Rudolf Jung (Politiker)

Rudolf Jung (Politiker)
Rudolf Jung

Rudolf Jung (* 16. April 1882 in Plaß bei Pilsen; † 11. Dezember 1945 in Prag) war ein nationalsozialistischer Politiker und Autor.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Besuch der Realschule im mährischen Iglau studierte Rudolf Jung von 1900 bis 1905 Maschinenbau an der TH Wien. Seine Militärzeit leistete Jung als Einjährig-Freiwilliger bei der k.u.k. Kriegsmarine ab. Ab Oktober 1906 arbeitete er als verbeamteter Maschinenbauingenieur bei den k.k. Österreichischen Staatsbahnen; zunächst in Floridsdorf, zuletzt als Werkstattleiter in Iglau.

Im Juli 1907 wurde Jung Mitglied der alldeutsch ausgerichteten Deutschen Arbeiterpartei (DAP) und wurde Stadtverordneter der Partei in Iglau. 1912 wurde Jung als einer von drei DAP-Abgeordneten in den Landtag von Mähren gewählt; 1913 trat er als Mitautor des „Iglauer Programms“, des Parteiprogramms der DAP, in Erscheinung.[1]

Die DAP benannte sich im Mai 1918 in Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP) um und zerfiel als Folge des Zusammenbruchs der österreichisch-ungarischen Monarchie in zwei Strömungen. Jung wurde am 16. November 1919 zweiter Vorsitzender der Sudetendeutschen DNSAP. Bei den Wahlen zum tschechoslowakischen Parlament erzielte er 1920 ein Parlamentsmandat und wurde Klubobmann der DNSAP-Abgeordneten. Am 17. Oktober 1926 übernahm Jung den Vorsitz der DNSAP; ab dem 1. Mai 1931 führte er den Verband „Volkssport“, eine der SA vergleichbare Parteiorganisation. Im Herbst 1933 löste sich die DNSAP im Vorfeld eines drohenden Parteiverbots auf, Jung verlor sein Parlamentsmandat. Im Zusammenhang mit einem Prozess gegen den Verband „Volkssport“ befand sich Jung ab Oktober 1933 sieben Monate in Untersuchungshaft, nach der Freilassung wurde er unter Polizeiaufsicht gestellt.

Im September 1935 floh Jung auf Anordnung reichsdeutscher Stellen ins Deutsche Reich. Nach der Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft im November 1935 wurde Jung im Dezember 1935 Lehrbeauftragter an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, von 1940 bis 1945 hatte er eine Professur an der Hochschule inne. Hitler verlieh Jung den Titel eines Professors am 9. Juni 1938.

Nach der Flucht wurde Jung 1935 rückwirkend zum 1. April 1925 Mitglied der NSDAP (Mitglieds-Nr. 85). Am 29. März 1936 wurde Jung Mitglied des in der Zeit des Nationalsozialismus bedeutungslosen Reichstages. Jung trat der SS (Mitglieds-Nr. 276.690) am 4. September 1937 im Rang eines Sturmbannführers bei. Nach mehrfacher Beförderung erreichte er am 16. April 1942 den Rang eines SS-Gruppenführers.

Am 1. Februar 1940 wurde Jung zum Präsidenten des Landesarbeitsamts Mitteldeutschland mit Sitz in Erfurt ernannt. Ab März 1942 gehörte er dem Fachlichen Stab des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel, an und war zugleich Vertreter und Bevollmächtigter Sauckels. Im November 1943 in den Wartestand versetzt, wurde Jung am 1. Mai 1944 Generaldirektor der Sparkasse Prag und im Dezember 1944 Bevollmächtigter für den Arbeitseinsatz in Protektorat Böhmen und Mähren. Die angestrebte Ernennung zum Oberbürgermeister (Primátor) von Prag kam vor Kriegsende nicht mehr zustande.

Im Mai 1945 wurde Jung in Prag verhaftet und im Pankrác-Gefängnis inhaftiert. Am 11. Dezember 1945 beging er vor Prozesseröffnung im Gefängnis Suizid.[2]

Schriftsteller

Als Verfasser zahlreicher Bücher und Schriften ab 1919 galt Jung als einer der wichtigsten Theoretiker des Nationalsozialismus.

Sein Werk "Der nationale Sozialismus. Seine Grundlagen, sein Werdegang und seine Ziele", (publiziert: 1919, weitere Auflagen: 1922 und 1923) entwickelte bereits vor Adolf Hitlers Mein Kampf und Alfred Rosenbergs Der Mythus des 20. Jahrhunderts das großdeutsche, völkisch-rassistische und antisemitische Programm des Nationalsozialismus.

Durch Hitlers Programmschrift allerdings wurde Rudolf Jung auch nach seiner Flucht nach Deutschland in den Hintergrund gedrängt. Darum hatte er keine Gelegenheit mehr, Hitlers Ruhm als „Erfinder“ des Nationalsozialismus, zu schmälern.

Schriften (Auswahl)

  • ohne Jahr: Die Judenfrage als Schicksalsfrage des deutschen Volkes.
  • 1923: Der Rassengedanke im nationalen Sozialismus
  • 1926: Kapitalismus und Judentum im Sammelwerk Weltfront. Eine Sammlung von Aufsätzen antisemitischer Führer aller Völker. Weltfrontverlag, Aussig, S. 23 - 28. Hg. Hans Krebs und Otto Prager. Online. [3]
  • 1933: Der nationale Sozialismus im Sudetendeutschtum
  • 1937: Die Tschechen: Tausend Jahre deutsch-tschechischer Kampf
als Herausgeber

Ab 1919 wurde monatlich im Auftrag der DNSAP die Zeitschrift "Volk und Gemeinde. Nationalsozialistische Monatshefte" veröffentlicht. Mitherausgeber waren: Hans Krebs und Alexander Schilling-Schletter.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden zahlreiche von Jungs Schriften in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[4]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Zum Iglauer Programm siehe Andrew G. Whiteside: „Nationaler Sozialismus in Österreich vor 1918.“ (pdf, 5,0 MB), in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 9 (1961), S. 333-356, hier S. 345ff.
  2. Zu den Todesumständen siehe Lilla, Statisten S. 287. Ebenda die Anmerkung „Von rechtsextremer Seite (z.B. Gerhard Frey: Prominente ohne Maske, 1997) wird jedoch immer wieder behauptet, Jung sei im Gefängnis verhungert. Auch auf der Internetseite der Jungen Union Leipzig (Herbst 2001) findet sich diese Behauptung.“
  3. 2. erw. Aufl. Nibelungen, Berlin & Leipzig 1935. Jung in 2. Aufl. nicht enthalten
  4. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-i.html

Weblinks


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