Robert Lowry (Schriftsteller)

Robert Lowry (Schriftsteller)

Robert Lowry (* 29. März 1919 in Cincinnati, Ohio; † 5. Dezember 1994 ebenda) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Er war mit dem von ihm begründeten Little Man Magazin und seinen Werken wichtiger Inspirator und Quelle der amerikanischen Nachkriegsliteratur und der Beat Generation.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Bereits als Kind schrieb Lowry angeregt von Pulp-Magazinen der Depressionszeit Kurzgeschichten, die in der lokalen Presse veröffentlicht wurden. Als Student der University of Cincinnati gründet Lowry 1938 das Literaturmagazin Little Man. Bevor das erste Heft im Druck erscheint, begibt sich Lowry zusammen mit einer verheirateten Kommilitonin on the road quer durch die USA. Über Arkansas und Texas trampt er alleine weiter nach New York, wo er sich als Schriftsteller etablieren möchte.

Little Man I

Fast verhungert kehrt er wenige Monate später wieder nach Cincinnati zurück, bricht sein Studium ab und gründet mit einer gebrauchten Handpresse den Little Man Verlag, indem fortan das gleichnamige Magazin erscheint. Er gewinnt James Flora – später berühmter Gestalter von Jazzplatten-Cover und Kinderbuchautor – als Designer und Illustrator. Neben bereits etablierten und berühmten Schriftstellern wie William Saroyan, Jesse Stuart und Weldon Kees veröffentlicht Lowry im Little Man auch unbekannte Autoren und eigene Werke. Ein Originalmanuskript, das ihm Henry Miller schickt, lehnt der 19jährige Lowry ab, weil es seinen Qualitätsansprüchen nicht genügt.

Wehrdienst

1942 wird Lowry zur Armee eingezogen und muss den Little Man einstellen. Neben einer Vielzahl von Kurzgeschichten, die er in San Severo und Bari in Italien, drucken lässt, entsteht auch die erste Fassung des autobiographischen Romans The Big Cage. Gegenüber Jack Kerouac beschwerte sich Lowry später, dass dieser The Big Cage niemals als Vorbild für On the Road (deutsch: Unterwegs) gewürdigt hat.

New York

Nach dem Krieg zieht Lowry nach New York und arbeitet zunächst als Buchdesigner für New Directions, wo auch sein erster Roman, Casualty (deutsch: Die falsche Sanftmut des Schnees, Hamburg, 1996), erschienen ist. Nach ersten Erfolgen wird Lowry ein gefürchteter Kritiker unter anderem für das Time Magazine.

Lowry's Veröffentlichungen, die immer wieder an Tabus rühren und Themen wie Rassismus, Homosexualität, Vergewaltigung und Abtreibung aufgreifen, werden von Kollegen gerühmt, von Kritikern kontrovers diskutiert und von konservativen Organisationen heftig angegriffen.

Zusammenbruch

Aus bis heute nicht ganz geklärten Gründen wird Lowry 1952 von seiner damaligen Frau in die Psychiatrie eingewiesen und mit 22 Elektroschocks behandelt. Von diesem Zeitpunkt an entwickelt sich Lowry zum Drehtürpatienten. Trotz der negativen Folgen seiner Therapie, die vor allem aus Psychopharmaka und Insulinschocks besteht, vollendet Lowry noch zwei Romane und mehrere Bände mit Kurzgeschichten. Sein letzter Roman Prince of Pride Starring (deutsch: Lebendig begraben, Hamburg, 1997), der humorlose Vorgänger von Ken Kesey's Einer flog über das Kuckucksnest, wird von seinem Verleger unter dem Vorwurf des Antisemitismus abgelehnt.

Little Man II

Lowry versucht ab 1958 sein vielgerühmtes Little Man Projekt wiederzubeleben. Seine hektographierten Pamphlete, die er unter einer Vielzahl von Namen fast täglich herausgibt, reichen aber weder formal noch inhaltlich an die frühen Little Man heran. Einzig die Vorabveröffentlichung aus Jack Kerouacs Some of the Dharma hinterließ Spuren in der Fachliteratur.

Unten

Nach der Scheidung von seiner dritten Frau ohne jegliche Einkommensquelle, zieht Lowry 1962 wieder zu seiner Mutter nach Cincinnati. Eine vierte Ehe dauert nur wenige Monate, und nach dem Tod seiner Mutter und dem Verkauf des Elternhauses lebt Lowry von einer kleinen Sozialrente in billigen Absteigen.

