunehmend abhängig von internationalen Entwicklungen ist die russische Wirtschaft auch im Bereich des internationalen Kapitalverkehrs geworden. 2008 zeigten dies die Auswirkungen der von den USA ausgegangenen weltweiten Finanzkrise auf Russland. Finanzanlagen wurden aus Russland abgezogen. Binnen eines halben Jahres brachen die Aktienkurse in Russland um fast 80 % ein. Die Aufnahme von Krediten im Ausland verteuerte sich für russische Unternehmen drastisch, falls sie überhaupt noch möglich war.

Angesichts des Einbruchs der Ölpreise seit Juli 2008 und der Verschärfung des konjunkturellen Abschwungs der Weltwirtschaft durch die internationale Finanzkrise erwartet die OECD, dass die Produktion der russischen Wirtschaft, deren Wachstum sich 2008 bereits auf 5,6 % abschwächte, 2009 deutlich zurückgeht (- 5,6 %).

Inhaltsverzeichnis

Rückblick: Produktionsentwicklung seit 1989

Nach der Auflösung der Sowjetunion und dem Zusammenbruch der Planwirtschaft Ende der 80er Jahre ging die gesamtwirtschaftliche Produktion in Russland von 1990 bis 1996 Jahr für Jahr zurück. Insgesamt verringerte sich das Bruttoinlandsprodukt um gut 40 Prozent.

Bruttoinlandsprodukt Russlands
(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent und Vergleich mit 1990)
Wirtschaftsjahr 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997
Veränderung zum Vorjahr (real) 1,6% - 3,0% - 5,0% - 14,8% - 8,7% - 12,7% - 4,0% - 3,6% 1,4%
Im Vergleich zu 1990 (1990 = 100%) 103,1% 100,0% 95,0% 80,9% 73,9% 64,5% 61,9% 59,7% 60,5%

Quelle: EBRD Economic Statistics

Als sich 1997/1998 eine Erholung andeutete, brachen die Erdölpreise ein. Gleichzeitig machten sich auch in Russland negative Auswirkungen der Asienkrise bemerkbar. Russland musste die Bedienung seiner Staatsschulden einstellen und die Dollarbindung des Rubel aufgeben.

Von dieser Finanzkrise, die im Sommer 1998 mit der Abwertung des Rubel ihren Höhepunkt erreichte, erholte sich die russische Volkswirtschaft schneller als vielfach erwartet wurde. Dabei half ihr zum einen die abwertungsbedingte Verbilligung der inländischen Produktionskosten gegenüber dem Ausland. Außerdem stieg der Erdölpreis.

Günstig wirkten sich auch wirtschaftspolitische Reformen des neuen Präsidenten Putin aus, insbesondere seine Steuerreform. Sie verband eine geringe Gewinnbesteuerung der Unternehmen und eine niedrige Einkommensteuer für natürliche Personen mit einer Abschöpfung der Exporteinnahmen, die auf Ölpreissteigerungen beruhen. Weil die staatliche Finanzpolitik im Unterschied zu den Vorjahren der Versuchung widerstand, mit den wieder ansteigenden Steuereinnahmen Ausgabenprogramme zu finanzieren, konnten Staatsschulden getilgt und die Zinsbelastung des Budgets vermindert werden.

Das russische Bruttoinlandsprodukt nimmt seit 1999 jährlich zwischen 5 und 10 % zu. Aber erst 2007 war der nach der Auflösung der Sowjetunion erlittene Produktionseinbruch ausgeglichen. Nach einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 8,1 % wurde der Produktionsstand des Jahres 1989 knapp übertroffen.

