Roger Willemsen

Roger Willemsen
Roger Willemsen 2011 in Siegburg

Roger Willemsen (* 15. August 1955 in Bonn) ist ein deutscher Publizist und Fernsehmoderator.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend, Ausbildung und Lehrtätigkeit

Willemsens Vater Ernst Willemsen war Kunsthistoriker und Restaurator, die Mutter Sachverständige für ostasiatische Kunst. Nach seinem Abitur im Jahr 1976 studierte er Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Bonn, Florenz, München und Wien und war Stipendiat des Evangelischen Studienwerks. Willemsen promovierte über die Dichtungstheorie von Robert Musil. Die Habilitationsarbeit über Selbstmord in der Literatur beendete er nicht. Im Jahr 1986 erschien sein Buch zum Thema Suizid bei Kiepenheuer & Witsch.

Neben dem Studium arbeitete Willemsen von 1977 bis 1981 als Nachtwächter, Reiseleiter und Museumswärter. Von 1984 bis 1986 arbeitete er als Übersetzer, Herausgeber und freier Autor und war als Assistent für Literaturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München beschäftigt. 1988 ging er für drei Jahre nach London, um als Korrespondent für Zeitungen und Rundfunkstationen zu arbeiten. Er schrieb Bücher wie Die Abruzzen oder Kopf oder Adler – Ermittlungen gegen Deutschland.

Im Wintersemester 1995/1996 übernahm Willemsen eine Gastprofessur am Lehrstuhl für Literaturwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum.

Seit 2010 ist er Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin.[1]

Fernsehen

Roger Willemsen auf der lit.COLOGNE 2007

Seine Fernsehkarriere begann Willemsen 1991 beim Bezahlsender Premiere. Er moderierte mehr als 600 Ausgaben der Interviewreihe 0137, benannt nach der Telefonvorwahl, unter der sich Zuschauer an der Live-Sendung beteiligen konnten. Das Themenspektrum des Magazins reichte von Politik bis Boulevard. Willemsen führte Gespräche unter anderem mit der Schauspielerin Audrey Hepburn, Jassir Arafat, einem Kannibalen und einem entflohenen Bankräuber. Selbst die Vergewaltigung eines jungen Mannes durch dessen Mutter war für Willemsen kein Tabu. 1992 wurde Willemsen von einer unabhängigen Kritiker-Jury mit dem „Goldenen Kabel“ für die innovativste Sendung und mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Ab 1992 moderierte Willemsen die Sendung im wöchentlichen Wechsel mit Sandra Maischberger. Beide hatten damals etwa anderthalb Jahre lang eine private Beziehung.[2]

1993 erhielt Willemsen den Adolf-Grimme-Preis in Gold. Man würdigte damit sein hohes Einfühlungsvermögen und die Tatsache, dass er - wie der Leiter des Adolf-Grimme-Instituts in Marl, Lutz Hachmeister, anmerkte - als einer von wenigen im deutschen Fernsehen grammatikalisch korrekte Satzperioden sprechen könne.

Im Februar 1994 wechselte Willemsen zum ZDF. Dort moderierte er von Oktober 1994 bis Juni 1998 die 60-minütige Talkshow Willemsens Woche. Regelmäßiger musikalischer Gast war der mit Willemsen befreundete Jazzmusiker Michel Petrucciani.

1996 präsentierte Willemsen im ZDF eine neunteilige Porträt-Reihe unter dem Titel Willemsens Zeitgenossen. Darin stellte er unter anderem Vivienne Westwood, Quincy Jones, Philippe Starck und John Malkovich vor.

Roger Willemsen erzählt Geschichten zu Jazz-Musikern

Ab 1999 moderierte Willemsen zahlreiche Kulturveranstaltungen, darunter die Echo Klassik-Gala und die Hommage Und der Haifisch, der hat Zähne zum 100. Geburtstag Brechts. Außerdem interviewte er für das ZDF-Format Willemsens Musikszene unter anderem Pierre Boulez, Herbie Hancock und Chick Corea.

In der Sendereihe Gipfeltreffen inszenierte Willemsen filmische Doppelportraits prominenter Zeitgenossen, in der Nachtkultur mit Willemsen diskutierte er mit jeweils drei bis vier Gästen aktuelle Themen aus Kunst und Kultur.