Ende

Bis zu seinem Lebensende bemüht sich Lowry weiter um einen neuen Verleger. Durch den Antiquar Nicky Drumbolis in Toronto, der Ende der 80er einige kleine Heftchen von Lowry herausgibt, wird Michael Montfort auf Lowry aufmerksam. Michael Montfort besucht Lowry 1994 zusammen mit Matthias Matussek, der für Der Spiegel über den in Deutschland unbekannten Lowry berichtet. In Folge von Montforts Bemühungen wurden seit 1996 drei Romane und zwei Bände mit Kurzgeschichten erstmals ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht. Bevor Lowry aber noch den ersten Scheck aus Deutschland einlösen kann, stirbt er am 5. Dezember 1994 völlig verarmt an einer Lungenentzündung.

Werke

(Auswahl)

  • Defense in University City, Erzählung, Cincinnati, Little Man, 1939 (erschienen unter dem Pseudonym James Caldwell)
  • Hutton Street, Erzählungen, Cincinnati, Little Man, 1940
  • Casualty, Roman, New York, New Directions, 1946
  • Find Me in Fire, Roman, New York, Doubleday, 1948
  • The Big Cage, Roman, New York, Doubleday, 1949
  • The Wolf That Fed Us, Erzählungen, New York, Doubleday, 1949
  • Don Quixotes Without Windmills, Essay, in: American Mercury, Concord, NH und New York, 1950
  • Gesetz und Ordnung, in: Das Lot, Nr. VI, Karl H. Henssel Verlag, Berlin, Juni 1952 (Übersetzung von "Law and Order" bzw. "Happy New Year, Kamerades!" von Alexander Koval)
  • The Violent Wedding, New York, Doubleday, 1953
  • Happy New Year, Kamerades!, New York, Doubleday, 1954
  • What's Left of April, New York, Doubleday, 1956
  • The Last Party, New York, Popular Library, 1956
  • Bluthochzeit in Chicago, in: Perspektiven No. 15, Frankfurt, S. Fischer Verlag, 1956 (Übersetzung der Reportage "Blood Wedding in Chicago" von Walter Hasenclever)
  • New York Call Girl, New York, Doubleday, 1958
  • Robert Lowry's Book U.S.A. #1, New York, Robert Lowry, 1959 (darin Auszug aus Jack Kerouac's "Some of the Dharma")
  • New World No. 1, New York, Robert Lowry, 1958 (darin unveröffentlichter Brief von Jack Kerouac)
  • Zeitgeist International No. 3, New York, Robert Lowry, 1958 (darin Jack Kerouac: Two Dreams from my Book of Dreams, Gregory Corso: Lines from a Letter, Harold Chumbly: A Poem)
  • Ernest Hemingway and the Beat Generation, in: New Little Man No. 9, New York, Robert Lowry, 1958
  • The Prince of Pride Starring, Cincinnati, National Genius Books (i.e. Robert Lowry), 1959
  • Party of Dreamers, New York, Fleet, 1962
  • Die falsche Sanftmut des Schnees (Casualty), Roman, Hamburg, Rogner & Bernhard, 1996
  • Tag, Fremder (The Violent Wedding), Roman, Hamburg, Rogner & Bernhard, 1996
  • Lebendig begraben (The Prince of Pride Starring), Roman, Hamburg, Rogner & Bernhard, 1997
  • Aufenthalt in El Paso, Erzählungen, Hamburg, Rogner & Bernhard, 1997
  • The Little Man Stories, Erzählungen, Augsburg, Maro, 2003
  • It'll Make a Man Out of You - The Mary Beth Stories of Robert Lowry, Roth, Heinz Wohlers, 2004
  • Das macht dich zum Mann - Die Mary Beth Storys von Robert Lowry, Augsburg, Maro, 2005

Literatur

  • John W. Aldridge: After the Lost Generation. A critical study of the writers of two wars, McGraw-Hill, o. J.
  • Stanley Weintraub: The Last Great Cause, New York, 1968
  • David Galloway: Robert Lowry, in: Contemporary Novelists, St. Martin's Press
  • Matthias Matussek: Langer Flug in den Wahn, in: Der Spiegel No. 29, 18. Juli 1994, Seiten 136 - 141
  • Heinz Wohlers, Die Schreibmaschine, in: The Little Man Stories, Augsburg, Maro, 2003
  • Robert Lowry Journal, Roth, Heinz Wohlers Verlag

Weblinks


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