Rudolf I. (Sachsen-Wittenberg)

Rudolf I. (Sachsen-Wittenberg)
Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg

Rudolf I., Herzog von Sachsen-Wittenberg (* um 1284; † 12. März 1356) aus dem Geschlecht der Askanier, war Herzog und Kurfürst von Sachsen und Erzmarschall des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (Amtszeit von 1298 bis 1356).

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Nach dem Tode seines Vaters Albrecht II. am 25. August 1298, war dessen ältester Sohn als Nachfolger noch unmündig. Bereits 1290 erhielt Rudolf die Grafschaft Brehna nebst Appertinentien, die von seiner Mutter Agnes (einer gebürtigen Habsburgerin), zunächst verwaltend betreut wurde. Während dieser Zeit ließ sie ihn am Hofe ihres Bruders, des römisch-deutschen Königs Albrecht I., schrittweise Einblicke in die Geschäfte der Reichspolitik gewähren, um ihn auf seine kommenden Regierungsgeschäfte vorzubereiten.

Rudolfs erste Amtshandlung als Inhaber der Kurwürde des Erzmarschalls war die Einwilligung zur Belehnung Österreichs, der Steiermark und des Krains an Rudolf, Friedrich und Leopold durch König Albrecht I. Als letzterer im Februar 1300 in Ulm seinem Sohn Rudolf seine Stimme für dessen Alleinbesitz Österreichs gab, wurde dies nicht durch die geistlichen Wahlfürsten bestätigt, was wiederum zu militärischen Handlungen führte. An diesen beteiligte er sich jedoch nicht, sondern verblieb zunächst bis 1302 unter der Obhut seiner Mutter, die als Vormund die Geschicke Sachsen-Wittenbergs lenkte.

Mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte von seiner Mutter war er zunächst bestrebt, eine weitere Festigung der Landesherrschaft zu erreichen. Dazu musste er sich vor allen Dingen mit den Vettern der Sachsen-Lauenburger Linie auseinandersetzen, um die vom Vater übertragene Kurwürde zu sichern. Unter dem Einfluss seiner Mutter Agnes, begann die Vertreibung der Juden aus Wittenberg, die sich bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts fortsetzte.

Die slawische Sprache der Ureinwohner wurde in seinem Regierungsbereich verboten. Rudolf gründete das Stift Allerheiligen, aus dem die heutige Schlosskirche Wittenberg hervorging. Um 1340 ließ er für sich und seinen Nachkommen das Schloss in Wittenberg errichten, um angemessen residieren zu können. Auf dessen Grundmauern errichtete Friedrich der Weise im Übergang zum 16. Jahrhunderts ein Renaissanceschloss, dessen elementare Grundstrukturen sich bis heute erhalten haben. Die zunehmenden Kosten, in Bezug auf seine Reichspolitik, nötigten ihn eine Gerechtsame nach der anderen abzugeben. Dies war der Beginn erster eigener kommunaler Strukturen in Wittenberg und seinen Ländereien. Erwähnt sollen hier nur die Rechteverkäufe über den Budenzins, die niedere Gerichtsbarkeit, das Münzrecht, die Zoll- und Geleitsfreiheit an die Stadt Wittenberg sein. Er organisierte 1306 Schutz- und Trutzbündnisse mit verschiedenen Städten, die die Städte in nachfolgenden Jahren selbständig erweiterten. Rudolf I. starb am 12. März 1356 in Wittenberg, wo er zuerst in der Franziskanerkirche beigesetzt und 1883 in die Schlosskirche überführt wurde.

Wahl Heinrich des VII. an der Rudolf von Sachsen seine Kurstimme anwendete

Von größerer Bedeutung war seine Stimme bei der Königswahl 1308, nachdem sein Onkel Albrecht I. getötet worden war. Nach längerem Hin und Her fiel die Wahl am 27. November 1308 auf den Grafen Heinrich von Luxemburg, der auch die Stimme Rudolfs I erhielt. Zudem unterstützte ihn Rudolf mit Geld und Truppen, so dass er das Wohlwollen des späteren Kaisers erhielt. Als dieser am 24. August 1313 starb, gab es in Sachsenhausen bei Frankfurt a.M. am 19. Oktober 1314 die nächste Königswahl. Diese Wahl ergab erstmals zwei unterschiedliche Sieger. Rudolf I. gab seine Stimme einem Habsburger, Friedrich III., genannt der Schöne. Dessen Kontrahent Ludwig der Bayer beanspruchte aufgrund seiner Wahl ebenfalls die Königskrone. In der Schlacht bei Mühldorf am Inn am 28. September 1322 konnte sich Ludwig der Bayer als alleiniger Kaiser durchsetzen.

