Rollbockbahn

Rollbockbahn
Reichenbach–Oberheinsdorf
Kursbuchstrecke: 168f (1957)
Streckennummer: sä. RH
Streckenlänge: 5,41 km
Spurweite: 1000 mm (Meterspur)
Maximale Neigung: 40 
Minimaler Radius: 30 m
Höchstgeschwindigkeit: 30 km/h
Legende
   
aus Richtung Göltzschtalbrücke
   
0,000 Reichenbach (Vogtl) unt Bf 335 m
   
(Dreischienengleis 1000/1435 mm)
   
nach Reichenbach (Vogtl) ob Bf
   
0,405 Reichenbach (Vogtl) Altstadt 338 m
   
0,798 Reichenbach (Vogtl) Annenplatz 342 m
   
1,285 Reichenbach (Vogtl) Bergstraße 350 m
   
2,550 Unterheinsdorf West 354 m
   
3,125 Unterheinsdorf 365 m
   
4,012 Unterheinsdorf Ost 370 m
   
5,410 Oberheinsdorf 383 m

Rollbockbahn (im Volksmund: de Rollbock) wurde die einst von Reichenbach (Vogtl) unt Bf nach Oberheinsdorf verkehrende Schmalspurbahn in Sachsen bezeichnet. Unter den sächsischen Schmalspurbahnen war neben ihr nur die später errichtete - allerdings elektrisch betriebene - Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal meterspurig. Bemerkenswert war die straßenbündige Trassierung im Stadtgebiet von Reichenbach sowie der Einsatz der nur für diese Strecke entwickelten Dampflokomotiven der Gattung I M. Der Transport von Normalspur-Güterwagen auf Rollböcken verlieh dieser Strecke den Namen Rollbockbahn.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erstmals 1895 ersuchten die Industriellen und Kaufleute im Heinsdorfergrund um einen Eisenbahnanschluss. Zu dieser Zeit war die Fortführung der schon bestehenden Bahnstrecke von Reichenbach ob Bf nach Mylau durch den Heinsdorfer Grund vorgesehen, was letztlich so nicht realisiert wurde. Stattdessen wurde vom sächsischen Staat nunmehr eine schmalspurige Industriebahn bis Oberheinsdorf geplant, welche vor allem die schon vorhandenen Straßen mitbenutzen sollte. Die Stadt Reichenbach unterstützte dieses Vorhaben und stellte den notwendigen Grund unentgeltlich zur Verfügung.

Im Jahre 1901 begannen die Arbeiten mit der Verbreiterung der Straßen und dem Abriss von Häusern an der vorgesehenen Trasse. Da die Strecke nur als Industriebahn geplant war und vor allem Rollbockverkehr stattfinden sollte, wurde als Spurweite die Meterspur gewählt. Am 15. Dezember 1902 wurde die neue schmalspurige Industriebahn offiziell eröffnet.

Mehrfach forderten die an der Strecke wohnenden Bürger auch die Einführung des Personenverkehrs, was dann auch am 1. Oktober 1909 geschah, bauliche Veränderungen außer dem aufstellen von Stationsschildern erfolgten deswegen nicht. Zu diesem Zeitpunkt wurde am Posten 3 der Haltepunkt Reichenbach-Altstadt eingerichtet. Die Hauptaufgabe der Bahn lag aber immer in der Bedienung der zahlreichen Fabrikanschlüsse entlang der Linie.

1929 ging durch die Weltwirtschaftskrise die Deutsche Wollentfettung in Konkurs, seit 1930 wurde der Gleisanschluss des Firma Petzold & Ehret wegen zahlreicher Unfälle nicht mehr bedient. Damit hatte die Rollbockbahn zwei wichtige Kunden verloren.

Die begrenzte Linienführung in der Reichenbacher Altstadt und der zunehmende Straßenverkehr ab den 1930er Jahren ließen die Bahn zu einem Verkehrsproblem werden.

Ab dem 4. September 1957 fand der Reiseverkehr im Schienenersatzverkehr statt, offiziell eingestellt wurde der Personenverkehr am 17. November 1957. 1958 wurde noch ein neuer Gleisanschluss für das VEB Ausrüstungs- und Kunststoffverarbeitungswerk angelegt. Güterverkehr wurde noch bis 1962 durchgeführt, fand aber im letzten Betriebsjahr nur noch unregelmäßig statt und wurde nach einem Unfall mit der Lok 99 162 am 14. September 1962 ganz eingestellt. Vom 19. August 1963 bis 4. Januar 1964 wurde der Oberbau bis auf das Dreischienengleis, welches erst 1975 entfernt wurde, abgebaut.

