Rote und Blaue Mauritius

Rote und Blaue Mauritius
Briefmarken

1 Penny

2 Pence

Ausgabe
Land Mauritius
Postwert 1 Penny und 2 Pence
Ausgabe 21. September 1847
Ablauf der Gültigkeit
Gestaltung
Bildmotiv Königin Victoria
Farbe rot und blau
Entwurf Joseph O. Barnard
Druckart Stichtiefdruck
Perforation Geschnitten
Besonderheiten (fälschlicherweise angenommene)
falsche Bedruckung
Auflage
Auflage jeweils 500 Stück

Die Rote und Blaue Mauritius sind die unter Nicht-Philatelisten wohl bekanntesten Briefmarken der Welt. Der Bekanntheitsgrad der Blauen Mauritius übersteigt jenen der Roten bei weitem. Sie sind jedoch keineswegs die wertvollsten oder die seltensten Briefmarken der Welt. Durch diese Marken war die britische Kronkolonie Mauritius das fünfte Postgebiet, das Briefmarken herausbrachte. Weltweit gibt es von der Blauen Mauritius noch acht gebrauchte und vier ungebrauchte Exemplare (siehe Gummierung bei Briefmarken). Demgegenüber existieren von der Roten Mauritius noch zwölf gebrauchte und zwei ungebrauchte Exemplare.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nachdem 1840 in England die ersten Briefmarken im Umlauf waren, wollte die Mauritius diesem Beispiel folgen. Gouverneur Sir William Gomm erließ im Dezember 1846 eine Verordnung (Ordinance No. 13), welche analog zum Vereinigten Königreich die Ausgabe zweier Marken vorsah:

  • Eine 1-Penny-Marke für Frankierungen im innerörtlichen Postverkehr der Mauritius-Hauptstadt Port Louis in der Farbe Rot und
  • Eine 2-Pence-Marke für den Postverkehr mit der benachbarten Insel Rodrigues sowie mit Übersee in der Farbe Blau.

In Auftrag gegeben wurden die Marken von James Stuart Brownrigg im Jahre 1847. Graviert wurden die Marken von Joseph Osmond Barnard. Er stellte eine Druckplatte her, auf der beide Werte nebeneinander graviert waren und konnte nur eine Marke pro Arbeitsgang drucken. Die Druckplatte war 3 1/4 mal 2 1/2 Zoll groß, hierauf waren beide Marken eingraviert.[1] Von der 1912 wieder aufgetauchten Originalplatte wurden Neudrucke in umgekehrten Farben (1 Penny blau und 2 Pence rot) sowie gemeinsame Abzüge beider Werte in schwarzer Farbe hergestellt. Seit 1930 ist die Druckplatte verschollen.

Ab dem 21. September 1847 wurden die Marken der ersten Serie ausgegeben. Auf ihrer Umrandung standen jeweils die Wertangabe, der Name „Mauritius“, das aus England übernommene „Postage“ und auf der linken Seite die für das Britische Imperium unübliche Inschrift „Post Office“. Insgesamt wurden je 500 Rote (1 Penny) und Blaue (2 Pence) Briefmarken hergestellt. Barnard berechnete für den Auftrag Kosten von 59 Pfund und 10 Shilling.

Schon ein Jahr später bestand Bedarf für weitere Briefmarken. Die zweite Serie der Mauritius-Marken wies bei sonst unverändertem Motiv nunmehr die Worte „POST PAID“ auf der linken Seite auf. Als die ersten Post Office-Marken 1864 auftauchten, wurde aufgrund der Seltenheit spekuliert, ob die Marken vielleicht nur Fehldrucke sind. Alle Vorwürfe und Verdächtigungen dieser Art erwiesen sich jedoch letztlich als haltlos. Die erste Serie sollte nach aufgefundenen Aktennotizen tatsächlich den Schriftzug „Post Office“ tragen. Einem Mythos nach verleitete ein "POST OFFICE"-Schild den Graveur dazu den falschen Text einzugravieren.[1] Der Rummel hatte jedoch den Ehrgeiz manch betuchter Briefmarkenfreunde geweckt, welche ihre Sammlung mit den seltenen Stücken schmücken wollten.

