Robert Michel (Künstler)

Robert Michel (Künstler)

Robert Michel (* 27. Februar 1897 in Vockenhausen; † 11. Juni 1983 in Titisee-Neustadt) war ein deutscher Typograf, Grafiker, Werbegrafiker, Architekt und zu Beginn seiner Karriere Testpilot.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Robert Michel stammte aus einer seit 1800 in Vockenhausen ansässigen Fabrikantenfamilie, die sich über die Gerberei auf das Herstellen von (Schwarz-)Farben spezialisierte und nach und nach alle Mühlen des Ortes erwarb. Er besuchte nach der Volksschule von 1908 bis 1914 das Institut Garnier in Friedrichsdorf im Taunus und beabsichtigte, Maschinenbauingenieur zu werden. Seine Begeisterung für die noch junge Fliegerei brachte ihn 1912 in Darmstadt in Kontakt mit dem Flugpionier August Euler. 1914 war er in die Flugzeugfirma Gothaer Waggonfabrik und in der Flugzeugwerft Hannover tätig. Bei Kriegsbeginn meldete er sich als Freiwilliger zu den Fliegern und machte 1915 an der Herzog Carl Eduard-Militärfliegerschule in Gotha sein Pilotenexamen. Danach diente er in der Gothaer Waggonfabrik als Versuchspilot, bis er 1917 mit einer in Brand geratenen „Gothaer Taube“ abstürzte und schwere Verletzungen erlitt.[1]S.125

Nach seiner Genesung wandte er sich ganz der darstellenden Kunst zu. In der „Hochschule für Bildende Künste“ in Weimar lernte er in der Zeichenklasse von Walther Klemm seine spätere Frau Ella Bergmann kennen. Sie wandten sich erfolglos gegen die nach ihrer Ansicht verstaubten Lehrmethoden und arbeiteten ab Winter 1918/19 freischaffend in eigenen Ateliers. In April 1919 stellte Walter Gropius ihre Collagen der Eröffnung des Weimarer Bauhauses aus. Ella Bergmann und Robert Michel heirateten im Oktober 1919. 1920 kam ihr Sohn Hans zur Welt, der ein bedeutender Grafiker und Grafikdesigner wurde und 1927 Tochter Ella. Beide Künstler arbeiteten 1920 für kurze Zeit am Bauhaus, verließen jedoch Weimar kurz darauf wieder, da für sie der Lehrbetrieb dort zu akademisch und zu sehr von dogmatischen Richtungskämpfen bestimmt war. [2]

Robert Michel zog sich in den Taunus in seinen Geburtsort Vockenhausen (heute Teil der Stadt Eppstein) in der Nähe von Frankfurt/Main zurück, wo er eine Farbenmühle ("die Schmelz") geerbt hatte, die er zu Ateliers für sich und seine Frau Ella Bergmann umbaute. Später nannte er das Anwesen „Heimatmuseum of Modern Art“.

Michel gilt in der Fachwelt als Pionier der Bildcollage. Er orientierte sich stark an den Prinzipien des Dadaismus und Konstruktivismus, ebenso am Futurismus und zuweilen am Surrealismus. Das zum Beginn des 20. Jahrhunderts oft in der Kunst auftretende Maschine-Mensch-Problem findet sich häufig in Michels Collagen mit zahlreichen Elementen, die an Maschinen, Motoren, Zahnräder und mechanische Konstruktionen erinnern. Er war einer der ersten deutschen Künstler, der versuchte Bewegungen, Räume und maschinelle Dispositionen als Thema in der Kunst zu etablieren.

Ende der 1920er Jahre bildete er einen Freundeskreis mit Willi Baumeister, László Moholy-Nagy, Jan Tschichold und Kurt Schwitters. Im Haus Michels gründete er mit Kurt Schwitters, Friedrich Vordemberge-Gildewart, Max Burchartz, Willi Baumeister, Walter Dexel, Jan Tschichold, Cesar Domela [en], Ella Bergmann-Michel und anderen Künstlern den avantgardistischen und für die Entwicklung der Typografie des 20. Jahrhunderts bedeutenden „ring neue werbegestalter“. Mit seiner Frau Ella Bergmann-Michel initiierte er ebenfalls um 1930 den „Bund Das Neue Frankfurt“, in dem zahlreiche progressiv eingestellte Künstler, Grafiker, Architekten und Städteplaner vertreten waren. Vereinzelt war Michel auch selbst als Architekt tätig. So befindet sich in Vockenhausen noch ein von ihm entworfenes, inzwischen denkmalgeschütztes Wohnhaus im Bauhausstil sowie ein weiteres im Nachbarort Eppstein, ebenfalls im Bauhausstil.

Michel selbst gestaltete seit Mitte der 1920er Jahre Ladenumbauten, Giebelreklame und Werbegrafik in sachlichem und funktionellem, gleichwohl sehr ästhetischem Stil. 1933 erhielt er ein Ausstellungsverbot durch die Reichskulturkammer und zog sich in den Taunus zurück, wo er zeitweise ganz von der Forellenzucht lebte. 1963 war er mit Ella Bergmann-Michel nochmals in der Ausstellung „Pioniere der Collage“ in Leverkusen zu sehen. Seinen Lebensabend verbrachte er in Titisee im Schwarzwald, dem Wohnort seiner Tochter.

Ausstellungen

  • Robert Michel, Ella Bergmann-Michel. Pioniere der Collage. Leverkusen 1963.
  • Robert Michel, 1897-1983. Collagen, Malerei, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik, Reklame, Typographie, Entwürfe. Sprengel Museum Hannover, 11. Dezember 1988-19. Februar 1989; Badischer Kunstverein Karlsruhe 6. Juni 1989-23. Juli 1989.
  • Robert Michel and Ella Bergmann-Michel. Museum Wiesbaden, 1999.

Sammlungen, Museen

Zahlreiche Arbeiten sind in der Städtischen Galerie am Abdinghof in Paderborn, der Geburtsstadt seiner Frau Ella Bergmann-Michel sowie in der Grafischen Sammlung des Museums Wiesbaden zu sehen. Der Nachlass des Künstlerpaares befindet sich im Sprengel Museum in Hannover.

  • Deutschland: Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach
  • Portugal: Berardo Museum - Collection of Modern and Contemporary Art, Lissabon
  • USA: Spencer Museum of Art, Lawrence, KS

Literatur

  • Ella Bergmann-Michel und Robert Michel. Collagen, Zeichnungen 1917-1966. Galerie Bargera, Köln 1974.
  • Bertold Picard: Rad und Sparren, Geschichte von Vockenhausen, in Zeitschrift des Historischen Vereins Rhein-Main-Taunus e.V., Heft 24, 1993, Kommissionsverlag Kramer, Frankfurt am Main, Kapitel Robert Michel, S. 125-133, Kapitel Ella Bergmann-Michel, S. 134-138

Werke

Beispiele der Arbeiten von Robert Michel († 1983):

Weblinks

Einzelnachweise

  1. siehe Literatur Bertold Picard: Rad und Sparren, Geschichte von Vockenhausen
  2. siehe Weblink Jutta Hercher: Ella Bergmann-Michel 1895–1971 Malerin / Fotografin / Filmerin auf EBM-website

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