Aus der Treue zum Habsburgischen Hause musste Rudolf I. im weiteren Verlauf die Konsequenzen tragen. Mit dem brandenburgischen Markgraf Heinrich II. 1320 starb dort die askanische Linie aus. Rudolf I., der die brandenburgische Verwaltung seit 1319 geleitet hatte, beanspruchte als Askanier das brandenburgische Lehen. Jedoch konnte König Ludwig offensichtlich niemanden belehnen, der gegen ihn stimmte. Deshalb gab er das frei gewordene Reichslehen Mark Brandenburg 1324 seinem Sohn Ludwig, um seine Macht und die seiner Familie zu untermauern. An die Markgrafschaft Brandenburg war auch eine Wahlstimme (Kur) (die des Erzkämmerers) zur Kaiserwahl gebunden.

Weitere Sanktionen des Kaisers setzten Rudolf im weiteren Verlauf so zu, dass sich ihm Rudolf I. gemeinsam mit seinem Bruder Wenzel aus taktischen Gründen unterordnete. Es war der Versuch, sich als treue Gefolgsleute des neuen Kaisers zu bewähren. Von nun an ging Rudolf den Weg des Vermittlers bei Streitigkeiten der Fürsten untereinander und konnte dadurch verschiedene Verbindungen aufbauen, die ihm von Nutzen waren. So ist beispielsweise der Kurverein von Rhense zu nennen. Diese Verbindungen schlossen auch den Papst ein, der Ludwig dem Bayer schlussendlich mit einem Bann belegte. Daraufhin änderte der Kaiser seine Meinung gegenüber Rudolf I. und gab ihm Teile der Mark Lausitz mit den Städten Brietz, Fürstenwalde, Beeskow etc. in Form eines Pachtvertrages auf 12 Jahre. Im Laufe seiner weiteren Vermittlungsbemühungen wurden seine Bindungen an den Prager Hof immer intensiver, was sich bei der Wahl am 11. Juli 1346 von Kaiser Karl IV. (1347–1378) verdeutlichte. Am 26. November 1346 fand dessen feierliche Krönung in Bonn statt. Rudolf nahm dort als einziger Kurfürst bei der feierlichen Krönung teil.

Krönungsmahl Kaiser Karl IV.

Seine enge Bindung an Karl IV. brachte ihm 1347 die Altmark mit der Elbe als Grenze gegen Brandenburg ein. Des Weiteren bekam er den Reichsforst bei Frankfurt an der Oder 1348 für seine Ausgaben als Kurfürst. Unter seiner Regie erlangten Johann und Albrecht I. von Mecklenburg den Titel eines Reichsfürsten. Allerdings darf man dieses anfänglich positive Verhältnis nicht als vollständige Anbindung an Karl VI. werten. Denn als der Kaiser dem Wittelsbacher Ludwig I., „der Brandenburger“ die Mark Brandenburg, die Lausitz und die Kurwürde 1350 verlieh, erregte dies Rudolfs Unwillen und er zog sich vom Prager Hof zurück.

Erst eine Schenkung des Walchenhofes auf der Kleinseite Prags versöhnte Rudolf I. mit dem Brandenburger und Karl IV. Diese weitere Bindung an Karl IV. brachte ihm dann den größten Erfolg seiner Regentschaft ein. Der Kaiser verabschiedete am 4. Oktober 1355 durch die in Prag ausgestellte Goldene Bulle "bulla aurea Saxonica", das künftig gültige Reichsgesetz. Darin wurde festgelegt, dass die Erbfolge nach dem Recht des Erstgeborenen erfolgt und, wo dies nicht erfolgen kann, die Erbfolge auf den nächst älteren Bruder übergeht. Des Weiteren wurde Sachsen-Wittenberg endgültig die Kurwürde zugewiesen, die der Kurprinz erst mit dem 18. Lebensjahr tragen durfte und erst mit dem 21. Lebensjahr die Landesregierung ausüben durfte. Die Askanier von Sachsen-Lauenburg verloren daraufhin endgültig alle beanspruchten Forderungsrechte der Kurstimme, die allein auf Sachsen-Wittenberg mit der Würde des "Erzmarschalls des heiligen Königlichen Reiches" übergingen sowie dem Recht des Schwerttragens auf dem Reichstag.

