Rosstäuscher

Rosstäuscher

Der Begriff Rosstäuscher (oder Rosstäuscherei) stammt aus dem Handel mit Pferden. Er bezeichnete zunächst nur einen Pferdehändler, der die Tiere gegen Geld oder gegen andere Ware eintauscht, später vor allem ein betrügerisches Verhalten eines Händlers, der Kunden mit verschiedenen Tricks über Gesundheitszustand, Alter und Wert des Pferdes täuscht.[1]

Aus dem Pferdehandel stammen Redewendungen wie „jemandem auf den Zahn fühlen“. Diese stammt von der Praxis, das wahre Alter eines Pferdes an der Struktur seines Gebisses zu erkennen (siehe Zahnaltersbestimmung). Der sprichwörtlich berühmte „Pfeffer im Arsch“ stammt ebenfalls aus diesem Metier.

Inhaltsverzeichnis

Beispiele für Rosstäuscherei

Man färbte beispielsweise Pferden die Mähne oder das Fell, um das Alter zu kaschieren oder über optische Mängel hinwegzutäuschen, verschloss Schadstellen an den Hufen mit geeigneten Materialien, beschnitt ihnen das Haar an Ohren und Schweif, um sie jünger wirken zu lassen, oder veränderte zu diesem Zweck gar ihr Gebiss (Verhauen oder Kontermarke). Ein ähnlich gravierender Eingriff war das Ohrenaufsetzen. Diese Manipulation hatte eine Straffung der Haut zwischen den Ohren und damit eine attraktivere Stellung der Ohren des Pferdes zum Ziel. Ein Teil der Haut zwischen den Ohren des Pferdes wurde entfernt und der Rest eng vernäht.[2]

Der Gebrauch von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln oder auch von aufputschenden Präparaten wie Arsen[3] gehörte zu den Methoden der Rosstäuscherei; neben medikamentösen Aufputschmitteln waren jedoch auch Dressur oder leichtere Schmerzreize üblich, um die Pferde agiler wirken zu lassen, als sie eigentlich waren.

Gelegentlich wurden Pferde auch als schlechter dargestellt als sie waren, um eine Enteignung oder Beschlagnahme durch Landesherren, Militär oder Ähnliche zu verhindern. Dies geschah z. B. durch Nägel im Huf, festgezurrte Haare an den Fesseln und andere Schmerz oder Verwirrung hervorrufende Maßnahmen.

Rechtliches

Stellt ein Pferdekäufer innerhalb von vierzehn Tagen nach dem Kauf fest, dass das Pferd an Dummkoller oder Dämpfigkeit leidet, so muss davon ausgegangen werden, dass das Tier auch schon zum Zeitpunkt des Verkaufs krank war, und der Verkäufer muss für den Schaden einstehen – so die Regelung in Österreich.[4]

Übertragene Bedeutung

Heute wird der Begriff Rosstäuscherei auf viele Arten des Betruges durch Schönfärberei, unrepräsentative Präsentation, Kaschieren von Makeln oder gezieltes Weglassen von Informationen metaphorisch angewendet.

Literatur

  • Tichy, Barbara: Pferdehandel und Roßtäuscherpraktiken im Spiegel tierheilkundlicher Literatur zwischen 1780 und 1850. Gießen, Univ., Diss., 1995.

Historische Literatur (Auswahl)

  • Eisenberg, Friedrich W. von: Entdeckte Roßtäuscherkünste zur Vermeidung der Betrügereyen bey dem Pferdekaufen; Leipzig 1780.
  • Tennecker, Christian Ehrenfried Seyfert von: Lehrbuch des Pferdehandels und der Roßtäuscherkünste; Hannover 1822.
  • Engelhart, Anton: Kleines Handbuch für Pferdekäufer Oder gründliche Anweisung, die Fehler, Schönheiten ct. eines Pferdes ausfindig zu machen und die Rosztauscherkünste zu entdecken, nebst Angabe der vorzüglichsten Regeln beim Pferdeeinkaufe; Quedlinburg, Leipzig 1834.

Rosstäuscher in der Literatur und im Film

Die Sage Der spiritus familiaris des Rosstäuschers erzählt von einem Rosstäuscher, der kurz hintereinander acht Pferde verliert, mit Hilfe einer geheimnisvollen Macht wieder zu Reichtum kommt und diesen wieder verliert, weil er ein Gebot, das an diesen Reichtum geknüpft ist, nicht einhält.

Die Farce Der geprellte Rosstäuscher von Ludwig Aurbacher geht zunächst scheinbar auf den Trick, Pferde zu färben, ein, denn dem Käufer wird geraten, das Pferd in näherer Zukunft mit Wasser in Berührung zu bringen. Als er doch in eine Schwemme reitet, löst sich das Pferd in nichts bzw. ein Strohbündel auf. Die gleiche Episode aus dem Leben Fausts erzählt auch Gustav Schwab.

Christopher Marlowes Stück Dr. Faustus bringt wie Aurbacher die Rosstäuscherthematik mit der Faustüberlieferung in Zusammenhang.

Von Annette von Droste-Hülshoff stammt das Werk Der Rosstäuscher.

Im Jahr 1920 erschien der Roman Der Rosstäuscher von Emil Scholl.

Otfried Preußler lässt in seinem Buch Krabat ähnlich wie Aurbacher Zauberkünste bei der Täuschung der Geschäftspartner mitwirken.

In Astrid Lindgrens Jugendbuch Rasmus, Pontus und der Schwertschlucker wird über das gängige Mittel, alte Mähren mit Arsen aufzuputschen, berichtet.

Eine der Folgen der Fernsehserie Königlich Bayerisches Amtsgericht trägt den Titel Der Rosstäuscher.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. podcastdirectory.com
  2. hufgefluester.de
  3. Gustav Adolf Buchheister: Handbuch der Drogisten-Praxis, 1893, S. 462
  4. auw.form.at (PDF)

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