Rudolf Schwarzkogler

Rudolf Schwarzkogler

Rudolf Schwarzkogler (* 13. November 1940 in Wien; † 20. Juni 1969 ebenda) war ein österreichischer Fotograf und Künstler, der zu den Wiener Aktionisten gezählt wird.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Rudolf Schwarzkogler wurde als Sohn eines Arztes geboren, der sich schon 1942 von Rudolfs Mutter Anna, geb. Tögel trennte und sich im Folgejahr nach einer schweren Kriegsverletzung, bei der er beide Beine verlor, bei Dubinniskij-Stalingrad das Leben nahm. 1951 zieht Schwarzkoglers Mutter mit ihrem Sohn nach Lienz, wo sie den Bildhauer Johann Unterweger heiratet und Rudolf die ersten drei Jahre Jahrgänge des Gymnasiums besucht. 1954 zieht er wieder nach Wien zu seiner Großmutter väterlicherseits und 1956 zu seiner anderen Großmutter in Wien. Er besucht weiter das Gymnasium und 1956 für ein Jahr die Bundesgewerbeschule (Abteilung Hochbau).

1957 wechselt er in die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, Abteilung für Gebrauchsgraphik und im Folgejahr wieder zur Großmutter väterlicherseits.

1960 lernt er Hermann Nitsch kennen, der die „Graphische“ 1958 abgeschlossen hatte, und schließt mit ihm Freundschaft. Im Jahr darauf verlässt er die Graphische ohne Abschluss und arbeitet im Sommer als Werkstudent (Grafiker) für die Firma C. F. Boehringer und Soehne GmbH in Mannheim. Im Oktober schreibt er sich an der Akademie für Angewandte Kunst Wien ein, besucht diese jedoch nur kurz. Er leistet seinen Präsenzdienst im Bundesheer und lernt im Herbst Edith Adam kennen. Zusammen nehmen sie 1964 eine Wohnung. Er arbeitet als Grafiker, und beteiligt sich an Aktionen von Wiener Aktionisten wie Otto Muehl und Hermann Nitsch. Kurz darauf beginnt er mit eigenen Aktionen.

Schwarzkogler widmet sich ab 1965 ganz der freien Kunst und kündigt seine Anstellung. Er beginnt mit Pferdewetten und interessiert sich für Gewinnsysteme. 1968 nimmt er an Filmprojekten teil. 1969 stirbt er nach einem Sturz aus dem Fenster seiner Wohnung.

Aktionen

Sechs durchgeführte Aktionen Schwarzkoglers, meist mit seinem "Modell" Heinz Cibulka, waren von vornherein für das Medium Fotografie inszeniert, das entstehende Bild war als eine Art Bühne gedacht. [2] Bei seiner ersten Aktion "Hochzeit" waren Freunde als Publikum anwesend, für die folgenden Aktionen war kein Publikum vorgesehen und nur wenige oder keine Freunde anwesend.[1]

1. Aktion, 6. Februar 1965, "Hochzeit": Schwarzkogler zeigt ein privates Ritual mit religiösen, schamanistischen und alchemistischen Elementen an einem mit einer weißen Tischdecke bedeckten Tisch, auf dem sich toter Fisch, ein totes Huhn, verschiedene Tierorgane, Eier, farbige Flüssigkeiten, ein Messer und eine Schere befinden [3].

2. Aktion, Sommer 1965; 3. Aktion, Sommer 1965; 4. Aktion, Sommer 1965; 5. Aktion, Herbst 1965 ; 6. Aktion, 1966

Nach dieser Serie verfasste Schwarzkogler künstlerische Konzepte, die er nicht mehr ausführte. "Er interessierte sich fürs Essen, fürs Trinken und fürs Fasten, er verschrieb sich selber obskure Kuren und Waschungen und andere, ganz simple, körperliche Erfahrungen; es ging ihm dabei nicht um Fitneß, sondern um die Reinheit".[1] Sein Werk kann als Konzeptuelle Fotografie in einen Zusammenhang mit Konzeptkunst gestellt werden (vgl. Gunter Brus, Hannah Stegmayer, Rudolf Schwarzkogler: Konzeptuelle Fotografie[4]).

Im Jahr 1972 wurden posthum von ihm "Texte, Skizzen und Fotos zu Aktionen, 1965 - 1969" als offizielle Beitrag auf der Documenta 5 in Kassel in der Abteilung Individuelle Mythologien gezeigt.

Mythen

Durch nachweisliche Fehlinterpretation der Fotos einer Performance, entstand möglicherweise durch einen Artikel des Newsweek Nachrichtenmagazins 1972 die Legende, Schwarzkogler habe während einer Aktion seinen Penis amputiert und sei daran gestorben.[5] Andere Quellen schreiben die Fehlinterpretation 1972 dem Time Magazine zu.[1] Schwarzkoglers tatsächlich tödlicher Sturz aus einem Fenster seiner Wohnung hatte ebenfalls mythische Deutungen zur Folge. Ob ein Unfall oder ein Suizid vorlag konnte nicht festgestellt werden.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Claudius Seidl: Fegefeuer der Sinnlichkeit. In: DER SPIEGEL. Nr. 7/1993, 15. Februar 1993, S. 234-237.
  2. Heinz Cibulka: Erinnerung an Rudolf Schwarzkogler. abgerufen am 2. November 2008: „Das Bild wird bei ihm zur Bühne seiner (...) Einfälle.“
  3. Untitled, from the performance Hochzeit (Marriage), 1965. In: Heilbrunn Timeline of Art History. The Metropolitan Museum of Art, abgerufen am 17. Oktober 2008 (englisch).
  4. Gunter Brus, Hannah Stegmayer, Rudolf Schwarzkogler: Konzeptuelle Fotografie. In: Kunstverein Rosenheim. (Hrsg.): Katalog zur Ausstellung im Kunstverein Rosenheim. 2002, ISBN 3-9807187-7-8 (https://portal.d-nb.de/opac.htm?method=showFullRecord&currentResultId=4010112&currentPosition=0).
  5. AKTIONISMUS AKTUELL: Schwarzkogler lebt! In: Falter 9/02 vom 27. Februar 2002. Falter Verlagsgesellschaft mbH, abgerufen am 2. November 2008.

Literatur

  • Hannah Stegmayer, Rudolf Schwarzkogler, Konzeptuelle Fotografie., Rosenheim 2002, ISBN 3-9807187-7-8
  • Eva Badura-Triska, Hubert Klocker, Rudolf Schwarzkogler - Leben und Werk, Hrsg. Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Ritter Verlag Klagenfurt, 1992, ISBN 3-85415-103-9

Weblinks


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