Besitzer und Auktionen

„Bordeaux-Brief“ mit beiden Mauritius. (Moens Nr. XXI und XXII)

Erstmals erstellte 1898 Jean-Baptiste Moens eine Biografie aller damals bekannten 19 Mauritius Post Office-Marken. Die von ihm eingeführte römische Nummerierung (Moens Nr. I–XIX) wurde auf später entdeckte Exemplare ausgedehnt und gilt bis heute.[2]

Viele Eigentümer solch historischer Mauritius-Marken wollen ihren Namen nicht öffentlich preisgeben.

So ist auch der Erwerber einer 1993 zuletzt zum Preis von 1,725 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet etwa 1,1 Millionen Euro) versteigerten postfrischen Mauritius unbekannt.

Die Besitzer der vier ungebrauchten Blauen Mauritius-Marken sind die folgenden:

  • Eine Marke befindet sich im Privatbesitz von Queen Elisabeth II.
  • Eine Marke befindet sich im internationalen Postmuseum in Den Haag.
  • Eine Marke befindet sich im Postmuseum in London.
  • Die vierte Marke befindet sich zusammen mit einer ungestempelten Roten Mauritius seit 1994 im Blue Penny Museum in Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius. Hierbei ist zu beachten, dass neben den Original-Marken zwei Kopien der Roten und Blauen Mauritius ausgestellt sind. Um die Qualität der Originale zu erhalten, werden für den überwiegenden Teil der Öffnungszeiten nur die Kopien angeleuchtet. Die Originale sind nur einmal pro Stunde für etwa zehn Minuten zu sehen.

Der japanische Industrielle Hiroyuki Kanai verfügte in den 1980er Jahren über die bislang umfangreichste Mauritius-Sammlung.[3] Er nannte insgesamt sechs Stück dieser Weltraritäten sein Eigen.[3] Das unter Philatelisten bekannteste Ganzstück, den „Bordeaux-Brief“, frankiert mit einer roten und einer blauen Mauritius. Er verkaufte den Faltbrief 1988 über das Auktionshaus David Feldman, Genf.[4] 1993 ging schließlich der Brief bei einer Versteigerung an einen ungenannten Bieter aus Singapore für 6,125 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet knapp vier Millionen Euro). Den Brief schickte der Weinhändler Edward Francis aus Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius, an seinen Lieferanten in Bordeaux um ihm den Eingang von 48 Fässern Wein zu bestätigen.[5][6] Der Brief wurde am 4. Oktober 1847 abgeschickt und kam mit Zwischenstationen in England, Boulogne und Paris nach 85 Tagen am 28. Dezember 1847 in Bordeaux an.[7] 1902 stöberte ihn ein Schulbub im Archiv einer Weinhandlung auf und veräußerte ihn 1903 für 1600 £.[5] Der Junge hatte durch eine Artikelserie über diese Marken von Théophile Lemaire, dem Herausgeber der französischen Philateliezeitschrift Le Philatelist Français davon erfahren.[8] Philatelistisch interessant machen diesen Brief nicht nur die wertvollen Briefmarken sondern auch die Stempel, wovon sich allein vier Poststempel auf der Rückseite von verschiedenen Stationen der Route befinden.

Ebenfalls sehr wertvoll ist der sogenannte „Bombay-Brief“ mit zwei roten Mauritius, er kam zufällig auf einem indischen Bazar 1897 zum Vorschein.[9][10] Der Sammler Charles Howard war der Entdecker des Umschlags, der 1850 von Mauritius nach Bombay verschickt wurde.[10] George H. Worthington kaufte den Umschlag im Jahr 1906 und 1917 erwarb ihn der US-amerikanische Briefmarkensammler Alfred F. Lichtenstein (1876–1947).[10] 1989 erzielte der Bombay-Brief einen Preis von umgerechnet 1,8 Millionen Euro.[9]