Ehe und Kinder

1.) Ehe 1298 mit Markgräfin Jutta (Brigitte) von Brandenburg († 9. Mai 1328 Wittenberg, Tochter des Markgrafen Otto V. von Brandenburg des Langen)

  • 1. Albert († jung 4. Juli 1329)
  • 2. Johann († jung in Wittenberg)
  • 3. Anna (erwähnt 1309; † 1328/29 Wittenberg) ∞ Bernhard von Polen († um 1356)
  • 4. Rudolf II. (* um 1307; † 6. Dezember 1370) ∞ Gräfin Elisabeth von Lindow und Ruppin
  • 5. Elisabeth († 1353) ∞ vor 22. Juni 1344 Waldemar I., Fürst von Anhalt-Zerbst († 3. September 1367)
  • 6. Agnes († 4. Januar 1338) ∞ Bernhard III. von Anhalt-Bernburg (um 1300; † 20. August 1348)
  • 7. Otto († 30. März 1350) ∞ Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg († 1384) (Tochter von Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg und Hedwig von Ravensberg)
  • 8. Beatrix († nach 26. Februar 1345 Kloster Coswig ) ∞ 27. Januar 1337 Albrecht II., Fürst von Anhalt-Zerbst (* 1306; † Juli 1362)

2.) Ehe 28. August 1328 mit Kunigunde von Polen (um 1298; † 9. April 1333 in Wittenberg, Tochter von König Władysław I. Ellenlang von Polen und der Hedwig von Kalisch. War Witwe des schlesischen Herzogs Bernhard II. von Schweidnitz)

  • 9. Miesko (auch Mesico, Miesco) (* um 1330; † 1350) ∞ Eudoxia

3.) Ehe 1333 mit Agnes von Lindow (* 18. Dezember 1314; † 9. Mai 1343 in Wittenberg, Tochter des Grafen Ulrichs I. von Lindow, war vorher mit Herzog Heinrich von Mecklenburg ( † 1329) verheiratet)

  • 10. Wilhelm († jung)
  • 11. Wenzel (* um 1337; † 1388 Celle) ∞ 23. Januar 1367 Cäcilie (Siliola) von Carrara (* um 1350 † zwischen 1430-1434) Tochter von Francesco Carrara von Padua
  • 12. Helene († 2. April 1367) ∞ 1353 Johann I. von Hardeck, Burggraf von Magdeburg

Literatur

  • Jirí Louda and Michael Mac Lagan: Heraldry of the Royal Families of Europe. Little, Brown and Company, London, 1999
  • Johann Franzl: Rudolf I. Der erste Habsburger auf dem deutschen Thron.
  • Helmut Assing: Die frühen Brandenburger und ihre Frauen.
  • „Geschichte der Stadt Wittenberg" von Meyner 1845 in Dessau bei Hermann Neubürger
  • Ernst Zitzlaff: Die Begräbnisstätten Wittenbergs und ihre Denkmäler. P.Wunschmann Verlag, Wittenberg, 1896
  • Samuel Schalscheleth: Historisch-geographische Beschreibung Wittenbergs und seiner Universität.Frankfurt und Leipzig, 1795
  • Richard Erfurth: Geschichte der Stadt Wittenberg. Fr. Wattrodt Verlag, Wittenberg, 1910
  • Heinrich Kühne: Die Askanier. Drei Kastanien Verlag, Wittenberg, 1999, ISBN 3-933028-14-0
  • Georg Hirschfeld: Geschichte der Sächsisch-Askanischen Kurfürsten. Julius Sittenfeld, Berlin, 1884
  • Gottfried Wenz: Das Franziskanermönchskloster in Wittenberg. In: Fritz Bünger, Gottfried Wentz: Die Bistümer der Kirchenprovinz Magdeburg. 3. Bd. Das Bistum Brandenburg 2. Teil. Walter de Gruyter & Co, Berlin, 1963, (Nachdruck von 1941) S. 372 f
  • Lorenz Friedrich Beck: Herrschaft u. Territorium der Herzöge von Sachsen-Wittenberg (1212–1422). Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2000, ISBN 3-932981-63-4
  • Beck, Lorenz Friedrich: Rudolf I.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, S. 184 f.

Weblinks


Vorgänger Amt Nachfolger
Albrecht II. Herzog von Sachsen-Wittenberg
1298–1356
Rudolf II.
--- Kurfürst von Sachsen
1355–1356

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