Bruttoinlandsprodukt Russlands
(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent und Vergleich mit 1990)
Jahr 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Veränderung zum Vorjahr (real) -5,3% 6,4% 10,0% 5,1% 4,7% 7,3% 7,2% 6,4% 7,4% 8,1%
Im Vergleich zu 1990 (1990 = 100%) 57,3% 61,0% 67,1% 70,5% 73,8% 79,2% 84,9% 90,4% 97,1% 105,0%

Quellen: EBRD Economic Statistics; Rosstat

Entwicklung seit 2004 und Prognosen für 2009

Seit 2004 hat insbesondere der kräftige Anstieg des Ölpreises die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Russland geprägt. Im Jahresdurchschnitt 2007 war der Preis für russisches Urals-Öl mit rund 69,5 US-Dollar/Barrel rund 14 % höher als 2006 und rund doppelt so hoch wie 2004.

Der Ölpreisanstieg trieb die Exporterlöse Russlands in die Höhe und sorgte für Rekordüberschüsse in der Handels- und Leistungsbilanz. Die Währungsreserven stiegen stetig. Hohe Ölpreise ermöglichten dank kräftig steigender Einnahmen hohe Überschüsse im Staatsbudget. Die in früheren Jahren häufig gemachte Beobachtung, dass ein kräftiger Anstieg des Ölpreises eine deutliche Beschleunigung des Wirtschaftswachstums Russlands bewirkt, bestätigte sich in den letzten Jahren jedoch nicht. Der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Produktion stagnierte seit 2004 mit geringen Schwankungen auf hohem Niveau bei rund 7 %.

Der von den hohen Ölpreisen ausgelöste Devisenzustrom bremst nach Einschätzung der meisten Experten den Willen zu wirtschaftspolitischen Reformen. Reichlich fließende Staatseinnahmen haben im Gegenteil zu einer Lockerung der Haushaltspolitik und zur Verteilung von „Wahlgeschenken“ vor den Duma- und den Präsidentenwahlen im Dezember 2007 und März 2008 geführt.

Wirtschaftswachstum bis 2008 anhaltend kräftig

2007 beschleunigte sich das gesamtwirtschaftliche Wachstum auf 8,1 %. Der Anstieg der Industrieproduktion blieb schwächer (+ 6,3 Prozent). Die Erdölförderung nahm wie 2006 nur noch um gut 2 Prozent zu (2004 noch + 8,9 Prozent). Die Erdgasförderung ging sogar um knapp 1 Prozent zurück (2006: + 2,4 Prozent).

Das Wachstum im verarbeitenden Gewerbe war 2007 mit 9,5 % stärker als der Anstieg der gesamten Industrieproduktion (einschließlich des Rohstoffsektors). Insofern machte die russische Wirtschaft kleine Fortschritte auf dem Weg zu einer breiter diversifizierten Produktionsstruktur mit geringerer Abhängigkeit vom Energie- und Rohstoffsektor.

Der Internationale Währungsfonds, IWF, nennt als Gründe für das schwächere Wachstum der Energiewirtschaft unter anderem die Verunsicherung durch die Jukos-Affäre und die hohe Steuerbelastung des Ölsektors. Die Weltbank betont daneben die wachstumsdämpfende Wirkung der realen Aufwertung des Rubel und verweist auf Kapazitätsengpässe in der Energiewirtschaft.

Nachfrageseitig wurde das Wachstum 2007 erneut allein von der Inlandsnachfrage getragen. Ein kräftiger Wachstumsbeitrag kam - wie seit Jahren – von den sehr stark steigenden Privaten Konsumausgaben, die um rund 13 Prozent zunahmen. Noch höher war die Zuwachsrate der Bruttoanlageinvestitionen mit rund 21 Prozent. Von der außenwirtschaftlichen Entwicklung kam hingegen weiterhin kein Wachstumsbeitrag. Das reale Wachstum der Exporte (rund + 6 Prozent) war deutlich schwächer als der reale Anstieg der Importe (rund + 27 Prozent).

Seit dem Sommer 2008 schwächte sich jedoch auch in Russland das gesamtwirtschaftliche Wachstum unter dem Einfluss der von der Immobilienkrise in den USA ausgelösten internationalen Finanzkrise deutlich ab. Im Jahresvergleich 2008/2007 ergab sich ein deutlich niedrigeres Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Produktion (+ 5,6 %). Der Anstieg der Investitionen hat sich gut halbiert (+ 9,1 %).

