Rostocker Rathaus

Rostocker Rathaus
Rostocker Rathaus

Das Rathaus in Rostock ist ein aus drei Häusern bestehender Gruppenbau, dessen Entstehung bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht. Damit ist es der älteste erhaltene Profanbau der Stadt. Das Rostocker Rathaus gilt als einer der bedeutendsten Profanbauten der Backsteingotik im Ostseeraum, gleichrangig mit den Rathäusern in Lübeck und in Stralsund.[1] Der mittelalterliche Bau ist auf Grund barocker Vor- und Umbauten heute allerdings zu großen Teilen verdeckt.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Lage

Teilzerstörter Neuer Markt mit dem Rathaus (um 1943) - die Fassaden nördlich des Rathauses (links) stehen noch

Siehe auch: Geschichte Rostocks

1218 wurde der deutschen Kaufmannssiedlung um die Petrikirche das Stadtrecht bestätigt, spätestens um diese Zeit wird die Altstadt über ein Rathaus am Alten Markt verfügt haben. Wenn auch die Mittelstadt um die Marienkirche und die westliche Neustadt um die Jakobikirche nicht das formale Stadtrecht besaßen, so lassen sich doch eigene Räte erschließen.[1] Ausgrabungen förderten 1999 die Reste eines Gebäudes mitten auf dem Neuen Markt zutage, das als mittelstädtisches Rathaus interpretiert wird.[1] Das neustädtische Rathaus befand sich freistehend auf dem Hopfenmarkt und wurde 1419 zum Auditorium Magnum der Universität umfunktioniert.

Nach dem Zusammenschluss der drei Teilstädte 1265 wurde der Neue Markt zum Standort eines neuen, größeren Rathauses der Gesamtstadt festgelegt. Nicht der kleine, bereits existierende Bau wurde erweitert, sondern ein viel größer dimensioniertes Rathaus an der Ostseite des Platzes errichtet. Anders als in Lübeck oder Stralsund bildet es kein Ensemble mit der Hauptpfarrkirche, sondern steht in einiger Entfernung von der Marienkirche an der Hauptverbindungsstraße der drei Keimsiedlungen. Direkt auf die Schaufront läuft die Kröpeliner Straße zu, die in dem Abschnitt zwischen Neuem Markt und Fauler Grube vom Mittelalter bis in die unmittelbare Nachkriegszeit „Blutstraße“ hieß.

Der gotische Bau

Rathaus mit erster Laube aus Backstein in der Darstellung auf der Vicke-Schorler-Rolle.

Der gotische Bau gehörte zu den prächtigsten backsteingotischen Rathäusern des Ostseeraumes und war denen in Lübeck und in Stralsund vergleichbar, verfügte allerdings über keinen Binnenhof.

Zwei unterkellerte Bürgerhäuser aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts bildeten das ursprüngliche Bauensemble, das noch heute den Kern des rechteckigen Baukörpers ausmacht. Bis heute sind die beiden Häuser von außen durch zwei in Ost-West-Richtung verlaufende Satteldächer und im Innern als zwei Schiffe zu erkennen. Die Wand in der Mittelachse wurde in jedem Geschoss durch spitzbogige Arkaden durchbrochen.

Im nördlichen der beiden Häuser kam seit der Vereinigung der Teilstädte der Rat zusammen und es wurde dort Gericht gehalten. Wie andere Rathäuser des Ostseeraums diente der Bau auch als Kaufhaus und Warenlager. In den Räumen zu ebener Erde und im gewölbten Keller wurden Verkaufsplätze eingerichtet, die vor allem an Tuchhändler verpachtet wurden. Als der Tuchhandel im Spätmittelalter an Bedeutung verlor, wurde der Keller in einen Bier- und Weinkeller umgewandelt.[2] Bis heute ist in dem Gewölbekeller, der noch immer als Ratsschänke genutzt wird, der mittelalterliche Zustand des Rathauses am besten erhalten geblieben. Im weiträumigen Erdgeschoss dominieren die massiven, spitzbogigen Mittelarkaden. Beide Schmalseiten des Rathauses verfügten ursprünglich über jeweils zwei Portale, die aus den beiden Schiffen herausführten und von denen diejenigen zum Neuen Markt erhalten blieben. Anhand der nördlichen Längswand, deren Mittelalterliches Mauerwerk vollständig erhalten ist, lässt sich im Erdgeschoss eine regelmäßige Reihe großer Spitzbogenfenster rekonstruieren, während die Fensteröffnungen im niedrigeren ersten Stock kleiner waren.[3] Möglicherweise befand sich im Obergeschoss des Südschiffs ein großer Saal mit hölzernem Tonnengewölbe.[4] Ein solcher Versammlungssaal, wie es ihn auch in Lübeck oder Stralsund gab, ist in Quellen als consistorium superioris belegt.[4]