Streckenbeschreibung

Verlauf

Vom Bahnhof Reichenbach unt Bf führte ein Dreischienengleis bis zum Posten 3. Bis dorthin benutzte die Strecke Reichenbach unt Bf–Oberheinsdorf einen Schienenstrang der Bahnstrecke Reichenbach ob Bf–Göltzschtalbrücke mit. Der Posten 3 war bereits am 1. Mai 1895 mit der Betriebseröffnung der Lengenfelder Strecke eröffnet worden, er diente der Absicherung der Straßenübergänge Innere Reichsstraße (heute: Am Graben), Äußere Reichsstraße sowie des Sperlingsberges. Am Posten 3 befand sich das Einfahrtssignal der Strecke von Oberheinsdorf. Der Schrankenwärter des Postens hatte dem Fahrdienstleiter des Unteren Bahnhofs das Eintreffen des Zuges zu melden, damit dieser bei freiem Gleis 1 das Signal auf Fahrt stellen konnte.

Betriebsstellen

Reichenbach unt Bf

Hauptartikel: Reichenbach (Vogtland) Unterer Bahnhof

Unterheinsdorf

Die zweigleisige Haltestelle besaß eine Ladestraße, des Weiteren war ein Güterschuppen und zwei Wagenkästen, wovon einer als Unterstand für die Reisenden diente, vorhanden.

Oberheinsdorf

Der Endbahnhof bestand lediglich aus einem Umfahrgleis und einem Stumpfgleis, an dem sich die Ladestraße und der Güterschuppen befanden. In den 1920er Jahren wurde von der Raiffeisenbank noch ein Wirtschaftsgebäude gebaut, welches später von der Bäuerliche Handelsgenossenschaft weitergenutzt wurde. Im Bahnhofsgelände zweigte auch der Gleisanschluss zur Deutschen Wollentfettung ab.

Fahrzeuge

Lokomotiven

I M 251 im Lieferzustand
Hauptartikel: Sächsische I M

Überregional bekannt geworden ist die Bahn vor allem durch ihre wie Dampfstraßenbahnlokomotiven verkleideten Drehgestelllokomotiven der Bauart Fairlie. Die drei Maschinen der sächsischen Gattung I M wurden 1902 von der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz mit den Nummern 251 bis 253 speziell für die Rollbockbahn entwickelt und gebaut. Die Deutsche Reichsbahn ordnete die Maschinen 1925 in die Baureihe 99.16 ein.

Eine der Lokomotiven musste 1942 an die Deutsche Wehrmacht abgegeben werden und ging auf einem Schiffstransport zur Halbinsel Krim verloren. 1961 wurde auf der Rollbockbahn mit der 99 5893 eine weitere Lokomotive stationiert, diese beförderte später auch die Abbauzüge. Die 99 161 musste zu Beginn des Jahres 1962 abgestellt werden, die 99 162 war bis zur Betriebseinstellung im Dienst.

Die 99 162 (ehemals I M 252) blieb als Museumslokomotive des Verkehrsmuseums Dresden erhalten. Sie hat heute ihren Standort im Museumsbahnhof Oberheinsdorf.

Wagen

Personenwagen 10.103

Für den Personenverkehr wurden 1909 sechs vierachsige Personenwagen beschafft, die nach der Betriebseinstellung noch einige Jahre auf den Schmalspurbahnen bei Barth zum Einsatz kamen. Der Wagen 10.103 blieb erhalten und befindet sich heute restauriert ebenfalls in Oberheinsdorf.

Der Güterverkehr wurde fast ausnahmslos mit Rollböcken abgewickelt, lediglich in den Anfangsjahren waren mehrere vierachsige offene und gedeckte Güterwagen vorhanden. Als Bahndienstfahrzeuge standen zwei zweiachsige Niederbordwagen und ein Unkrautsprengwagen, welcher 1906 auf zwei Rollbocken aufgebaut worden war, zur Verfügung.

Museum

1997 gründete sich in Heinsdorfergrund der Traditionsverein Rollbockbahn e. V., um die letzten Sachzeugen der einstigen Rollbockbahn für die Nachwelt zu erhalten und ein kleines Museum am ehemaligen Bahnhof Oberheinsdorf einzurichten. Diesem gelang es 1999, die im Eigentum des Verkehrsmuseums Dresden befindliche letzte erhaltene Lokomotive der Rollbockbahn als Dauerleihgabe in ihre Heimat zu holen. Die Lokomotive kann in einem neu errichteten Lokschuppen in Oberheinsdorf besichtigt werden.

Im sachsen-anhaltischen Güsen fand sich Ende der 1990er-Jahre der letzte originale Personenwagen als Geräteschuppen der dortigen Feuerwehr. Das Fahrzeug konnte nach Sachsen zurückgeholt werden, wurde restauriert und komplettiert seit 2006 die Schauanlage.

1997 wurden in Klingenthal mehrere originale Gleisstücke der einstigen Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal für das Museum geborgen.

Galerie

Literatur

  • Rainer Heinrich und Werner Nitzschke: Die Rollbockbahn. EK-Verlag, Freiburg 2001, ISBN 3-88255-416-9
  • Gero Fehlhauer: De Rollbock. Foto & Verlag Jacobi, Reichenbach 2006, ISBN 3-937228-19-5
  • Wilfried Rettig: Die Eisenbahnen im Vogtland – Band 2: Neben- und Schmalspurstrecken, Bahnanlagen, Unfälle und Anekdoten, EK-Verlag, Freiburg, 2002, ISBN 3-88255-687-0

Weblinks


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