2009 erwartet die OECD in Russland einen drastischen Produktionsrückgang (- 5,6 %), die Weltbank rechnet mit – 4,5 %. OECD und Weltbank sind damit erheblich pessimistischer als die russische Regierung. Sie geht im Mitte März vom Kabinett beschlossenen Nachtragshaushalt 2009 von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 2,2 % aus.

Wirtschaftswachstum
Realer Anstieg des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr in Prozent
Jahr 2004 2005 2006 2007 2008 2009
7,2 6,4 7,4 8,1 5,6 - 5,6

Quellen: OECD: Economic Outlook, 31. März 2009; Rosstat: Inlandsproduktsberechnung - Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen

Inflation zog 2008 wieder an

2007 konnte die im internationalen Vergleich noch sehr hohe Inflation nicht weiter gedrückt werden, sondern war mit knapp 12 Prozent fast 3 Prozentpunkte höher als 2006. Dazu trug nach Meinung der OECD sowohl die Finanz- als auch die Geld- und Wechselkurspolitik bei. Zum einen wurden die staatlichen Ausgaben vor den Duma- und Präsidentschaftswahlen kräftig erhöht. Außerdem wuchs wegen der Devisenankäufe der Zentralbank zur Stabilisierung des Rubel-Kurses die Geldmenge sehr stark. Hinzu kam der weltweite Anstieg der Nahrungsmittelpreise.

2008 beschleunigte sich das Inflationstempo auf 13,3 Prozent, obwohl das Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte bereits deutlich nachließ. Der weltweite Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise trug zum höheren Preisanstieg bei.

Verbraucherpreisanstieg
Dezember gegenüber Dezember des Vorjahres in %
Jahr 2004 2005 2006 2007 2008 2009
11,7 10,9 9,0 11,9 13,3 8,0

Quelle: OECD: Economic Outlook, 31. März 2009

Die von der russischen Regierung mit ihrer Geld- und Wechselkurspolitik verfolgten Ziele, zum einen die im internationalen Vergleich sehr hohe Inflation zu drücken und gleichzeitig den nominalen Wechselkurs des Rubel zu einem Währungskorb aus US-Dollar und Euro konstant zu halten und so die reale Aufwertung des Rubel zu bremsen, waren in den letzten Jahren nur schwer miteinander zu vereinbaren. Versuchte sie, die Aufwertung des Rubel durch den Aufkauf von ausländischen Währungen zu dämpfen, um so eine allzu rasche Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit russischer Unternehmen auf dem Weltmarkt zu vermeiden, stieg die Geldmenge und damit das Inflationspotential.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) forderte wiederholt von der russischen Zentralbank, sich entschiedener um eine Senkung der Inflation zu bemühen. Im Interesse des Stabilitätszieles solle Russland notfalls auf den Ankauf ausländischer Währungen zur Begrenzung der Aufwertung des Rubel verzichten.

Von Dezember 2007 bis Dezember 2008 schwächte sich die reale Aufwertung gegenüber dem Währungskorb auf 4,5 Prozent ab (Vorjahr: + 5,1 %). Die 1999 begonnene reale Aufwertung hat inzwischen dazu geführt, dass der reale Rubelkurs wieder etwas höher ist als vor der Finanzkrise im Sommer 1998. Die russische Exportwirtschaft kann nicht mehr von Abwertungsvorteilen profitieren.

Im Verlauf der internationalen Finanzkrise haben sich die Rahmenbedingungen für die russische Wechselkurspolitik 2008 allerdings deutlich verändert. Auch der Rubel geriet gegenüber dem US-Dollar unter Abwertungsdruck. Die Zentralbank ließ den Rubel seit dem Herbst 2008 gegenüber dem Währungskorb von US-Dollar und Euro in kleinen Schritten abwerten.