Neben seiner Tätigkeit vor der Kamera führte Willemsen unter anderem Regie beim Dokumentarfilm Non Stop – Eine Reise mit Michel Petrucciani, der mittlerweile in 13 weiteren Ländern ausgestrahlt wurde. Auf der EXPO 2000 präsentierte er eine zehnstündige Videoinstallation aus Gesprächen mit 55 Künstlern unter dem Titel Welcome Home. Künstler sehen Deutschland.

Nach rund zweijähriger Pause als Fernsehmoderator moderierte Willemsen vom 3. Februar 2004 bis zum Juli 2006, als Nachfolger von Elke Heidenreich und Daniel Cohn-Bendit, den Literaturclub des Schweizer Fernsehens, eine der ältesten Literatursendungen im deutschsprachigen Fernsehen. „Das ist auch die Dosis Fernsehen, die mir reicht, mehr als einmal im Monat möchte ich in der Glotze lieber nicht erscheinen“, bekannte Roger Willemsen. Den Abschied von Massenfernsehen, Quote und Ruhm habe er nach eigenen Angaben „keine Sekunde lang bereut“. Regelmäßig zu sehen im deutschen Fernsehen war er zu Gastkommentaren bei Sarah Kuttner – Die Show (VIVA) und beim Nachfolgeformat Kuttner. (MTV), wo er im August 2006 auch letzter Gast der Sendung war.

Des Weiteren tritt er oft als Rate-Gast in der wöchentlichen Fernsehsendung Ich trage einen großen Namen (SWR) auf.[3]

Bühne und Veröffentlichungen

2005/2006 war Willemsen mit seinem Erzählprogramm Und Du so? auf Theatertournee. 2007 startete er zusammen mit Dieter Hildebrandt auf der Lit.Cologne das Tourneeprogramm Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Die Weltgeschichte der Lüge. Von März bis Dezember 2009 schrieb er für das ZEITmagazin die Interview-Kolumne Warum machen Sie das? als Resonanz auf die Gespräche Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt, geführt von Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Willemsen gilt seitdem als Befürworter der Cannabis-Legalisierung, was er auch gelegentlich in Gesprächsrunden durchblicken lässt.[4]

Durch eine scharf formulierte Kolumne über Heidi Klums Modelshow Germany’s Next Topmodel in der sonntaz geriet Willemsen im Mai 2009 in die Schlagzeilen.[5]

Soziales Engagement

Roger Willemsen ist in zahlreichen Hilfsorganisationen tätig, z. B. bei Amnesty International[6] und Terre des Femmes.[7] Zugleich arbeitet er als Botschafter der von CARE International und UN-Flüchtlingshilfe gemeinsam verwirklichten Afghanistan-Kampagne „Helfen steckt an”.[8] Seit dem Frühjahr 2006 ist Roger Willemsen Schirmherr[9] des Afghanischen Frauenvereins e. V., der seinen Sitz in Deutschland hat und für den er sich persönlich sehr engagiert. 2006 erschien sein Buch Hier spricht Guantánamo, in dem er ehemalige Guantanamo-Häftlinge über ihre Haftumstände interviewt. Willemsen unterstützt die Aktion Deine Stimme gegen Armut [10], ist Pate des Kinderhospiz Bethel für sterbende Kinder [11] und Mitglied der globalisierungskritischen Vereinigung Attac.

Schriften

Auszeichnungen (Auswahl)

Weblinks

 Commons: Roger Willemsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Interview

Podcast

Einzelnachweise

  1. Die Welt vom 22. Juni 2010: dpa-Meldung Roger Willemsen wird Honorar-Professor in Berlin
  2. vgl. z.B. Heide-Ulrike Wendt: Die Kunst der Frage: Sandra Maischberger, unter heideulrikewendt.de.
  3. Homepage des SWR. Abgerufen am 15. Dezember 2009.
  4. http://www.stern.de/kultur/tv/tv-kritik-anne-will-erleidet-mit-den-piraten-schiffbruch-1730625.html
  5. Klum vs. Willemsen: Schlagabtausch geht in die zweite Runde. In: Spiegel Online. 28. Mai 2009, abgerufen am 2. August 2009.
  6. ai-JOURNAL 2003/2004: „Obszönes Verhältnis zum Grauen“ Interview mit Roger Willemsen
  7. Prominente für TERRE DES FEMMES
  8. Stimmen für Afghanistan – Zitate der Kampagnen-Botschafter
  9. Dr. Roger Willemsen – Schirmherr des Afghanischen Frauenvereins
  10. Deine Stimme gegen Armut: Rückblick G8-Konzert in Rostock 2007
  11. http://www.kinderhospiz-bethel.de/paten/roger-willemsen.html

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