Rosenholz-Akten

Rosenholz-Akten

Die Rosenholz-Dateien umfassen 381 Datenträger (CD-ROMs) mit Angaben über Mitarbeiter der ehemaligen Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), des Auslandsnachrichtendienstes der DDR, in etwa 350.000 Dateien. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Karteien und Computerausdrucke mit Klarnamen von Agenten, die auf westdeutschem Gebiet für die DDR-Auslandsspionage tätig waren.

Inhaltsverzeichnis

Verbleib nach der Wende

Aufkauf durch die CIA

In der Wendezeit gelangten die Dateien unter nicht genau geklärten Umständen in die Hände der CIA.

Laut den Annalen des damaligen Moskauer CIA-Stationschefs Milton Bearden wurden die Rosenholz-Dateien nicht bei der Erstürmung des Ministeriums für Staatssicherheit am 15. Januar 1990 erbeutet. Vielmehr wurde erst auf Anfrage des damaligen US-Präsidenten George H. W. Bush an den CIA-Chef das Berliner CIA-Büro in Aktion versetzt.

Die nach der Wende vom CIA beschafften Mikrofilme der Agentenkartei der DDR-Spionageabteilung HVA stammen nach Aussagen ehemaliger CIA-Agenten von einem KGB-Offizier. So soll ein Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes Kontakt mit ihm aufgenommen haben. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete, der KGB-Mann habe sich 1992 bei einer US-Botschaft in Osteuropa gemeldet und eine schlechte, aber noch lesbare Kopie der Mikrofilme zum Kauf angeboten, für die er 75.000 US-Dollar bekommen hätte.[1]

Eine Theorie besagt, dass im Dezember 1989 der HVA-Oberstleutnant Rainer Hemmann den Befehl erhielt, die mikroverfilmte Aktendatei nach Berlin-Karlshorst zu transportieren, um sie dort dem KGB-Verbindungsoffizier Alexander Prinzipalow auszuhändigen, da man einst der Auffassung gewesen sei, nur in der kommunistischen Sowjetunion eine sichere Verwahrung gewährleisten zu können. Dieses stellte sich jedoch schon bald als Fehleinschätzung heraus, denn ein CIA-Mitarbeiter hatte schon recht bald Kontakt mit dem in Ost-Berlin stationierten KGB-Obristen Alexander Sjubenko geknüpft. Dieser wiederum stellte den Kontakt zwischen Prinzipalow, dem CIA-Mitarbeiter und einem weiteren KGB-General her. Diese drei Geheimdienstmitarbeiter schafften die Mikrofilme während der Wirrungen, die durch den Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden, im Sommer 1992 in die USA.

Sjubenko und Prinzipalow starben bald darauf unter mysteriösen Umständen. Die Washington Post feierte die CIA-Operation damals als größten Geheimdienst-Coup seit Beginn des Kalten Krieges.[2]

Nachdem die Bestände zunächst nur in den USA ausgewertet wurden, geschah dies auch in anderen Ländern.

Rückgabe an Deutschland

Nach langen Verhandlungen, bei denen auch das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Rolle gespielt haben soll, wurden die Datenträger im Jahr 2003 der Bundesrepublik Deutschland übergeben. Die Verfassungsschützer dienten auch als Namensgeber der Dateien; sie nannten den Vorgang, bei welchem sie den CIA um Herausgabe der Datenträger baten, „Rosenholz“. Warum die Rückgabe so lange dauerte, ist umstritten.

Bearden setzte sich als Chef der Bonner CIA-Station dafür ein, dass die Rosenholz-Dateien an die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) übergeben wurden, wofür er das Bundesverdienstkreuz erhielt.

Offenlegung und Aufarbeitung

Die Daten wurden von der BStU auf Übersetzungs- und andere Fehler überprüft und stehen seit März 2004 der Bevölkerung zur Verfügung. Jeder, der bei der BStU einen Antrag auf persönliche Akteneinsicht stellt, kann entsprechende Rosenholz-Daten einsehen.

Formal kann jeder bei der BStU einen genehmigungspflichtigen Antrag auf Einsicht in entsprechende Rosenholz-Dateien stellen. 350.000 Datensätze sind archiviert worden. Ungefähr 1000 bis jetzt nicht enttarnte in Westdeutschland arbeitende ehemalige IM des DDR-Nachrichtendienstes sind recherchierbar.

2006 wurde scharfe Kritik an der bisherigen Genehmigungspraxis geübt. Die Zeit berichtet in „Wer hat Angst vor Rosenholz?“[3], dass von einer angekündigten Öffnung der Rosenholz-Dateien für die Wissenschaft und Betroffene nicht die Rede sein kann, da in der Realität selbst Wissenschaftlern nur „sehr sehr restriktiv“ der Zugang gewährt wird, so bei Hubertus Knabe, Leiter der Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen, dem von der BStU für 192 in einem Zeitraum von zwei Jahren gestellte Anträge auf Akteneinsicht lediglich 15 Genehmigungen erteilt wurden.

Eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Daten in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Bericht durch die BStU selber würde dienststellenintern verzögert, den damit befassten Mitarbeitern der BStU würden Maulkörbe verhängt. Über den Hintergrund dafür wird berichtet, dass die Rosenholz-Dateien zum Beispiel eine beachtliche Anzahl (42) von Angehörigen des Bundestags nennen, die als IM dem DDR-Nachrichtendienst zugearbeitet haben sollen. Auch andere Personen aus Wirtschaft und Wirtschaftsverbänden seien namentlich aufgeführt, ca. 39 Prozent der Objektquellen der Rosenholz-Dateien arbeiten in diesen Bereichen. Die BStU stellt dar, dass „Restzweifel“ über die IM-Tätigkeit der genannten Personen eine gerichtsfeste Entscheidung über den Zugang zu diesen Daten sehr schwierig machten.

Am 2. August 2006 gab die BStU bekannt, dass nun erste Unterlagen zu Abgeordneten des 6. Deutschen Bundestags (1969-1972) auf entsprechende Anträge an Medien und Wissenschaft herausgeben werden. Sie betreffen zunächst 16 der Abgeordneten, die auf „Rosenholz“-Karteikarten mit einem so genannten IMA-Vermerk (IM-Akte A) erfasst sind.[4]

Quellen

  1. Handelsblatt: „Rosenholz“-Daten stammen von KGB-Offizier, 16. April 2005
  2. Welt am Sonntag: Die „Rosenholz“-Datei eröffnet neue Einblicke ins Stasi-Netz, 6. Juli 2003
  3. ZEIT online: Wer hat Angst vor »Rosenholz«?, 22. Juni 2006
  4. http://www.bstu.bund.de/cln_043/nn_712830/DE/MfS-DDR-Geschichte/Einzelthemen/Rosenholz/rosenholz__node.html__nnn=true

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