Hohe Überschüsse im Staatshaushalt schwinden

2006 sorgten die hohen Ölpreise bei einer moderaten Ausgabenpolitik für einen Rekordüberschuss von 8,4 % des Bruttoinlandsprodukts im staatlichen Gesamthaushalt. Im Wahljahr 2007 wurden die Staatsausgaben um fast ein Viertel erhöht. Der Überschuss sank auf 6,0 Prozent des BIP. 2008 konnte er sich auf diesem Niveau nicht halten. Die staatlichen Einnahmen stiegen deutlich schwächer als das Bruttoinlandsprodukt, der Überschuss sank auf 4,8 % des BIP. 2009 erwartet die OECD wegen des seit dem Juli 2008 stark gesunkenen Ölpreises und des Wachstumseinbruchs der russischen Wirtschaft ein Defizit von rund 8 Prozent.

Staatshaushaltsüberschuss
in Prozent des Bruttoinlandsprodukts
Jahr 2005 2006 2007 2008 2009
7,7 8,4 6,1 5,5 - 8,0

Quelle: OECD: Economic Outlook, 31. März 2009

Der IWF kritisierte in den letzten Jahren wiederholt die russische Haushaltspolitik, unter anderem weil 2006 die Sozialleistungen deutlich erhöht wurden, nachdem die Anfang 2005 vorgenommene Streichung sozialpolitischer Sachleistungen zu erheblichen Protesten der Bevölkerung geführt hatte. Der IWF meinte, es sei unwahrscheinlich, dass die Regierung mit einer Lockerung der Finanzpolitik durch Lohnerhöhungen und eine Ausweitung sonstiger Staatsausgaben das Wachstumspotential der Wirtschaft erhöhen könne. Er sah in dieser Politik angesichts der hohen Auslastung der Produktionskapazitäten Inflationsrisiken. Die russische Wirtschaft stoße wegen der immer noch zu niedrigen Investitionsquote an Kapazitätsgrenzen. Noch Anfang Oktober 2008 forderte der IWF, die Finanzpolitik solle jeden zusätzlichen Nachfrageimpuls vermeiden. Angesichts der Verschärfung der internationalen Finanzkrise seit dem Sommer 2008 zeigte er aber gleichzeitig Verständnis dafür, dass auch die russische Regierung Budgetmittel zur Stützung des russischen Finanzsystems einsetzte.

„Stabilisierungsfonds“ geteilt

Grundidee des 2004 eingerichteten Ölstabilisierungsfonds (OSF) war, dass die staatlichen Ausgaben einem bestimmten Ölpreis entsprechen sollen. Einnahmen, die dem Staat zufließen, wenn dieser „Schwellenpreis“ überschritten wird, sollen im Stabilisierungsfonds gespart werden. Sinkt der Ölpreis unter den „Schwellenpreis“, sollen die staatlichen Ausgaben durch die Entnahme von Mitteln aus dem Fonds stabilisiert werden. Anfang 2006 wurde der „Schwellenpreis“ von 20 auf 27 $ je Barrel Öl erhöht.

Im August 2006 wurden rund 23,5 Milliarden US-Dollar aus dem Fonds entnommen, um öffentliche Auslandsschulden vorfristig zu tilgen. 2005 waren bereits vorfristig sämtliche Schulden gegenüber dem IWF getilgt worden. Außerdem wurden bis Ende August 2005 rd. 15 Mrd. $ Schulden gegenüber dem Pariser Club der öffentlichen Gläubiger vorzeitig zurückgezahlt. Die Nutzung des Fonds zur Rückzahlung staatlicher Schulden findet die Zustimmung von IWF, Weltbank und OECD.

Die OECD wendet sich aber gegen Forderungen, Teile des Stabilisierungsfonds für Sozialleistungen auszugeben. Solche Forderungen wurden unter anderem von Abgeordneten des russischen Parlamentes erhoben. Die russische Regierung beschloss, den Ölstabilisierungsfonds zu teilen.