Die Gebäude wurden in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts um ein zweites Obergeschoss erhöht und durch eine monumentale gotische Schauwand aus glasierten farbigen Ziegeln zur Marktseite zusammengefasst. Zur Marktseite wurde eine ebenfalls zweigeschossige Laube vorgelagert. Giebel und Laube waren mit architektonischen Zierformen aufwändig gestaltet. Im späten 15. Jahrhunderts erfolgte an der Südseite der Anbau eines dritten Gebäudes, des „Neuen Hauses“.

Die barocken Umbauten

Verbinder zum Stadthaus in der Straße Hinter dem Rathaus

Der Laubenvorbau wurde durch Unwetter 1718 beschädigt, was 1726 zum Neubau eines Vorbaus nach französischen und italienischen Einflüssen durch den Sachsen Zacharias Voigt führte. Dieser barocke Vorbau verdeckt seitdem die spätgotische Backstein-Prunkwand. Unter den Kolonnaden finden sich Reste einer mittelalterlichen Wandbemalung, die Christus als Weltenrichter zeigt. 1735 erfolgten Umbauten im Innern des Hauses: es entstand der Festsaal mit seiner barocken Gestaltung. Seit dem 19. Jahrhundert gab es durch das Anwachsen der Stadt ständig Bedarf an Räumlichkeiten für die immer größer werdende Anzahl an Verwaltungsangestellten und entsprechende Umbauten.

1907 wurde das Rathaus nach Osten durch das Stadthaus mit einem Brückenverbund erweitert. 1935 wurden die Häuser Neuer Markt 33 und 34 mit in den Rathauskomplex einbezogen. Das Rathaus selbst überstand den britischen Bombenangriff vom April 1942 unbeschadet, allerdings wurde der nördlich anschließende Ratsstubenanbau vernichtet. In den 1950er Jahren erbaute man an seiner Statt den Rathausanbau im funktionalistischen Stil, dem im Volksmund der Spitzname Hasenstall verliehen wurde. 1978 richtete ein Feuer großen Schaden an. Nach 1990 erfolgte eine gründliche Sanierung vieler Teile des Rathauses, besonders der nördliche Anbau trägt einer modernen Verwaltung Rechnung.

Schlangenplastik

An der vierten nördlichen Säule der Arkaden befindet sich seit 1998 eine lebensgroße Schlangenplastik des Künstlers Erhard John. Bereits zuvor wurden verschiedene Schlangendarstellungen an der Fassade des Rathauses angebracht, die aber immer wieder gestohlen wurden. Die aktuelle Plastik ist deswegen fest mit der Bausubstanz verbunden. Die Schlange soll die Weisheit repräsentieren und den Besucher Rostocks einladen, die Stadt zu erkunden. Andere Interpretationen besagen die Doppelzüngigkeit einer Schlange soll auf die Gepflogenheiten im Rathaus hinweisen.

Literatur

  • Das Rostocker Rathaus. Herausgegeben vom Denkmalpflegeamt der Hansestadt Rostock. Redieck & Schade, Rostock 2002. ISBN 6-06-000812-7
  • Die Bau- und Kunstdenkmale in der mecklenburgischen Küstenregion. Herausgegeben von Heinrich Trost, Bearbeitet von Gerd Baier u.a., S. 342-345. Henschel Verlag, Berlin 1990. ISBN 3-362-00523-3
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg-Vorpommern. Neubearbeitung durch Hans-Christian Feldmann. Deutscher Kunstverlag, München – Berlin 2000, ISBN 3-422-03081-6, S. 487f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Jan Schröder, Der mittelalterliche Ursprungsbau, in: Das Rostocker Rathaus, 2002, S. 4.
  2. Jan Schröder, Der mittelalterliche Ursprungsbau, in: Das Rostocker Rathaus, 2002, S. 6.
  3. Jan Schröder, Der mittelalterliche Ursprungsbau, in: Das Rostocker Rathaus, 2002, S. 7f.
  4. a b Jan Schröder, Der mittelalterliche Ursprungsbau, in: Das Rostocker Rathaus, 2002, S. 8.
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