Die Dale-Lichtenstein Sammlung war bisher zweitgrößte Sammlung von „Post Office“-Mauritius-Marken.[11] Die Tochter von Alfred F. Lichtenstein names Louise Boyd Dale (1913–1967) führte die große Sammlung ihres Vaters fort. Bei einer Auktion dieser Sammlung kamen schließlich auch der Bombay-Brief und zwei weitere dieser wertvollen roten Exemplare zur Versteigerung.[12]

Außerdem sind die drei sogenannten „Ball Covers“ als Umschläge, versandt von Lady Gomm mit je einer roten Mauritius erhalten.[6][11] Einer Legende nach veranlasste Lady Gomm (1807–1877)[13], die Ehefrau des Gouverneurs von Mauritius, die Herstellung der Mauritius-Marken wegen einer Einladung zu einem Kostümball,[6][11] der am 30. September 1847 stattfand.[13] Ein „Ball Cover“ besitzt die Königin Elisabeth II.. Der Empfänger diese Briefes war Ed. Duvivier Esq. und er kam bei Aufräumarbeiten seiner Frau zu Vorschein.[13] Ein weiteres Exemplar dieser Einladungsbriefe befindet sich in der Philatelic Collection (philatelistischen Sammlung) der British Library in London.[11] Empfänger hiervon war Aleide Marquay und die Stemplung war ein Doppelkreisstempel mit Datum vom 21. September 1847.[13] Dieses Stück ist seit 1876 nachgewiesen und seit 1891 im Besitz des Museums in Großbritannien.[13] Das dritte „Ball Cover“ ist im Privatbesitz.[6][11]

1903 gelangte ein Brief mit einer gebrauchten blauen Mauritius auch in den Besitz des deutschen Reichspostmuseums. Seit 1990 wird dieses Stück in der Museumsstiftung Post und Telekommunikation aufbewahrt; diese blaue Mauritius sowie eine gebrauchte rote Mauritius befinden sich im Museum für Kommunikation in Berlin.

Im Oktober 2008 wurde ein postfrisches blaues Exemplar aus der zweiten Serie von 1848 für 85000 US$ versteigert. Die Marke stammt aus der Sammlung von William Gross. [14]

Ein gebrauchtes rotes Exemplar aus der ersten Serie wurde Anfang Mai 2009 bei einer Auktion in Essen für 210.000 Euro versteigert. Alter Eigentümer war Ullrich Schulze, der die Marke seit 1972 besaß. Der neue Eigentümer ist unbekannt. [15]

Ende Januar 2010 wurde in Klagenfurt eine gebrauchte blaue Mauritius der Zweitserie für vergleichsweise günstige 25.000 Euro an einen anonym bleiben wollenden Osteuropäer versteigert. [16]

Die Blaue Mauritius in der Populärkultur

1919 hieß ein Stummfilm mit Käthe Dorsch Die blaue Mauritius und im Film Der Mann, der Sherlock Holmes war mit Hans Albers und Heinz Rühmann ging es um gefälschte Blaue und Rote Mauritius-Marken.

Ein unter den Titeln „Der Markensammler“ und „Mauritius“ bekanntes Gedicht von Heinz Erhardt behandelt die Nöte eines Briefmarkensammlers, der sich die „Mauritius“ wünscht (Herr Heinrich Franz von Ohnegleichen / Der sammelte gern Postwertzeichen …).[17]

In der Folge 17 'Die Doppelgängerin' aus der Serie TKKG wird die blaue Mauritius auf einem Briefcouvert auch erwähnt.

Unter dem Titel „Die Blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin“ lief im Museum für Kommunikation Berlin vom 2. bis 25. September 2011 eine Ausstellung mit 18 der insgesamt 27 Mauritius-Marken.[18][19][20]