Ende Januar 2008 erreichte der Bestand des Fonds rund 3.852 Mrd. Rubel (rund 157 Mrd. Dollar) oder rund 9 % des Bruttoinlandsprodukts. Anfang Februar 2008 wurde der Fonds, der jetzt auch aus Steuer- und Zolleinnahmen aus dem Gasbereich gespeist wird, in „Öl- und Gasfonds“ umbenannt. Er besteht aus zwei Fonds:

  • Der „Reservefonds“ soll Anlagen im Werte von bis zu zehn Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts umfassen. Anfang März 2009 umfasste er 4.870 Mrd. Rubel (136 Mrd. Dollar).
  • Alle Einnahmen, die darüber hinausgehen, sollen in einen neuen "Fonds für nationalen Wohlstand" fließen. Anfang März 2009 hatte sein Bestand rund 2.996 Mrd. Rubel (rund 84 Mrd. Dollar) erreicht.

Der Reservefonds soll wie bisher der Stabilisierungsfonds mit dem Ziel höchstmöglicher Sicherheit investiert werden. Die Anlage der Mittel des „Wohlstandsfonds“ soll dagegen risikoreicher erfolgen können, um höhere Erträge zu erzielen.

Staatliche Auslandsschulden kein Problem mehr

Der russische Staat ist in den letzten Jahren seinen internationalen Schuldenverpflichtungen vollständig nachgekommen und hat den Bestand seiner Auslandsschulden deutlich verringert. Die Auslandsschulden der Föderalregierung sanken bis Ende September 2008 weiter auf 33 Mrd. $ (rd. 2 % des BIP). Angesichts der immer noch reichlich vorhandenen Währungsreserven macht die Finanzierung des Schuldendienstes keine Schwierigkeiten.

Andererseits haben russische Unternehmen verstärkt Kredite auf den internationalen Kapitalmärkten aufgenommen. Dies lag u.a. an den verhältnismäßig hohen Finanzierungskosten bei russischen Banken, im Ausland waren die Kreditzinsen niedriger. Die gesamten russischen Auslandsschulden, einschließlich der Verschuldung der privaten Sektoren im Ausland, stiegen von Ende 2007 bis Ende September 2008 um rund 17 Prozent auf 541 Milliarden US-Dollar (knapp ein Drittel des russischen Bruttoinlandsprodukts). Die Refinanzierung dieser Auslandskredite 2008 ist im Zuge der internationalen Finanzkrise für die russischen Unternehmen immer schwieriger geworden. Auch sie leiden unter der „Kreditklemme“.

Dritthöchste Währungsreserven im internationalen Vergleich

Die Währungsreserven sind 2007 um rund 57 Prozent auf rund 476 Milliarden US-Dollar gestiegen. Anfang August 2008, kurz vor dem Krieg mit Georgien, erreichten sie mit fast 600 Milliarden US-Dollar ihren Höchststand. Durch den Kapitalabfluss im Zuge der internationalen Finanzkrise sind sie bis zum 20. März 2009 aber um gut ein Drittel auf rund 385 Milliarden US-Dollar gesunken. Damit verfügt Russland im internationalen Vergleich aber immer noch über die dritthöchsten Währungsreserven. Über höhere Währungsreserven verfügen nur China und Japan. Da die russischen Währungsreserven inzwischen höher sind als die staatliche Auslandsverschuldung ist Russland jetzt Netto-Gläubiger gegenüber dem Ausland.

Verschlechterte Bewertung Russlands als Kreditnehmer

Viele institutionelle Investoren dürfen aufgrund ihrer Anlagerichtlinien nur Anleihen mit einem „Investment Grade“ kaufen.

Von den drei führenden Ratingagenturen, Moody's, Fitch Ratings und Standard & Poor's, erkennt Anfang April 2009 nur noch Moody‘s dem russischen Staat für seine langfristige Kreditaufnahme in ausländischer Währung den drittniedrigsten sogenannten „Investment Grade“ zu. Angesichts der Verschlechterung der Wirtschaftslage senkte Fitch Ratings im Februar 2009 seine Bewertung auf den zweitniedrigsten Investment Grade. Standard & Poor's hatte dies bereis im Dezember 2008 getan. Fitch Ratings und Standard & Poor's teilten zudem mit, dass sie künftig eine Herabstufung Russlands für wahrscheinlicher halten als eine Höherstufung, indem sie ihren sogenannten „Ausblick“ auf „negativ“ zurücknahmen. Als belastende Faktoren wurden unter anderem die hohen Kosten für die Stabilisierung des russischen Finanzsystems, steigende Kapitalabflüsse und ein 2009 drohendes Budgetdefizit genannt.

Hoher Außenhandels- und Leistungsbilanzüberschuss schwindet 2009

2007 nahmen die Warenausfuhren und die Wareneinfuhren weiterhin kräftig zu. Die gesamten Warenausfuhren stiegen hauptsächlich preisbedingt nach Angaben der Zentralbank um rund 17 Prozent. Die Wareneinfuhren nahmen, wie bereits 2006, noch deutlich stärker um 36 % zu. Der Handelsbilanzüberschuss war rund 5 Prozent niedriger als 2006. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sank er auf rund 10 Prozent des BIP.

Der Wert der Exporte von Rohöl, Mineralölprodukten und Erdgas nahm nach Angaben der russischen Zentralbank um rund 15 Prozent auf rund 219 Mrd. US-Dollar zu. Die Energie- und Rohstofflastigkeit der russischen Ausfuhren verringerte sich etwas. Der Anteil der Exporte von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas an den Warenausfuhren sank von rund 63 Prozent auf 61,5 Prozent.

Nach Angaben der Bundesagentur für Außenwirtschaft betrug der Anteil der gesamten Exporte von Energieträgern an den gesamten Warenausfuhren 2007 65 %. Zweitgrößte Warengruppe innerhalb der russischen Exporte waren „Metalle und Metallwaren“ (Anteil 2007: 14,3 %).

Bei den Importen Russlands dominierten „Maschinen/Ausrüstungen/Transportmittel“ (2007: 48,6 %), Chemische Erzeugnisse (14 %) und Nahrungsmittel (13,7 %) und.

Der Überschuss in der russischen Leistungsbilanz, die neben dem Warenhandel auch den Handel mit Dienstleistungen und den Austausch unentgeltlicher Leistungen umfasst, sank 2007 auf rd. 76 Mrd. $. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt in Dollar nahm er auf 5,9 % ab.

2008 sind die Überschüsse in der Handels- und Leistungsbilanz trotz des anhaltenden Importbooms wegen der bis zum Juli drastisch gestiegenen Ölpreise wieder gestiegen. 2009 erwartet die OECD wegen des Einbruchs der Ölpreise seit Juli 2008 aber einen Rückgang des Leistungsbilanzüberschusses auf 2 % des BIP.

Leistungsbilanzsaldo
in % des Bruttoinlandsprodukts
Jahr 2005 2006 2007 2008 2009
11,0 9,5 5,9 5,9 2,0

Quelle: OECD: Economic Outlook 25. November 2008

Deutschland weiter größter Handelspartner

Wichtigster Handelspartner für Russland ist Deutschland - sowohl als Kunde wie als Lieferant. Russland liefert nach Deutschland fast ausschließlich Energie und sonstige Rohstoffe (Metalle, Chemierohstoffe). Demgegenüber sind die deutschen Exporte nach Russland weit überwiegend Fertigwaren (Anteile 2007: Maschinen 24 %, Kraftfahrzeuge 17 %, elektrotechnische Produkte und Elektronik 16%).

2008 nahmen die deutschen Importe aus Russland um rund 25 % auf 35,9 Milliarden Euro zu. Der im Jahresdurchschnitt um rund ein Drittel höhere Ölpreis trug dazu bei.

Gleichzeitig stiegen die deutschen Ausfuhren nach Russland nur um rund 5 % und erreichten 32,3 Milliarden Euro. Deutsche Unternehmen sind auf dem russischen Markt in den wichtigen Branchen Kraftfahrzeuge, Maschinen und Anlagen, Baumaterial, Möbel sowie landwirtschaftliche Produkte besonders erfolgreich.

Das deutsche Defizit in der bilateralen Handelsbilanz stieg 2008 auf 3,6 Milliarden Euro.

Siehe auch:

Literatur

Englisch

Weblinks


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