Literatur

  • Helen Morgan: Blue Mauritius - The Hunt for the world's most valuable stamps, Atlantic Books London 2006, ISBN 978-1-84354-436-4
  • Christian le Comte: The stamps of Mauritius. le Comte Publisher, Port Louis 2006, ISBN 0-9550285-3-1, S. 30–39.
  • Alfred S. De Pitray: "Post Office Mauritius" and Its Legend: A Philatelic Study. Editions de l'Ocean Indien, 1992, ISBN 978-9990300710.
  • Michael Harrison: Post office Mauritius, 1847. Stamp Collecting Ltd, 1947.
  • Jan Billion: Mythos Mauritius. Die Lebensläufe aller bekannten ‚Roten‘ und ‚Blauen‘. In: Deutsche Briefmarken-Revue, Oktober 1997; nochmal in aktualisierter Neuausgabe in Deutsche Briefmarken-Revue, August 2011, Seite 37 bis 46 erschienen
  • 150 Jahre Faszination Mauritius - Das Kronjuwel der Philatelie. Borek, Braunschweig 1998.
  • Lieselotte Kugler (Hrsg.), Andreas Hahn (Hrsg.): Die blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin. Eine Publikation der Museumsstiftung Post und Telekommunikation 2011, Ausstellungskatalog in deutscher und englischer Sprache, 246 Seiten, ISBN 978-3-9813202-1-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Mauritus: 1847 – oder: Dichtung und Wahrheit. In: Frank Arnau: Lexikon der Philatelie. Lingen Verlag, Köln, Seite 211 bis 221
  2. Jan Billion, David Feldman, Andreas Hahn: Die Biografien aller Mauritius Post Office-Briefmarken. In: Lieselotte Kugler (Hrsg.), Andreas Hahn (Hrsg.): Die Blaue Mauritius – Das Treffen der Königinnen in Berlin; S. 194
  3. a b The Collections of Hiroyuki Kanai, abgerufen am 31. Juli 2011
  4. 150 Jahre Faszination Mauritius - Das Kronjuwel der Philatelie, Borek Braunschweig 1998, Seite 13
  5. a b http://www.blaue-mauritius.de/Briefmarken/Briefmarken.htm Webpage über die Post Office Mauritius Briefmarken
  6. a b c d Highlights der Ausstellung: Die blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin. Websitebetreiber: Museum für Kommunikation in Berlin, abgerufen am 31. Juli 2011
  7. 150 Jahre Faszination Mauritius - Das Kronjuwel der Philatelie, Borek Braunschweig 1998, Seite 10 bis 11
  8. 150 Jahre Faszination Mauritius - Das Kronjuwel der Philatelie, Borek Braunschweig 1998, Seite 8
  9. a b Hans Reichardt, Wolfgang Maaßen: Was ist was, Band 52 Briefmarken, Tessloff Verlag, ISBN 3-7886-2920-7, Seite 14
  10. a b c The "Post Office" Stamps, abgerufen am 31. Juli 2011
  11. a b c d e Wolfgang Maassen: Die blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin. In: Philatelie - Das Sammlermagazin des Bundes Deutscher Philatelisten, Ausgabe 410 vom August 2011, Seite 10 bis 16
  12. Dale/Lichtenstein Auktionskatalog, Verlag: H. R. Harmer, New York, 1968
  13. a b c d e Wolfgang Maassen: Der „Mauritius-Virus“ greift um sich! In: Philatelie - Das Sammlermagazin des Bundes Deutscher Philatelisten, Ausgabe 408 vom Juni 2011, Seite 16 bis 18
  14. "Blaue Mauritius" für 85.000 Dollar versteigert in Spiegel online vom 4. Oktober 2008
  15. Mauritius fast zum Schnäppchenpreis – 210000 Euro für Marken-Legende von Uta Knapp auf sz-online.de vom 9. Mai 2009
  16. Versteigert: 25.000 Euro für "blaue Mauritius" ORF, Stand 23. Jänner 2010
  17. vgl. postfrisch – Das Philatelie-Journal, Januar/Februar 2009, Seite 4 bis 5 (Titelthema)
  18. Die Blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin, vom 2. bis 25. September 2011
  19. Das Treffen der Königinnen – Museum für Kommunikation zeigt Mauritius-Marken im Tagesspiegel vom 3. Juli 2011
  20. postfrisch – Das Philatelie-Journal, Juli/August 2011, Heft 4/2011, S. 26

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